Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
In der Nationalen Front des demokratischen Deutschlands, DSF, Kulturbund, DFD, SVK, Kreisfriendenskomitee und Volkssolidarität war eine gewisse Gleichgültigkeit festzustellen, was auf Nichtverstehen der politischen Situation zurückzuführen ist.
Die GST führte nach wie vor die Ausbildung innerhalb ihrer Grundeinheiten durch. In der Grundeinheit VEB Dreitannen in Thalheim konnte unter den einzelnen Kameraden eine Liquidatorenstimmung festgestellt werden. Verschiedene Kameraden der GST stellten sih mit ihren Krädern zur Verfügung, um bei evtl. Einsatz einspringen zu können. Weitere Kameraden haben sich zum Schutze der Gebäude der GST und anderen Massenorganisationen zur Verfügung gestellt.
Nach dem Bekanntwerden der Ereignisse in Berlin und der 14. Tagung des ZK der SED sowie der Anordnung des Zentralrates der FDJ zur weiteren Durchführung der 2. und 3. Mitgliederversammlung geht der Umtausch in den Grundeinheit weiter voran, der vor der Anordnung des Ausnahmezustandes zu 50 % abgeschlossen war. Negative Stimmungen traten nur bei einzelnen FDJ-Mitgliedern. So äußerte sich zum Beispiel der Jugendfreund [anonymisiert], beschäftigt in den ESDA-Werken folgendermassen:
daß die junge Gemeinde nicht aus Agenten und Saboteuren besteht, sondern diese Jugendlichen nur ihrem Glauben nachgehen. Jesus beweise, dass der Kampf gegen die Junge Gemeinde eine Verleumdung wäre. Unter einem großen Teil der FDJ l er herrscht eine Stimmung der Sorglosigkeit, des Nichtverstehens der politischen Lage und eine abwartende Haltung. Die Instrukteure und Sekretäre der Kreisleitung der FDJ befinden sich im ständigen Einsatz und arbeiten in den gesamten Grundeinheiten in aufklärender Weise. Von den Freunden der FD-Kreisleitung wurde in Verbindung mit den anderen Massenorganisationen eine Nachtwache von 20 Mann zur Sicherung der Gebäude eingesetzt.
In den weiteren Sachgebieten ist es ruhig und es sind keine negativen Erscheinungen bekannt geworden.
Mit einer stärkeren Feindtätigkeit ist nicht zu rechnen.
Kreis Zwickau:
Bei Bekanntweden des Kommuniques des ZK und der Regierung war ein allgemeiner Stillstand der Parteimitglieder von ihrem bisher beschrittenen Weg zu verzeichnen. Die Punkte der Haftentlassung und Zurückerstattung von enteignetem Gut und Rückgabe der Betriebe an geflüchtete Unternehmer erweckte bei dem überwiegenden Teil der Genossen zweifel an den Beschlüssen des ZK.
Der Parteivorstand der NPD kommt ständig auf Klärung beim Kreisausschuss der Nationalen Front. Die Nationale Front selbst wird jedoch vollkommen ungenügend von der Partei angeleitet. Bei den Freunden der NDPD ist bemerkenswert, daß sie immer wieder zum Ausdruck bringen, daß die SED als die führende Partei eine bessere Anleitung geben könnte und die Disztanz zwischen den verschiedenen Parteien und Organisationen beseitigen müsste. Unter denübrigen Mitgliedern der NDPD ist eine neutrale Haltung zu verzeichnen. Feindliche Tätigkeit oder Hetze wurde nicht bekannt.
Besondere Drohbriefe wurden der Freien Presse zugesandt, die persönlich gegen den Chefredakteur gerichtet waren und auch die Redaktion im Allgemeinen betraf. In diesem Schreiben wurde von der baldigen Abrechnung geschrieben und die Formulierung war in statistischer Form gehalten. Ebensolche Drohbriefe erhielt der 1. Skretär der SED-Kreisleitung staldt, der Leiter des Finanzamtes Zwickau,
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
sowie einige in der Öffentlichkeit bekannte Genossen.
In dem Objekt der Staatlichen Regierungs- und Verwaltungsstellen ist eine besondere Feindtätigkeit im Rat der Staat Zwickau zu verzeichnen. Bereits am 17.06.1953 wurden dort in der Klosettanlage Flugblätter des Ostbüros der SPD gefunden. Am 21.06.1953 wurde an derselben Stelle eine abermalige Feindtätigkeit festgestellt, indem ein Auschnitt aus einem Flugblätter der SPD angebracht war. Die eingeleiteten Untersuchungen konnten keine Fingerabdrücke feststellen. Die verdächtige Person wurde in den folgenden Tagen bearbeitet. Bisher konnten keine positiven Ergebnisse erzielt werden. Die ehemaligen Mitglieder der SPD, welche im Rat der Stadt besonders vorhanden sind, nahmen während der zeit der Aktion eine neutrale Haltung ein. Bei einer Genossin ist der Parteiausschluss aus der SED zu verzeichnen. Weitere 10 Genossen der SED legten bereits am 16. und 17.06.1953 ihr Parteiabzeichen ab.
Eine offene Auschreitung bezw. Provokation in den Objekten war nicht zu verzeichnen. Die Sicherung der Objekte durch ehrenamtliche Genossen gewährleistete einen normalen Ablauf des Arbeitsprozesses.
Besonders tritt in Erscheinung, daß die Mitglieder der SED die Linie der Partei verlassen haben und unter den Kreisen der Bevölkerung entgegen den Beschlüssen des ZK diskutieren. Die Kreisleitungen der SED Stadt und Land haben noch nicht erreicht, daß nunmehr die Arbeit unter den Massen zu leisten ist.
Kreis Zschopau:
Die Blockparteien haben sich in der Berichtszeit passiv gegenüber den Ereignissen verhalten. Feindliche Tätigkeit wurde jedoch nicht festgestellt.
Die Massenorganisationen ( FDJ,GST, u.s.w. ) treten in Erscheinung, daß die Genossen innerhalb diser Organisationen die Initiative ergriffen und wenige Mitglieder zur Mitarbeit organisierten.
Die Kreisleitung unserer Partei war in der Situation voll und ganz gewachsen.
Bezeichnend war, daß alle Fäden zentral in der Kreisleitung und damit beim 1. Sekretär zusammenlifen.
Einzelne Kapitulationserscheinungen wurden im Kreisgebiet bekannt, jedoch liegen über diese keine konkreten Angaben vor. Austritte aus der Partei sind nicht erfolgt. Im Großen und Ganzen kann gesagt werden, daß das Vertrauen zur Führung unserer Partei und Regierung unter den Parteimitgliedern besteht bis zu einem geringen Prozentsatz.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
Die Lage auf der Linie VI ist im allgemeinen ruhig und abwartend. Die Stimmung der von uns zu bearbeitenden Personen ist nicht positiv. Eine offene feindliche Tätigkeit konnte bis jetzt aufgrund der Ereignisse vom 17. - 23.06.53 nicht festgestellt werden. Von Seiten der NDPD und DBD wurde bekannt,daß die Funktionäre und Mitglieder in ihren Versammlungen die Forderung zum Ausdruck bringen, daß die für die gemachten Fehler verantwortlichen Personen bestraft werden.
Zusammenfassung:
Zusammenfassend ist festzustellen, daß auf dem Gebiet der Abt. VI im Bezirk von Karl-Marx-Stadt keine offene Feindtätigkeit uns bekannt wurde. Negative Erscheinungen traten auf in Form von Unklaren, teils feindlichen Diskussionen, vor allen Dingen in der NDPD, DBD, FDJ, DRK und z. Teil im Post- und Fernmeldewesen, sowie Volksbildung.
Die Ursachen liegen darin, da diese Objekte sich a) in der Leitung und b) auch in der Belegschaft zusammensetzt.
Bei der FDJ tritt stark hervor, daß sie zum Teil der Riashetze unterkegen ist. Im Parteiapparat ist eingetreten, daß bis dato rund über 100 Austritte zu verzeichnen sind, darunter ein Kreisleitungsmitglied der SED Karl-Marx-Stadt Land.
Selbstkritisch ist zu bemerken, daß vorstehende Analyse zum großen Teil aus offiziellen Material angefertigt wurde und nur zu einem geringen Teil GI-Berichte zur Auswertung kamen.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Von 1950 bis 1968 geltende Bezeichnung für die gewöhnlichen inoffiziellen Mitarbeiter, in den ersten Jahren auch nur Informatoren genannt. 1968 wurden die GI überwiegend zu IMS. GI dienten vor allem der allgemeinen Informationsbeschaffung. Sie wurden dabei auch zunehmend zur Sicherung von Institutionen, zur Feststellung der Bevölkerungsstimmung, zur Überprüfung verdächtiger Personen, zur Verhinderung von Republikfluchten oder auch bei Ermittlungen und Fahndungen eingesetzt.
Fernschreiben der Bezirksverwaltung Karl-Marx-Stadt zu verhinderten Streikaktionen Dokument, 1 Seite
Meldung einer Arbeitsniederlegung in Freiberg Dokument, 1 Seite
Aufhebung des Ausnahmezustands in Karl-Marx-Stadt Dokument, 1 Seite
Meldung zu erneuten Streiks im Bezirk Karl-Marx-Stadt Dokument, 4 Seiten