Signatur: BStU, MfS, AGM, Nr. 357, Seite 284, Bl. 1-93
Um "Republikfluchten" besser verhindern zu können, dokumentierte das MfS geglückte und gescheiterte Fluchtversuche. Das vorliegende Dokument zeigt Ballons und andere selbstgebaute Fluggeräte, mit denen DDR-Bürger die Grenze nach Westen überwinden wollten.
Vierzig Jahre lang teilte eine Grenze Deutschland in zwei Staaten. Auf knapp 1.400 Kilometern Länge errichtete die DDR Grenzanlagen, die nach und nach zu einem Todesstreifen ausgebaut wurden. Über weitere 168 Kilometer erstreckte sich die Grenze um West-Berlin, ab 1961 mit der Berliner Mauer abgeriegelt. Die Stasi war in die Sicherung dieses "antifaschistischen Schutzwalls" fest eingebunden. Sie beobachtete die dort stationierten Grenztruppen, übernahm mit eigenem Personal die Passkontrollen an den Grenzübergängen und sollte Republikfluchten möglichst schon im Ansatz verhindern.
Eine wichtige Rolle bei der Verhinderung des "ungesetzlichen Verlassens" der DDR kam der Zentralen Koordinierungsgruppe (ZKG) zu. Die ZKG wurde 1975 ins Leben gerufen, um die Anstrengungen des MfS auf diesem Gebiet zu koordinieren und zu bündeln. Dazu gehörte auch, Fluchtversuche zu dokumentieren und daraus effektivere Gegenmaßnahmen abzuleiten. Das vorliegende Dokument ist eine solche Zusammenstellung von gescheiterten Fluchtversuchen mit Hilfe von Ballons und anderen selbstgebauten Fluggeräten.
Solche "Angriffe auf die Staatsgrenze" waren spektakulär und schädigten daher das Ansehen der DDR. Wenn das Fluggerät ungestört starten konnte und sich als flugfähig erwies, ließen sich so die ausgeklügelten Sicherungsmaßnahmen am Boden geschickt umgehen. Das MfS musste also schon die Vorbereitungen zum Bau und zum Start eines solchen Fluggeräts erkennen um ein entsprechendes Vorhaben zu vereiteln. Glückte eine solche Flucht, machte Sie im Westen Schlagzeilen. Einen solchen "Propagandaerfolg" des "Gegners" wollte das MfS aber unbedingt verhindern.
[Das Blatt zeigt zwei Fotos. Das Obere zeigt ein großes, kreisförmiges Stoffstück, das aus vielen kleinen zusammengenähten Streifen besteht. Es liegt ausgebreitet auf einem kleinen Rasenstück, im Hintergrund sind eingeschossige Gebäude zu sehen. Das untere Foto zeigt dasselbe Stoffstück von Nahem.]
Bild 1: Übersichtsaufnahme der ausgebreiteten Ballonhülle
Bild 2: Detailaufnahme des oberen Abschlusses der Ballonhülle
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder dessen Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten AG prägten Linien aus (z. B. Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz – ZAGG) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. AG XVII). Die monothematischen Zuständigkeiten konnten operative Verantwortung und Federführung einschließen. AG wird auch als Bezeichnung einer nichtstrukturellen Organisationsform oder unselbständigen Untergliederungsebene im MfS verwendet.
Die Arbeitsgruppe des Ministers (AGM) war eine 1960/61 aus dem Büro der Leitung herausgelöste Arbeitsgruppe für die Koordinierung der für den Mobilisierungsfall notwendigen Maßnahmen. Ihr oblagen
Die AGM war eingebunden in die bi- und multilaterale Zusammenarbeit der Sicherheitsorgane der sozialistischen Länder. Hierfür setzte die Vertretung des KGB beim MfS einen Verbindungsoffizier bei der AGM ein. Leiter der AGM waren 1960/61–1975 Alfred Karl Scholz, 1980–1987 Otto Geisler, 1987–1989 Erich Rümmler. Die AGM hatte 1961 8, 1970 34, 1980 48 und 1989 692 Mitarbeiter. In den BV übernahmen AGL analoge Funktionen.
Die Zentrale Koordinierungsgruppe (ZKG) entstand 1975 durch Übernahme von Aufgaben verschiedener Diensteinheiten, insbesondere von HA VI und HA XX/5. Aufgaben: zentrale Koordinierung des Vorgehens des MfS im Zusammenhang mit Übersiedlungen in die Bundesrepublik Deutschland, nach Westberlin bzw. das nichtsozialistische Ausland, einschließlich der Versuche des Zurückdrängens von Ausreiseanträgen bzw. zur Verhinderung des Verlassens der DDR und zur Bekämpfung des sog. staatsfeindlichen Menschenhandels bis hin zur Mitwirkung an den Entscheidungen in Ausreisefällen.
Signatur: BStU, MfS, AGM, Nr. 357, Seite 284, Bl. 1-93
Um "Republikfluchten" besser verhindern zu können, dokumentierte das MfS geglückte und gescheiterte Fluchtversuche. Das vorliegende Dokument zeigt Ballons und andere selbstgebaute Fluggeräte, mit denen DDR-Bürger die Grenze nach Westen überwinden wollten.
Vierzig Jahre lang teilte eine Grenze Deutschland in zwei Staaten. Auf knapp 1.400 Kilometern Länge errichtete die DDR Grenzanlagen, die nach und nach zu einem Todesstreifen ausgebaut wurden. Über weitere 168 Kilometer erstreckte sich die Grenze um West-Berlin, ab 1961 mit der Berliner Mauer abgeriegelt. Die Stasi war in die Sicherung dieses "antifaschistischen Schutzwalls" fest eingebunden. Sie beobachtete die dort stationierten Grenztruppen, übernahm mit eigenem Personal die Passkontrollen an den Grenzübergängen und sollte Republikfluchten möglichst schon im Ansatz verhindern.
Eine wichtige Rolle bei der Verhinderung des "ungesetzlichen Verlassens" der DDR kam der Zentralen Koordinierungsgruppe (ZKG) zu. Die ZKG wurde 1975 ins Leben gerufen, um die Anstrengungen des MfS auf diesem Gebiet zu koordinieren und zu bündeln. Dazu gehörte auch, Fluchtversuche zu dokumentieren und daraus effektivere Gegenmaßnahmen abzuleiten. Das vorliegende Dokument ist eine solche Zusammenstellung von gescheiterten Fluchtversuchen mit Hilfe von Ballons und anderen selbstgebauten Fluggeräten.
Solche "Angriffe auf die Staatsgrenze" waren spektakulär und schädigten daher das Ansehen der DDR. Wenn das Fluggerät ungestört starten konnte und sich als flugfähig erwies, ließen sich so die ausgeklügelten Sicherungsmaßnahmen am Boden geschickt umgehen. Das MfS musste also schon die Vorbereitungen zum Bau und zum Start eines solchen Fluggeräts erkennen um ein entsprechendes Vorhaben zu vereiteln. Glückte eine solche Flucht, machte Sie im Westen Schlagzeilen. Einen solchen "Propagandaerfolg" des "Gegners" wollte das MfS aber unbedingt verhindern.
verhindertes ungesetzliches Verlassen der DDR mittels Heißluftballon
Täter
Monteur (22)
Kfz-Schlosser (22)
Schlosser (20)
Schlosser (20)
aus [anonymisiert]
Tatzeit
Ende 1983 bis Mitte Juli 1984
Bekanntwerden
30.6.1984 - durch Hinweis eines AIM
Bearbeitung
Unverzüglich eingeleitete Maßnahmen im Rahmen des OV "Blase" der KD Weißensee führten zur Sicherung von Beweisen zur Ermittlung der Täter und deren Festnahme durch das MfS am 4.7.1984
Tatort
Waldgebiet im Kreis Nauen (Startversuche erfolgt)
Mittel und Methoden
Inspiriert durch Sendungen westlicher Medien, wurde nach Beschaffung der erforderlichen Materialien mit dem Bau der Ballonhülle aus Futterseide sowie anderem Zubehör in den Wohnungen der Täter begonnen. Anstelle einer Gondel wurde Fallschirmgurtzeug angebracht, das man vorher aus einem GST-Ausbildungsobjekt entwendet hatte. Mitte Juni 1984 erfolgten 2 Startversuche am erkundeten Startplatz im Kreis Nauen, die wegen technischer Mängel und ungünstiger Witterung abgebrochen wurden. Nach Realisierung technischer Veränderungen sollten Mitte Juli weitere Startversuche erfolgen. Die Untersuchungen ergaben, daß weitere 6 Personen vom Vorhaben Kenntnis hatten und teilweise Unterstützung gaben.
Strafrechtl. Sanktionen
Die Täter befinden sich noch in Untersuchungshaft
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder dessen Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten AG prägten Linien aus (z. B. Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz – ZAGG) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. AG XVII). Die monothematischen Zuständigkeiten konnten operative Verantwortung und Federführung einschließen. AG wird auch als Bezeichnung einer nichtstrukturellen Organisationsform oder unselbständigen Untergliederungsebene im MfS verwendet.
Die Arbeitsgruppe des Ministers (AGM) war eine 1960/61 aus dem Büro der Leitung herausgelöste Arbeitsgruppe für die Koordinierung der für den Mobilisierungsfall notwendigen Maßnahmen. Ihr oblagen
Die AGM war eingebunden in die bi- und multilaterale Zusammenarbeit der Sicherheitsorgane der sozialistischen Länder. Hierfür setzte die Vertretung des KGB beim MfS einen Verbindungsoffizier bei der AGM ein. Leiter der AGM waren 1960/61–1975 Alfred Karl Scholz, 1980–1987 Otto Geisler, 1987–1989 Erich Rümmler. Die AGM hatte 1961 8, 1970 34, 1980 48 und 1989 692 Mitarbeiter. In den BV übernahmen AGL analoge Funktionen.
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
Der Operative Vorgang (OV) war ein registrierpflichtiger Vorgang und Sammelbegriff für Einzel- bzw. Gruppenvorgänge (Registrierung, TV und ZOV). Er wurde angelegt, um im Rahmen von verdeckten, aber zum Teil auch offenen Ermittlungen gegen missliebige Personen vorgehen zu können (Anweisung 14/52 vom 10.9.1952: Vorgangsordnung; 1976 durch Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" neu geregelt).
Ausgangspunkt des OV waren zumeist Hinweise auf, aus MfS-Sicht, strafrechtlich relevante Tatbestände (in der Regel Verstöße gegen die in der DDR geltenden politischen Normen), die es zu überprüfen galt. Bestandteil der nach einem klaren Abfolgeprinzip zu erstellenden OV waren "Maßnahmepläne" und ggf. in ihnen enthaltene Maßnahmen der Zersetzung, die vor allem dann zur Anwendung gelangten, wenn eine Inhaftierung aus taktischen Erwägungen als nicht opportun galt.
Im OV ermittelte das MfS nicht nur gegen die betreffende Person, es wurden auch Erkundigungen zum familiären Umfeld, zum Freundes- und Kollegenkreis u. ä. eingeholt. Konnten Delikte keinen Personen unmittelbar zugeordnet werden (z. B. Flugblätter, Losungen, anonyme Briefe), wurde ein OV gegen unbekannt eröffnet. Darin wurden die nach den Vorstellungen des MfS potenziell als Urheber in Frage kommenden Personen dahingehend überprüft, ob ihnen die "Tat" nachzuweisen war.
Häufig ging dem OV eine Operative Personenkontrolle (OPK) voraus. OV waren mit Vorschlägen zur Ahndung der nachgewiesenen Straftatverletzungen (z. B. Ermittlungsverfahren; Anwerbung; Zersetzungsmaßnahmen) bzw. bei Nicht-Bestätigung des Ausgangsverdachts durch Einstellen der Bearbeitung abzuschließen.
Untersuchungshaft ist eine freiheitsentziehende Zwangsmaßnahme zur Sicherung des Strafverfahrens. Die Untersuchungshaft begann nach der Verkündung des Haftbefehls durch einen Richter und endete mit der Überstellung in den Strafvollzug nach Erlangung der Rechtskraft einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe, selten auch mit der Freilassung.
Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft waren ein dringender Tatverdacht sowie entweder Fluchtverdacht oder Verdunklungsgefahr (§ 112 StPO/1949, § 141 StPO/1952, § 122 StPO/1968). Der Vollzug der Untersuchungshaft war gesetzlich mit nur einem StPO-Paragraphen geregelt (§ 116 StPO/1949, § 147 StPO/1952, § 130 StPO/1968), alles Weitere in internen Ordnungen. Er erfolgte für Beschuldigte, deren Ermittlungsverfahren von der Staatssicherheit geführt wurden, in MfS-Untersuchungshaftanstalten in Berlin bzw. den Bezirksstädten der DDR.
Die Haftbedingungen waren dort von Willkür, völliger Isolation und daraus resultierender Desorientierung der Häftlinge gekennzeichnet. Für den Vollzug der Untersuchungshaft war im MfS die Linie XIV (Abt. XIV) zuständig; die Vernehmungen oblagen den Untersuchungsführern der Linie IX (HA IX).
Die Zentrale Koordinierungsgruppe (ZKG) entstand 1975 durch Übernahme von Aufgaben verschiedener Diensteinheiten, insbesondere von HA VI und HA XX/5. Aufgaben: zentrale Koordinierung des Vorgehens des MfS im Zusammenhang mit Übersiedlungen in die Bundesrepublik Deutschland, nach Westberlin bzw. das nichtsozialistische Ausland, einschließlich der Versuche des Zurückdrängens von Ausreiseanträgen bzw. zur Verhinderung des Verlassens der DDR und zur Bekämpfung des sog. staatsfeindlichen Menschenhandels bis hin zur Mitwirkung an den Entscheidungen in Ausreisefällen.
Signatur: BStU, MfS, AGM, Nr. 357, Seite 284, Bl. 1-93
Um "Republikfluchten" besser verhindern zu können, dokumentierte das MfS geglückte und gescheiterte Fluchtversuche. Das vorliegende Dokument zeigt Ballons und andere selbstgebaute Fluggeräte, mit denen DDR-Bürger die Grenze nach Westen überwinden wollten.
Vierzig Jahre lang teilte eine Grenze Deutschland in zwei Staaten. Auf knapp 1.400 Kilometern Länge errichtete die DDR Grenzanlagen, die nach und nach zu einem Todesstreifen ausgebaut wurden. Über weitere 168 Kilometer erstreckte sich die Grenze um West-Berlin, ab 1961 mit der Berliner Mauer abgeriegelt. Die Stasi war in die Sicherung dieses "antifaschistischen Schutzwalls" fest eingebunden. Sie beobachtete die dort stationierten Grenztruppen, übernahm mit eigenem Personal die Passkontrollen an den Grenzübergängen und sollte Republikfluchten möglichst schon im Ansatz verhindern.
Eine wichtige Rolle bei der Verhinderung des "ungesetzlichen Verlassens" der DDR kam der Zentralen Koordinierungsgruppe (ZKG) zu. Die ZKG wurde 1975 ins Leben gerufen, um die Anstrengungen des MfS auf diesem Gebiet zu koordinieren und zu bündeln. Dazu gehörte auch, Fluchtversuche zu dokumentieren und daraus effektivere Gegenmaßnahmen abzuleiten. Das vorliegende Dokument ist eine solche Zusammenstellung von gescheiterten Fluchtversuchen mit Hilfe von Ballons und anderen selbstgebauten Fluggeräten.
Solche "Angriffe auf die Staatsgrenze" waren spektakulär und schädigten daher das Ansehen der DDR. Wenn das Fluggerät ungestört starten konnte und sich als flugfähig erwies, ließen sich so die ausgeklügelten Sicherungsmaßnahmen am Boden geschickt umgehen. Das MfS musste also schon die Vorbereitungen zum Bau und zum Start eines solchen Fluggeräts erkennen um ein entsprechendes Vorhaben zu vereiteln. Glückte eine solche Flucht, machte Sie im Westen Schlagzeilen. Einen solchen "Propagandaerfolg" des "Gegners" wollte das MfS aber unbedingt verhindern.
[Das Blatt zeigt zwei Fotos.]
Bild.1: Übersichtsaufnahme der in der Wohnung sichergestellten Propangasflaschen und Metallteilen für ein Gestell zur Brennerbefestigung
Bild 2: Übersichtsaufnahme der in der Wohnung sichergestellten Stoffbahnen zur Herstellung einer Ballonhülle
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder dessen Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten AG prägten Linien aus (z. B. Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz – ZAGG) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. AG XVII). Die monothematischen Zuständigkeiten konnten operative Verantwortung und Federführung einschließen. AG wird auch als Bezeichnung einer nichtstrukturellen Organisationsform oder unselbständigen Untergliederungsebene im MfS verwendet.
Die Arbeitsgruppe des Ministers (AGM) war eine 1960/61 aus dem Büro der Leitung herausgelöste Arbeitsgruppe für die Koordinierung der für den Mobilisierungsfall notwendigen Maßnahmen. Ihr oblagen
Die AGM war eingebunden in die bi- und multilaterale Zusammenarbeit der Sicherheitsorgane der sozialistischen Länder. Hierfür setzte die Vertretung des KGB beim MfS einen Verbindungsoffizier bei der AGM ein. Leiter der AGM waren 1960/61–1975 Alfred Karl Scholz, 1980–1987 Otto Geisler, 1987–1989 Erich Rümmler. Die AGM hatte 1961 8, 1970 34, 1980 48 und 1989 692 Mitarbeiter. In den BV übernahmen AGL analoge Funktionen.
Die Zentrale Koordinierungsgruppe (ZKG) entstand 1975 durch Übernahme von Aufgaben verschiedener Diensteinheiten, insbesondere von HA VI und HA XX/5. Aufgaben: zentrale Koordinierung des Vorgehens des MfS im Zusammenhang mit Übersiedlungen in die Bundesrepublik Deutschland, nach Westberlin bzw. das nichtsozialistische Ausland, einschließlich der Versuche des Zurückdrängens von Ausreiseanträgen bzw. zur Verhinderung des Verlassens der DDR und zur Bekämpfung des sog. staatsfeindlichen Menschenhandels bis hin zur Mitwirkung an den Entscheidungen in Ausreisefällen.
Schlussfolgerungen aus der Ballonflucht zweier Familien aus Pößneck Dokument, 3 Seiten
Bericht zur Aktion "Optimismus" Dokument, 15 Seiten
Fernschreiben zu Vorkommnissen im Bezirk Karl-Marx-Stadt während des Volksaufstands des 17. Juni 1953 Dokument, 4 Seiten
Bericht über einen Fluchtversuch auf der Grenzübergangsstelle Chausseestraße Dokument, 6 Seiten