Signatur: BStU, MfS, JHS, Nr. 21850, Bl. 1-363
Willi Opitz, von 1985 bis 1989 Rektor an der Juristischen Hochschule des MfS Potsdam (JHS), promovierte im Jahr 1976 gemeinsam mit fünf anderen Stasi-Offizieren an der JHS. In ihrer Dissertation beschäftigten sich die Promovenden mit der IM-Arbeit der Stasi.
Anders als der Name der Institution vermuten ließ, vermittelte die Juristische Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Potsdam-Golm (JHS) nur am Rande rechtswissenschaftliche Kenntnisse, und auch das akademische Niveau war eher bescheiden. In erster Linie vermittelte die JHS den hauptamtlichen Stasi-Mitarbeitern das nötige Rüstzeug für ihre praktische Arbeit im Apparat der Geheimpolizei sowie eine "klassenbewusste" Allgemeinbildung. Daneben betrieb diese Kaderschmiede der Stasi eigenständig und im Auftrag des Ministeriums auch einschlägige Forschungsarbeit. Die dabei entstehenden "wissenschaftlichen" Schriften sollten praktische Erkenntnisse für die geheimpolizeiliche, im Jargon der Stasi "tschekistische" Tätigkeit der Mitarbeiter liefern. Rund 400 MfS-Mitarbeiter promovierten an der JHS, und es entstanden rund 3.700 Diplomarbeiten. Häufig arbeiteten mehrere JHS-Absolventen gemeinsam an einer Promotion oder Diplomarbeit.
Zu den Promovenden gehörten unter anderen Willy Pösel, von 1959 bis 1985 Rektor der Hochschule, und sein Nachfolger Willi Opitz. Zusammen mit fünf weiteren MfS-Offizieren promovierte Opitz im Jahr 1976 zu dem Thema "Zur Rolle und dem aktuell-politischen Inhalt eines aufgabenbezogenen Feindbildes in der Zusammenarbeit mit IM, zur weiteren Erhöhung ihrer politisch-operativen Wirksamkeit bei der Lösung der dem MfS von Partei und Regierung übertragenen Aufgaben. Die Kernfragen der weiteren Qualifizierung der Trefftätigkeit, abrechenbare Effektivitätskriterien der Zusammenarbeit mit IM". Die Verfasser untersuchen hier, wie die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern qualitativ verbessert werden könnte.
an - um die Ausschaltung aller solcher Probleme, die eine störungsfreie Entwicklung gefährden oder gefährden können.
Unsere IM haben auch verstärkt mitzuwirken bei der Vorbereitung, Einleitung und Durchsetzung [unterstrichen: von Maßnahmen zur Wiederherstellung bzw. Aufrechterhaltung von Gesetz-] lichkeit, Sicherheit, Ordnung und Disziplin.
Diese Seite ihres aktiven Tätigwerdens ist ein unmittelbarer Bestandteil unserer generellen Verantwortung als Schutz- und Sicherheitsorgan, festgestellte Verletzungen des sozialistischen Rechts, der Gesetze der Arbeiter-und-Bauern-Macht konsequent aufzudecken und ihre Beseitigung selbst vorzunehmen oder zu veranlassen.
Hier besteht eine breite Palette von Möglichkeiten des unmittelbaren Wirksamwerdens und Eingreifens unserer IM, ohne daß sie aus ihrer Konspiration heraustreten müssen. Es geht dabei vor allem um das Erkennen und konsequente Ausräumen von Erscheinungen des bewußten Brechens unserer Gesetze aus feindlicher bzw. antisozialistischer Einstellung heraus. Deshalb müssen die IM bis zu den tatsächlichen Verursachern derartiger Verletzungen und bis zu deren Schuld vordringen.
Auf das engste damit verbunden ist die Mitwirkung der IM bei der [unterstrichen: Paralysierung bzw. Einschränkung bereits entstandener Auswirkungen feindlicher oder anderer negativer] Handlungen.
In erster Linie handelt es sich dabei um die verstärkte Einbeziehung von IM zur [unterstrichen: Vermeidung] weiterer Folgen und Schäden.
In diesem Zusammenhang soll lediglich an solche Aktivitäten der IM erinnert werden, die im Zusammenhang mit der Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der DDR oder
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Die seit 1951 bestehende Schule des MfS in Potsdam-Eiche wurde im Juli 1965 durch den DDR-Ministerrat in den Status einer Hochschule erhoben. Die JHS, MfS-intern teilweise auch nur als Hochschule des MfS bezeichnet, war zentrale Ausbildungs-, Studien- und Forschungseinrichtung. Der Studien- und Forschungsbereich bestand 1989 aus den Sektionen Marxismus/Leninismus, Politisch-operative Spezialdisziplin, Rechtswissenschaft, Sektion A (Schule der HV A in Gosen bei Berlin) und dem Institut für Internationale Beziehungen für die Ausbildung von "Kadern der Sicherheitsorgane befreundeter Staaten".
Der JHS war bis September 1989 die Juristische Fachschule mit dem Abschluss Fachschuljurist oder Staatswissenschaftler angeschlossen. Die Anzahl der Absolventen wird auf ca. 10 000 geschätzt.
Der Rektor der JHS (seit 1985 Willi Opitz) wurde vom Minister für Staatssicherheit ernannt. Die Anzahl der Studierenden im Hochschulstudium betrug 1 300 im Jahre 1988. Das vierjährige Direktstudium und das fünfeinhalbjährige Fernstudium hatten bis 1989 4 300 Absolventen mit dem akademischen Grad "Diplomjurist" abgeschlossen. Das Hochschulstudium war jedoch keine umfassende juristische Ausbildung für eine Tätigkeit als Richter oder Rechtsanwalt.
Den Schwerpunkt des Studiums mit einem Anteil von fast 40 Prozent bildeten die operativen Fachgebiete, d. h. die Theorie und Praxis eines Nachrichtendienstes. Das Lehrgebiet Rechtswissenschaft hatte nur einen Anteil von 20 Prozent. Das Praktikum bestand im Wesentlichen aus der Arbeit mit IM einschließlich der Anfertigung von Treffberichten.
Im Einigungsvertrag von 1990 wurde daher bestimmt, dass ein an der JHS erworbener Abschluss nicht zur Aufnahme eines gesetzlich geregelten juristischen Berufes berechtigt. Dagegen können die an der JHS erworbenen oder verliehenen akademischen Berufsbezeichnungen, Grade und Titel weiterhin geführt werden. 310 hatten an der JHS den Grad eines "Dr. jur.", 31 den eines "Dr. sc. jur." und 68 beide Doktorgrade erworben. Die Mehrzahl der Promovenden war in leitenden Positionen im MfS oder als Lehrkräfte an der JHS tätig. 41 Prozent der Leiter der obersten Diensteinheiten (HA, zentrale Gruppen, BV) hatten an der JHS promoviert.
Der Titel "Dr. sc. jur." wurde nur zweimal verliehen, und zwar 1969 an den ehemaligen Residenten des KGB in den USA, Rudolf Iwanowitsch Abel, und 1985 an den "Kanzleramtsspion" Günter Guillaume.
Die 175 in den Beständen der BStU vollständig vorliegenden Dissertationen und andere Forschungsarbeiten sind stark ideologisch orientiert und vermitteln einen Einblick in die Denk- und Arbeitsweise des MfS. Die 3.700 Diplomarbeiten sind näher an der Praxis orientiert und befassen sich im größeren Umfang mit der Tätigkeit der Bezirksverwaltungen und Kreisdienststellen.
Die JHS wurde im November 1989 in Hochschule des Amtes für Nationale Sicherheit umbenannt und hat im Januar 1990 ihre Tätigkeit eingestellt.
Konspiration war das Grundprinzip der nachrichtendienstlichen und geheimpolizeilichen Arbeit des MfS, das den Einsatz von inoffiziellen Kräften und anderen verdeckten Mitteln und Methoden sowie die weitgehende Geheimhaltung der eigenen Tätigkeit auch gegenüber anderen DDR-Organen und dem SED-Parteiapparat beinhaltet. Eine besondere Rolle spielt die Konspiration bei den Verhaltensregeln für IM, GMS, HIM, OibE und Führungsoffiziere, welche über die inoffiziellen Beziehungen zum MfS zu schweigen bzw. inoffizielle Handlungen für das MfS geheimzuhalten, zu tarnen oder zu verschleiern hatten.
Signatur: BStU, MfS, JHS, Nr. 21850, Bl. 1-363
Willi Opitz, von 1985 bis 1989 Rektor an der Juristischen Hochschule des MfS Potsdam (JHS), promovierte im Jahr 1976 gemeinsam mit fünf anderen Stasi-Offizieren an der JHS. In ihrer Dissertation beschäftigten sich die Promovenden mit der IM-Arbeit der Stasi.
Anders als der Name der Institution vermuten ließ, vermittelte die Juristische Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Potsdam-Golm (JHS) nur am Rande rechtswissenschaftliche Kenntnisse, und auch das akademische Niveau war eher bescheiden. In erster Linie vermittelte die JHS den hauptamtlichen Stasi-Mitarbeitern das nötige Rüstzeug für ihre praktische Arbeit im Apparat der Geheimpolizei sowie eine "klassenbewusste" Allgemeinbildung. Daneben betrieb diese Kaderschmiede der Stasi eigenständig und im Auftrag des Ministeriums auch einschlägige Forschungsarbeit. Die dabei entstehenden "wissenschaftlichen" Schriften sollten praktische Erkenntnisse für die geheimpolizeiliche, im Jargon der Stasi "tschekistische" Tätigkeit der Mitarbeiter liefern. Rund 400 MfS-Mitarbeiter promovierten an der JHS, und es entstanden rund 3.700 Diplomarbeiten. Häufig arbeiteten mehrere JHS-Absolventen gemeinsam an einer Promotion oder Diplomarbeit.
Zu den Promovenden gehörten unter anderen Willy Pösel, von 1959 bis 1985 Rektor der Hochschule, und sein Nachfolger Willi Opitz. Zusammen mit fünf weiteren MfS-Offizieren promovierte Opitz im Jahr 1976 zu dem Thema "Zur Rolle und dem aktuell-politischen Inhalt eines aufgabenbezogenen Feindbildes in der Zusammenarbeit mit IM, zur weiteren Erhöhung ihrer politisch-operativen Wirksamkeit bei der Lösung der dem MfS von Partei und Regierung übertragenen Aufgaben. Die Kernfragen der weiteren Qualifizierung der Trefftätigkeit, abrechenbare Effektivitätskriterien der Zusammenarbeit mit IM". Die Verfasser untersuchen hier, wie die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern qualitativ verbessert werden könnte.
zur Einschränkung der Folgen von Planmanipulationen bzw. ungünstigen Vertragsabschlüssen mit westlichen Firmen und Einrichtungen erforderlich werden können.
Schließlich sollten die IM noch bewußter dahingehend eingesetzt werden, im Rahmen ihrer bestehenden objektiven Möglichkeiten sowie in Wahrnehmung ihrer staatsbürgerlichen Pflichten und Rechte [unterstrichen: aktiven Einfluß und Kontrolle darüber auszuüben, daß durch die verantwortlichen Staats-und Wirtschaftsfunktionäre usw. die Gewährleistung von Ordnung, Sicherheit und Disziplin immer mehr zu einem festen Bestandteil ihrer Tätigkeit gemacht wird.]
Sie haben ebenso darüber zu wachen, daß die durch die anderen Sicherheitsorgane oder betreffenden Staats- und wirtschaftsleitenden Organe, Betriebe, Kombinate, Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen und Kräfte eingeleiteten Maßnahmen zur Gewährleistung von Ordnung, Sicherheit und Disziplin auch konsequent und mit hoher Wirksamkeit realisiert werden.
In diesen hauptsächlichen Richtungen, die sich in der Praxis in ihrer ganzen Komplexität und gegenseitigen Verflechtung zeigen, deren Grenzen sozusagen fließend sind, sollten die IM insgesamt noch stärker wirksam werden. Dabei ist natürlich immer von ihren realen Möglichkeiten und Voraussetzungen auszugehen und auf die strikte Wahrung ihrer Konspiration und Sicherheit zu achten. Auch hier gilt es, jeglichen Überspitzungen, formalen und einseitigen Festlegungen von vornherein wirksam zu begegnen.
In den operativen Diensteinheiten und Linien sollte in diesem Zusammenhang vor allem auch geprüft werden, in welcher Weise zur Realisierung solcher und ähnlicher Aufgaben verstärkt mit [unterstrichen: IM in Schlüsselpositionen] gearbeitet werden kann.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Die seit 1951 bestehende Schule des MfS in Potsdam-Eiche wurde im Juli 1965 durch den DDR-Ministerrat in den Status einer Hochschule erhoben. Die JHS, MfS-intern teilweise auch nur als Hochschule des MfS bezeichnet, war zentrale Ausbildungs-, Studien- und Forschungseinrichtung. Der Studien- und Forschungsbereich bestand 1989 aus den Sektionen Marxismus/Leninismus, Politisch-operative Spezialdisziplin, Rechtswissenschaft, Sektion A (Schule der HV A in Gosen bei Berlin) und dem Institut für Internationale Beziehungen für die Ausbildung von "Kadern der Sicherheitsorgane befreundeter Staaten".
Der JHS war bis September 1989 die Juristische Fachschule mit dem Abschluss Fachschuljurist oder Staatswissenschaftler angeschlossen. Die Anzahl der Absolventen wird auf ca. 10 000 geschätzt.
Der Rektor der JHS (seit 1985 Willi Opitz) wurde vom Minister für Staatssicherheit ernannt. Die Anzahl der Studierenden im Hochschulstudium betrug 1 300 im Jahre 1988. Das vierjährige Direktstudium und das fünfeinhalbjährige Fernstudium hatten bis 1989 4 300 Absolventen mit dem akademischen Grad "Diplomjurist" abgeschlossen. Das Hochschulstudium war jedoch keine umfassende juristische Ausbildung für eine Tätigkeit als Richter oder Rechtsanwalt.
Den Schwerpunkt des Studiums mit einem Anteil von fast 40 Prozent bildeten die operativen Fachgebiete, d. h. die Theorie und Praxis eines Nachrichtendienstes. Das Lehrgebiet Rechtswissenschaft hatte nur einen Anteil von 20 Prozent. Das Praktikum bestand im Wesentlichen aus der Arbeit mit IM einschließlich der Anfertigung von Treffberichten.
Im Einigungsvertrag von 1990 wurde daher bestimmt, dass ein an der JHS erworbener Abschluss nicht zur Aufnahme eines gesetzlich geregelten juristischen Berufes berechtigt. Dagegen können die an der JHS erworbenen oder verliehenen akademischen Berufsbezeichnungen, Grade und Titel weiterhin geführt werden. 310 hatten an der JHS den Grad eines "Dr. jur.", 31 den eines "Dr. sc. jur." und 68 beide Doktorgrade erworben. Die Mehrzahl der Promovenden war in leitenden Positionen im MfS oder als Lehrkräfte an der JHS tätig. 41 Prozent der Leiter der obersten Diensteinheiten (HA, zentrale Gruppen, BV) hatten an der JHS promoviert.
Der Titel "Dr. sc. jur." wurde nur zweimal verliehen, und zwar 1969 an den ehemaligen Residenten des KGB in den USA, Rudolf Iwanowitsch Abel, und 1985 an den "Kanzleramtsspion" Günter Guillaume.
Die 175 in den Beständen der BStU vollständig vorliegenden Dissertationen und andere Forschungsarbeiten sind stark ideologisch orientiert und vermitteln einen Einblick in die Denk- und Arbeitsweise des MfS. Die 3.700 Diplomarbeiten sind näher an der Praxis orientiert und befassen sich im größeren Umfang mit der Tätigkeit der Bezirksverwaltungen und Kreisdienststellen.
Die JHS wurde im November 1989 in Hochschule des Amtes für Nationale Sicherheit umbenannt und hat im Januar 1990 ihre Tätigkeit eingestellt.
Konspiration war das Grundprinzip der nachrichtendienstlichen und geheimpolizeilichen Arbeit des MfS, das den Einsatz von inoffiziellen Kräften und anderen verdeckten Mitteln und Methoden sowie die weitgehende Geheimhaltung der eigenen Tätigkeit auch gegenüber anderen DDR-Organen und dem SED-Parteiapparat beinhaltet. Eine besondere Rolle spielt die Konspiration bei den Verhaltensregeln für IM, GMS, HIM, OibE und Führungsoffiziere, welche über die inoffiziellen Beziehungen zum MfS zu schweigen bzw. inoffizielle Handlungen für das MfS geheimzuhalten, zu tarnen oder zu verschleiern hatten.
Signatur: BStU, MfS, JHS, Nr. 21850, Bl. 1-363
Willi Opitz, von 1985 bis 1989 Rektor an der Juristischen Hochschule des MfS Potsdam (JHS), promovierte im Jahr 1976 gemeinsam mit fünf anderen Stasi-Offizieren an der JHS. In ihrer Dissertation beschäftigten sich die Promovenden mit der IM-Arbeit der Stasi.
Anders als der Name der Institution vermuten ließ, vermittelte die Juristische Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Potsdam-Golm (JHS) nur am Rande rechtswissenschaftliche Kenntnisse, und auch das akademische Niveau war eher bescheiden. In erster Linie vermittelte die JHS den hauptamtlichen Stasi-Mitarbeitern das nötige Rüstzeug für ihre praktische Arbeit im Apparat der Geheimpolizei sowie eine "klassenbewusste" Allgemeinbildung. Daneben betrieb diese Kaderschmiede der Stasi eigenständig und im Auftrag des Ministeriums auch einschlägige Forschungsarbeit. Die dabei entstehenden "wissenschaftlichen" Schriften sollten praktische Erkenntnisse für die geheimpolizeiliche, im Jargon der Stasi "tschekistische" Tätigkeit der Mitarbeiter liefern. Rund 400 MfS-Mitarbeiter promovierten an der JHS, und es entstanden rund 3.700 Diplomarbeiten. Häufig arbeiteten mehrere JHS-Absolventen gemeinsam an einer Promotion oder Diplomarbeit.
Zu den Promovenden gehörten unter anderen Willy Pösel, von 1959 bis 1985 Rektor der Hochschule, und sein Nachfolger Willi Opitz. Zusammen mit fünf weiteren MfS-Offizieren promovierte Opitz im Jahr 1976 zu dem Thema "Zur Rolle und dem aktuell-politischen Inhalt eines aufgabenbezogenen Feindbildes in der Zusammenarbeit mit IM, zur weiteren Erhöhung ihrer politisch-operativen Wirksamkeit bei der Lösung der dem MfS von Partei und Regierung übertragenen Aufgaben. Die Kernfragen der weiteren Qualifizierung der Trefftätigkeit, abrechenbare Effektivitätskriterien der Zusammenarbeit mit IM". Die Verfasser untersuchen hier, wie die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern qualitativ verbessert werden könnte.
Hierzu haben wir in den zurückliegenden Jahren umfangreiche und wertvolle operative Erfahrungen gesammelt und Erkenntnisse gewonnen, die von den Fachabteilungen auch systematisch an die Kreis- und Objektdienststellen zu übermitteln sind.
Entsprechend ihrer, in der Regel zentralen leitenden Positionen in staatlichen, ökonomischen, militärischen oder gesellschaftlichen Einrichtungen bzw. Institutionen und der ihnen obliegenden offiziellen Pflichten und Befugnisse, ihrer beruflichen Qualifikation sowie ihrer operativen Erfahrungen und Kenntnisse besitzen sie besonders günstige Möglichkeiten zur aktiven Mitwirkung bei der Gewährleistung der Sicherheit in ganzen Bereichen und Objekten sowie bei der Herbeiführung notwendiger Veränderungen mit hoher, gesellschaftlicher und politisch-operativer Nützlichkeit.
IM in Schlüsselpositionen können in der Regel relativ selbständig ganze Komplexe von Aufgaben lösen, die sowohl von politisch-operativer als auch betrieblicher Bedeutung sind und auf einen ganzen Bereich, eine VVB usw. ausstrahlen.
Selbstverständlich trifft das nicht nur auf die Volkswirtschaft, sondern auch auf das Verkehrswesen, der Landesverteidigung, den zentralen und örtlichen Staatsapparat, die Volkspolizei, das Ministerium des Innern, das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, den Handel usw. zu.
Positive Erfahrungen wurden auch gesammelt in der Besetzung von Schlüsselpositionen durch IM im Reise- und Touristenverkehr, in kulturellen und anderen Bereichen.
Noch mehr sollten wir diese IM dazu nutzen und befähigen, daß die Beschlüsse der Partei- und Staatsführung unverfälscht verwirklicht werden.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Die seit 1951 bestehende Schule des MfS in Potsdam-Eiche wurde im Juli 1965 durch den DDR-Ministerrat in den Status einer Hochschule erhoben. Die JHS, MfS-intern teilweise auch nur als Hochschule des MfS bezeichnet, war zentrale Ausbildungs-, Studien- und Forschungseinrichtung. Der Studien- und Forschungsbereich bestand 1989 aus den Sektionen Marxismus/Leninismus, Politisch-operative Spezialdisziplin, Rechtswissenschaft, Sektion A (Schule der HV A in Gosen bei Berlin) und dem Institut für Internationale Beziehungen für die Ausbildung von "Kadern der Sicherheitsorgane befreundeter Staaten".
Der JHS war bis September 1989 die Juristische Fachschule mit dem Abschluss Fachschuljurist oder Staatswissenschaftler angeschlossen. Die Anzahl der Absolventen wird auf ca. 10 000 geschätzt.
Der Rektor der JHS (seit 1985 Willi Opitz) wurde vom Minister für Staatssicherheit ernannt. Die Anzahl der Studierenden im Hochschulstudium betrug 1 300 im Jahre 1988. Das vierjährige Direktstudium und das fünfeinhalbjährige Fernstudium hatten bis 1989 4 300 Absolventen mit dem akademischen Grad "Diplomjurist" abgeschlossen. Das Hochschulstudium war jedoch keine umfassende juristische Ausbildung für eine Tätigkeit als Richter oder Rechtsanwalt.
Den Schwerpunkt des Studiums mit einem Anteil von fast 40 Prozent bildeten die operativen Fachgebiete, d. h. die Theorie und Praxis eines Nachrichtendienstes. Das Lehrgebiet Rechtswissenschaft hatte nur einen Anteil von 20 Prozent. Das Praktikum bestand im Wesentlichen aus der Arbeit mit IM einschließlich der Anfertigung von Treffberichten.
Im Einigungsvertrag von 1990 wurde daher bestimmt, dass ein an der JHS erworbener Abschluss nicht zur Aufnahme eines gesetzlich geregelten juristischen Berufes berechtigt. Dagegen können die an der JHS erworbenen oder verliehenen akademischen Berufsbezeichnungen, Grade und Titel weiterhin geführt werden. 310 hatten an der JHS den Grad eines "Dr. jur.", 31 den eines "Dr. sc. jur." und 68 beide Doktorgrade erworben. Die Mehrzahl der Promovenden war in leitenden Positionen im MfS oder als Lehrkräfte an der JHS tätig. 41 Prozent der Leiter der obersten Diensteinheiten (HA, zentrale Gruppen, BV) hatten an der JHS promoviert.
Der Titel "Dr. sc. jur." wurde nur zweimal verliehen, und zwar 1969 an den ehemaligen Residenten des KGB in den USA, Rudolf Iwanowitsch Abel, und 1985 an den "Kanzleramtsspion" Günter Guillaume.
Die 175 in den Beständen der BStU vollständig vorliegenden Dissertationen und andere Forschungsarbeiten sind stark ideologisch orientiert und vermitteln einen Einblick in die Denk- und Arbeitsweise des MfS. Die 3.700 Diplomarbeiten sind näher an der Praxis orientiert und befassen sich im größeren Umfang mit der Tätigkeit der Bezirksverwaltungen und Kreisdienststellen.
Die JHS wurde im November 1989 in Hochschule des Amtes für Nationale Sicherheit umbenannt und hat im Januar 1990 ihre Tätigkeit eingestellt.
Die ersten Objektdienststellen wurden 1957 für die Chemiekombinate Buna und Leuna gegründet, die letzte 1981 für das Kernkraftwerk "Bruno Leuschner" bei Lubmin. 1989 existierten sieben Objektdienststellen, zwölf – darunter neun Objektdienststellen der Objektverwaltung "W" – sind bis 1982 aufgelöst worden. Erst 1969 erfolgte mit der 1. Durchführungsbestimmung zur Richtlinie 1/69 die Festlegung der normativen Grundorientierung für die Objektdienststellen. Sie besaßen einen den Kreisdienststellen (KD) vergleichbaren Status und waren in der Struktur der jeweiligen Bezirksverwaltung (BV) gemäß dem Linienprinzip eingeordnet und dem dortigen Stellvertreter Operativ unterstellt.
Die Objektdienststellen befanden sich in den zu sichernden Wirtschaftsobjekten oder zumindest in deren unmittelbarer räumlicher Nähe. Ihre Organisationsstruktur wies Referate und/oder Arbeitsgebiete sowie ggf. temporäre nichtstrukturelle Arbeitsgruppen (NSAG) auf, jedoch auch Einzelverantwortliche für bestimmte Arbeitsbereiche. Der Gesamtpersonalbestand betrug zuletzt 257 Mitarbeiter; er schwankte in den einzelnen Objektdienststellen zwischen 24 und 56. Ihnen standen ca. 2.000 IM aller Kategorien zur Verfügung. Entsprechend den Veränderungen in der Produktionsstruktur der Wirtschaftsobjekte waren Struktur- und Organisationsänderungen recht häufig.
Die Leiter der Objektdienststellen hatten die Informationsbeziehungen einschließlich offizieller Verbindungen zu den Leitungen der Betriebe und Einrichtungen zu organisieren. Die Sicherheitsstandards richteten sich nach dem Gefährdungs- und Bedeutungsstatus der jeweiligen Wirtschaftsobjekte. Entsprechend hoch war er für das Kernkraftwerk, das Kombinat Carl Zeiss Jena sowie für die drei großen Kombinate im Chemiedreieck Leuna, Buna und Bitterfeld.
Richtlinie 1/79 für die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern und Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit Dokument, 65 Seiten
Gutachten zur Dissertation "Die weitere Entwicklung und Vervollkommnung der analytischen Arbeit als Bestandteil der politisch-operativen Arbeit und deren Leitung im MfS" Dokument, 10 Seiten
Dissertation "Die Planung der politisch-operativen Arbeit im Ministerium für Staatssicherheit" Dokument, 298 Seiten
Dissertation "Die Wirksamkeit moralischer Faktoren im Verhalten der Bürger der DDR zur inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem MfS" Dokument, 341 Seiten