Signatur: BStU, MfS, BV Suhl, SR PS, Nr. 44, Bl. 2
Das 1979 eröffnete Ringberghaus in Suhl war sowohl Ferienheim als auch Tagungsort. So besuchten es auch regelmäßig ranghohe Vertreter der SED. Die Stasi bereitete hier unter anderem Überwachungsmaßnahmen vor und sicherte Veranstaltungen ab.
Im Jahr 1979 öffnete das Ringberghaus Suhl nach langwierigen Baumaßnahmen seine Türen. Über der damaligen Bezirksstadt thronend, diente der auf 750 Höhenmetern gelegene Bau, wie es offiziell hieß, als "Ferienobjekt der Genossenschaftsbauern und Werktätigen der sozialistischen Landwirtschaft". Bis zu 900 Urlauberinnen und Urlauber konnten hier untergebracht werden.
Zwischen 1975 und 1979 fanden die Baumaßnahmen unter großer Geheimhaltung statt. Der millionenschwere Prestigebau lag inmitten des Landschaftsschutzgebiets des Thüringer Waldes. Die felsige Kuppe des Ringberges musste weggesprengt und das Plateau anschließend mit schwerem Gerät erschlossen werden. Hierbei kam es zu massiven Eingriffen in die Umwelt.
Im damaligen DDR-Bezirk Suhl wurde deshalb Kritik laut, welche die Stasi dokumentierte. In der Folge berichtete die von der SED-Bezirksleitung herausgegebene Tageszeitung "Freies Wort" weder über Grundsteinlegung, Baufortschritt noch über die Eröffnung. Es hielt sich an die durch die SED verordnete Nachrichtensperre. Die Machthaber befürchteten, es könnte sich noch mehr Kritik an dem Bau entfachen.
Nachdem das Ringberghaus fertig gestellt war, nutzten es das Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft der DDR (MfLFN), der Zentralvorstand der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB), die Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD) sowie die landwirtschaftlichen Gremien des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) als Versammlungs- und Tagungsort. Regelmäßig besuchten es zudem ranghohe Vertreter der SED.
Bis 1989 war auch die Stasi Dauergast auf dem Ringberg. Für das Ringberghaus war die Abteilung XVIII (Volkswirtschaft) der Suhler Bezirksverwaltung zuständig. Die Diensteinheit übernahm vielfältige Aufgaben: Stasi-Mitarbeiter nahmen Einfluss auf die Personalauswahl, beteiligten sich an Sicherheitsinspektionen im Haus, bereiteten Überwachungsmaßnahmen vor und sicherten Veranstaltungen ab.
Das vorliegende Dokument ist eine Anfrage des Personenschutzes der Suhler Stasi-Bezirksverwaltung an die für die Überwachung des Ringberghauses zuständige Abteilung XVIII (Volkswirtschaft). Um eine "hohe Sicherheit der führenden Repräsentanten" zu garantieren und den Aufenthalt im Ringberghaus abzusichern, verlangte der Personenschutz nähere Angaben zu Personal und Gebäude.
Selbständiges Referat PS
Suhl, 2. April 1982
[Unterschrift unleserlich]
Abteilung XVIII
Leiter
Schutz führender Repräsentanten
Beim Aufenthalt im Bezirk Suhl nutzen führende Repräsentanten der DDR und ihre Ausländischen Gäste in zunehmendem Maße die gastronomischen Einrichtungen.
Zur Gewährleistung einer hohen Sicherheit der führenden Repräsentanten beim Aufenthalt im "Ringberghaus" werden über die Bereiche Nachtbar, Cafe im Turm kurzfristig benötigt:
1. Aktuelle Übersichten über den Personalbestand dieser Bereiche (kleine Personalien und Funktion)
2. operative Wertung des Personalbestandes / welche Kräfte können aus operativen Gründen [unterstrichen: nicht] zur Betreuung führender Repräsentanten eingesetzt werden
3. Bauzeichnung, Skizze über das Objekt, aus der Bestuhlung, Zugänge / Fluchtwege ersichtlich sind.
Leiter des SR PS
[Unterschrift]
Schneider
Major
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Bericht über zu erwartende Besuche im Ringberghaus Dokument, 1 Seite
Bericht über eine Delegation aus Montenegro Dokument, 1 Seite
Regelung über die Zusammenarbeit zwischen der Abteilung XVIII der Bezirksverwaltung Suhl und der Abteilung Bewaffnung und Chemischer Dienst Dokument, 5 Seiten
Entwurf zum Ablauf des Besuchs der Familie Wolf im Bezirk Suhl Dokument, 3 Seiten