Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 31066, Bl. 353-362
Am 13. August 1961 zementierte das SED-Regime die deutsche Teilung mit dem Bau der Mauer in Berlin. Die Staatssicherheit sammelte unmittelbar danach Informationen über die Missstimmung in der Bevölkerung, über Versorgungsprobleme und Streiks in Betrieben.
Anfang der 60er Jahre flüchteten Abertausende Menschen aus der DDR. Das Land stand wirtschaftlich und politisch vor dem Ruin. Die Staatsmacht wusste sich angesichts der desolaten Lage nicht anders zu helfen, als das eigene Volk einzusperren. Eine unüberwindbare Mauer sollte die Massenflucht stoppen und der SED die Macht im Land sichern.
Der sowjetischen Unterstützung gewiss, begann das Regime am 13. August 1961 seinen Plan in die Tat umzusetzen. Eine zentrale Rolle spielte dabei die DDR-Geheimpolizei. Nachdem die Grenzen abgeriegelt wurden, sammelte die Staatssicherheit Informationen über die Missstimmung in der Bevölkerung, über Versorgungsprobleme und Streiks in Betrieben und fasste sie in geheimen Berichten an die SED-Führung zusammen.
Diese MfS-Berichte bündeln, was Zuträger im ganzen Land der DDR-Geheimpolizei im Umfeld des Mauerbaus am 13. August 1961 berichteten - auch aus dem Westteil Berlins. Daraus wird deutlich, dass die Stasi eine aktive Rolle beim Mauerbau spielte. Aus den Berichten geht außerdem hervor, dass die Partei- und Staatsführung durch die Staatssicherheit schonungslos über die reale Lage und alle Probleme im Land informiert wurde.
Die Staatssicherheit verfasste über die Aktion "Rose" - so der Deckname für den im Zusammenhang mit der Grenzschließung am 13. August 1961 stehenden Maßnahmenkomplex - und die "Reaktion auf die Maßnahmen zur Sicherung der DDR" bis zum 16. August zwölf Berichte. Davon enstanden allein fünf am 13. und vier am 14. August. Von da an wurde bis zum 3. September zu diesem Thema nur noch einmal täglich berichtet. Wichtigster externer Adressat war - neben den sowjetischen Verbindungsoffizieren - der Haupteinsatzstab mit seinem Leiter Erich Honecker.
3. Gegnerische Provokationen und Vorkommnisse
Während die Lage in den frühen Morgenstunden des 13.08. im allgemeinen als normal eingeschätzt werden kann, kam es im Verlaufe der Vormittags- und in der ersten Nachmittagsstunden vielfach au Menschenansammlungen auf beiden Seiten der Sektorengrenze, die in den Abendstunden größeren Umfang annahmen.
Zusammenrottungen von jeweils mehreren hundert Personen und vereinzelne provokatorische Ausschreitungen wurden von verschiedenen Sektorenübergängen gemeldet.
In den Vormittagsstunden wurden solche Ansammlungen an den Übergängen Strelitzer Straße, Brunnenstraße, Brandenburger Tor, Potsdamer Platz, Wollankstraße, Eberswalder Straße, Bernauer Straße und Köpenicker Straße festgestellt.
Im wesentlichen bildeten diese Übergangsstellen auch in den Nachmittagsstunden Schwerpunkte von Personenkonzentrationen und feindlichen Handlungen.
In den Nachmittagsstunden wurden von Westberlin aus vereinzelt Versuche unternommen, die Grenzbefestigungen zu zerstören, was jedoch durch den Einsatz von Wasserwerfern vereitelt werden konnte.
Die Ansammlungen auf westberliner Seite des Brandenburger Tores wuchsen in den Abendstunden auf 8- 10.000 Personen an, wo provokatorische Losungen in Sprechchören gerufen und Transparente mitgeführt wurden. Diese Losungen beinhalteten provokatorische Ausfülle gegen die DDR, besonders gegen die bewaffneten Organe. Die Transparente enthielten Losungen wie: "Berlin wird niemals rot" und "Grenze auf!"
Bei einem großen Teil der Personen, die sich an den Übergangsstellen einfanden, handelte es sich um Neugierige, wobei die gegnerischen Kräfte versuchten, diese sowohl von Westberlin als auch von demokratischen Berlin aus für Grenzdurchbrüche auzunutzen.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
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Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 31066, Bl. 353-362
Am 13. August 1961 zementierte das SED-Regime die deutsche Teilung mit dem Bau der Mauer in Berlin. Die Staatssicherheit sammelte unmittelbar danach Informationen über die Missstimmung in der Bevölkerung, über Versorgungsprobleme und Streiks in Betrieben.
Anfang der 60er Jahre flüchteten Abertausende Menschen aus der DDR. Das Land stand wirtschaftlich und politisch vor dem Ruin. Die Staatsmacht wusste sich angesichts der desolaten Lage nicht anders zu helfen, als das eigene Volk einzusperren. Eine unüberwindbare Mauer sollte die Massenflucht stoppen und der SED die Macht im Land sichern.
Der sowjetischen Unterstützung gewiss, begann das Regime am 13. August 1961 seinen Plan in die Tat umzusetzen. Eine zentrale Rolle spielte dabei die DDR-Geheimpolizei. Nachdem die Grenzen abgeriegelt wurden, sammelte die Staatssicherheit Informationen über die Missstimmung in der Bevölkerung, über Versorgungsprobleme und Streiks in Betrieben und fasste sie in geheimen Berichten an die SED-Führung zusammen.
Diese MfS-Berichte bündeln, was Zuträger im ganzen Land der DDR-Geheimpolizei im Umfeld des Mauerbaus am 13. August 1961 berichteten - auch aus dem Westteil Berlins. Daraus wird deutlich, dass die Stasi eine aktive Rolle beim Mauerbau spielte. Aus den Berichten geht außerdem hervor, dass die Partei- und Staatsführung durch die Staatssicherheit schonungslos über die reale Lage und alle Probleme im Land informiert wurde.
Die Staatssicherheit verfasste über die Aktion "Rose" - so der Deckname für den im Zusammenhang mit der Grenzschließung am 13. August 1961 stehenden Maßnahmenkomplex - und die "Reaktion auf die Maßnahmen zur Sicherung der DDR" bis zum 16. August zwölf Berichte. Davon enstanden allein fünf am 13. und vier am 14. August. Von da an wurde bis zum 3. September zu diesem Thema nur noch einmal täglich berichtet. Wichtigster externer Adressat war - neben den sowjetischen Verbindungsoffizieren - der Haupteinsatzstab mit seinem Leiter Erich Honecker.
Als Provokateure traten auf beiden Seiten der Sektorenerenze vor allem Jugendliche in Brecheinune, die bestrebt waren, in Diszuesionen negative Argumente nineinzutragen und eurch provokatorisches Auftreten etmichzeitungen hervorzurufen.
Sämtliche Bestrebungen dieser Art wurden zerschlagen.
Es wurden eine Reihe von Inhaftierungen durch die Organe der VP und des MfS vorgenommen.
In Einzelfällen erfolgte der Einsatz von Wasserwerfern und Nebelkerzen.
Insgesamt gesehen ist es zu keinen weiteren ernsthaften Vorkommnissen gekommen, lediglich zwei Vorfälle sind noch erwähnenswert, da sie von den gegnerischen Kräften vermutlich für ihre Hetztätigkeit ausgenutzt werden:
Am 13.08. gegen 14.00 Uhr kam beim Kontrollpunkt 56 beim Versuch, einen auf dem Boden des demokratischen Sektors befindlichen Provokateur festzunehmen, ein Leutnant der VP jenseits des Stacheldrahtes, jedoch noch auf demokratischem Gebiet, zu Fall. Mehrere westberliner Personen kamen dem Provokateur zu Hilfe und gingen [Handschriftliche Ergänzung: gegen] den VP-Leutnant und einen ihn unterstützenden weiteren VP-Offizier tätlich vor. Sie beleidigten die beiden Offiziere und drängten sie gegen die bereits imWestsektor liegende Häuserfront.
Der Polit-Stellvertreter der 3.Kompanie Oltn. Grau, der diesen Vorfall beobachtete, gab einer Gruppe Soldaten den Auftrag, mit gezogenen Bajonetten die, beiden Offiziere zu befreien. Dabei wurde einer der Provokateure durch einen Rippenstich verletzt, woraufhin sich alle Personen zurückzogen und der Verletzte mit einem Volkswagen abtransportiert wurde. Die sich dort angesammelten Westberliner bewarfen die Angehörigen des Kontrollpunktes mit Steinen.
Am 12.08. gegen 23.00 Uhr wurde der Direktor der Transportgüterbahn in Velten Erich Wiese von einem sowjetischen Posten erschossen, als er auf Anruf nicht stehen blieb. Er passierte das Gelände des Benzinlagers einer sowjetischen Einheit in Velten. Wiese war Mitglied unserer Partei und Parteisekretär.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
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Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 31066, Bl. 353-362
Am 13. August 1961 zementierte das SED-Regime die deutsche Teilung mit dem Bau der Mauer in Berlin. Die Staatssicherheit sammelte unmittelbar danach Informationen über die Missstimmung in der Bevölkerung, über Versorgungsprobleme und Streiks in Betrieben.
Anfang der 60er Jahre flüchteten Abertausende Menschen aus der DDR. Das Land stand wirtschaftlich und politisch vor dem Ruin. Die Staatsmacht wusste sich angesichts der desolaten Lage nicht anders zu helfen, als das eigene Volk einzusperren. Eine unüberwindbare Mauer sollte die Massenflucht stoppen und der SED die Macht im Land sichern.
Der sowjetischen Unterstützung gewiss, begann das Regime am 13. August 1961 seinen Plan in die Tat umzusetzen. Eine zentrale Rolle spielte dabei die DDR-Geheimpolizei. Nachdem die Grenzen abgeriegelt wurden, sammelte die Staatssicherheit Informationen über die Missstimmung in der Bevölkerung, über Versorgungsprobleme und Streiks in Betrieben und fasste sie in geheimen Berichten an die SED-Führung zusammen.
Diese MfS-Berichte bündeln, was Zuträger im ganzen Land der DDR-Geheimpolizei im Umfeld des Mauerbaus am 13. August 1961 berichteten - auch aus dem Westteil Berlins. Daraus wird deutlich, dass die Stasi eine aktive Rolle beim Mauerbau spielte. Aus den Berichten geht außerdem hervor, dass die Partei- und Staatsführung durch die Staatssicherheit schonungslos über die reale Lage und alle Probleme im Land informiert wurde.
Die Staatssicherheit verfasste über die Aktion "Rose" - so der Deckname für den im Zusammenhang mit der Grenzschließung am 13. August 1961 stehenden Maßnahmenkomplex - und die "Reaktion auf die Maßnahmen zur Sicherung der DDR" bis zum 16. August zwölf Berichte. Davon enstanden allein fünf am 13. und vier am 14. August. Von da an wurde bis zum 3. September zu diesem Thema nur noch einmal täglich berichtet. Wichtigster externer Adressat war - neben den sowjetischen Verbindungsoffizieren - der Haupteinsatzstab mit seinem Leiter Erich Honecker.
In den Grenzkreisen der Bezirke Potsdam und Frankfurt/Oder kam es nicht zu Provokationen. Die Lage in diesen Gebieten war normal.
In allen übrigen Bezirken der DDR traten im Zusammenhang mit den Maßnahmen der DDR keine ernsthaften Erscheinungen auf.
4.Einschätzung der Reaktionen der Bevölkerung
Nach zahlreichen und übereinstimmenden Hinweisen haben die Diskussionen über die Maßnahmen des Ministerrates einen sehr großen Umfang angenommen und werden von allen Bevölkerungskreisen geführt.
Dabei überwiegen eindeutig positive Stellungnahmen, die vor allem durch folgende Zustimmung und Genugtuung beinhaltende Argumente charakterisiert werden:
- Es sei höchste Zeit gewesen, die Maßnahmen hätten schon früher ergriffen werden müssen
(In einigen Fällen u.a. wurde es Kampfgruppenmitgliedern zugerufen — wurde gefordert, Provokateuren gegenüber hart durchzugreifen)
— Die Maßnahmen schieben endlich der "Republikflucht" einen Riegel vor und legen den Grenzgängern und Schiebern das Handwerk.
(Letztere Meinung ist besonders stark im demokratischen Berlin und in den Bezirken Potsdam, Frankfurt und zum Teil. aus Cottbus anzutreffen)
- Die Maßnahmen seien ein notwendiger Schlag gegen die Agententätigkeit und gegen die von Westberlin ausgehende
Unterminierung [unleserlich] der DDR
Solche und ähnliche positive Diskussionen gab es vor allem dort, wo organisierte Aussprachen und Kurzversammlungen durchgeführt wurden.
Bezeichnend für die gute Reaktion ist ferner die Tatsache, daß in den am Sonntag arbeitenden Betrieben (Kraftwerk Klingental, BVG, Bewag, Reichsbahn usw.) ein normaler und völlig reibungsloser Arbeitsablauf erfolgte.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
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Dritte Einzel-Information über die Durchführung der Aktion "Rose" Dokument, 3 Seiten
Bericht über westliche Reaktionen nach dem Mauerbau Dokument, 8 Seiten
Analyse zum Volksaufstand im Bezirk Karl-Marx-Stadt Dokument, 74 Seiten
Lagebericht über die Situation an der Grenze zu West-Berlin kurz nach dem Mauerbau Dokument, 3 Seiten