Hinweise auf Reaktionen progressiver Kräfte zur innenpolitischen Lage in der DDR
Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 5351, Bl. 55-61
In einem Bericht an die MfS-Führung machte die Stasi deutlich, dass sich sogar die dem System nahestehenden Menschen langsam von der SED-Spitze abwenden würden. Sie zählte eine ganze Reihe von Missständen im Land auf.
Im Laufe des Jahres 1989 vollzog sich in der DDR-Gesellschaft ein genereller Wandel. Spätestens im Oktober 1989 fanden die Forderungen der Bürgerrechtsbewegung innerhalb der Bevölkerung allgemeine Zustimmung. Selbst unter den Stützen des Regimes machten sich zunehmend Zweifel breit. Sie trauten Erich Honecker, der dann am 18. Oktober 1989 gestürzt wurde, nicht mehr zu, das Land zu regieren. Im vorliegenden Bericht spiegelte sich diese Situation besonders eindrücklich wider.
Mit "progressiven Kräften" meint die Staatssicherheit dem System nahestehende Menschen. Ziel des Berichtes war offensichtlich, zu vermitteln, dass selbst dieser vergleichsweise loyale Personenkreis Änderungen anstrebte. Dafür spricht auch, dass das Papier aus mehreren Entwürfen entstanden ist und die Endfassung die radikalsten, das heißt am weitest gehenden Formulierungen enthält.
Der Bericht endet mit einem ganzen Katalog von Problembereichen, in denen Veränderungen angepackt werden müssten, so etwa die "Schaffung von Reisemöglichkeiten in das nichtsozialistische Ausland, unabhängig von Verwandtschaftsverhältnissen und besonderen Anlässen" - einfacher formuliert: Reisefreiheit.
Metadaten
- Diensteinheit:
- Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe
- Datum:
- 8.10.1989