Signatur: BStU, MfS, SdM, Nr. 249, Bl. 16-33
Bericht der MfS-Bezirksverwaltung Frankfurt/Oder vom 24. Juni 1953 an die SED: Die Geheimpolizei analysierte darin die Ursachen, den Verlauf der Ereignisse und das Verhalten der staatlichen Einrichtungen rund um den 17. Juni 1953 im ehemaligen Bezirk Frankfurt/Oder.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Was am Morgen des 17. Juni noch als Arbeiteraufstand begann, entwickelte sich in den Zentren schnell zum Volksaufstand. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mithilfe von russischen Panzern niedergeschlagen wurde. SED und Stasi deuteten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Tatsächlich war der 17. Juni 1953 Ausdruck der Unzufriedenheit weiter Teile der DDR-Bevölkerung. Zunächst entzündeten sich die Proteste an sozialen Fragen. Die Menschen stellten Forderungen, die ihren Arbeits- und Lebensalltag betrafen, wie "Senkung der Arbeitsnormen und der HO-Preise". Bald forderten die Demonstranten im ganzen Land jedoch den Rücktritt der Regierung, freie Wahlen, Pressefreiheit, die Freilassung aller politischen Gefangenen und schließlich auch die deutsche Wiedervereinigung.
Im vorliegenden Dokument an die SED-Bezirksleitung analysierte die Stasi die Ereignisse des 17. Juni im ehemaligen Bezirk Frankfurt/Oder. Auch wenn die Geheimpolizisten am Bild der faschistischen Provokation festhielten, übten sie in ihrem Bericht über die Ursachen, den Verlauf und das Verhalten der staatlichen Einrichtungen während des Aufstands zum Teil deutliche Kritik an der SED und parteinahen Organisationen.
Der öffentliche Verkehr der Reichsbahn sowie die öffentlichen Versorgungsbetriebe, Elektrizität- und Wasserwerke, wurden von diesen Dingen nicht betroffen. Dort wurde überall normal gearbeitet.
Bis auf vereinzelte Angsteinkäufe im Gebiet von Bernau und Herzfelde, auf Stockungen in der Kartoffelversorgung in Eberswalde und Freienwalde, traten auf dem Gebiete des Handels und der Versorgung keine Störungen auf.
Im Bezirksmaßstab liegen keine Anzeichen vor, dass unsere Bauern ihrer Ablieferungspflicht nicht nachkommen. Obwohl die Ablieferungspflicht in einigen Gebieten etwas schleppend vor sich geht, sind doch die Ursachen dafür bei den Erfassungsorganen zu suchen, die angeblich noch keine neuen Richtlinien über die Erfassung und die Methoden der Erfassung haben. Die Meldungen über das Zurückgehen der Milcherfassung entsprechen nach den durchgeführten Überprüfungen nicht den Tatsachen.
10.) Die Einwirkungen der Streiks und Provokationen auf das Land :
Bis auf kleine, unbedeutende Vorkommnisse in den landwirtschaftlichen Gebieten unseres Bezirks, kann man die Lage als normal bezeichnen. In keinem Ort traten die Bauern organisiert zusammen, um die Arbeit niederzulegen. In einigen Kreisen gibt es vereinzelte Austritte aus LPG's. Die LPG Gusow, Seelow, forderte am 17.6.53 eine Verminderung ihres Solls um 50%.
In der MTS Trebnitz, Seelow, stellte die Schmiedeabteilung die schriftliche Forderung auf höhere Löhne.
Einige Grossbauern bekamen durch die faschistischen Provokationen Mut. In der Gemeinde Biesenbrow äuseerte sich einer : Jetzt kommen die Verhältnisse von 1945 wieder. Gegenüber dem Bürgermeister tat er folgende Äusserung : Die Regierung die uns regiert, hat keine Ahnung, alle gehören ins Zuchthaus, dorthin, wo sie die angeblichen Grossbauern hingebracht haben. Die bisherigen Wahlen waren nur Zwangsmassnahmen und keine Wahlen auf freiwilliger Basis. Die Wahlen in Westdeutschland dagegen, sind gerecht, und nur Adenauer ist derjenige, der das deutsche Volk vor der Versklavung retten kann. Wir haben hier eine Arbeiterregierung, aber wenn die Arbeiter die Freiheit wollen, werden gegen sie Panzer aufgefahren.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
1971 hervorgegangen aus dem Büro der Leitung. Seine Aufgaben waren
Haftbefehl des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) gegen einen Teilnehmer der Proteste in Fürstenberg Dokument, 1 Seite
Meldung einer Arbeitsniederlegung in Freiberg Dokument, 1 Seite
Analyse der Ereignisse des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 im Bezirk Potsdam Dokument, 9 Seiten
Verfügung der Staatssicherheit zur Einleitung eines Untersuchungsverfahrens Dokument, 1 Seite