Befehl 11/66 zur Bekämpfung von unangepassten Jugendlichen
Signatur: BStU, MfS, BV Leipzig, Abt. IX, Nr. 65, Bl. 120-124
Befehl von Stasi-Chef Erich Mielke aus dem Jahr 1966 zur Bekämpfung von unangepassten Jugendlichen. Eine Reaktion auf die zunehmende Verschärfung in der Jugendpolitik der SED infolge der Beatbewegung.
Jugendkulturen jenseits des Einflussbereiches der SED-Jugendorganisation FDJ stellten für das SED-Regime eine Bedrohung dar. Die Staatsmacht fürchtete vor allem westliche Einflüsse, die die Jugendlichen von sozialistischen Erziehungszielen entfremdeten. So waren der Staatsführung auch die Rock'n'Roll- und Beatbewegung der späten 50er und 60er Jahre ein Dorn im Auge. Der regelmäßige Empfang von Beat-Musik westlicher Rundfunksender habe negativen Einfluss auf die jungen Leute, so ein Urteil von Partei und MfS. Auf geschickte Weise betreibe der "Klassenfeind" so politisch-ideologische Diversion und verbreite seine imperialistische Ideologie.
Seit Oktober 1965 war es verboten, in öffentlichen Räumen Musik wie Beat und Rock'n'Roll zu spielen. "Laiengruppen" – wie die DDR-Regierung sie nannte – drohte der sofortige Lizenzentzug, wenn sie "dekadente westliche Musik" spielten. "Gammler", die keiner geregelten Arbeit nachgingen, sollten in Arbeitslager eingewiesen werden. Ebenfalls im Oktober 1965 forderte Stasi-Chef Erich Mielke in einem Fernschreiben die Leiter aller MfS-Bezirksverwaltungen auf, sofort Stellungnahmen und Einschätzungen zur Lage unter der Jugend zu erarbeiten. Er reagierte damit auf die zunehmende Verschärfung in der Jugendpolitik der SED. Wenige Monate später erließ Mielke den Befehl 11/66 zur "Bekämpfung der politisch-ideologischen Diversion und Untergrundtätigkeit unter jugendlichen Personenkreisen in der DDR". Dieses Dokument bildete gemeinsam mit der Dienstanweisung 4/66 die Grundlage für die Maßnahmen im Kampf gegen unangepasste Jugendliche. Der Befehl besaß bis 1989 Gültigkeit.
Metadaten
- Diensteinheit:
- Minister für Staatssicherheit
- Datum:
- 15.5.1966
In Auswertung der von Partei und Regierung erlassenen grundsätzlichen Beschlüsse und Maßnahmen zur Sicherung der Durchführung der sozialistischen Jugendpolitik in der DDR ist eine allseitige Verbesserung der politisch-operativen Arbeit zur Entlarvung und Bekämpfung der Feindtätigkeit unter der Jugend durch die Organe des MfS zu erreichen.
Zur Sicherung der sich daraus ergebenden politisch-operativen Aufgaben befehle ich:
1. Die Leiter der Bezirksverwaltungen/Verwaltungen, Kreisdienststellen und Hauptabteilungen/selbst. Abteilungen sind persönlich für die Einleitung und Sicherung aller erforderlichen politisch-operativen Maßnahmen in ihrem Zuständigkeitsbereich voll verantwortlich.
2. Die Leiter der Bezirksverwaltungen/Verwaltungen, Kreisdienststellen und Hauptabteilungen/selbst. Abteilungen haben zu gewährleisten, daß
- von allen Linien ihres Verantwortungsbereiches politisch operative Maßnahmen zur Lösung der Aufgaben unter jugendlichen Personenkreisen der DDR eingeleitet und durchgeführt werden,
- alle Erscheinungsformen der Feindtätigkeit, Vorkommnisse und die Angriffsrichtungen des Gegners unter jugendlichen Personenkreisen ständig erfaßt, analysiert ,und ausgewertet werden,
- eine exakte Koordinierung und Abgrenzung der einzuleitenden und. durchzuführenden Maßnahmen sowohl innerhalb der Diensteinheiten im Verantwortungsbereich als auch mit den Organen der Deutschen Volkspolizei und den staatlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen erfolgt