Signatur: BStU, MfS, BV Dresden, AOPK, Nr. 1725/87, Bl. 37-40
Im Dezember 1984 weitete die DDR die Produktion von Edelstahlbestecken aus. Neben dem privaten Bedarf der Bevölkerung erhoffte man sich auch die Erwirtschaftung von Devisen durch Exporte ins westliche Ausland. Nachdem es bei der Besteckproduktion im volkseigenen Betrieb Stahl- und Walzwerk Riesa zu Problemen kam, wurde die Stasi beauftragt, im Riesaer Werk zu ermitteln und Mitarbeiter zu überwachen.
Das Ministerium für Erzbergbau, Metallurgie und Kali ordnete am 14. Dezember 1984 an, dass im Rohrkombinat Riesa ab Dezember 1986 Edelstahlbestecke produziert werden sollten. Hauptsächlich wurden dort Rohre für die Gasversorgung hergestellt. Die eigentlichen Betriebe zur Herstellung von Bestecken waren die VEB Besteckwarenwerke Aue und VEB Alekto Freiberg.
Mit einer Ausweitung der Besteckproduktion wurden zwei Ziele verfolgt. Einerseits sollten die minderwertigen Aluminium-Bestecke, die in der DDR-Gastronomie weit verbreitet waren, zumindest teilweise, von den neuen Edelstahlprodukten aus Riesa ersetzen werden. Andererseits sollte auch der private Bedarf der Bevölkerung mit abgedeckt werden. Nicht zuletzt erhoffte man sich auch die Erwirtschaftung von Devisen durch Exporte ins westliche Ausland.
Die Besteckproduktion im volkseigenen Betrieb Stahl- und Walzwerk Riesa entwickelte sich jedoch ab 1985/86 keineswegs nach den Erwartungen des zuständigen Ministeriums. Dem Vorhaben "Konsumgüterproduktion Besteckfertigung" standen von Anfang an größte Probleme gegenüber. Es begann damit, dass die staatliche Plankommission das Projekt nicht in den Plan von 1985 eingeordnet hatte. So fehlte es in der Vorbereitungsphase an den nötigen Investitionsmitteln. Von den geforderten 200 Arbeitskräften standen gerade einmal 100 zur Verfügung.
Hinsichtlich der Exportpläne war es zudem fraglich, ob die neuen Produkte den hohen Qualitätsanforderungen in der Bundesrepublik genügen würden. Und auch im Inland rechnete man sich wenige Chancen aus. Die niedrigen Preise in der DDR und die dadurch zu erwartenden geringen Erlöse sprachen ebenfalls gegen einen Erfolg.
Den mit der Planung befassten Mitgliedern aus dem Rohrkombinat Riesa waren die Ursachen dieser Probleme durchaus bekannt; der SED-Kreisleitung in Riesa jedoch nicht. Sie informierte den Leiter der MfS-Kreisdienststelle Riesa, der daraufhin eine "Operative Kontrollakte" mit dem Namen "Besteck" anlegte.
Die Aktivitäten der Stasi begannen im August 1985. Ziel der damit anlaufenden Ermittlungen war es, die Ursachen festzustellen, die einer planmäßigen Realisierung des Vorhabens entgegenstanden. Die Überwachung des verantwortlichen Leiters des Projekts sowie weiterer Mitarbeiter lief an.
Die Überprüfungen der Mitarbeiter hinsichtlich ihrer politischen Zuverlässigkeit und fachlichen Kompetenz sollten zunächst erbringen, ob die Störungen in der Produktion absichtlich herbeigeführt wurden. Sie wären damit strafrechtlich verfolgbar. In der Akte des etwa zwei Jahre andauernden Vorgangs sind sieben inoffizielle Mitarbeiter verzeichnet, die hierzu Information lieferten.
Das vorliegende Dokument der MfS-Kreisdienststelle Riesa fasst die von Mitarbeitern geäußerten Meinungen zur Ausweitung der Besteckproduktion zusammen. Kritik wurde von Ingenieuren und Arbeitern sowohl an der schlechten Versorgung mit Material und Maschinen als auch hinsichtlich des Nutzen und der Notwendigkeit einer Essbesteck-Produktion in einem Stahlwerk geäußert.
[handschriftliche Ergänzung: Gen. Hanke
Bitte Info weiter an die Gen. Kern, R /
Kunze, Neumann! [Paraphe]
danach an mich zurück]
[handschriftliche Ergänzung: 33]
Kreisdienststelle Riesa
Riesa den 11.02.1987
Information
über Meinungen und Auffassungen zum Realisierungsstand des Vorhabens "Konsumgüterproduktion Besteckfertigung" im VEB Stahl- und Walzwerk Riese des VEB Rohrkombinat
Zur Umsetzung des Beschlusses, einen Anteil von 5 Prozent Konsumgüterproduktion entsprechend der industriellen Warenproduktion des Betriebes zu sichern, wurde 1984 mit der Vorbereitung "Konsumgüterproduktion Besteckfertigung" im VEB Stahl- und Walzwerk Riesa begonnen. Die Zielstellung des Vorhabens beinhaltete unter anderem solche Punkte, wie:
Aufnahme Probebetrieb der gesamten Anlage 10/86
NSW-Importablösung der zur Produktion der Bestecke benötigten Bleche
Prüfung der Möglichkeit der NSW-Exportfähigkeit der Erzeugnisse
Mit Beginn der Realisierung den Vorhabens "Besteckfertigung" im VEB Stahl- und Walzwerk Riesa wurden von Arbeitern, Angestellten, Meistern und Ingenieuren der verschiedensten Abteilungen und Bereiche Bedenken und Zweifel zum Sinn und Nutzen eines solchen Vorhabens geäußert;
In der Tendenz wurden nachgenannte Meinungen und Auffassungen zum Ausdruck gebracht:
"Im Handel ist ein ausreichendes und umfangreiches Angebot an Bestecken vorhanden."
"Gibt es kein typischeres Vorhaben für einen metallurgischen Betrieb?"
"Diese Art Konsumgüterproduktion bringt auf längere Sicht keinen Effekt."
"Die Vorbereitung und Realisierung geht zu Lasten anderer planmäßiger Arbeiten im Betrieb."
Weitere Haltungen und Standpunkte wurden bereits in der
"Information über das Parteitagsobjekt Fertigung von Edelstahlbestecken - im VEB Stahl- und Walzwerk Riesa des VEB Rohrkombinat" vom 07.01.1986, Tgb.-Nr.: 82/86
dargestellt.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
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Signatur: BStU, MfS, BV Dresden, AOPK, Nr. 1725/87, Bl. 37-40
Im Dezember 1984 weitete die DDR die Produktion von Edelstahlbestecken aus. Neben dem privaten Bedarf der Bevölkerung erhoffte man sich auch die Erwirtschaftung von Devisen durch Exporte ins westliche Ausland. Nachdem es bei der Besteckproduktion im volkseigenen Betrieb Stahl- und Walzwerk Riesa zu Problemen kam, wurde die Stasi beauftragt, im Riesaer Werk zu ermitteln und Mitarbeiter zu überwachen.
Das Ministerium für Erzbergbau, Metallurgie und Kali ordnete am 14. Dezember 1984 an, dass im Rohrkombinat Riesa ab Dezember 1986 Edelstahlbestecke produziert werden sollten. Hauptsächlich wurden dort Rohre für die Gasversorgung hergestellt. Die eigentlichen Betriebe zur Herstellung von Bestecken waren die VEB Besteckwarenwerke Aue und VEB Alekto Freiberg.
Mit einer Ausweitung der Besteckproduktion wurden zwei Ziele verfolgt. Einerseits sollten die minderwertigen Aluminium-Bestecke, die in der DDR-Gastronomie weit verbreitet waren, zumindest teilweise, von den neuen Edelstahlprodukten aus Riesa ersetzen werden. Andererseits sollte auch der private Bedarf der Bevölkerung mit abgedeckt werden. Nicht zuletzt erhoffte man sich auch die Erwirtschaftung von Devisen durch Exporte ins westliche Ausland.
Die Besteckproduktion im volkseigenen Betrieb Stahl- und Walzwerk Riesa entwickelte sich jedoch ab 1985/86 keineswegs nach den Erwartungen des zuständigen Ministeriums. Dem Vorhaben "Konsumgüterproduktion Besteckfertigung" standen von Anfang an größte Probleme gegenüber. Es begann damit, dass die staatliche Plankommission das Projekt nicht in den Plan von 1985 eingeordnet hatte. So fehlte es in der Vorbereitungsphase an den nötigen Investitionsmitteln. Von den geforderten 200 Arbeitskräften standen gerade einmal 100 zur Verfügung.
Hinsichtlich der Exportpläne war es zudem fraglich, ob die neuen Produkte den hohen Qualitätsanforderungen in der Bundesrepublik genügen würden. Und auch im Inland rechnete man sich wenige Chancen aus. Die niedrigen Preise in der DDR und die dadurch zu erwartenden geringen Erlöse sprachen ebenfalls gegen einen Erfolg.
Den mit der Planung befassten Mitgliedern aus dem Rohrkombinat Riesa waren die Ursachen dieser Probleme durchaus bekannt; der SED-Kreisleitung in Riesa jedoch nicht. Sie informierte den Leiter der MfS-Kreisdienststelle Riesa, der daraufhin eine "Operative Kontrollakte" mit dem Namen "Besteck" anlegte.
Die Aktivitäten der Stasi begannen im August 1985. Ziel der damit anlaufenden Ermittlungen war es, die Ursachen festzustellen, die einer planmäßigen Realisierung des Vorhabens entgegenstanden. Die Überwachung des verantwortlichen Leiters des Projekts sowie weiterer Mitarbeiter lief an.
Die Überprüfungen der Mitarbeiter hinsichtlich ihrer politischen Zuverlässigkeit und fachlichen Kompetenz sollten zunächst erbringen, ob die Störungen in der Produktion absichtlich herbeigeführt wurden. Sie wären damit strafrechtlich verfolgbar. In der Akte des etwa zwei Jahre andauernden Vorgangs sind sieben inoffizielle Mitarbeiter verzeichnet, die hierzu Information lieferten.
Das vorliegende Dokument der MfS-Kreisdienststelle Riesa fasst die von Mitarbeitern geäußerten Meinungen zur Ausweitung der Besteckproduktion zusammen. Kritik wurde von Ingenieuren und Arbeitern sowohl an der schlechten Versorgung mit Material und Maschinen als auch hinsichtlich des Nutzen und der Notwendigkeit einer Essbesteck-Produktion in einem Stahlwerk geäußert.
[handschriftliche Ergänzung: 34]
Trotz hoher Einsatzbereitschaft aller am Vorhaben beteiligten Beschäftigten sind gegenüber der Zielstellung zeitliche Verzüge sowie noch ungelöste Probleme zu verzeichnen. Dabei handelt es sich im wesentlichen um:
die nicht gesicherte Endfertigung der zur Zeit produzierten Besteckrohlinge durch die noch fehlenden Polierautomaten für Löffel und Messer
fehlende Kantenschleifmaschinen für Löffel und Messer. Eine Lieferung der Maschinen ist frühestens 6/87 möglich. Zur Zeit werden die Bestecke handgeschliffen.
mangelnde Qualitätsausbring[unleserlich]ng. Gegenüber der Zielstellung, 80 Prozent I. Wahl zu produzieren, ist gegenwärtig ein Ist von ca. 47 Prozent zu verzeichnen. 8 Prozent der Fertigprodukte wurden bisher verschrottet. Hauptursache dafür ist das mangelhafte Vormaterial aus dem VEB Auerhammer, welches das bis jetzt aus dem NSW importierte Vormaterial ablösen soll. Bei diesem Vormaterial treten speziell Oberflächenmängel, wie Risse und Rostbildung, auf.
Aus der Gesamtheit der bestehenden und in ihrer Gesamtheit auf daß Vorhaben wirkenden Probleme werden von den am Vorhaben Beschäftigten Arbeitern, Angestellten und Ingenieuren Zweifel an den formulierten und begründeten Effekten zum Ausdruck gebracht. Die Zweifel an der Grundsatzentscheidung des Vorhabens "Besteckproduktion" werden dabei bezogen auf:
fehlende qualitative und quantitative Sicherung der NSW-Importablösung des Vormaterials
Nichterfüllung der Qualitätskriterien
keine Möglichkeiten des NSW-Exportes für Edelstahlbestecke bis hin zu Zweifeln am Inlandbedarf entsprechend der Planung.
Mit diesen genannten drei Punkten sind die ökonomischen Grundlagen und Effekte des Vorhabens "Besteckproduktion" nach Meinun[unleserlich] der Diskutierenden völlig in Frage gestellt. Vertraulich wird unter diesem Personenkreis diskutiert, daß angeblich gegenwärti[unleserlich] Überlegungen bestehen, das Vorhaben einzustellen. Als Begründun[unleserlich] für diese Auffassung werden die fehlenden ökonomischen Effekte angeführt.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
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Signatur: BStU, MfS, BV Dresden, AOPK, Nr. 1725/87, Bl. 37-40
Im Dezember 1984 weitete die DDR die Produktion von Edelstahlbestecken aus. Neben dem privaten Bedarf der Bevölkerung erhoffte man sich auch die Erwirtschaftung von Devisen durch Exporte ins westliche Ausland. Nachdem es bei der Besteckproduktion im volkseigenen Betrieb Stahl- und Walzwerk Riesa zu Problemen kam, wurde die Stasi beauftragt, im Riesaer Werk zu ermitteln und Mitarbeiter zu überwachen.
Das Ministerium für Erzbergbau, Metallurgie und Kali ordnete am 14. Dezember 1984 an, dass im Rohrkombinat Riesa ab Dezember 1986 Edelstahlbestecke produziert werden sollten. Hauptsächlich wurden dort Rohre für die Gasversorgung hergestellt. Die eigentlichen Betriebe zur Herstellung von Bestecken waren die VEB Besteckwarenwerke Aue und VEB Alekto Freiberg.
Mit einer Ausweitung der Besteckproduktion wurden zwei Ziele verfolgt. Einerseits sollten die minderwertigen Aluminium-Bestecke, die in der DDR-Gastronomie weit verbreitet waren, zumindest teilweise, von den neuen Edelstahlprodukten aus Riesa ersetzen werden. Andererseits sollte auch der private Bedarf der Bevölkerung mit abgedeckt werden. Nicht zuletzt erhoffte man sich auch die Erwirtschaftung von Devisen durch Exporte ins westliche Ausland.
Die Besteckproduktion im volkseigenen Betrieb Stahl- und Walzwerk Riesa entwickelte sich jedoch ab 1985/86 keineswegs nach den Erwartungen des zuständigen Ministeriums. Dem Vorhaben "Konsumgüterproduktion Besteckfertigung" standen von Anfang an größte Probleme gegenüber. Es begann damit, dass die staatliche Plankommission das Projekt nicht in den Plan von 1985 eingeordnet hatte. So fehlte es in der Vorbereitungsphase an den nötigen Investitionsmitteln. Von den geforderten 200 Arbeitskräften standen gerade einmal 100 zur Verfügung.
Hinsichtlich der Exportpläne war es zudem fraglich, ob die neuen Produkte den hohen Qualitätsanforderungen in der Bundesrepublik genügen würden. Und auch im Inland rechnete man sich wenige Chancen aus. Die niedrigen Preise in der DDR und die dadurch zu erwartenden geringen Erlöse sprachen ebenfalls gegen einen Erfolg.
Den mit der Planung befassten Mitgliedern aus dem Rohrkombinat Riesa waren die Ursachen dieser Probleme durchaus bekannt; der SED-Kreisleitung in Riesa jedoch nicht. Sie informierte den Leiter der MfS-Kreisdienststelle Riesa, der daraufhin eine "Operative Kontrollakte" mit dem Namen "Besteck" anlegte.
Die Aktivitäten der Stasi begannen im August 1985. Ziel der damit anlaufenden Ermittlungen war es, die Ursachen festzustellen, die einer planmäßigen Realisierung des Vorhabens entgegenstanden. Die Überwachung des verantwortlichen Leiters des Projekts sowie weiterer Mitarbeiter lief an.
Die Überprüfungen der Mitarbeiter hinsichtlich ihrer politischen Zuverlässigkeit und fachlichen Kompetenz sollten zunächst erbringen, ob die Störungen in der Produktion absichtlich herbeigeführt wurden. Sie wären damit strafrechtlich verfolgbar. In der Akte des etwa zwei Jahre andauernden Vorgangs sind sieben inoffizielle Mitarbeiter verzeichnet, die hierzu Information lieferten.
Das vorliegende Dokument der MfS-Kreisdienststelle Riesa fasst die von Mitarbeitern geäußerten Meinungen zur Ausweitung der Besteckproduktion zusammen. Kritik wurde von Ingenieuren und Arbeitern sowohl an der schlechten Versorgung mit Material und Maschinen als auch hinsichtlich des Nutzen und der Notwendigkeit einer Essbesteck-Produktion in einem Stahlwerk geäußert.
[handschriftliche Ergänzung: 35]
Die im Zusammenhang mit der Realisierung des Vorhabens auftretenden Problemen und Schwierigkeiten werden von den mit Realisierung beauftragten verantwortlichen Leitern als "lösbar" eingeschätzt.
Aufgrund fehlender Maschinen und Anlagen sowie fehlender Mechanisierung des Produktionsprozesses treten gegenwärtig unter den Produktionsarbeiten am Vorhaben verstärkt Diskussionen auf. Sie sprechen dabei von
einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen
einem zunehmenden Umfang an Handarbeit mit steigender Produktion.
Es müssen zusätzlich Arbeitskräfte aus anderen Bereichen eingesetzt werden, um die Produktionsdurchführung abzusichern. Damit im Zusammenhang bringen sie zum Ausdruck, daß der Plan 1987 unter solchen Bedingungen nicht erfüllt werden kann. Nach ihrer Meinung ist eine "Moderne Manufaktur" aufgebaut worden:
"Die Verantwortlichen und Konstrukteure fahren jetzt in die Besteck-Fabrik nach Aue, um zu sehen, was alles von Hand gefertigt werden kann."
"Es fehlt noch so viel an Ausrüstungen und Technik, die laut Projekt vorgesehen sind, daß bis zur Aufnahme der vollen Produktion noch eine im Moment unabsehbare Zeit vergeht. Aber im Plan 1987 sindwir eingebunden - das geht so nicht."
Von zur Realisierung des Vorhabens eingesetzten ing[unleserlich]nieurtechnischen Kadern werden folgende Meinungen zum Ausdruck gebracht:
- "Für eine Serienproduktion bestehen die Voraussetzungen noch nicht. Ich glaube, die Verantwortlichen haben sich die Herstellung von Bestecken viel einfacher vorgestellt und die Hinweise und Erfahrungen von Aue unterschätzt."
- "Es macht keinen Spaß mehr, es wird immer komplizierte mit der Arbeit. Es besteht kein Vorlauf bei der Vorbereitung des Projektes, und nun laufen wir den anderen Betrieben mit viel Arbeitszeitaufwand hinterher, um außerhalb der Bilanzen noch Dinge unterzubringen."
- "Ich glaube, die Termine werden am "grünen Tisch" gemacht, ohne mit uns zu reden, die wir wissen, welche Probleme bestehen."
- "Ich habe so den Eindruck, daß an manchen "höheren Stellen" so gearbeitet wird, daß es fast schon an Sabotage an unserer Wirtschaft grenzt."
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
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