Signatur: BStU, MfS, ZOS, Nr. 2484, Bl. 299-301
Westdeutsche Reisegruppen in der DDR wurden routinemäßig von der Stasi observiert. Im vorliegenden Bericht dokumentierte die Stasi den Aufenthalt der Reisegruppe einer Volkshochschule.
Westdeutsche Reisegruppen in der DDR wurden routinemäßig von der Stasi observiert. Dabei gab es eine Abfolge des Vorgangs: Informationssammlung zur Anbahnung der Reise, Planung der Beobachtung, Ausführung während des Besuches und schließlich Beendigung der Aktion in einem "Abschlussbericht".
Der Stellvertreter des Leiters der Hauptabteilung (HA) VI (zuständig für Grenzkontrollen, Reise- und Touristenverkehr) fasste hier die für die Stasi relevanten Ereignisse des DDR-Aufenthaltes einer Reisegruppe der Volkshochschule Untermosel zusammen. Die Gruppe bestand hauptsächlich aus Mitgliedern des Sportvereins Untermosel. Wenige Monate vor der Friedlichen Revolution und dem Mauerfall wurde erklärt, dass mehrere Teilnehmer der Ansicht waren, "dass eine Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten unausbleiblich ist, ohne sich dabei zeitlich festzulegen". Abgelegt wurde das Dokument im Zentralen Operativstab (ZOS), dem Lagezentrum der Stasi.
Hauptabteilung VI
Berlin, VI/OuT/fie-ma
3. Mai 1989
2138/89
Abschlußbericht (I) über den Aufenthalt einer Reisegruppe der "Volkshochschule Untermosel" in der Zeit vom 28.3. bis 1.4.1989 in den Bezirken Erfurt, Dresden und Leipzig - Aktion "Moos 1/89“
In der Zeit vom 20.3. bis l.4.1989 hielt sich über den VEB Reisebüro der DDR eine Reisegruppe der "Volkshochschule Untermosel" mit 45 Personen (Fahrt-Nr.: 108-B-009/3) unter Inanspruchnahme eines touristischen Programms in den Bezirken Erfurt, Dresden und Leipzig auf.
Die Ein- und Ausreise erfolgte über die Grenzübergangsstelle Wartha mit einem KOM, amtliches Kennzeichen [geschwärzt].
Nach Ansicht einiger Reiseteilnehmer waren die Grenzpassagen und die damit verbundene Zollkontrolle überzogen, da von einzelnen Teilnehmern die Koffer kontrolliert wurden. Beanstandungen traten dabei nicht auf.
Als Reiseleiter der Gruppe fungierte der Bürger der BRD [geschwärzt] in Koblenz Angestellter, Krankenkasse,
der jedoch nicht in Erscheinung trat und alle anfallenden Aufgaben und Probleme dem Reiseleiter der DDR überließ.
Bei den Reiseteilnehmern handelte es sich überwiegend um Mitglieder des Sportvereins Koblenz/Untermosel, der jährlich eine Fahrt ins Ausland unternimmt. Die 11. Auslandsreise führte die Mitglieder der Reisegruppe erstmals in die DDR. Den Verantwortlichen des Sportvereins war bekannt, daß Reisen über die "Volkshochschule Untermosel" staatlich gestützt werden, und man beabsichtigte somit, diese für sie günstige Möglichkeit zu nutzen. Aus diesem Grund gaben die Verantwortlichen bei der "Volkshochschule Untermosel" an, während des Aufenthaltes in der DDR einige Fachgespräche durchzuführen. Seitens des Partnerbüros der BRD "Olympia Reisen Bonn" wurde aus vorgenannten Gründen darum gebeten, für die Gruppe eine Betriebs- oder LPG-Besichtigung bzw. eine allgemeine Informationsveranstaltung in das Programm aufzunehmen, da die Gruppe beabsichtigte, eine finanzielle Stützung durch das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen in Anspruch zu nehmen.
Hauptabteilung VI (Passkontrolle, Tourismus, Interhotel)
Die Hauptabteilung VI befasste sich mit dem grenzüberschreitenden Reiseverkehr. Sie wurde 1970 durch Fusion der Arbeitsgruppen "Passkontrolle und Fahndung" und "Sicherung des Reiseverkehrs" sowie der Zoll-Abwehr (Überwachung der Zoll-Mitarbeiter) gebildet. Die Hauptabteilung VI hatte an den Grenzübergängen der DDR die Reisenden zu kontrollieren und abzufertigen. Deshalb waren die DDR-Passkontrolleure hauptamtliche Mitarbeiter der Hauptabteilung VI. Zur Tarnung trugen sie Uniformen der Grenztruppen. Zunächst war 1950 die Grenzpolizei mit der Grenzabfertigung beauftragt worden.
Bei der Hauptabteilung VI wurden die Daten der Einreisenden einer ersten Analyse unterzogen, um politisch-operativ interessante Personen herauszufiltern. Die Grenzkontrolle umfasste für die Hauptabteilung VI auch die Überwachung der westlichen Grenzkontrollstellen, in Westberlin auch die der Flughäfen Tegel und Tempelhof sowie der Polizei und des Grenzzolldienstes. Zum Verantwortungsbereich der Hauptabteilung VI gehörte die lückenlose Überwachung der Transitstrecken von und nach Westberlin. Bei ihr liefen Avisierungen für bevorzugte Grenzabfertigungen zusammen.
1970 übernahm sie von der Hauptabteilung XX/5 die Aufgabe, Fluchtversuche zu unterbinden und Fluchthelfer im Westen zu verfolgen, was 1975/76 zu Teilen an die Zentrale Koordinierungsgruppe überging (Republikflucht). Die Hauptabteilung VI überwachte touristische Einrichtungen in der DDR, darunter die Reisebüros und die Interhotels. Ebenso kontrollierte sie DDR-Bürger bei ihren Reisen ins sozialistische Ausland, um Kontakte zu westlichen Staatsbürgern und Fluchtversuche ggf. zu unterbinden.
Die Operativgruppen des MfS in der ČSSR, Ungarn und Bulgarien waren ihr von 1970 bis 1989 unterstellt. 1989 gab sie deren Leitung an die Hauptabteilung II (HA II) ab. Im Verantwortungsbereich der Hauptabteilung VI wurden 1979–1981 drei Mordanschläge auf den Fluchthelfer Wolfgang Welsch durchgeführt, die dieser nur knapp überlebte.
Charakteristisch für die Hauptabteilung VI war die enge Kooperation mit vielen MfS-Diensteinheiten und anderen Institutionen wie Grenztruppen und Zoll, da im Bereich der Hauptabteilung VI eine Vielzahl von relevanten Erstinformationen und Daten zusammenkam. 1985 führte die Hauptabteilung VI 1.064 IM, darunter 67 West-IM, von denen 62 in Westberlin lebten.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Der Zentrale Operativstab (ZOS) wurde 1970 gegründet. Seine Aufgaben waren der Betrieb des operativen Lagezentrums mit 24-Stunden-Dienst zur Entgegennahme, Aufbereitung und Weiterleitung von Meldungen/Informationen und Führung der Gesamtübersicht zur Sicherheitslage und bestimmten Vorkommnissen (Bomben- und Sprengstoffanschläge, Brandlegungen, Überfälle, Geiselnahmen, Attentate, Erpressungen, Havarien, Vorkommnisse an der Grenze, "staatsfeindliche Hetze", Demonstrationen/Demonstrativhandlungen usw.) wie auch Durchführung von sichernden Aktionen und Einsätzen anlässlich herausragender Ereignisse der Partei- und Staatsführung.
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Signatur: BStU, MfS, ZOS, Nr. 2484, Bl. 299-301
Westdeutsche Reisegruppen in der DDR wurden routinemäßig von der Stasi observiert. Im vorliegenden Bericht dokumentierte die Stasi den Aufenthalt der Reisegruppe einer Volkshochschule.
Westdeutsche Reisegruppen in der DDR wurden routinemäßig von der Stasi observiert. Dabei gab es eine Abfolge des Vorgangs: Informationssammlung zur Anbahnung der Reise, Planung der Beobachtung, Ausführung während des Besuches und schließlich Beendigung der Aktion in einem "Abschlussbericht".
Der Stellvertreter des Leiters der Hauptabteilung (HA) VI (zuständig für Grenzkontrollen, Reise- und Touristenverkehr) fasste hier die für die Stasi relevanten Ereignisse des DDR-Aufenthaltes einer Reisegruppe der Volkshochschule Untermosel zusammen. Die Gruppe bestand hauptsächlich aus Mitgliedern des Sportvereins Untermosel. Wenige Monate vor der Friedlichen Revolution und dem Mauerfall wurde erklärt, dass mehrere Teilnehmer der Ansicht waren, "dass eine Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten unausbleiblich ist, ohne sich dabei zeitlich festzulegen". Abgelegt wurde das Dokument im Zentralen Operativstab (ZOS), dem Lagezentrum der Stasi.
Die "Volkshochschule Untermosel" bestätigte jedoch die Fahrt mit der Konsequenz, daß der finanzielle Zuschuß wegfiel und alle beantragten Fachgespräche storniert wurden, nicht als Studienreise.
Während des Aufenthaltes in der DDR wurde sichtbar, daß die Reisegruppe fast ausschließlich Interesse an touristischen Leistungen zeigte und auf Grund der Dichte des Programms froh war, nicht noch Fachgespräche realisieren müssen. Zur Vorbereitung der Fahrt seitens der "Volkshochschule Untermosel" liegen keine Hinweise vor. Lediglich der namentlich nicht bekannte Sohn der Mitreisenden
[geschwärzt] Drechenbach und [geschwärzt] Koblenz
soll die Gruppe in Form eines Einführungsvortrages auf die Reise in die DDR eingestimmt haben. Aus den Gesprächen der Reiseteilnehmer wurde eine inhaltlich negative Vorbereitung sichtbar. So führte der Sohn des Ehepaares [geschwärzt] aus, daß rechts und links der Autobahn nur kaputte Fahrzeuge stehen, die Städte in einem total heruntergewirtschafteten Zustand sind und man sich in der DDR nicht frei bewegen könnte. Abschließend kamen die Mitreisenden jedoch zu einem anderen Ergebnis. Sie stellten Läden mit ausreichenden Waren fest und waren insgesamt der Meinung, daß es sich auch in der DDR leben läßt. Anerkennend sprachen sie sich über die Fortschritte im Reiseverkehr zwischen der BRD und der DDR aus.
Die Steigerung der "Westreisen" von Bürgern der DDR ist nach ihrer Meinung in der BRD eindeutig spürbar.
Mehrere Teilnehmer waren der Ansicht, daß eine Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten unausweichlich ist, ohne sich dabei zeitlich festzulegen. Eingehend auf die jüngsten Wahlerfolge der Republikaner und anderer neonazistischer Parteien vertraten sie die Auffassung, daß zum Beispiel die NPD nur eine kleine Gruppe ist, die in der BRD keine Zukunft hat. Ferner stellten sie fest, daß die Bürger der DDR über die BRD wesentlich besser und objektiver informiert sind, als Bürger der BRD über die DDR.
Besonders beeindruckend empfanden sie den Besuch der Nationalen Mahn- und Gedenkstätte in Buchenwald. Im Anschluß daran beteuerten sie, daß sich so etwas nicht wiederholen dürfte.
Kontakte zu Außenstehenden konnten nur bei den Reiseteilnehmern
[geschwärzt] Niederfell und
[geschwärzt] Urbar
festgestellt werden.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Der Zentrale Operativstab (ZOS) wurde 1970 gegründet. Seine Aufgaben waren der Betrieb des operativen Lagezentrums mit 24-Stunden-Dienst zur Entgegennahme, Aufbereitung und Weiterleitung von Meldungen/Informationen und Führung der Gesamtübersicht zur Sicherheitslage und bestimmten Vorkommnissen (Bomben- und Sprengstoffanschläge, Brandlegungen, Überfälle, Geiselnahmen, Attentate, Erpressungen, Havarien, Vorkommnisse an der Grenze, "staatsfeindliche Hetze", Demonstrationen/Demonstrativhandlungen usw.) wie auch Durchführung von sichernden Aktionen und Einsätzen anlässlich herausragender Ereignisse der Partei- und Staatsführung.
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Signatur: BStU, MfS, ZOS, Nr. 2484, Bl. 299-301
Westdeutsche Reisegruppen in der DDR wurden routinemäßig von der Stasi observiert. Im vorliegenden Bericht dokumentierte die Stasi den Aufenthalt der Reisegruppe einer Volkshochschule.
Westdeutsche Reisegruppen in der DDR wurden routinemäßig von der Stasi observiert. Dabei gab es eine Abfolge des Vorgangs: Informationssammlung zur Anbahnung der Reise, Planung der Beobachtung, Ausführung während des Besuches und schließlich Beendigung der Aktion in einem "Abschlussbericht".
Der Stellvertreter des Leiters der Hauptabteilung (HA) VI (zuständig für Grenzkontrollen, Reise- und Touristenverkehr) fasste hier die für die Stasi relevanten Ereignisse des DDR-Aufenthaltes einer Reisegruppe der Volkshochschule Untermosel zusammen. Die Gruppe bestand hauptsächlich aus Mitgliedern des Sportvereins Untermosel. Wenige Monate vor der Friedlichen Revolution und dem Mauerfall wurde erklärt, dass mehrere Teilnehmer der Ansicht waren, "dass eine Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten unausbleiblich ist, ohne sich dabei zeitlich festzulegen". Abgelegt wurde das Dokument im Zentralen Operativstab (ZOS), dem Lagezentrum der Stasi.
Am 30.3.1989 trafen sie in Meißen mit einer namentlich nicht bekannten weiblichen Person zusammen. Das Ehepaar [geschwärzt] führte dieses Treffen im Auftrag einer Familie der BRD durch, die in der Nähe von [geschwärzt] wohnhaft ist. Beim Treffpartner soll es sich um Verwandtschaft der namentlich nicht bekannten Familie gehandelt haben.
Im Aufenthaltszeitraum trat die Reisegruppe nicht öffentlichkeitswirksam in Erscheinung.
Die Hauptabteilung VI, Abteilung Objektsicherung und Tourismus, führte in Zusammenarbeit mit den Bezirksverwaltungen Erfurt, Dresden und Leipzig, Abteilungen VI, sowie der Linie VIII die Sicherungs-, Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen durch.
Stellvertreter des Leiters der HA
[Handschriftliche Wilke]
Wilke
Oberst
Verteiler
Hauptabteilung VI (Passkontrolle, Tourismus, Interhotel)
Die Hauptabteilung VI befasste sich mit dem grenzüberschreitenden Reiseverkehr. Sie wurde 1970 durch Fusion der Arbeitsgruppen "Passkontrolle und Fahndung" und "Sicherung des Reiseverkehrs" sowie der Zoll-Abwehr (Überwachung der Zoll-Mitarbeiter) gebildet. Die Hauptabteilung VI hatte an den Grenzübergängen der DDR die Reisenden zu kontrollieren und abzufertigen. Deshalb waren die DDR-Passkontrolleure hauptamtliche Mitarbeiter der Hauptabteilung VI. Zur Tarnung trugen sie Uniformen der Grenztruppen. Zunächst war 1950 die Grenzpolizei mit der Grenzabfertigung beauftragt worden.
Bei der Hauptabteilung VI wurden die Daten der Einreisenden einer ersten Analyse unterzogen, um politisch-operativ interessante Personen herauszufiltern. Die Grenzkontrolle umfasste für die Hauptabteilung VI auch die Überwachung der westlichen Grenzkontrollstellen, in Westberlin auch die der Flughäfen Tegel und Tempelhof sowie der Polizei und des Grenzzolldienstes. Zum Verantwortungsbereich der Hauptabteilung VI gehörte die lückenlose Überwachung der Transitstrecken von und nach Westberlin. Bei ihr liefen Avisierungen für bevorzugte Grenzabfertigungen zusammen.
1970 übernahm sie von der Hauptabteilung XX/5 die Aufgabe, Fluchtversuche zu unterbinden und Fluchthelfer im Westen zu verfolgen, was 1975/76 zu Teilen an die Zentrale Koordinierungsgruppe überging (Republikflucht). Die Hauptabteilung VI überwachte touristische Einrichtungen in der DDR, darunter die Reisebüros und die Interhotels. Ebenso kontrollierte sie DDR-Bürger bei ihren Reisen ins sozialistische Ausland, um Kontakte zu westlichen Staatsbürgern und Fluchtversuche ggf. zu unterbinden.
Die Operativgruppen des MfS in der ČSSR, Ungarn und Bulgarien waren ihr von 1970 bis 1989 unterstellt. 1989 gab sie deren Leitung an die Hauptabteilung II (HA II) ab. Im Verantwortungsbereich der Hauptabteilung VI wurden 1979–1981 drei Mordanschläge auf den Fluchthelfer Wolfgang Welsch durchgeführt, die dieser nur knapp überlebte.
Charakteristisch für die Hauptabteilung VI war die enge Kooperation mit vielen MfS-Diensteinheiten und anderen Institutionen wie Grenztruppen und Zoll, da im Bereich der Hauptabteilung VI eine Vielzahl von relevanten Erstinformationen und Daten zusammenkam. 1985 führte die Hauptabteilung VI 1.064 IM, darunter 67 West-IM, von denen 62 in Westberlin lebten.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
Der Zentrale Operativstab (ZOS) wurde 1970 gegründet. Seine Aufgaben waren der Betrieb des operativen Lagezentrums mit 24-Stunden-Dienst zur Entgegennahme, Aufbereitung und Weiterleitung von Meldungen/Informationen und Führung der Gesamtübersicht zur Sicherheitslage und bestimmten Vorkommnissen (Bomben- und Sprengstoffanschläge, Brandlegungen, Überfälle, Geiselnahmen, Attentate, Erpressungen, Havarien, Vorkommnisse an der Grenze, "staatsfeindliche Hetze", Demonstrationen/Demonstrativhandlungen usw.) wie auch Durchführung von sichernden Aktionen und Einsätzen anlässlich herausragender Ereignisse der Partei- und Staatsführung.
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Bericht von IMK "Paul" über eine Reise von Jugendlichen aus der DDR nach Bonn und Trier Dokument, 5 Seiten
Abschlussbericht zur Aktion "Konfrontation" anlässlich des DDR-Besuchs von Willy Brandt Dokument, 39 Seiten
Reise der Touristendelegation zum Spiel DDR-Bundesrepublik während der WM 1974 Dokument, 2 Seiten
Bericht zum Aufenthalt einer Jugendreisegruppe zum UEFA-Cup-Halbfinalspiel in Stuttgart am 5. und 6. April 1989 Dokument, 4 Seiten