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Geschichten
Verräter aus den eigenen Reihen
Die Hinrichtung des Hauptmanns Werner Teske in den Stasi-Unterlagen
Am 26. Juni 1981 wurde das letzte Todesurteil in der
DDR an Werner Teske vollstreckt. Er wurde für einen angeblich geplanten Übertritt in den Westen mit dem Tode bestraft und in Leipzig hingerichtet. Das Ministerium für Staatssicherheit (
MfS) statuierte am Hauptmann der Hauptverwaltung Aufklärung (
HV A) ein Exempel: Verräter aus den eigenen Reihen musste "die härteste Strafe treffen".
Verräter aus den eigenen Reihen
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Einleitung
Der 1942 in Berlin geborene Werner Teske arbeitete seit 1969 als Hauptamtlicher Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Er trat seinen Dienst bei der Hauptverwaltung Aufklärung (HV A) an, die für Auslandsspionage zuständig war. Bereits zwei Jahre zuvor ließ er sich als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) von der Stasi anwerben.
Bis 1975 stieg Teske zum Hauptmann auf. Für die Stasi war er häufig in Westdeutschland tätig. Doch die Arbeit beim MfS frustrierte den promovierten Wirtschaftswissenschaftler zunehmend, da er das wissenschaftliche Arbeiten vermisste. So schwand sein Engagement, während sich dienstliche Unregelmäßigkeiten häuften.
Als Hauptamtlicher Mitarbeiter konnte Teske den Dienst bei der Geheimpolizei nicht "einfach so" quittieren und in die Wissenschaft zurückkehren. Eine Flucht in den Westen schien ihm der einzige Ausweg zu sein. Er nahm verbotenerweise MfS-Unterlagen mit nach Hause um nach einer Fahnenflucht westlichen Geheimdiensten etwas "anbieten" zu können. Doch trotz seiner dienstlichen Reisen nach Westdeutschland kehrte er immer wieder in die DDR zurück.
Als sein Fehlverhalten entdeckt wurde, gestand Teske nach tage- und nächtelangen Verhören seine Fluchtpläne. Die Stasi leitete ein Ermittlungsverfahren gegen ihn ein, an dessen Ende er durch den Militärstrafsenat des Obersten Gerichts zum Tode verurteilt wurde. Am 26. Juni 1981 starb Werner Teske durch einen Genickschuss. Die Stasi ließ seinen Namen aus allen Urkunden und Zeugnissen löschen. Teskes Frau und Tochter erhielten eine neue Identität. Erst nach dem Sturz des SED-Regimes erfuhr seine Familie von der Vollstreckung des Todesurteils.
Die vorliegenden Dokumente zeigen die Ermittlungen der Stasi gegen den Hauptmann Teske. Sie erzählen die Geschichte eines Exempels: Verräter aus den eigenen Reihen musste "die härteste Strafe treffen" (aus einem Schreiben Erich Mielkes über den Umgang mit Verrätern aus den eigenen Reihen).
Einleitung
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Sachstandsbericht der Arbeitsgruppe Sicherheit über die Untersuchungen zu Werner Teske
Sachstandsbericht der Arbeitsgruppe Sicherheit über die Untersuchungen zu Werner Teske
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Haft
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Einlieferungsanzeige von Werner Teske wegen des dringenden Tatverdachts der "Spionagetätigkeit"
Einlieferungsanzeige von Werner Teske wegen des dringenden Tatverdachts der "Spionagetätigkeit"
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Geständnis
Nach langen Verhören gestand Werner Teske am 11. September 1980, dass er in Betracht gezogen hatte, aus der DDR zu fliehen und Dienstgeheimnisse preiszugeben. Er beteuerte aber auch, von diesen Gedanken wieder Abstand genommen zu haben.
Geständnis
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Von Werner Teske unterschriebenes Geständnis
Von Werner Teske unterschriebenes Geständnis
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Wohnungsdurchsuchung
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Anordnung des Generalstaatsanwaltes zur Durchsuchung der Wohnräume von Werner Teske
Anordnung des Generalstaatsanwaltes zur Durchsuchung der Wohnräume von Werner Teske
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Bildbericht aus Teskes Wohnung
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Bildbericht der Wohnungsdurchsuchung bei Werner Teske
Bildbericht der Wohnungsdurchsuchung bei Werner Teske
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Verhör
Immer wieder wurde Werner Teske von Stasi-Mitarbeitern vernommen. Die nachfolgenden Vernehmungsprotokolle vom Dezember 1980 und Januar 1981 geben einen Einblick in den beruflichen Werdegang Teskes. Sie verdeutlichen wie es zum Bruch mit dem MfS kam und in welchem Dilemma sich Teske offenbar befand.
Verhör
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Vernehmungsprotokoll Werner Teskes vom 3. bis 5. Dezember 1980
Vernehmungsprotokoll Werner Teskes vom 3. bis 5. Dezember 1980
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Vernehmungsprotokoll Werner Teskes vom 10. Dezember 1980
Vernehmungsprotokoll Werner Teskes vom 10. Dezember 1980
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Vernehmungsprotokolle Werner Teskes vom 16. und 19. Januar 1981
Vernehmungsprotokolle Werner Teskes vom 16. und 19. Januar 1981
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Umgang mit Verrätern
Bereits ein Jahr zuvor ließ Stasi-Chef Erich Mielke alle leitenden Kader wissen, wie mit Verrätern aus den eigenen Reihen umzugehen war: Sie musste "die härteste Strafe treffen". Mielke bezog sich dabei auf den Fall um Gert Trebeljahr. Der MfS-Offizier wurde im Dezember 1979 nach einem missglückten Fluchtversuch in die Bundesrepublik wegen Spionage und Fahnenflucht hingerichtet.
Umgang mit Verrätern
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Schreiben Erich Mielkes über den Umgang mit Verrätern aus den eigenen Reihen
Schreiben Erich Mielkes über den Umgang mit Verrätern aus den eigenen Reihen
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Anklage
Am 31. März schloss die Stasi schließlich die Ermittlungen gegen Werner Teske ab. Knapp einen Monat später wurde er wegen "vorbereiteter und vollendeter Spionage im besonders schweren Fall in Tateinheit mit vorbereiteter Fahnenflucht im schweren Fall" angeklagt.
Anklage
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Anklageschrift gegen Werner Teske vom 6. Mai 1981
Anklageschrift gegen Werner Teske vom 6. Mai 1981
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Kerblochkartei der Hauptabteilung IX zu Werner Teske
Kerblochkartei der Hauptabteilung IX zu Werner Teske
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Todesurteil
In der Ausfertigung des Urteils vom 12. Juni 1981 war jedoch festgehalten: Wegen "vorbereiteter und vollendeter Spionage im besonders schweren Fall in Tateinheit mit vorbereiteter Fahnenflucht im schweren Fall" wird der Angeklagte zum Tode verurteilt.
Todesurteil
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Ausfertigung des Urteils im Fall Werner Teske vom 12. Juni 1981
Ausfertigung des Urteils im Fall Werner Teske vom 12. Juni 1981
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Keine Gnade
Werner Teske bat vor dem Gericht noch während der Verhandlung um Gnade. Doch das MfS wollte mit seiner Verurteilung ein Exempel statuieren. In einer Stellungnahme wird daher auch vorgeschlagen, von einer Begnadigung abzusehen.
Keine Gnade
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Stellungnahme zum Antrag auf Begnadigung von Werner Teske
Stellungnahme zum Antrag auf Begnadigung von Werner Teske
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Genickschuss "ordnungsgemäß vollzogen"
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Vollstreckungsprotokoll des Todesurteils in der Strafsache gegen Werner Teske
Vollstreckungsprotokoll des Todesurteils in der Strafsache gegen Werner Teske
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Aufarbeitung
Werner Teskes Familie erfuhr erst nach dem Sturz des SED-Regimes von den Umständen seines Todes. Die Stasi verschwieg seine Hinrichtung und zwang Frau und Tochter, aus Berlin zu ziehen und eine neue Identität anzunehmen. Erst 1990 - inmitten der gesellschaftlichen Umwälzungen in der DDR - begann die Aufarbeitung des Falls. Die Familie von Werner Teske kämpfte fortan um seine Rehabilitierung. Um auf Teskes Geschichte aufmerksam zu machen, involvierte Sabine Kampf auch die Presse.
Werner Teskes Rehabilitierung gelang: Das Todesurteil gegen ihn wurde 1993 annulliert. Da Teskes Planungen zu keinem Zeitpunkt über das Versuchsstadium hinausgekommen waren, sei der Gerichtsentscheid selbst nach damals gültigem DDR-Recht völlig unverhältnismäßig gewesen, so die Begründung.
Aufarbeitung