Signatur: BArch, MfS, BV Suhl, AKG, Nr. 17, Bd. 5, Bd. 5, Bl. 133-136
Der Leiter der BV Suhl berichtete über Vorkommnisse an den neu eröffneten Grenzübergangsstellen Meiningen und Eisfeld in Südthüringen und gab eine Gesamteinschätzung über ihre Entwicklung ab.
Mit dem Bau der Berliner Mauer und der Verstärkung der innerdeutschen Grenze 1961 wurden die Grenzmaßnahmen zwischen der Bundesrepublik und der DDR drastisch verschärft. Die Grenze wurde zur Todeszone ausgebaut, Reisen in die Bundesrepublik waren für den Normalbürger nicht mehr möglich. Erst ab dem 9. September 1964 beschloss der Ministerrat der DDR, dass Rentner einmal im Jahr mit Besuchserlaubnis für höchstens vier Wochen Verwandte in der Bundesrepublik besuchen durften.
Im Rahmen der veränderten Ostpolitik unter Bundeskanzler Willy Brandt wurden Anfang der 70er Jahre eine Reihe von Verträgen zwischen der DDR, der Bundesrepublik und den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs geschlossen, die auch zu einer Verbesserung des Reiseverkehrs führten. Diese Vereinbarungen ermöglichten es Bürgerinnen und Bürgern der Bundesrepublik, mehrmals im Jahr zu besuchsweisen oder touristischen Zwecken in die DDR einzureisen.
Der Grundlagenvertrag vom 21. Dezember 1972 zwischen der Bundesrepublik und der DDR führte auch zur Eröffnung von vier neuen Grenzübergangsstellen (GÜST): Salzwedel/Uelzen, Worbis/Duderstadt, Eisfeld/Coburg und Meiningen/Bad Neustadt, letztere beiden im Bezirk Suhl gelegen. Diese Maßnahmen resultierten in einer erhöhten Reisetätigkeit von Bürgerinnen und Bürgern der Bundesrepublik in den Bezirk Suhl.
Am 21. Juni 1973 wurden mit dem Inkrafttreten des Grundlagenvertrags die GÜST Eisfeld/Rottenbach und Meiningen/Eußenhausen eröffnet. Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik konnten nun im Wechselverkehr mit Bussen und PKW ein- und ausreisen, während DDR-Bürgerinnen und -bürger in "dringenden familiären Angelegenheiten" Verwandte in der Bundesrepublik besuchen durften. Der Leiter der BV Suhl berichtete von Vorkommnissen an den neu eröffneten GÜST in seinem Bezirk.
Besondere Schwerpunkte zeigten sich bisher nicht. Die Reisetätigkeit konzentriert sich vor allem auf die Tagesstunden und liegt bei der PKE Eisfeld zur Zeit täglich bei etwa 6-8 Pkw und bei der PKE Meiningen bei 2-4 Pkw Abfertigungen.
Bei den Personen, die bisher über die beiden GÜST ein- bzw. ausreisten, handelt es sich vorwiegend um BRD-Bürger, die zu einem besuchsweisen Aufenthalt im Bezirk Suhl weilten.
Die Abfertigungen an den PKE und GZA erfolgten bisher ohne wesentliche Vorkommnisse.
Eine Einschätzung der bisherigen Reisetätigkeit zeigt im wesentlichen folgende Erscheinungen und Tendenzen. Besonders an den ersten beiden Tagen (21.06.1973 und 22.06.1973) reisten an beiden GÜST Personen an, die nicht oder nur zum Teil im Besitz von gültigen Reisedokumenten waren. Entsprechend ihrer Verhaltensweise kann die Vermutung ausgesprochen werden, daß es sich dabei um Testpersonen handelte.
Es wird vermutet, daß getestet werden sollte, wie die Kontrolltätigkeit der PKE, GZA und VP funktioniert und organisiert ist und wie sich unsere Kontrollorgane zu bestimmten Erscheinungen verhalten.
Konkrete Beispiele wurden in unseren bisherigen 7 Berichten angeführt.
Im Verlaufe des 20. und 21.06.1973 wurden auf westlicher Seite an beiden GÜST stationäre, fahrbare und transportable Kameras aufgestellt, um die Situation unmittelbar vor und während der Eröffnung der beiden GÜST aufzunehmen. Durch diese Maßnahmen wird die Vermutung, daß es sich bei den Ersteinreisenden um Testpersonen handelte, bestätigt.
Am 20.06.1973 gegen 22:00 Uhr und am 21.06.1973 gegen 02:00 Uhr kam es an beiden GÜST zu größeren Personenansammlungen.
Bei Eußenhausen /BRD hielten sich etwa 250 Zivilpersonen auf, vor allem Jugendliche, die Transparente mit sich führten, in denen der Freude über die Eröffnung der GÜST Ausdruck gegeben wurde.
An den Grenzübergangsstellen (Güst) der DDR führten Passkontrolleinheiten (PKE) der Staatssicherheit die Identitätskontrollen und Fahndungsmaßnahmen durch und überwachten auf diese Weise den gesamten grenzüberschreitenden Verkehr. Im Zuge der Kontrollen realisierten sie auch operative Maßnahmen im Auftrag anderer Diensteinheiten des MfS. Die in den Uniformen der Grenztruppen auftretenden Angehörigen der PKE gehörten zur Linie VI des MfS (Passkontrolle, Tourismus, Interhotel).
Die Passkontrolle war seit 1962 in der Kompetenz des MfS, als das Aufgabengebiet vom Amt für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs auf die damals neu gegründete Arbeitsgruppe Passkontrolle und Fahndung überging. Hintergrund war u. a. die sich nach dem Mauerbau entwickelnde Fluchthilfe.
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Signatur: BArch, MfS, BV Suhl, AKG, Nr. 17, Bd. 5, Bd. 5, Bl. 133-136
Der Leiter der BV Suhl berichtete über Vorkommnisse an den neu eröffneten Grenzübergangsstellen Meiningen und Eisfeld in Südthüringen und gab eine Gesamteinschätzung über ihre Entwicklung ab.
Mit dem Bau der Berliner Mauer und der Verstärkung der innerdeutschen Grenze 1961 wurden die Grenzmaßnahmen zwischen der Bundesrepublik und der DDR drastisch verschärft. Die Grenze wurde zur Todeszone ausgebaut, Reisen in die Bundesrepublik waren für den Normalbürger nicht mehr möglich. Erst ab dem 9. September 1964 beschloss der Ministerrat der DDR, dass Rentner einmal im Jahr mit Besuchserlaubnis für höchstens vier Wochen Verwandte in der Bundesrepublik besuchen durften.
Im Rahmen der veränderten Ostpolitik unter Bundeskanzler Willy Brandt wurden Anfang der 70er Jahre eine Reihe von Verträgen zwischen der DDR, der Bundesrepublik und den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs geschlossen, die auch zu einer Verbesserung des Reiseverkehrs führten. Diese Vereinbarungen ermöglichten es Bürgerinnen und Bürgern der Bundesrepublik, mehrmals im Jahr zu besuchsweisen oder touristischen Zwecken in die DDR einzureisen.
Der Grundlagenvertrag vom 21. Dezember 1972 zwischen der Bundesrepublik und der DDR führte auch zur Eröffnung von vier neuen Grenzübergangsstellen (GÜST): Salzwedel/Uelzen, Worbis/Duderstadt, Eisfeld/Coburg und Meiningen/Bad Neustadt, letztere beiden im Bezirk Suhl gelegen. Diese Maßnahmen resultierten in einer erhöhten Reisetätigkeit von Bürgerinnen und Bürgern der Bundesrepublik in den Bezirk Suhl.
Am 21. Juni 1973 wurden mit dem Inkrafttreten des Grundlagenvertrags die GÜST Eisfeld/Rottenbach und Meiningen/Eußenhausen eröffnet. Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik konnten nun im Wechselverkehr mit Bussen und PKW ein- und ausreisen, während DDR-Bürgerinnen und -bürger in "dringenden familiären Angelegenheiten" Verwandte in der Bundesrepublik besuchen durften. Der Leiter der BV Suhl berichtete von Vorkommnissen an den neu eröffneten GÜST in seinem Bezirk.
Bei Rottenbach/BRD hielten sich zu dieser Zeit etwa 300 Zivilpersonen auf, die durch eine Postenkette des BGS zurückgehalten und in Richtung Grenzkontrollstelle Rottenbach zurückgedrängt wurden.
Die Reisetätigkeit über die neu eröffneten GÜST setzte erst in den frühen Morgenstunden ein. Die erste Einreise über die GÜST Eisfeld erfolgte beispielsweise gegen 04:35 Uhr und über die GÜST Meiningen gegen 08:15 Uhr.
Im Verlaufe des 21.06.1973 wurden an den westlichen GKP Eußenhausen und Rottenbach durch Funk, Fernsehen und Presse mit den ersten Reisenden ausführliche Interviews durchgeführt.
Am 22.06.1973 wurde eine Filmaufnahmegruppe an dem GKP Rottenbach festgestellt, die sich dort ca 1 Stunde aufhielt. Es handelte sich hierbei vermutlich um die Aufnahmegruppe der Filmreportage "Deutschland 73", die in Zusammenarbeit von ARD und "Deutscher Welle" entsteht. Es werden Befragungen von Reisenden über ihre Eindrücke in der DDR vorgenommen.
Durch einreisende BRD-Bürger wurde bekannt, daß die GKP Eußenhausen und Rottenbach mit ca 8-9 Kontrolleuren besetzt sind. Von diesen werden nur sehr oberflächliche oder gar keine Kontrollen durchgeführt. In der Regel wird nur die Frage an die Reisenden gestellt, ob sie alle Reisedokumente bei sich haben. In mehreren Fällen wurde den Reisenden gegenüber geäußert: "Die DDR macht das schon."
Seit dem 22.06.1973 hat sich die Lage an den GKP Eußenhausen und Rottenbach wieder normalisiert. Lediglich am 23. und 24.06.1973 kam es an beiden GKP wieder zu größeren Personenansammlungen. (insgesamt ca 1500 Personen.)
Seit der Eröffnung der beiden GÜST sind von den ein- und ausreisenden BRD-Bürgern bisher relativ wenig Meinungsäußerungen bekannt geworden. Die bisher vorliegenden Einzelstimmen beinhalten im wesentlichen positive Meinungen.
Strafprozessrechtlich zulässige Möglichkeit der offiziellen Kontaktaufnahme mit Verdächtigen, Zeugen und anderen Personen noch vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens (strafprozessuales Prüfungsstadium). Verdächtige konnten gemäß § 95 StPO/1968 zur Befragung zugeführt werden (Zuführung). Vom MfS wurde die B. gelegentlich als demonstrative Maßnahme zur Einschüchterung Oppositioneller genutzt, gegen die aus politischen Gründen kein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden sollte.
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Signatur: BArch, MfS, BV Suhl, AKG, Nr. 17, Bd. 5, Bd. 5, Bl. 133-136
Der Leiter der BV Suhl berichtete über Vorkommnisse an den neu eröffneten Grenzübergangsstellen Meiningen und Eisfeld in Südthüringen und gab eine Gesamteinschätzung über ihre Entwicklung ab.
Mit dem Bau der Berliner Mauer und der Verstärkung der innerdeutschen Grenze 1961 wurden die Grenzmaßnahmen zwischen der Bundesrepublik und der DDR drastisch verschärft. Die Grenze wurde zur Todeszone ausgebaut, Reisen in die Bundesrepublik waren für den Normalbürger nicht mehr möglich. Erst ab dem 9. September 1964 beschloss der Ministerrat der DDR, dass Rentner einmal im Jahr mit Besuchserlaubnis für höchstens vier Wochen Verwandte in der Bundesrepublik besuchen durften.
Im Rahmen der veränderten Ostpolitik unter Bundeskanzler Willy Brandt wurden Anfang der 70er Jahre eine Reihe von Verträgen zwischen der DDR, der Bundesrepublik und den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs geschlossen, die auch zu einer Verbesserung des Reiseverkehrs führten. Diese Vereinbarungen ermöglichten es Bürgerinnen und Bürgern der Bundesrepublik, mehrmals im Jahr zu besuchsweisen oder touristischen Zwecken in die DDR einzureisen.
Der Grundlagenvertrag vom 21. Dezember 1972 zwischen der Bundesrepublik und der DDR führte auch zur Eröffnung von vier neuen Grenzübergangsstellen (GÜST): Salzwedel/Uelzen, Worbis/Duderstadt, Eisfeld/Coburg und Meiningen/Bad Neustadt, letztere beiden im Bezirk Suhl gelegen. Diese Maßnahmen resultierten in einer erhöhten Reisetätigkeit von Bürgerinnen und Bürgern der Bundesrepublik in den Bezirk Suhl.
Am 21. Juni 1973 wurden mit dem Inkrafttreten des Grundlagenvertrags die GÜST Eisfeld/Rottenbach und Meiningen/Eußenhausen eröffnet. Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik konnten nun im Wechselverkehr mit Bussen und PKW ein- und ausreisen, während DDR-Bürgerinnen und -bürger in "dringenden familiären Angelegenheiten" Verwandte in der Bundesrepublik besuchen durften. Der Leiter der BV Suhl berichtete von Vorkommnissen an den neu eröffneten GÜST in seinem Bezirk.
- Es wird der Freude über die Eröffnung der beiden GÜST Ausdruck gegeben.
- Es werden Vergleiche gezogen zwischen den GKP Eußenhausen und Rottenbach und den beiden DDR-GÜST, wobei gesagt wird, daß die BRD noch große Anstrengungen unternehmen muß, um das Niveau der DDR-GÜST zu erreichen.
- Die ausreisenden BRD-Bürger äußern sich über ihre gewonnenen positiven Eindrücke in der DDR.
Zu politischen Problemen wurden bisher kaum Meinungsäußerungen von ein- und ausreisenden BRD-Bürgern bekannt.
Leiter der Bezirksverwaltung
[Unterschrift: Richter]
Richter
Oberst
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
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Einschätzung über erste Erfahrungen an den GÜST Meiningen und Eisfeld im Bezirk Suhl Dokument, 13 Seiten
Befehl Nr. 2/73 des Leiters der BV Suhl zur politisch-operativen Sicherung des Wechselverkehrs sowie aktionsmäßigen Sicherung von Tagesreisen der Bürger der BRD in die grenznahen Gebiete des Bezirkes Suhl Dokument, 4 Seiten
Bericht über einige Probleme im Zusammenhang mit Tageseinreisen durch Bürger der Bundesrepublik in den Bezirk Suhl Dokument, 7 Seiten
Organisationsplan zur aktionsmäßigen Sicherung des Wechselverkehrs von Personen und der Einreisen von im grenznahen Raum wohnhaften Bürgern der BRD nach der Eröffnung der GÜST Meiningen und Eisfeld Dokument, 19 Seiten