Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 309, Bl. 273-276
Während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953 kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt zu vergleichsweise wenig Streiks und Demonstrationen. Die Bezirksverwaltung des MfS meldete der zentralen Einsatzleitung in Berlin Vorkommnisse aus dem Bezirk vom 18. bis 19. Juni.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Im Bezirk Karl-Marx-Stadt lagen die Streikzentren in den Städten Freiberg, Crimmitschau, Tannenberg, Penig, und in Werdau. Eine Besonderheit der Streiks im Bezirk war, dass sie erst in der Nacht vom 17. zum 18. Juni begannen. Grund für die Arbeitsniederlegung war hier neben Normenerhöhung und der Verschlechterung der Lebensbedingungen vor allem die Verhängung des Ausnahmezustandes selbst. So traten die Metallarbeiter des VEB Wälzlagerwerks Fraureuth am frühen Morgen des 18. Juni in den Streik. Zuvor hatte die Parteileitung des Betriebes versucht, die Arbeiter einzuschüchtern. Der Parteisekretär sollte Abteilung für Abteilung die Verhängung des Ausnahmezustandes verkünden und auf die Konsequenzen von Streiks hinweisen.
Die Bezirksverwaltung der Staatssicherheit in Karl-Marx-Stadt meldete am 19. Juni 1953 der Stasi-Zentrale in Berlin per Fernschreiben, welche "Feindtätigkeit" an welchen Orten im Bezirk festgestellt wurde. Neben erneuten Streiks in Werdau und Freiberg dokumentierte die Stasi auch regimekritische Losungen und "Hetzschriften", die zum Streik auffriefen.
Fernschreiben - Fernspruch - Funkspruch
Nr. [handschriftliche Ergänzung: 323]
Angenommen
durch [Auslassung]
am [Auslassung]
Uhrzeit [Auslassung]
weiter an [Auslassung]
Datum [Auslassung]
Zeit [Auslassung]
durch wen [Auslassung]
Aufgenommen
von [Auslassung]
durch [Auslassung]
am [Auslassung]; Zeit [Auslassung]
Rangzeichen: [Auslassung]
[Stempel: Fernschreibstelle
Angenommen
am: [handschriftliche Ergänzung: 19.06.] um [handschriftliche Ergänzung: 15.40]
durch: [handschriftliche Ergänzung: Schubert]
Befördert
am: [handschriftliche Ergänzung: 19.06.] um: [handschriftliche Ergänzung: 15.50]
durch: [handschriftliche Ergänzung: Schuber]]
Absender: Bezirksverwaltung Karl-Marx-Stadt - Einsatzleitung -
An das MfS Berlin-Lichtenberg - Einsatzleitung -
[unterstrichen: Dringend]
Betreff: Feindtätigkeit im Bezirk Karl-Marx-Stadt
Bezug: Ihr FS vom 19.06.1953
In der Zeit vom 18.06.1953 13.00 Uhr bis 19.06.1953 13.00 Uhr wurde in unserem Bezirks folgende Feindtätigkeit festgestellt:
Drei Streikaktionen und zwar
im Wälzlagerwerk Fraureuth Kreis Werdau mit 300 Arbeitern,
im Ifa - Ernst-Grube-Werk, Werdau mit 120 Arbeitern und
in der Bau-Union Dresden in Freiberg mit ca. 1.200 Arbeitern.
Und hierzu die Meldungen im Einzelnen:
Am 19.06.1953 um 6.20 Uhr wurde von der Kreisdienststelle Werdau mitgeteilt, daß die Arbeiter des Wälzlagenwerkes Fraureuth in Gruppen zusammensitzen und nicht arbeiten. Nach Rücksprache mit dem Parteisekretär des Werkes wurde bekannt, daß die Arbeiter sich alle in den Kultursaal begeben haben und in den Streik getreten sind. Der Grund des Streikes ist darin zu suchen, daß in diesem Betrieb 5 Personen verhaftet worden sind, die als Initiatoren des am Vortage erfolgten Streikes ermittelt worden waren. Die Frau eines Verhafteten sprach im Betriebsfunk und forderte die Belegschaft auf die Arbeit wieder aufzunehmen, da nur dadurch eine Möglichkeit zur Freilassung ihres Mannes bestehen würde. Die Arbeit wurde daraufhin um 19.15 Uhr wieder aufgenommen.
Am 19.06.1953 7.30 Uhr hat in der Bau-Union Dresden in Freiberg der übergroße Teil der Arbeiter die Arbeit niedergelegt. Die Arbeiter empören sich über das Auffahren von sowjetischen Militäreinheiten und verlangten auf Grund der gestrigen Beschlüsse sofort eine Versammlung. Die Agitatoren der Kreisleitung der SED konnten die Arbeiter von diesem Vorhaben nicht abhalten. Die Arbeiter lehnten es ab ihre Arbeit wieder aufzunehmen und beabsichtigten so lange stehen zu bleiben, bis die sowjetischen Militäreinheiten abgezogen würden. Unter den Arbeitern wurden in dieser Zeit folgende Diskussionen geführt:
Wenn ein Arbeiter oder Polier Fehler macht, dann wird er bestraft, aber wenn die Regierung Fehler macht, wirde sie nicht zur Rechenschaft gezogen.
Daraufhin wurde die Menschenansammlung im Werk von unseren sowjetischen Freunden gesprengt.
b.w.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
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Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 309, Bl. 273-276
Während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953 kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt zu vergleichsweise wenig Streiks und Demonstrationen. Die Bezirksverwaltung des MfS meldete der zentralen Einsatzleitung in Berlin Vorkommnisse aus dem Bezirk vom 18. bis 19. Juni.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Im Bezirk Karl-Marx-Stadt lagen die Streikzentren in den Städten Freiberg, Crimmitschau, Tannenberg, Penig, und in Werdau. Eine Besonderheit der Streiks im Bezirk war, dass sie erst in der Nacht vom 17. zum 18. Juni begannen. Grund für die Arbeitsniederlegung war hier neben Normenerhöhung und der Verschlechterung der Lebensbedingungen vor allem die Verhängung des Ausnahmezustandes selbst. So traten die Metallarbeiter des VEB Wälzlagerwerks Fraureuth am frühen Morgen des 18. Juni in den Streik. Zuvor hatte die Parteileitung des Betriebes versucht, die Arbeiter einzuschüchtern. Der Parteisekretär sollte Abteilung für Abteilung die Verhängung des Ausnahmezustandes verkünden und auf die Konsequenzen von Streiks hinweisen.
Die Bezirksverwaltung der Staatssicherheit in Karl-Marx-Stadt meldete am 19. Juni 1953 der Stasi-Zentrale in Berlin per Fernschreiben, welche "Feindtätigkeit" an welchen Orten im Bezirk festgestellt wurde. Neben erneuten Streiks in Werdau und Freiberg dokumentierte die Stasi auch regimekritische Losungen und "Hetzschriften", die zum Streik auffriefen.
Die sechs Personen, welche der Streikleitung angehörten, werden zur Zeit von der Dienststelle Freiberg überprüft und nach den gegebenen Anweisungen operativ bearbeitet.
In Werdau wurde am 19.06.1953 in der Zeit von 10.15 Uhr bis 13.00 Uhr im IFA-Werk Ernst-Grube von 120 Arbeitern die Arbeit eingestellt. Aus der Masse dieser Arbeiter wurde folgende Forderung gestellt:
Sturz der REfierung, Normensenkung und was sind [durchgestrichen: sie] die Gründe, warum in den anderen Betrieben mehrere PErsonen verhaftet worden sind. Es wurde eine Delegation von 4 Personen gewählt, die bei der BGL und Parteileitung vorsprachen und die Forderung stellten, die Gründe der Verhaftung bekanntzugeben. Die Organisatoren dieser Angelegenheit sind bis jetzt noch nicht bekannt.
Zur ZEit werden Ermittlungen über die vier Personen geführt, die der Delegation angehörten.
In der Berichtsperiode wurden bisher sechs Personen verhaftet, die Mitglieder von Streikleitungen war und zwar im Wälzlagerwerk Werdau 5 und im Trikotagenwerk Crimmitschau eine Person. Die namentliche Mitteilung erfolgt über die Abteilung XI.
Am 19.06.1953 10.50 Uhr wurde im Karl-Liebknecht-Werk in Oelsnitz / Erzgeb. an zwei Hunten folgende Losungen festgestellt:
1. Wo ist Ulbricht und Pieck?- dies war mit Druckschrift latainisch mit Kreise geschrieben.
Die Antwort war etwas tiefer in flüssiger deutscher Schrift geschrieben, sie lautete:
"Hier". Und dahinter war ein Grabkreuz gemalt.
2. Übt Solidarität - streikt!
Dieses war in der gleichen Schrift wie oben, geschrieben. Mit der Klärung dieser Angelegenheit wurde der Erkennungsdienst der K beauftragt.
Am 19.06.1953 gegen 3.30 Uhr wurde von den wachhabenden Betriebsschutzangehörigen des VEB Fichtel & Sachs in der Abteilung Wagenbau [durchgestrichen: in VEB] eine an der Wand mittels Reißzwecke befestigte Hetzschrift vorgefunden:
Diese Hetzschrift hatte eine Größe von 14 x 10 cm.
um 4.00 Uhr wurde eine zweite Hetzschrift gefunden.
Wortlaut: "Hört Rias - alle Betriebe von Reichenbach sollen sobald in Streik treten. Laßt das nicht locker, was in Berlin geschieht. Tote geben schon in Berlin, wenn es nicht besser wird, alles ist Streik."
Am 20. Juni 1953. Es lebe die Freiheit. Weitergeben."
Die Hetzschrift wieß eine Menge ortographische Fehler auf. Der Täter ist bis jetzt noch nicht ermittelt worden.
Am 19.06.1953 um 13.20 Uhr wurde in Stollberg auf der alten Oelsnitzer Straße auf einem Baumstumpf aufgestellte Hitlerbüste gefunden. Diese Angelegenheit wird zur Zeit noch untersucht.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
1950 entstanden. Aufgaben: Chiffrierung und Dechiffrierung von geheim zu haltenden Schreiben, Fernschreiben, Funksprüchen und Telefongesprächen; Sammlung und Auswertung von Chiffren, Codes, Schriften und anderen Unterlagen, die über Chiffrierdienste der gegnerischen Staaten Auskunft geben inkl. Erfassung der Chiffrier-Leitstellen, Armeeeinrichtungen und Dechiffrier-Dienste gegnerischer Geheimdienste; Ausbildung und Qualifizierung geeigneter Mitarbeiter als Funker und Chiffreure; Entwicklung der Abt. XI zum Zentralen Chiffrierorgan der DDR (mit Ausnahme Bereich NVA) sowie Sicherung der Chiffrierdienste von Außenhandel und Auslands-Chiffrier-Dienst.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
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Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 309, Bl. 273-276
Während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953 kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt zu vergleichsweise wenig Streiks und Demonstrationen. Die Bezirksverwaltung des MfS meldete der zentralen Einsatzleitung in Berlin Vorkommnisse aus dem Bezirk vom 18. bis 19. Juni.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Im Bezirk Karl-Marx-Stadt lagen die Streikzentren in den Städten Freiberg, Crimmitschau, Tannenberg, Penig, und in Werdau. Eine Besonderheit der Streiks im Bezirk war, dass sie erst in der Nacht vom 17. zum 18. Juni begannen. Grund für die Arbeitsniederlegung war hier neben Normenerhöhung und der Verschlechterung der Lebensbedingungen vor allem die Verhängung des Ausnahmezustandes selbst. So traten die Metallarbeiter des VEB Wälzlagerwerks Fraureuth am frühen Morgen des 18. Juni in den Streik. Zuvor hatte die Parteileitung des Betriebes versucht, die Arbeiter einzuschüchtern. Der Parteisekretär sollte Abteilung für Abteilung die Verhängung des Ausnahmezustandes verkünden und auf die Konsequenzen von Streiks hinweisen.
Die Bezirksverwaltung der Staatssicherheit in Karl-Marx-Stadt meldete am 19. Juni 1953 der Stasi-Zentrale in Berlin per Fernschreiben, welche "Feindtätigkeit" an welchen Orten im Bezirk festgestellt wurde. Neben erneuten Streiks in Werdau und Freiberg dokumentierte die Stasi auch regimekritische Losungen und "Hetzschriften", die zum Streik auffriefen.
Fernschreiben - Fernspruch - Funkspruch
Nr. [Auslassung]
Angenommen
durch [Auslassung]
am [Auslassung]
Uhrzeit [Auslassung]
weiter an [Auslassung]
Datum [Auslassung]
Zeit [Auslassung]
durch wen [Auslassung]
Aufgenommen
von [Auslassung]
durch [Auslassung]
am [Auslassung]; Zeit [Auslassung]
Rangzeichen: [Auslassung]
[Auslassung], den [Auslassung] 19[Auslassung]
Absender: [Auslassung]
An — Blatt 2 —
Betreff: [Auslassung]
Bezug: [Auslassung]
Am 18.06.1953 gegen 8.00 Uhr wurde der Kollege [anonymisiert] Abteilungsleiter der Abteilung Landwirtschaft im Kreisrat Aue von dem Landwirt [anonymisiert], [anonymisiert], in einer äußerst frechen Form provoziert. Er brachte wörtlich zum Ausdruck:
"Wir Buaern kommen jetzt und werden von Euchen Rechenschaft fordern über Eueren Betrug, den Ihr bis jetzt an uns getan habt. Ihr habt uns bis jetzt das Weiße aus den Augen herausgezogen und der Staat hat uns betrogen wo er nur konnte. Wir werden Euere Faulheit nicht mehr unterstützen, Ihr habt am längsten auf Eueren Sesseln gesessen. Haltet Euch nur fest hier. Ich bin gestern in Karl-Marx-Stadt , Zwickau und woanders gewesen. Auch dort lassen sich die Bauern das nicht mehr bieten. Es kommt jetzt sowieso eine andere Zeit. Lass nur jetzt die Großbauern zurückkommen, dann geht des Dir an den Kragen."
Die VP-Streife des 2. Zentralreviers Zwickau - Haßlau, bestehend aus dem VP-Obwm. [anonymisiert], VP-Utwm. [anonymisiert] und VP-Utwm. [anonymisiert], wurde von dem [anonymisiert], Wilkau-Haßlau, [anonymisiert] mit folgenden Worten provoziert: "Ihr müßt doch wissen, wo Ihr hinwollt Ihr Kribel. Macht blos , daß Ihr fortkommt. Laßt Euch Krise nach 21.00 Uhr nicht mehr sehen, sonst schlagen wir Euch die Platte ein. "
Am 19.06.1953 in der Zeit von 4 bis 5.00 Uhr wurden in der Nähe der Autobahnauffahrt in Hainichen 12 Hetzschriften gefunden. Diese Hetzschriften waren an Bäumen und Wänden angeklebt worden.
Text: Achtung! Achtung! Achtung!
Kollegen streikt, es geht um die Freiheit. Denkt an Berlin. Die Volkspolizei schießt auf Arbeiter.
Die Zettel sind in der Größe eines DIN A5 - Bogens und haben sich im Laufe des Tages auf 28 erhöht.
Am 18.06.1953 19.30 Uhr wurde festgestellt, daß an der Tür zum Seminarraum der Sonderschule des ZK in Hartmannsdorf ein Hakenkreuz eingeritzt worden war. Als Täter kann nur ein Beschäftigter der Schule bzw. ein Lehrgangsteilnehmer infrage kommen, da das Gebäude gut gesichert ist und keine fremden Personen Zutritt haben.
b.w.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
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Meldung einer "Hetzschrift" am Gemeindeamt Obergrüna Dokument, 1 Seite
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