Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
den negative Diskussionen betr. Fahrgeldrückerstattung und Normenerhöhung. Infolge Einsatzes von Agitationsgruppen wurden die entstandenen Unstimmigkeiten sofort wieder beigelegt. Beachtenswert ist, daß der Streik der Bauarbeiter vom gleichen Betrieb, welcher in Freiberg ausgebrochen war, nicht auf den Nachbarkreis Brand-Erbisdorf übergegriffen hat.
Die im Republikmaßstab provozierten Zwischenfälle, reiche zur Verhängung des Ausnahmezustandes führten, hatten zur Folge, daß Unruhe unter der Bevölkerung entstand. Allgemein wünscht man, daß dieser Zustand durch normale Verhältnisse abgelöst wird.
Stimmungen von Gegnern wurden in der Landwirtschaft laut, indem die Äußerung von einzelnen Großbauern, wie "Laßt die Bauern raus und sperrt die anderen ein!" oder "Der Nazismus war doch das Richtige!", getan wurde. Diese Äußerungen wurden in der durchgeführten Gemeindevertretersitzung in Sayda laut.
Die Arbeit mit der Agentur unter den LPG-Bauern war mit Schwierigkeiten verbunden, da die Treffs infolge des Ausnahmezustandes auf den Tag verlegt werden mußten, aber zu gleicher Zeit die Heuernte lief.
Kreis Flöha
Hier herrschte allgemeine Ruhe und es ist zu keinerlei nennenswerten Zwischenfällen oder Ausschreitungen gekommen lediglich einige Großbauern glaubten, Boden unter die Füße erhalten zu haben und benahmen sich provozierend. So äußerte der Großbauer [anonymisiert] aus [anonymisiert] in angetrunkenem Zustand zum Bürgermeister, daß er der Erste sei, der Wiedergutmachungsarbeiten verrichten müsse.
Der LPG-Buchhalter aus Gahlenz wurde von unbekannter Person angerufen und aufgefordert, schnellstens zu verschwinden.
Dem Meisterbauer [anonymisiert] aus [anonymisiert] ging eine anonyme Karte zu, nach der er gelyncht werden sollte. Teilweise ist unter den Genossenschaftsbauern die Stimmung, daß bei Rückkehr der Großbauern die LPG liquidiert werden müsse.
In der Industrie, in Bank- und Finanzwesen sowie in Handel und Versorgung sind die Arbeiten planmäßig und diszipliniert weitergelaufen.
Im VEB Baumwollspinnerei Hohenfichte entstanden größere Unstimmigkeiten, da man dort im Betriebs-Ho weder Butter noch Margarine zu kaufen erhielt, wohingegen die HO Wismut im Nachbarort größere Mengen Butter frei verkauft.
Die Stimmung im allgemeinen ist zufriedenstellend. Anhaltspunkte für noch zu erwartende Aktionen sind nicht vorhanden.
Die Agenturarbeit war ungenügend, da sich Schwierigkeiten in der Treffdurchführung ergaben.
Kreis Freiberg
Im Kreis Freiberg kam es bis auf den Streik der Bau-Union und anderen kleinen Vorkommnissen nicht zu weiteren Ausschreitungen.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
Auf der Baustelle des VEB Zinkhütte PAMA legten die dort beschäftigten Bauarbeiter der Bau-Union Dresden au 18.06.53 9.00 Uhr die Arbeit nieder. Die örtlichen Ursachen waren, daß die Betriebsleitung der Bau-Union Dresden einen organisierten Plan zur Steigerung der Arbeitsproduktivität ausgearbeitet hatte. Die Bauarbeiter, die von sich heraus eine Versammlung anberaumten, bezogen sich während dieser auf die letzten Ereignisse innerhalb der DDR.
Es wurden von ihnen folgende Forderungen gestellt:
1. Reallohn an Preise angleichen,
2. Richtige Eiinstufung in die Ortsklasse,
3. Abschaffung des Normensystems und Einführung des Stunden- und Akkordlohnes,
4. Regierung soll abdanken, Neuwahlen sollen durchgeführt werden,
5. Aufhebung des Ausnahmezustandes,
6. Bezahlung des Arbeitsausfalles während dem Streik.
Von der Versammlung wurde eine Streikleitung gewählt, in der besonders feindliche Elemente verankert waren. Diese hetzten gegen die DDR. Hier muß erwähnt werden, daß vonseiten der Betriebsleitung der Bau-Union Dresden für die Arbeiter schlechte soziale Voraussetzungen geschaffen waren, indem diese für eine Barackenunterkunft ohne Licht, Wasser und Abortanlagen monatlich ca. DM 50,-- Miete zahlen mußten. Der Streik dauerte bis zum 18.06.53 13.00 Uhr an, wobei aber nur ein Teil der Belegschaft die Arbeit aufnahm. Der Rest der Streikenden nahm die Arbeit erst am 21.06.53 wieder auf. Insgesamt waren an dem Streik 1.300 Personen beteiligt. Da innerhalb der Streikleitung sehr negative Elemente verankert waren, die die Arbeiter aufputschten, mußten 9 Provokateure in Haft genommen werden. Insgesamt beträgt die ausgefallene Arbeitszeit für die 1.300 Beteiligten 8 Stunden. Es ist zu bemerken, daß trotz allem eine reibungslose Entladung der ankommenden Waggons gewährleistet war, da sich Einsatzgruppen der Bleierzgruben und der Wismut-Parteischule sofort zur Verfügung stellten.
An verschiedenen Orten waren Fälle von antidemokratischen Schmierereien, Anbringung von Hetzplakaten und Zustellen von anonymen Drohbriefen zu verzeichnen.
An 17.06. erhielt die Sachbearbeiterin beim Kreisrat Freiberg, [anonymisiert], einen anonymen Drohbrief, daß sie in Kürze ausgeräuchert würde. Ähnlich lauteten auch die Briefe an den Schulleiter [anonymisiert] und die Gen. [anonymisiert], Wohnungswesen, wohnhaft in Siebenlehn.
In der Nacht vom 16. zum 17.06. wurden an der Finanzschule und in einem HO-Geschäft in Siebenlein antidemokratische Schmierereien angebracht.
Am 18.06., 7.00 Uhr, wurden in Oberschöna zwei handgeschriebene Hetzplakate aufgefunden. Die Setzplakate forderten die Arbeiter zum Streik auf. Wörtlich stand geschrieben: "Streikt wie Eure Kameraden aus Berlin Stalinallee, Heringsdorf, Bergmann-Borsig. Zeigt den Ausbeutern, daß Ihr nicht in diesem Terrorsystem leben wollt. Fordert freie und geheime Wahlen für ganz Deutschland. Hinaus mit den Russen, Absetzung der Regierung, Neuwahl!"
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
In der Nacht zum 18.06. wurde in Bieberstein eine Erfassungstafel zerschlagen und in Obergruna antidemokratische Losungen mit dem Wortlaut "SED verschwinde, es lebe die Revolution" angebracht.
Am 13.06. wurde in Hilbersdorf Kr. Freiberg von unbekannten Tätern vor der Schule die schwarz-rot-goldene Fahne entfernt. Am selben Tage wurden in Niederbobritzsch am Spritzenhaus die Worte "Heraus zum Massenstreik" angeschrieben.
Der in [anonymisiert] wohnhafte [anonymisiert], der aus der SED ausgeschlossen worden ist sagte in provokatorischer Art, daß er schwarze Listen fertig habe, wo die draufstehen, die an den Baum kommen, darunter der Bürgermeister [anonymisiert] (SED) und [anonymisiert] (ptl.)
Durch die reibungslose Weiterarbeit der Bleierz-Kumpels "Albert Funk" wurde vielen anderen Betrieben ein gutes Beispiel gegeben, so daß die Aktion der Bauarbeiter nicht weiter um sich griff. Es wurde bekannt, daß unter den Kumpels der Bleierzgruben die Meinung vertreten wird, daß sie erst nach Auszahlung der Bergmanns-Treueprämie in den Streik treten wollen. Die Prämie wird Anfang Juli zur Auszahlung gebracht.
Auf dem Gebiete der Landwirtschaft ist es zu ernsten Ausschreitungen nicht gekommen. Nur am 17.06. wurde der Bürgermeister von Naundorf telefonisch auf die Gelder gerufen, wo er mehrere Bauern antraf, die ihm drohten, den Schädel einzuschlagen.
In Niederbobritzsch brachte am 20.06. der VdgB-Vorsitzende dem 2. Parteisekretär eine Forderung, bestehend aus Reduzierung der Erfassung, mehr Düngemittel und Verlängerung der Ablieferungstermine vor.
Die Bauern verhalten sich z.T. den Maßnahmen der Regierung gegenüber abwartend bzw. erwarten sie eine schnelle Realisierung der gefaßten Beschlüsse. Die Mittelbauern [anonymisiert] und [anonymisiert] diskutierten z.B. so: "Wenn die Regierung ihr Wort hält und die neuen Veränderungen bald verwirklicht, haben wir keine Einwände, aber erst wollen wir die Wirklichkeit sehen". Die beiden Bauern sind in [anonymisiert] wohnhaft.
Ein Teil der Bauern in den LPG, wo Betriebe von Großbauern angeschlossen wurden, ist darüber beunruhigt, daß die Großbauern ihre Gehöfte wieder zurückerlangen sollen. Sie sind der Meinung, daß sie die Felder bestellt haben und nun der Großbauer kommen kann, um zu ernten.
Die Agenturarbeit wurde nur auf den Schwerpunkt der Bauarbeiter Konzentriert und hat Erfolge gezeigt. Dafür wurden aber die übrigen Objekte des Kreises in bezug auf die Agentur vernachlässigt.
Kreis Glauchau
Am 17.06.53 wurde im IFA-Karosseriewerk Meerane, das eine Belegschaft von 350 Personen hat, die Arbeit für 4 Stunden niedergelegt. Der Grund dafür war die Einführung der alten Arbeitsnorm. Besonders traten dort als Sprecher und Organisatoren ein gew. [anonymisiert] und [anonymisiert], welcher gleichzeitig Angehöriger
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Fernschreiben der Bezirksverwaltung Karl-Marx-Stadt zu verhinderten Streikaktionen Dokument, 1 Seite
Meldung einer Arbeitsniederlegung in Freiberg Dokument, 1 Seite
Aufhebung des Ausnahmezustands in Karl-Marx-Stadt Dokument, 1 Seite
Meldung zu erneuten Streiks im Bezirk Karl-Marx-Stadt Dokument, 4 Seiten