Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
Die Arbeit mit den GI's war sehr schlecht, da die bestehenden zum größten Teil Genossen sind und nur Berichte in positiver Form brachten.
Kreis Stollberg
Im gesamten Kreisgebiet sind keinerlei Sonderaktionen zu verzeichnen. Die Arbeit lief normal und wurde ordnungsgemäß durchgeführt.
Konzentriert trat der Klassengegner nicht in Erscheinung.
Im Steinkohlenbergbau Karl-Liebknecht-Werk und Rudolf-Breitscheid-Schacht wurde folgendes festgestellt: In der Zeit vom 17.-23.06. wurden in 7 Fällen an Hunten, die aus dem Förderschacht kamen, Hetzparolen angeschrieben, die zum Streik aufforderten. Trotz sofortiger Gegenmaßnahmen konnte nicht festgestellt werden, aus welchem Revier die Hunte übertage gebracht wurden.
Es wurde bekannt, daß am Tag des Bergmannes am 05.07.53 die Kumpels des Steinkohlenreviers Oelsnitz/E. beabsichtigen, zu streiken, wenn eine ungerechte Prämienverteilung vorgenommen. wird.
Am 22.06.53 äußerte ein Bergmann beim Kauf eines Anzuges in der HO Oelsnitz/E. folgendes: "Fräulein, ich sage es Ihnen im Vertrauen, warten Sie den Tag des Bergmannes ab, dann sprechen wir uns wieder, von wegen Aktivisten, "verdienter Bergmann" und der ganze Kult, ein armer Hund, der schon so nichts verdient, geht leer aus. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, daß einer DM 300,-- und der andere 1.600,-- DM verdient. Jeder hat nur zwei Hände zum arbeiten. Die mögen jedem etwas in die Hand drücken, dann ist manches abzuhalten. Sind das Zustände, wie jetzt ein Reviersteiger zu den Strafgefangenen gesagt hat, wenn er die 107 erhöhte Norm nicht schafft, gehts zurück ins Straflager Zwickau, da könnt Ihr dann etwas erleben! Man treibt es zu toll mit der Norm. Sie sollten bloß mal die Diskussionen der Kumpels hören. Die haben es satt bis obenran, das kommt zum Platzen!"
Des weiteren sagte der 23 Jahre alte Bergmann [anonymisiert], beschäftigt auf Martin Hoop IV, wohnhaft in [anonymisiert], in der Gaststätte "Walderholung" an 21.06. folgendes: "Bis jetzt warten wir noch ab, was da kommt. Der Stichtag ist der Tag des Bergmanns. Es brodelt überall. Freiwillige Normerhöhung ist alles Schwindel. Es ist alles ein "Muß" und das Faß ist bei allen voll". Die Frage, ob das nur seine eigene Meinung sei, beantwortete er mit "Nein", das sei alles organisiert. Viele Bergleute warten nur auf die Auszeichnung zum "Tag des Bergmanns". Wenn die wieder so ausfallen, von wegen, der eine kriegtalles in den Rachen geschmissen und mancher alter Kumpel, der schon sein Leben lang unten rumgewühlt hat, geht leer aus, dann ist's vorbei, da machen die Bergleute nicht mehr mit." Auf die Frage, ob diese Angelegenheit nur für Martin-Hoop-Schacht geplant sei, antwortete [anonymisiert], daß sich dies auf alle Steinkohlenschächte bezieht und man auf die Normer eine Wut habe und sie die Ersten seien, die dran glauben müßten.
Innerhalb der Landwirtschaft erklärten die Genossenschaftsbauern [anonymisiert](DBD),[anonymisiert] (DBD) und [anonymisiert] von der LPG Jahnsdorf am 17.06.53 ihren Austritt . Der LPG-Vorsitzende [anonymisiert] erklärte hierbei, er könne nicht mehr den LPG-
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Von 1950 bis 1968 geltende Bezeichnung für die gewöhnlichen inoffiziellen Mitarbeiter, in den ersten Jahren auch nur Informatoren genannt. 1968 wurden die GI überwiegend zu IMS. GI dienten vor allem der allgemeinen Informationsbeschaffung. Sie wurden dabei auch zunehmend zur Sicherung von Institutionen, zur Feststellung der Bevölkerungsstimmung, zur Überprüfung verdächtiger Personen, zur Verhinderung von Republikfluchten oder auch bei Ermittlungen und Fahndungen eingesetzt.
Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
Vorsitzenden machen und trete deshalb aus. Es wird die Ansicht vertreten, daß es nun mit den LPG Schluß sei, jedoch sind einige fortschrittliche Genossenschaftsbauern noch der Ansicht, daß sie weiterhin in der LPG arbeiten werden.
Die Arbeit mit der Agentur weist viele Mängel auf, da die Agentur nicht zum Treff erscheint und sich auch sehr ängstlich zeigt. Sie versuchen Schönfärberei zu treiben, indem sie nur positiv berichten.
Kreis Werdau
Am 13.06.53, 2.00 Uhr, wurde in der Mittagspause durch den Sekretär der BPO des Wälzlagerwerkes Fraureuth der Befehl des Ausnahmezustandes verlesen. Danach kam die Unzufriedenheit der Arbeiter zum Ausdruck, indem sie zum Streik aufriefen und eine Demonstration zur Kommandantur forderten. Es entwickelten sich provozierende Auseinandersetzungen und weitere Abteilungen dieses Werkes schlossen sich der Aktion an. Trotz Eingreifens des 1. Sekretärs der Kreisleitung Werdau wurde die Arbeit nicht aufgenommen und es kam zu einer Zusammenkunft, an der ca. 1.000 Arbeiter teilnahmen. Diese Zusammenkunft wurde zu einer unorganisierten, wilden Aktion, bei der sich besonders Provokateure hervortaten. Nach Aufstellung ihrer Forderungen wurde die Arbeit gegen 8.30 Uhr wieder aufgenommen.
Eine Viertelstunde später trat die Belegschaft erneut in den Streik, da die Freunde vor dem Werk erschienen waren. Erst nach Abzug der Freunde wurde die Arbeit fortgesetzt.
Die Arbeitsniederlegung umfaßte die gesamte Belegschaft von 1.000 Personen und erstreckte sich auf insgesamt über einen Tag. Von den Provokateuren wurden 7 Rädeslführer in Kraft genommen. An der Vorbereitung des Streiks waren feindliche Elemente tätig, indem diese von Abteilung zu Abteilung sowie von Maschine zu Maschine gingen und zum Streik aufriefen.
Aufgrund der Situation im Wälzlager Fraureuth wurden im IFA-Werk "Ernst Grube" Werdau ein Streik organisiert, der jedoch durch rechtzeitiges Eingreifen keine größeren Ausmaße annahm. Insgesamt legten dort 120 Personen 3 Stunden lang die Arbeit nieder.
Im Vereinigten Trikotwerk Crimmitschau brach am 17.06. ebenfalls ein Streik aus. Es waren ca. 650 Arbeiter daran beteiligt. Es wurden die Forderungen gestellt:
Herabsetzung der Normen um 20%,
Senkung der HO-Preise,
sofortige gesamtdeutsche Wahlen und
Abtritt der Regierung der DDR.
Der Streik dauerte 4 Stunden an. Zwei Initiatoren des Streiks wurden festgenommen.
Im VEB Wärmegerätewerk Crimmitschau streikten am 17.06.53 von den dort 200 Beschäftigten 20 Personen. Der Streik war hauptsächlich wirtschaftlicher Art und wurde nach 5 Std. beendet.
In den soeben aufgeführten Werken trat die ähnliche Erscheinung wie im Wälzlager Fraureuth auf, da auch dort Elemente die Arbeiter zum Streik besonders aufforderten.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
In den ersten Jahren stand das MfS unter einer engen fachlichen und politischen Anleitung durch die sowjetische Staatssicherheit, die mit sog. Beratern (anfangs auch Instrukteure genannt) in den wichtigsten Diensteinheiten des MfS präsent war. Die Berater besaßen dort faktisch Weisungs- und Vetobefugnisse.
Zunächst waren die Berater den jeweiligen Fachabteilungen des sowjetischen Geheimdienstapparates in der DDR zugeordnet. Nach dem Juniaufstand 1953 wurde eine eigene Beraterabteilung gebildet. Der Bevollmächtigte des sowjetischen Sicherheitsorgans in Berlin-Karlshorst war gleichzeitig der oberste Chefberater des MfS. Er leitete den jeweiligen Leiter der DDR-Staatssicherheit persönlich an.
Zum Zeitpunkt seiner Auflösung im November 1958 zählte der Beraterapparat 76 Offiziere. Später verblieb lediglich ein Stab von Verbindungsoffizieren, die keine Weisungskompetenz mehr gegenüber dem MfS besaßen.
Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
Im landwirtschaftlichen Sektor des Kreises kam es zu Ausschreitungen. In der LPG "Roter Stern" Falkenhain-Rußdorf, wurden durch ein LPG-Mitglied die einzelnen Mitglieder aufgesucht zwecks Unterschriftensammlung zum Austritt aus der LPG. Wie sich herausstellte, war diese Person vorher von den anderen Mitgliedern der LPG erst damit beauftragt worden und nahm lediglich nur noch die Formalitäten vor. Bisher sind zwei Austritte aus der LPG zu verzeichnen, welche jedoch keinen ernsten Charakter der Zersetzung der LPG tragen.
Die Zusammenarbeit mit der Agentur, besonders im IFA-Werk "Ernst Grube", war durch die laufende Verbindung sehr gut. Durch die konzentrierten Arbeitsniederlegungen wurden im verstärkten Maße neue GI mit Schweigeverpflichtungen angeworben.
Kreis Zschopau
Bereits am 13.06.53 legten 130 Personen des VEB Buntsockenwerkes Großolbersdorf, Zweigwerk Krumhermersdorf, die Arbeit nieder. Die Arbeitsniederlegung bezog sich auf die Normenerhöhungen. Nach durchgeführten Betriebsversammlung wurde die Arbeit wieder aufgenommen. Die Urheber der Mißstimmung wurdenfestgestellt und werden operativ bearbeitet.
Weitere Streiks und Demonstrationen sind nicht zu verzeichnen.
Im VEB Nagema Scharfenstein waren einige Hetzparolen angebracht, die zum Streik aufforderten.
Die Bevölkerung ist allgemein noch sehr zurückhaltend. Sie erwartet noch weitere Maßnahmen von der Regierung, z.B. Preissenkung in der HO. Aus der Schicht der techn. Intelligenz wurde folgende Meinung laut, daß es keinesfalls möglich sein könnte, daß die Reparationslieferungen herabgesetzt worden wären, da die meisten Großbetriebe mit Reparationsaufträgen kapazitätsmäßig so ausgelastet wären, daß keine zivile Produktion möglich ist. Es wurde der Standpunkt vertreten, daß die Reparationslieferungen herabgesetzt werden müßten. Erst dann könnte das deutsche Volk seinen Lebensstandard verbessern.
Die werktätige Bevölkerung vertritt den Standpunkt, daß der Unterschied, der zwischen Arbeitern und Intelligenz besteht, nicht gerecht ist. Die errichteten Verkaufsstellen für die Intelligenz werden allgemein abgelehnt.
Die Auswirkung der Ereignisse bat im Kreisgebiet hinterlassen, daß das Vertrauen der breiten Masse zur Regierung erheblich Geschmälert ist. Zu bemerken ist, daß die Bevölkerung mehr Vertrauen auf unsere Freunde setzt. Das kommt darin zum Ausdruck, daß Geäußert wurde: "Wenn die Besatzungsmacht nicht da wäre, hätten die Ausschreitungen eine viel größere Form angenommen".
Kreis Zwickau
Im gesamten Kreisgebiet Zwickau sind keine Streiks, Demonstrationen oder Arbeitsniederlegungen in der Industrie sowie in der Landwirtschaft zutage getreten. Lediglich im VEB IFA-Horch sowie im VEB Karl-Marx-Werk kam es zu vereinzeltem Ankleben von Plakaten und Beschmieren von Hunten.
Im Werk Horch wurden am 18.06. zwei Zettel an der Tür der Abt.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
In den ersten Jahren stand das MfS unter einer engen fachlichen und politischen Anleitung durch die sowjetische Staatssicherheit, die mit sog. Beratern (anfangs auch Instrukteure genannt) in den wichtigsten Diensteinheiten des MfS präsent war. Die Berater besaßen dort faktisch Weisungs- und Vetobefugnisse.
Zunächst waren die Berater den jeweiligen Fachabteilungen des sowjetischen Geheimdienstapparates in der DDR zugeordnet. Nach dem Juniaufstand 1953 wurde eine eigene Beraterabteilung gebildet. Der Bevollmächtigte des sowjetischen Sicherheitsorgans in Berlin-Karlshorst war gleichzeitig der oberste Chefberater des MfS. Er leitete den jeweiligen Leiter der DDR-Staatssicherheit persönlich an.
Zum Zeitpunkt seiner Auflösung im November 1958 zählte der Beraterapparat 76 Offiziere. Später verblieb lediglich ein Stab von Verbindungsoffizieren, die keine Weisungskompetenz mehr gegenüber dem MfS besaßen.
Von 1950 bis 1968 geltende Bezeichnung für die gewöhnlichen inoffiziellen Mitarbeiter, in den ersten Jahren auch nur Informatoren genannt. 1968 wurden die GI überwiegend zu IMS. GI dienten vor allem der allgemeinen Informationsbeschaffung. Sie wurden dabei auch zunehmend zur Sicherung von Institutionen, zur Feststellung der Bevölkerungsstimmung, zur Überprüfung verdächtiger Personen, zur Verhinderung von Republikfluchten oder auch bei Ermittlungen und Fahndungen eingesetzt.
Zersetzung war eine Methode der verdeckten Bekämpfung von Personen und Personengruppen, die vom MfS als "feindlich-negativ" angesehen wurden. Ziel der Zersetzung war laut der hier einschlägigen Richtlinie zur Bearbeitung Operativer Vorgänge von 1976, gegnerische Kräfte zu zersplittern, zu lähmen, zu desorganisieren und sie untereinander und von der Umwelt zu isolieren. "Feindliche" Handlungen sollten so vorbeugend verhindert, eingeschränkt oder unterbunden werden.
Ziele der Zersetzung waren zumeist staatsunabhängige Friedens-,Ökologie- und Menschenrechtsgruppen, Ausreiseantragsteller, aktive Christen sowie Personen und Organisationen im Operationsgebiet, die das MfS der politischen Untergrundtätigkeit gegen die DDR verdächtigte.
Gegen einzelne Personen gerichtete Maßnahmen der Zersetzung waren gemäß Richtlinie 1/76 etwa die "systematische Diskreditierung des öffentlichen Rufes, des Ansehens und des Prestiges auf der Grundlage miteinander verbundener wahrer, überprüfbarer diskreditierender sowie unwahrer, glaubhafter, nicht widerlegbarer und damit ebenfalls diskreditierender Angaben" oder die "systematische Organisierung beruflicher und gesellschaftlicher Misserfolge zur Untergrabung des Selbstvertrauens".
In Gruppierungen versuchte das MfS Misstrauen, Neid, Rivalitäten und gegenseitige Verdächtigung zu erzeugen und sie im Zusammenwirken mit anderen Staatsorganen durch Arbeitsplatzbindungen, Berufsverbote, Einberufungen zum Wehrdienst oder Zwangsausbürgerungen zu paralysieren. Die Zersetzung entfaltete ihre Wirksamkeit häufig durch den kombinierten Einsatz unterschiedlicher Maßnahmen in einer längerwährenden Aktion.
Die von Jürgen Fuchs als "leiser Terror" bezeichnete Zersetzung galt laut Richtlinie als "relativ selbständige Art des Abschlusses Operativer Vorgänge" und diente somit als Ersatz für Strafverfolgungsmaßnahmen, die in der Honecker-Ära insbesondere bei der Bekämpfung von Oppositionellen aus Gründen der internationalen Reputation häufig politisch nicht mehr opportun waren.
Vor der Umsetzung von Maßnahmen der Zersetzung waren entsprechende Pläne detailliert auszuarbeiten, die vom Leiter der jeweiligen HA, selbständigen Abteilung oder BV oder im Falle von Organisationen, Gruppen oder herausgehobenen Persönlichkeiten vom Minister oder seinem zuständigen Stellvertreter bestätigt werden mussten.
Fernschreiben der Bezirksverwaltung Karl-Marx-Stadt zu verhinderten Streikaktionen Dokument, 1 Seite
Meldung einer Arbeitsniederlegung in Freiberg Dokument, 1 Seite
Aufhebung des Ausnahmezustands in Karl-Marx-Stadt Dokument, 1 Seite
Meldung zu erneuten Streiks im Bezirk Karl-Marx-Stadt Dokument, 4 Seiten