Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 31066, Bl. 353-362
Am 13. August 1961 zementierte das SED-Regime die deutsche Teilung mit dem Bau der Mauer in Berlin. Die Staatssicherheit sammelte unmittelbar danach Informationen über die Missstimmung in der Bevölkerung, über Versorgungsprobleme und Streiks in Betrieben.
Anfang der 60er Jahre flüchteten Abertausende Menschen aus der DDR. Das Land stand wirtschaftlich und politisch vor dem Ruin. Die Staatsmacht wusste sich angesichts der desolaten Lage nicht anders zu helfen, als das eigene Volk einzusperren. Eine unüberwindbare Mauer sollte die Massenflucht stoppen und der SED die Macht im Land sichern.
Der sowjetischen Unterstützung gewiss, begann das Regime am 13. August 1961 seinen Plan in die Tat umzusetzen. Eine zentrale Rolle spielte dabei die DDR-Geheimpolizei. Nachdem die Grenzen abgeriegelt wurden, sammelte die Staatssicherheit Informationen über die Missstimmung in der Bevölkerung, über Versorgungsprobleme und Streiks in Betrieben und fasste sie in geheimen Berichten an die SED-Führung zusammen.
Diese MfS-Berichte bündeln, was Zuträger im ganzen Land der DDR-Geheimpolizei im Umfeld des Mauerbaus am 13. August 1961 berichteten - auch aus dem Westteil Berlins. Daraus wird deutlich, dass die Stasi eine aktive Rolle beim Mauerbau spielte. Aus den Berichten geht außerdem hervor, dass die Partei- und Staatsführung durch die Staatssicherheit schonungslos über die reale Lage und alle Probleme im Land informiert wurde.
Die Staatssicherheit verfasste über die Aktion "Rose" - so der Deckname für den im Zusammenhang mit der Grenzschließung am 13. August 1961 stehenden Maßnahmenkomplex - und die "Reaktion auf die Maßnahmen zur Sicherung der DDR" bis zum 16. August zwölf Berichte. Davon enstanden allein fünf am 13. und vier am 14. August. Von da an wurde bis zum 3. September zu diesem Thema nur noch einmal täglich berichtet. Wichtigster externer Adressat war - neben den sowjetischen Verbindungsoffizieren - der Haupteinsatzstab mit seinem Leiter Erich Honecker.
Erst gegen Mittag setzte sich eine einheitliche Sprachregelung durch, die ihren ersten Ausdruck in einem Kommentar über RIAS Berlin um 13.00 Uhr fand. In dieser Sprachregelung, die im wesentlichen in allen Äußerungen westberliner Politiker wiederkehrte, schälten sich folgende "Argumente" heraus:
- Die Maßnahmen der DDR sind ein Ausdruck der Krise der DDR und des gesamten sozialistischen Lagers
- Die DDR [unleserlich] sei in ihren Methoden Nachfolger des faschistischen Regimes
- Die Maßnahmen werden als Bruch des Potsdamer Abkommens und der 4-Mächtevereinbarungen vom Juli 1949 bezeichnet
- Die Verantwortung für die Sicherheit Westberlins liegt bei den Alliierten, die in erster Linie angesprochen seien, Gegenmaßnahmen zu ergreifen
- Mit der Schließung der Grenzen zwischen dem demokratischen Berlin und den Westsektoren der Stadt sei das Sicherheitsventil geschlossen, das die Bevölkerung der DDR noch gehabt habe. Das müsse zu einer"explosiven Lage" in der DDR führen.
Bereits in den Vormittagsstunden setzte eine intensive politische und diplomatische Tätigkeit ein. Um 9.00 Uhr fand eine Sitzung des Senats statt, in der die Lage beraten wurde. Konkrete Maßnahmen wurden - soweit uns bekannt ist - nicht beschlossen. Die Bevölkerung wurde lediglich zu Ordnung und Disziplin aufgerufen. [Handschriftliche Ergänzung: x)] Um 12.00 Uhr konferierte Brandt mit den Westalliierten und forderte sie zu Protestschritten über ihre Regierungen auf.
Bemerkenswert war in diesem Zusammenhang eine Stellungnahme des amerikanischen Außenministers Rusk, der am Abend erklärte, daß die USA Protestschritte über "angemessene Kanäle einleiteten". Ein Sprecher des State Department erläuterte den Begriff "angemessene Kanäle" und erklärte, daß damit die westlichen Kommandanten in Westberlin gemeint seien, die bereits mit der Ausarbeitung einer scharfen Protestnote beschäftigt seien.
+) Am 14.08. 9.00 Uhr findet eine weitere Sondersitzung des Senats statt.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
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Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 31066, Bl. 353-362
Am 13. August 1961 zementierte das SED-Regime die deutsche Teilung mit dem Bau der Mauer in Berlin. Die Staatssicherheit sammelte unmittelbar danach Informationen über die Missstimmung in der Bevölkerung, über Versorgungsprobleme und Streiks in Betrieben.
Anfang der 60er Jahre flüchteten Abertausende Menschen aus der DDR. Das Land stand wirtschaftlich und politisch vor dem Ruin. Die Staatsmacht wusste sich angesichts der desolaten Lage nicht anders zu helfen, als das eigene Volk einzusperren. Eine unüberwindbare Mauer sollte die Massenflucht stoppen und der SED die Macht im Land sichern.
Der sowjetischen Unterstützung gewiss, begann das Regime am 13. August 1961 seinen Plan in die Tat umzusetzen. Eine zentrale Rolle spielte dabei die DDR-Geheimpolizei. Nachdem die Grenzen abgeriegelt wurden, sammelte die Staatssicherheit Informationen über die Missstimmung in der Bevölkerung, über Versorgungsprobleme und Streiks in Betrieben und fasste sie in geheimen Berichten an die SED-Führung zusammen.
Diese MfS-Berichte bündeln, was Zuträger im ganzen Land der DDR-Geheimpolizei im Umfeld des Mauerbaus am 13. August 1961 berichteten - auch aus dem Westteil Berlins. Daraus wird deutlich, dass die Stasi eine aktive Rolle beim Mauerbau spielte. Aus den Berichten geht außerdem hervor, dass die Partei- und Staatsführung durch die Staatssicherheit schonungslos über die reale Lage und alle Probleme im Land informiert wurde.
Die Staatssicherheit verfasste über die Aktion "Rose" - so der Deckname für den im Zusammenhang mit der Grenzschließung am 13. August 1961 stehenden Maßnahmenkomplex - und die "Reaktion auf die Maßnahmen zur Sicherung der DDR" bis zum 16. August zwölf Berichte. Davon enstanden allein fünf am 13. und vier am 14. August. Von da an wurde bis zum 3. September zu diesem Thema nur noch einmal täglich berichtet. Wichtigster externer Adressat war - neben den sowjetischen Verbindungsoffizieren - der Haupteinsatzstab mit seinem Leiter Erich Honecker.
Bundeskanzler Adenauer konferierte im Laufe des gestrigen Tages mit Außenminister v.Brentano, Staatssekretär Globke und dem Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Krone. Im Ergebnis dieser Besprechungen beauftragte Adenauer den Außenminister, sofort Besprechungen mit den westlichen Botschaftern aufzunehmen, um "Gegenmaßnahmen" einzuleiten. Brentano gab den westdeutschen Botschaftern in Washington, London, Paris, Moskau und bei der NATO die Anweisung,
sofort auf ihre Posten zurückzukehren.
Im allgemeinen war die Stellungnahme der westliche Alliierten bisher spärlich. Sowohl der amerikanische Außenminister Rusk, der oben bereits zitiert wurde als auch andere amerikanische Sprecher beschränkten sich auf die Feststellung, daß die Warschauer Vertragsstaaten einen Rechtsbruch begangen hätten. Britische Sprecher erklärten, daß die Schließung der Grenze nach Westberlin zu einer Gefahr für den Frieden werden könnte, da durch die Sperrung der Fluchtmöglichkeiten für Bewohner der DDR eine explosive Situation entstehen könnte. Stellungnahmen von seiten französischer Regierungssprecher liegen noch nicht vor.
Führende Vertreter Bonner Ministerien haben erste Stellungnahmen zu den Maßnahmen der DDR abgegeben. Lemmer und Thedieck vom Ministerium für gesamtdeutsche Fragen forderten, die Maßnahmen unverzüglich rückgängig zu machen. Sie verlangten von den Alliierten, sofort Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Eine ähnliche Stellungnahme gab auch Adenauer in einer Rundfunkerklärung ab, der die westdeutsche Bevölkerung aufforderte, Vertrauen zu den von den Westmächten eingeleiteten Maßnahmen zu zeigen.
Strauß erklärte, daß er nicht glaube, daß es wegen Westberlin zu militärischen Auseinandersetzungen kommen würde.
Eine Reihe von westdeutschen Politikern werden am 14.08 in Westberlin eintreffen, um sich an Ort und Stelle zu informieren. Dazu gehören der Bundestagspräsident Gerstenmaier, der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Krone, der SPD-Vorsitzende Ollenhauer und der FDP-Vorsitzende Mende.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
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Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 31066, Bl. 353-362
Am 13. August 1961 zementierte das SED-Regime die deutsche Teilung mit dem Bau der Mauer in Berlin. Die Staatssicherheit sammelte unmittelbar danach Informationen über die Missstimmung in der Bevölkerung, über Versorgungsprobleme und Streiks in Betrieben.
Anfang der 60er Jahre flüchteten Abertausende Menschen aus der DDR. Das Land stand wirtschaftlich und politisch vor dem Ruin. Die Staatsmacht wusste sich angesichts der desolaten Lage nicht anders zu helfen, als das eigene Volk einzusperren. Eine unüberwindbare Mauer sollte die Massenflucht stoppen und der SED die Macht im Land sichern.
Der sowjetischen Unterstützung gewiss, begann das Regime am 13. August 1961 seinen Plan in die Tat umzusetzen. Eine zentrale Rolle spielte dabei die DDR-Geheimpolizei. Nachdem die Grenzen abgeriegelt wurden, sammelte die Staatssicherheit Informationen über die Missstimmung in der Bevölkerung, über Versorgungsprobleme und Streiks in Betrieben und fasste sie in geheimen Berichten an die SED-Führung zusammen.
Diese MfS-Berichte bündeln, was Zuträger im ganzen Land der DDR-Geheimpolizei im Umfeld des Mauerbaus am 13. August 1961 berichteten - auch aus dem Westteil Berlins. Daraus wird deutlich, dass die Stasi eine aktive Rolle beim Mauerbau spielte. Aus den Berichten geht außerdem hervor, dass die Partei- und Staatsführung durch die Staatssicherheit schonungslos über die reale Lage und alle Probleme im Land informiert wurde.
Die Staatssicherheit verfasste über die Aktion "Rose" - so der Deckname für den im Zusammenhang mit der Grenzschließung am 13. August 1961 stehenden Maßnahmenkomplex - und die "Reaktion auf die Maßnahmen zur Sicherung der DDR" bis zum 16. August zwölf Berichte. Davon enstanden allein fünf am 13. und vier am 14. August. Von da an wurde bis zum 3. September zu diesem Thema nur noch einmal täglich berichtet. Wichtigster externer Adressat war - neben den sowjetischen Verbindungsoffizieren - der Haupteinsatzstab mit seinem Leiter Erich Honecker.
Ollenhauer und Wehner hatten bereits gestern eine Zusammenkunft mit Brentano, nach derem Abschluß ein gemeinsames Kommunique herausgegeben wurde, in dem völlige Übereinstimmung der Ansichten festgestellt wurde.
In den Landesverbänden der westberliner Parteien herrscht ausgesprochene Unsicherheit. Für den 14.08. ist eine Landesausschußsitzung der SPD einberufen worden. Führende Funktionäre der SPD aus dem demokratischen Berlin, so Kurt Neubauer und Margarethe Berger-Heise halten sich in Westberlin auf, da sie fürchten, nach einer Rückkehr in das demokratische Berlin keine Möglichkeit für Besuche in Westberlin mehr zu haben.
Das Mitglied des Landesvorstandes Klaus Schütz erklärte, daß es im westberliner Landesvorstand der SPD Auffassungen gebe, die sogen. Ostkreisverbände der SPD aufzulösen oder zumindest die Versammlungstätigkeit einzuschränken.
Funktionäre des Kreisverbandes Treptow beabsichtigen, mit einem offiziellen Schreiben an die VP-Inspektion Treptow heranzutreten, um Passierscheine nach Westberlin zu erhalten.
Der Vorsitzende des SPD-Kreisvorstandes Lichtenberg, Rudi Müller, forderte provokatorisch, daß die Amerikaner Bomben verteilen müßten.
Auch im CDU-Landesverband herrscht große Unsicherheit. Von hauptamtlichen Mitarbeitern des Landesvorstandes wird die Ansicht vertreten, daß die Berlinkrise nicht mehr mit friedlichen Mitteln beizulegen sei. Man sei nicht restlos überzeugt, daß die USA ihre Politik in der Westberlinfrage konsequent bis zum Ende durchstehen werden.
Im westberliner Landesvorstand der CDU und im Ministerium für gesamtdeutsche Fragen gehen ständig Anfragen ein, ob mit einer völligen "Blockade"Westberlins zu rechnen sei. Die Anrufer bringen zum Ausdruck, daß sie Berlin schnellstens verlassen wollen. Am 13.08. verstärkte sich in westberliner Reisebüros die Nachfrage nach Flugkarten.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
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Dritte Einzel-Information über die Durchführung der Aktion "Rose" Dokument, 3 Seiten
Bericht über westliche Reaktionen nach dem Mauerbau Dokument, 8 Seiten
Analyse zum Volksaufstand im Bezirk Karl-Marx-Stadt Dokument, 74 Seiten
Lagebericht über die Situation an der Grenze zu West-Berlin kurz nach dem Mauerbau Dokument, 3 Seiten