Signatur: BStU, MfS, BV Leipzig, Leiter, Nr. 731, Bd. 4, Bl. 2
Nach dem Ungarn-Aufstand fürchtete die Stasi Solidaritätsaktionen der DDR-Bevölkerung. Erich Mielke forderte daher größte Wachsamkeit und Einsatzbereitschaft von seinen Mitarbeitern.
Am 23. Oktober 1956 forderten Studenten der Budapester Universitäten auf einer Großdemonstration bürgerliche Freiheitsrechte, ein parlamentarisches Regierungssystem und nationale Unabhängigkeit. Sie bekundeten damit ihre Sympathie für einen Arbeiteraufstand in Polen drei Monate zuvor. Zudem verlangten die Demonstranten die Rückkehr von Imre Nagy als Ministerpräsident. Er hatte das Land von 1953 bis 1955 regiert und dabei einige Reformen angestoßen.
Dieser Volksaufstand in Ungarn vom Herbst 1956 löste beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS) Unruhe aus. Die Erinnerungen an den Volksaufstand in der DDR vom 17. Juni 1953 waren noch frisch und die ostdeutsche Geheimpolizei wollte um jeden Preis verhindern, dass die explosive Stimmung auf das eigene Land übersprang. Die SED-Parteizeitung "Neues Deutschland" sprach schon am 25. Oktober von einem "Putsch konterrevolutionärer Elemente". Die DDR-Führung versuchte die Bevölkerung durch sozialpolitisches Entgegenkommen zu beruhigen und das MfS wollte die Bürger durch Abschreckung disziplinieren.
Die vorliegende Notiz von Erich Mielke ist an alle Bezirksverwaltungen adressiert. Kurz nach Beginn des Aufstandes fürchtete Mielke, es könne in der DDR zu ähnlichen Demonstrationen kommen. Um auf mögliche Solidaritätsaktionen der Bürger unterdrücken zu können, wollte der stellvertretender Minister für Staatssicherheit ständig jeden vierten Mitarbeiter der Bezirksverwaltungen im Dienst sehen und alle anderen auf Abruf bereit wissen.
Fs. Nr. 397,398 vom 27.10.1956
Leipzig, den 27.10.1956
Blitz
Absender: MfS.-Berlin
An: alle BVfS. einschließlich "W" außer Großberlin, zu Hdn. des Leiters.
Streng vertraulich, nur zur persönlichen Kenntnis und Berücksichtigung in Durchführung des Dienstes der unterstellten Abteilungen bezw.Mitarbeiter.
In Ungarn sind Kämpfe gegen Konterrevolutionäre, zu denen einige Einheiten der Armee übergegangen sind, noch im Gange. Konterrevolutionäre besitzen Aktionskomitee.
Scharnowski beabsichtigt Aufruf an Bevölkerung der na zum Solidaritätsstreik. Größte Wachsamkeit und Einsatzbereitschaft. Kontrolle der Bewachung der lebenswichtigsten Objekte. Verstärkerämter unbedingt unter Kontrolle. Ab sofort mindestens der Mitarbeiter im Dienst, die anderen sofort erreichbar. Größte Aufmerksamkeit den den Studenten und Intelligenz. Mit GI ständig treffen. Wo keine guten Informatoren, zuverlässige Menschen ansprechen, um immer informiert zu sein.
Nach vorhandener Möglichkeit der Aufgaben "A". Für Aufgaben "B" bei mir Genehmigung einholen. GM und GI zur Aufklärung von Westberlin gewissenhaft und umsichtig anleiten und einsetzen. Allen Gerüchte und Hetze entgegentreten. Hetzsender, einschleusen von Flugblättern beachten. Wo überzeugend wirkendes Material vorliegt, nach Rücksprache mit 1.Sekretär der SED vor Werktätigen sprechen, zwecks Aufzeigen wer Konterrevolution in Ungarn organisierte und gleiches in DDR versuchen wollen. Dazu nur gute qualifizierte Genossen verwenden.
Meldung über Einsatz nach hier.
[handgeschrieben: Einsatzstab MfS.- 2226-29]
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Von 1950 bis 1968 geltende Bezeichnung für die gewöhnlichen inoffiziellen Mitarbeiter, in den ersten Jahren auch nur Informatoren genannt. 1968 wurden die GI überwiegend zu IMS. GI dienten vor allem der allgemeinen Informationsbeschaffung. Sie wurden dabei auch zunehmend zur Sicherung von Institutionen, zur Feststellung der Bevölkerungsstimmung, zur Überprüfung verdächtiger Personen, zur Verhinderung von Republikfluchten oder auch bei Ermittlungen und Fahndungen eingesetzt.
Von 1950 bis 1968 geltende Bezeichnung für inoffizielle Mitarbeiter mit tatsächlichem oder potenziellem Zugang zu Personen oder Organisationen, die vom MfS als feindlich eingestuft wurden. Vor allem in den 50er Jahren kamen GM häufig auch im Westen zum Einsatz. Sie sollten "wertvolle Angaben" über Spionage und "illegale, antidemokratische" Aktivitäten beschaffen, gegen "feindliche Zentralen" und "Untergrundgruppen" wirken, bei der direkten "Bearbeitung" von verdächtigen Personen eingesetzt werden, "Feinde" beobachten, ferner Beweise für "Feindtätigkeit" gewinnen und zur "Zersetzung", "Zerschlagung von feindlichen Gruppierungen" beitragen. 1968 wurde diese Kategorie in IMV und IMF gesplittet.
Begleitton zu einem Dia-Vortrag über den Volksaufstand 1956 in Ungarn Audio, 33 Minuten, 3 Sekunden
Analyse "feindlicher Diskussionen" zum Ungarnaufstand im Kreis Torgau Dokument, 1 Seite
Haftbefehl gegen einen Arbeiter wegen "Kriegshetze" Dokument, 1 Seite
Haftbefehl gegen einen Arbeiter aus West-Berlin wegen eines Angriffs auf Volkspolizisten Dokument, 1 Seite