Signatur: BStU, MfS, AOP, Nr. 57/56, Bl. 67-68
Die Stasi ermittelte ab Januar 1951 wegen des Verdachts auf Spionage gegen die Chefsekretärin des DDR-Ministerpräsidenten, Elli Barczatis, und ihren Geliebten, Karl Laurenz. Nachdem sie das Paar über sechs Monate beobachtet hatte, eröffnete sie am 26. Juni den Gruppenvorgang "Sylvester".
Elli Barczatis wurde Anfang der 50er Jahre vermutlich ohne ihr Wissen zur Informantin für die Organisation Gehlen, die Vorläuferin des Bundesnachrichtendienstes (BND). Der westdeutsche Geheimdienst nutzte sie als Quelle in Ost-Berlin, ohne sie offiziell in diese Tätigkeit einzuweihen. Von April 1950 bis Januar 1953 war Barczatis die Chefsekretärin des Ministerpräsidenten der DDR, Otto Grotewohl. Kurz zuvor ging sie eine Liebesbeziehung mit dem Journalisten und Übersetzer Karl Laurenz ein, der nach seinem Bruch mit der SED und den daraus resultierenden beruflichen Schwierigkeiten 1952 begonnen hatte, für die Organisation Gehlen zu spionieren. Unter dem Vorwand, Material für seine journalistische Arbeit zu sammeln, ließ er sich von Barczatis mit internen Informationen aus dem Büro des Ministerpräsidenten versorgen.
Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) wurde früh auf die beiden aufmerksam. Nachdem eine ehemalige Kollegin von Barczatis und Laurenz der Stasi von einem Treffen der beiden berichtet hatte, intensivierte die Geheimpolizei ihre Ermittlungen und führte erste Beobachtungen durch. Am 26. Juni 1951 legte das MfS den Gruppenvorgang "Sylvester" an. Dieser Schritt erfolgte, wenn sich der Verdacht auf eine "feindliche" Tätigkeit gegen eine oder mehrere Personen beim Bearbeiter im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) erhärtet hatte.
Der Vorgang wurde von der Abteilung VI angelegt, die für die Überwachung des Staatsapparates zuständig war. Barczatis wird darin als zentrale Person genannt, "in Zusammenhang damit" werden auch Laurenz und eine ehemalige Kollegin der beiden "einer Agententätigkeit verdächtigt". Die Ermittlungen gegen die Kollegin gab die Stasi bald auf, da sich ihr anfänglicher Verdacht als unbegründet herausstellte. Erich Mielke, zu diesem Zeitpunkt noch stellvertretender Minister für Staatssicherheit unter Wilhelm Zaisser, bestätigte den Beschluss zum Anlegen des Vorgangs am 28. Juni 1951. Mielkes Unterschrift verdeutlicht das besondere Interesse des MfS an dem Fall.
Deutsche Demokratische Republik
Ministerium für Staatssicherheit
GVS
Beschluß
über das Anlagen eines [durchgestrichen: Vorganges] [unterstrichen: (Gruppenvorganges).]
[Stempel: Gr.V. [handschriftliche Ergänzung: 44/51]]
Berlin, den 26.06.195I
(Ort)
Über: Frl. Barczatis; Elli
(Name); (Vorname)
07.01.1912; Berlin
(Geburtstag); (Geburtsort)
Berlin Köpenick, [anonymisiert]
(Wohnadresse)
Der/Die Barczatis
(Es wird der Name angeführt und in einer kurzen Form das Wesentlichste über die durchgeführte feindliche Tätigkeit)
heutige Sekretärin bei Herrn Grotewohl wurde beobachtet, wie sie in der HO Gaststätte Leipzigerstr.einen Herrn Laurenz,mit welchem sie früher in der Hauptverwaltung Kohle zusammen beschäftigt war, unter verdächtigen Umständen ein Aktenbündel übergab.
Laurens war Mitglied der SED und wurde au sgseschlossen.Er macht sich verdächtigt,indem er versucht Verhältnisse mit weiblichen Mitarbeiterinnen anzuknüpfen.
b. w.
Vorgangsart von 1950 bis 1960, erstmals definiert in den Erfassungsrichtlinien vom 20.9.1950; Operativer Vorgang gegen mehrere Personen, denen eine "feindliche Tätigkeit" unterstellt wurde. Die Eröffnung eines Gruppenvorgangs hatte auf der Grundlage von "überprüftem Material", das z. B. durch einen Überprüfungsvorgang gewonnen wurde, zu erfolgen. Er war zentral in der Abteilung XII zu registrieren. Die betroffenen Personen und ihre Verbindungen waren in der zentralen Personenkartei (F 16), involvierte Organisationen in der zentralen Feindobjektkartei (F 17) zu erfassen.
Signatur: BStU, MfS, AOP, Nr. 57/56, Bl. 67-68
Die Stasi ermittelte ab Januar 1951 wegen des Verdachts auf Spionage gegen die Chefsekretärin des DDR-Ministerpräsidenten, Elli Barczatis, und ihren Geliebten, Karl Laurenz. Nachdem sie das Paar über sechs Monate beobachtet hatte, eröffnete sie am 26. Juni den Gruppenvorgang "Sylvester".
Elli Barczatis wurde Anfang der 50er Jahre vermutlich ohne ihr Wissen zur Informantin für die Organisation Gehlen, die Vorläuferin des Bundesnachrichtendienstes (BND). Der westdeutsche Geheimdienst nutzte sie als Quelle in Ost-Berlin, ohne sie offiziell in diese Tätigkeit einzuweihen. Von April 1950 bis Januar 1953 war Barczatis die Chefsekretärin des Ministerpräsidenten der DDR, Otto Grotewohl. Kurz zuvor ging sie eine Liebesbeziehung mit dem Journalisten und Übersetzer Karl Laurenz ein, der nach seinem Bruch mit der SED und den daraus resultierenden beruflichen Schwierigkeiten 1952 begonnen hatte, für die Organisation Gehlen zu spionieren. Unter dem Vorwand, Material für seine journalistische Arbeit zu sammeln, ließ er sich von Barczatis mit internen Informationen aus dem Büro des Ministerpräsidenten versorgen.
Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) wurde früh auf die beiden aufmerksam. Nachdem eine ehemalige Kollegin von Barczatis und Laurenz der Stasi von einem Treffen der beiden berichtet hatte, intensivierte die Geheimpolizei ihre Ermittlungen und führte erste Beobachtungen durch. Am 26. Juni 1951 legte das MfS den Gruppenvorgang "Sylvester" an. Dieser Schritt erfolgte, wenn sich der Verdacht auf eine "feindliche" Tätigkeit gegen eine oder mehrere Personen beim Bearbeiter im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) erhärtet hatte.
Der Vorgang wurde von der Abteilung VI angelegt, die für die Überwachung des Staatsapparates zuständig war. Barczatis wird darin als zentrale Person genannt, "in Zusammenhang damit" werden auch Laurenz und eine ehemalige Kollegin der beiden "einer Agententätigkeit verdächtigt". Die Ermittlungen gegen die Kollegin gab die Stasi bald auf, da sich ihr anfänglicher Verdacht als unbegründet herausstellte. Erich Mielke, zu diesem Zeitpunkt noch stellvertretender Minister für Staatssicherheit unter Wilhelm Zaisser, bestätigte den Beschluss zum Anlegen des Vorgangs am 28. Juni 1951. Mielkes Unterschrift verdeutlicht das besondere Interesse des MfS an dem Fall.
Im Zusammenhang damit ist über: Barczatis; Laurenz; Rettschlag
(Name)
der der Zugehörigkeit zu einer Agententätigkeit
verdächtigt istm ein [durchgestrichen: Vorgang] [unterstrichen: (Gruppenvorgang)] anzulegeh und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.
Der Vorgang ist in der Abteilung Erfassung und Statistik unter der Bezeichnung Sylvester; (Bezeichnung anführen) zu führen.
Der Mitarbeiter: [Unterschrift: Böhm]
Der Leiter: [Unterschrift: Reuscher]
Bestätigt: [handschriftliche Ergänzung, violett: 28.06.51.]
(Datum)
[Unterschrift, violett: Mielke]
(Unterschrift)
Vorgangsart von 1950 bis 1960, erstmals definiert in den Erfassungsrichtlinien vom 20.9.1950; Operativer Vorgang gegen mehrere Personen, denen eine "feindliche Tätigkeit" unterstellt wurde. Die Eröffnung eines Gruppenvorgangs hatte auf der Grundlage von "überprüftem Material", das z. B. durch einen Überprüfungsvorgang gewonnen wurde, zu erfolgen. Er war zentral in der Abteilung XII zu registrieren. Die betroffenen Personen und ihre Verbindungen waren in der zentralen Personenkartei (F 16), involvierte Organisationen in der zentralen Feindobjektkartei (F 17) zu erfassen.
Vermerk zur Wiedereinstellung von Elli Barczatis beim Ministerpräsidenten der DDR Dokument, 2 Seiten
Antrag auf Telefonüberwachung von Karl Laurenz Dokument, 1 Seite
Bericht über die Weiterbeschäftigung von Elli Barczatis beim Ministerpräsidenten der DDR Dokument, 1 Seite
Vermerk zur sofortigen Beschaffung der Akte von Elli Barczatis Dokument, 1 Seite