Signatur: BStU, MfS, HA XVIII, Nr. 3374, Bl. 47-75
Die steigende Verschuldung führte dazu, dass der DDR in den 80er Jahren ein Wirtschafts- und Staatsbankrott drohte. Gerhard Schürer, Vorsitzender der Staatlichen Plankommission (SPK), forderte in einem Schreiben an Generalsekretär Erich Honecker im April 1988 einen grundlegenden Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik der DDR. Der Wirtschaftssekretär beim ZK der SED, Günter Mittag, lehnte Schürers Vorschläge auf der Politbürositzung am 10. Mai 1988 ab und machte die SPK für alle Probleme verantwortlich.
Seit Beginn der 70er Jahre galt die "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik" als "Markenzeichen des Sozialismus in der DDR" (Günter Mittag). Konkret waren damit umfangreiche sozialpolitische Maßnahmen wie neue Kindergartenplätze, bezahlter Mutterschutzurlaub, Mietsubventionen, höhere Mindestlöhne und Renten, kürzere Arbeitszeiten für berufstätige Mütter und nicht zuletzt ein großangelegtes Wohnungsbauprogramm verbunden. Bezahlt wurde diese als "Hauptaufgabe" bezeichnete Ausrichtung der Wirtschaftspolitik allerdings mit dem rapiden Verschleiß des Produktionspotentials, ökologischem Raubbau, wachsenden Krediten und einer zu niedrigen Akkumulationsrate (Anteil der Investitionen am Nationaleinkommen) vor allem im produktiven Bereich. Infolgedessen stieg die Verschuldung nach innen und nach außen kontinuierlich an, bis in den 80er Jahren ein Wirtschafts- und Staatsbankrott drohte. Dass sich die DDR am Rand der Zahlungsunfähigkeit bewegte, war vor allem auf ihre Verschuldung gegenüber dem westlichen Ausland zurückzuführen.
Der SED-Apparat befasste sich wie in jedem Jahr auch im Frühjahr 1988 mit dem Volkswirtschafts- und Staatshaushaltsplan für das folgende Jahr. Die Staatliche Plankommission (SPK) entwarf dazu eine Vorlage für das Politbüro. Doch etwas war ungewöhnlich: Am 26. April 1988 fügte der SPK-Vorsitzende und Kandidat des Politbüros Gerhard Schürer dem Entwurf ein Schreiben an Honecker persönlich bei, in dem er angesichts von Bilanzierungslücken und steigender Auslandsverschuldung in zweistelliger Milliardenhöhe gegenüber dem "Nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet" (NSW) einen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik forderte. In dem Schreiben an SED-Generalsekretär Honecker zeichnet Planungschef Schürer ein kritisches Bild der Wirtschaftslage und macht verschiedene Vorschläge, um einen Wirtschafts- und Staatsbankrott abzuwenden.
Honecker reichte das Schreiben Schürers zur "Prüfung" an das verantwortliche Politbüro-Mitglied, den Wirtschaftssekretär beim ZK der SED Günter Mittag, weiter. In seiner Vorlage lehnt Mittag die von Schürer vorgeschlagenen Änderungen in der Wirtschaftspolitik ab. Die im Politbüro für Wirtschaftsfragen zuständigen Mitglieder stimmten Mittags Vorlage vorab zu. Danach brachte Honecker sie als Chefsache offiziell ins Politbüro ein.
Planungschef Schürer erhielt die Möglichkeit, seine Kritik an der aktuellen Wirtschaftspolitik den Politbüro-Mitgliedern vorzutragen. Anschließend wies der ZK-Sekretär für Wirtschaft, Günter Mittag, diese Kritik zurück und machte für alle Probleme die Staatliche Plankommission verantwortlich. Honecker schloss sich ihm an. Damit war die Sache entschieden. In der vorliegenden Mitschrift der Sitzung wird Honeckers Abschlussstatement wiedergegeben.
Die Sicherung der Kontinuität der Produktion ist ein äußerst dringendes Problem. Das erfordert, die Lieferbeziehungen auf ein entschieden höheres Niveau zu heben und dabei zugleich Bedingungen für einen höheren Bestandsumschlag zu schaffen.
In der Verbesserung der Arbeit mit den Beständen, das heißt, in der konkreten Verbesserung der Lieferbeziehungen, der Lagerwirtschaft und auf dieser Grundlage der entschiedenen Erhöhung des Bestandsumschlages liegen, gemessen am internationalen Vergleich, zum Beispiel mit der BRD, bedeutende Reserven zur Senkung des Produktionsverbrauchs im Umfang von nahezu 20 Mrd. Mark.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Signatur: BStU, MfS, HA XVIII, Nr. 3374, Bl. 47-75
Die steigende Verschuldung führte dazu, dass der DDR in den 80er Jahren ein Wirtschafts- und Staatsbankrott drohte. Gerhard Schürer, Vorsitzender der Staatlichen Plankommission (SPK), forderte in einem Schreiben an Generalsekretär Erich Honecker im April 1988 einen grundlegenden Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik der DDR. Der Wirtschaftssekretär beim ZK der SED, Günter Mittag, lehnte Schürers Vorschläge auf der Politbürositzung am 10. Mai 1988 ab und machte die SPK für alle Probleme verantwortlich.
Seit Beginn der 70er Jahre galt die "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik" als "Markenzeichen des Sozialismus in der DDR" (Günter Mittag). Konkret waren damit umfangreiche sozialpolitische Maßnahmen wie neue Kindergartenplätze, bezahlter Mutterschutzurlaub, Mietsubventionen, höhere Mindestlöhne und Renten, kürzere Arbeitszeiten für berufstätige Mütter und nicht zuletzt ein großangelegtes Wohnungsbauprogramm verbunden. Bezahlt wurde diese als "Hauptaufgabe" bezeichnete Ausrichtung der Wirtschaftspolitik allerdings mit dem rapiden Verschleiß des Produktionspotentials, ökologischem Raubbau, wachsenden Krediten und einer zu niedrigen Akkumulationsrate (Anteil der Investitionen am Nationaleinkommen) vor allem im produktiven Bereich. Infolgedessen stieg die Verschuldung nach innen und nach außen kontinuierlich an, bis in den 80er Jahren ein Wirtschafts- und Staatsbankrott drohte. Dass sich die DDR am Rand der Zahlungsunfähigkeit bewegte, war vor allem auf ihre Verschuldung gegenüber dem westlichen Ausland zurückzuführen.
Der SED-Apparat befasste sich wie in jedem Jahr auch im Frühjahr 1988 mit dem Volkswirtschafts- und Staatshaushaltsplan für das folgende Jahr. Die Staatliche Plankommission (SPK) entwarf dazu eine Vorlage für das Politbüro. Doch etwas war ungewöhnlich: Am 26. April 1988 fügte der SPK-Vorsitzende und Kandidat des Politbüros Gerhard Schürer dem Entwurf ein Schreiben an Honecker persönlich bei, in dem er angesichts von Bilanzierungslücken und steigender Auslandsverschuldung in zweistelliger Milliardenhöhe gegenüber dem "Nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet" (NSW) einen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik forderte. In dem Schreiben an SED-Generalsekretär Honecker zeichnet Planungschef Schürer ein kritisches Bild der Wirtschaftslage und macht verschiedene Vorschläge, um einen Wirtschafts- und Staatsbankrott abzuwenden.
Honecker reichte das Schreiben Schürers zur "Prüfung" an das verantwortliche Politbüro-Mitglied, den Wirtschaftssekretär beim ZK der SED Günter Mittag, weiter. In seiner Vorlage lehnt Mittag die von Schürer vorgeschlagenen Änderungen in der Wirtschaftspolitik ab. Die im Politbüro für Wirtschaftsfragen zuständigen Mitglieder stimmten Mittags Vorlage vorab zu. Danach brachte Honecker sie als Chefsache offiziell ins Politbüro ein.
Planungschef Schürer erhielt die Möglichkeit, seine Kritik an der aktuellen Wirtschaftspolitik den Politbüro-Mitgliedern vorzutragen. Anschließend wies der ZK-Sekretär für Wirtschaft, Günter Mittag, diese Kritik zurück und machte für alle Probleme die Staatliche Plankommission verantwortlich. Honecker schloss sich ihm an. Damit war die Sache entschieden. In der vorliegenden Mitschrift der Sitzung wird Honeckers Abschlussstatement wiedergegeben.
3. Notwendig ist, die Industrieinvestitionen zu verstärken. Von der SPK muß ein Vorschlag kommen, wie in den nächsten Jahren schrittweise die produktive Akkumulation erhöht wird. Die Leistungen der Investitionsgüterindustrie und des Industriebauwesens müssen erhöht werden, um die gebrauchs wertmäßigen Bedingungen für die Realisierung der Investitionen zu schaffen.
- Wie notwendig das ist, widerspiegelt sich in der Tatsache, daß 1987 die geplanten Industrieinvestitionen nach Objekten nicht vollständig realisiert wurden und der Vertragsabschluß für die Industrieinvestitionen des Planes 1988 immer noch nicht abgeschlossen werden konnte. Durch höhere Investitionen in der Industrie, ihren effektiven Einsatz für die Sicherung der planmäßig proportionalen Entwicklung und die abstrichlose Realisierung der geplanten Leistungen daraus gilt es, insgesamt mehr und hochwertige Endprodukte zu erzeugen.
Die Vorbereitung und Durchführung der Investitionen muß wesentlich qualifiziert werden. Das beginnt mit der exakten Einschätzung von Bedarf und Absatz, der Gewährleistung kürzerer Bauzeiten und der Beherrschung der neuen Technologien. Zugleich muß eine volkswirtschaftlich ausgewogene Struktur langfristig, mittelfristig und kurzfristig wirksamer Vorhaben durchgesetzt werden. Wir müssen die gesamte Akkumulations-, Investitions- und Rationalisierungsstrategie so qualifizieren, daß bei effektivstem Einsatz der Mittel
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Signatur: BStU, MfS, HA XVIII, Nr. 3374, Bl. 47-75
Die steigende Verschuldung führte dazu, dass der DDR in den 80er Jahren ein Wirtschafts- und Staatsbankrott drohte. Gerhard Schürer, Vorsitzender der Staatlichen Plankommission (SPK), forderte in einem Schreiben an Generalsekretär Erich Honecker im April 1988 einen grundlegenden Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik der DDR. Der Wirtschaftssekretär beim ZK der SED, Günter Mittag, lehnte Schürers Vorschläge auf der Politbürositzung am 10. Mai 1988 ab und machte die SPK für alle Probleme verantwortlich.
Seit Beginn der 70er Jahre galt die "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik" als "Markenzeichen des Sozialismus in der DDR" (Günter Mittag). Konkret waren damit umfangreiche sozialpolitische Maßnahmen wie neue Kindergartenplätze, bezahlter Mutterschutzurlaub, Mietsubventionen, höhere Mindestlöhne und Renten, kürzere Arbeitszeiten für berufstätige Mütter und nicht zuletzt ein großangelegtes Wohnungsbauprogramm verbunden. Bezahlt wurde diese als "Hauptaufgabe" bezeichnete Ausrichtung der Wirtschaftspolitik allerdings mit dem rapiden Verschleiß des Produktionspotentials, ökologischem Raubbau, wachsenden Krediten und einer zu niedrigen Akkumulationsrate (Anteil der Investitionen am Nationaleinkommen) vor allem im produktiven Bereich. Infolgedessen stieg die Verschuldung nach innen und nach außen kontinuierlich an, bis in den 80er Jahren ein Wirtschafts- und Staatsbankrott drohte. Dass sich die DDR am Rand der Zahlungsunfähigkeit bewegte, war vor allem auf ihre Verschuldung gegenüber dem westlichen Ausland zurückzuführen.
Der SED-Apparat befasste sich wie in jedem Jahr auch im Frühjahr 1988 mit dem Volkswirtschafts- und Staatshaushaltsplan für das folgende Jahr. Die Staatliche Plankommission (SPK) entwarf dazu eine Vorlage für das Politbüro. Doch etwas war ungewöhnlich: Am 26. April 1988 fügte der SPK-Vorsitzende und Kandidat des Politbüros Gerhard Schürer dem Entwurf ein Schreiben an Honecker persönlich bei, in dem er angesichts von Bilanzierungslücken und steigender Auslandsverschuldung in zweistelliger Milliardenhöhe gegenüber dem "Nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet" (NSW) einen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik forderte. In dem Schreiben an SED-Generalsekretär Honecker zeichnet Planungschef Schürer ein kritisches Bild der Wirtschaftslage und macht verschiedene Vorschläge, um einen Wirtschafts- und Staatsbankrott abzuwenden.
Honecker reichte das Schreiben Schürers zur "Prüfung" an das verantwortliche Politbüro-Mitglied, den Wirtschaftssekretär beim ZK der SED Günter Mittag, weiter. In seiner Vorlage lehnt Mittag die von Schürer vorgeschlagenen Änderungen in der Wirtschaftspolitik ab. Die im Politbüro für Wirtschaftsfragen zuständigen Mitglieder stimmten Mittags Vorlage vorab zu. Danach brachte Honecker sie als Chefsache offiziell ins Politbüro ein.
Planungschef Schürer erhielt die Möglichkeit, seine Kritik an der aktuellen Wirtschaftspolitik den Politbüro-Mitgliedern vorzutragen. Anschließend wies der ZK-Sekretär für Wirtschaft, Günter Mittag, diese Kritik zurück und machte für alle Probleme die Staatliche Plankommission verantwortlich. Honecker schloss sich ihm an. Damit war die Sache entschieden. In der vorliegenden Mitschrift der Sitzung wird Honeckers Abschlussstatement wiedergegeben.
höchstmögliche Zuwachsraten in der Produktion entstehen und ein bedeutend höherer Zuwachs an Nationaleinkommen erreicht wird.
4. Einige Bemerkungen zu Wissenschaft und Technik, insbesondere zu ihrer volkswirtschaftlichen Wirksamkeit. Zweifellos können wir in Durchsetzung der Orientierung auf Schlüsseltechnologien auf einer Reihe von Gebieten auf ansehnliche wissenschaftlich-technische Leistungen verweisen. Das ist bei der Mikroelektronik der Fall, wo wir in kurzer Zeit viel erreicht haben, aber auch im Werkzeugmaschinenbau mit seinen flexiblen Automatisierungslösungen. Das betrifft auch andere Leistungen in der Forschung, wo wir durchaus mit ansprechenden Ergebnissen aufwarten können.
Dennoch: Ich muß hier eindeutig sagen, mit den wissenschaftlichen und mit den ökonomisch zu Buche schlagenden Leistungen können wir insgesamt nicht zufrieden sein.
- Seit 1985 ist das produzierte Nationaleinkommen auf eine Mark Ausgaben für Wissenschaft und Technik von 23,21 Mark auf 19,20 Mark im Jahre 1988 zurückgegangen.
- Das widerspiegelt sich auch im Zuwachs des Nationaleinkommens je 1 Mark Aufgaben für Wissenschaft und Technik, 1986 waren es 96 Pfennige, 1988 werden das nur 75 Pfennige sein.
Im Rahmen der volkswirtschaftlichen Rechnung und für jeden Zweig müssen entscheidende Verbesserungen durchgesetzt werden.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Schreiben Gerhard Schürers an Erich Honecker mit Überlegungen zum Volkswirtschaftsplan 1989 Dokument, 14 Seiten
"Zum Stand der Arbeit an der Staatlichen Aufgabe 1989 und einigen sich dabei abzeichnenden Problemen" Dokument, 11 Seiten
Zur Prüfung des Materials des SPK-Vorsitzenden Gerhard Schürer zum Volkswirtschaftsplan 1989 durch Günter Mittag Dokument, 25 Seiten
Information über volkswirtschaftlich und sicherheitspolitisch bedeutsame Probleme im Zusammenhang mit dem Volkswirtschaftsplan 1983 Dokument, 18 Seiten