Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 1797, Bl. 1-3
Am 10. März 1970 scheiterte der Versuch von Christel und Eckhard Wehage, mit einem entführten Flugzeug in den Westen zu fliehen. Daraufhin nahmen sich beide das Leben. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS), das die Ermittlungen zu dem Fall übernahm, informierte die SED-Führung umgehend über das Ereignis.
Die junge Physiotherapeutin Christel Zinke aus Wolmirstedt und der in Berßel geborene Eckhard Wehage lernten sich Ende der 60er Jahre kennen und heirateten bald darauf. Da Wehage als Angehöriger der DDR-Volksmarine an seinen Einsatzort in Peenemünde gebunden war, wollte seine Frau zu ihm an die Ostsee ziehen. Doch die staatlich gelenkte Wohnungspolitik in der DDR versagte ihnen auch nach mehreren Anläufen eine gemeinsame Wohnung. Christel Wehage begründete dies später in ihrem Abschiedsbrief mit ihrer Kinderlosigkeit. Die fehlende Freiheit in der Arbeitsplatz- und Wohnortwahl führte schließlich zu dem Entschluss des Paares, in den Westen zu fliehen.
Am 9. März 1970 startete Eckhard Wehage dann gemeinsam mit seiner Frau seinen dritten Fluchtversuch. Der Plan war dramatisch: Sie wollten ein Passagierflugzeug in den Westen entführen. Am Tag zuvor war es Wehage gelungen, zwei Pistolen aus der Waffenkammer seiner Einheit zu entwenden. Doch der Flug von Berlin-Schönefeld nach Dresden wurde kurzfristig abgesagt. So nahm das Paar am Tag darauf, dem 10. März 1970, einen Flug nach Leipzig. Aufgrund der im Jahr 1970 noch vergleichsweise lockeren Sicherheitskontrollen bei Inlandsflügen konnten Eckhard und Christel Wehage die handlichen Makarow-Pistolen ohne Probleme in das Flugzeug schmuggeln. Als sich die Maschine in der Luft befand, forderten sie das Bordpersonal mit gezückten Waffen auf, Hannover anzusteuern. Doch eine Stewardess warnte den Piloten mithilfe eines geheimen Notfallcodes und verwickelte die Entführerin und den Entführer in ein Gespräch, sodass das Flugzeug unbemerkt wieder Ost-Berlin ansteuern konnte. Als die Interflug-Maschine in Schönefeld gelandet war und sich das junge Paar seiner aussichtslosen Situation bewusst wurde, richtete es die Waffen gegen sich selbst.
Die Staatssicherheit übernahm umgehend die Ermittlungen. Dafür arbeitete die Hauptabteilung (HA) IX (Untersuchungsorgan) eng mit anderen MfS-Diensteinheiten, wie der HA I (NVA und Grenztruppen) und der HA XIX (Verkehr, Post, Nachrichtenwesen), zusammen, denn die Themen dieser Diensteinheiten trafen in der Flugzeugentführung aufeinander. Auf Bezirksebene wurden die Bezirksverwaltung Magdeburg und die Kreisdienststellen Wolmirstedt und Halberstadt einbezogen. Außerdem koordinierte die Stasi ihr Vorgehen mit der Volksmarine und den Strafverfolgungsbehörden. Die Federführung bei diesen verschiedenen Untersuchungen übernahm die HA IX.
Nach dem Vorfall informierte das MfS umgehend die SED-Führung. Im entsprechenden Dokument schilderte sie den Hergang der Tat, nannte die Entführerin und den Entführer und lobte die "disziplinierte, den Sicherheitsinstruktionen entsprechende Verhaltensweise der Besatzung". Dabei wies die Stasi auch darauf hin, dass die Sicherheitsmaßnahmen in Zukunft weiter ausgebaut werden müssten. Wie aus der Parteiinformation hervorgeht, arbeitete der Pilot des Flugzeugs für das MfS. Am Ende des Berichts findet sich die Pressemitteilung des Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienstes, die am 11. März im "Neuen Deutschland" erschien. Darin fanden weder die Namen der Entführerin und des Entführers noch das Motiv der "Republikflucht" Erwähnung. Stattdessen wurde die Tat schlichtweg als "Anschlag" zweier "Banditen" bezeichnet.
[handschriftliche Ergänzung, blauer Filzstift: 10.03.70
274/70
1. Ulbr [manuell abgehakt]
2. Hon [manuell abgehakt]
3. Sto [manuell abgehakt]
4.Koßl [manuell abgehakt]
5. Wansierski [manuell abgehakt]
Gold [manuell abgehakt]
Klj [manuell abgehakt]
Scholz [manuell abgehakt]
Schnö / XIX [manuell abgehakt]
Bea [manuell abgehakt]
10.03.70
Inf.]
den Versuch der gewaltsamen Entführung einer Linienmaschine der Interflug
Am 10.03.1970 gegen 07:58 Uhr wurde die Flugsicherung des Zentralflughafens Berlin-Schönefeld über Bordfunk informiert, daß von unbekannten Tätern versucht wird, mittels Waffengewalt die Linienmaschine Berlin-Leipzig, Typ AN 24, Kennzeichen DM - SED, zum Kurswechsel zu zwingen und zu entführen.
Von den Tätern wurden Schüsse abgegeben und es wurde versucht, in das [handschriftlich korrigiert: Cockpit] einzudringen.
Die Besatzung änderte den Kurs und flog nach Berlin-Schönefeld zurück, wo sie um 08:09 Uhr, nachdem alle erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen getroffen worden waren, landete.
Durch die bisherigen Untersuchungen wurden zum Tathergang folgende Feststellungen getroffen:
Die Linienmaschine war planmäßig um 07:42 Uhr gestartet. Sie war mit 17 Passagieren besetzt, darunter [handschriftlich korrigiert: 12] DDR-Bürger, 2 Kinder, 3 Ausländer (1 VAR, 1 Schweizer, 1 Westdeutscher).
Bereits während des Steigflugs, gegen 07:50 Uhr, versuchten eine männliche und eine weibliche Person, beide Täter waren mit je einer Pistole "Makarow 9 mm" bewaffnet, in das [handschriftlich korrigiert: Cockpit] einzudringen.
Hauptabteilung I (NVA und Grenztruppen)
Die Hauptabteilung I war zuständig für die Überwachung des Ministeriums für Nationale Verteidigung sowie der nachgeordneten Führungsorgane, Truppen und Einrichtungen einschließlich der Grenztruppen der DDR. Armeeintern trug die Hauptabteilung I die Bezeichnung "Verwaltung 2000". Ihre Mitarbeiter wurden als Verbindungsoffiziere bezeichnet. Der Armeeführung war die Hauptabteilung I jedoch weder unterstellt noch rechenschaftspflichtig.
Die Hauptabteilung I ging im Dezember 1951 aus den Abteilungen VII a, VII b und VII c hervor. Seit 1956 (Gründung der Nationalen Volksarmee) trugen ihre Struktureinheiten die taktische Bezeichnung des Truppenteils bzw. der Einheit, für deren abwehrmäßige Sicherung sie zuständig waren. Der Mauerbau 1961 und die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1962 sorgten für Zäsuren in der Arbeit der Hauptabteilung I.
Von 1956 bis 1961 war die Hauptabteilung I außerdem für die Überwachung der Bereitschaftspolizei zuständig und von 1958 bis 1986 für das Wachregiment des MfS. Die Arbeit der Hauptabteilung I umfasste folgende Aufgaben:
Der Leiter der Hauptabteilung I unterstand einem Ministerstellvertreter, zuletzt Gerhard Neiber. Leiter der Hauptabteilung I waren 1950-1953 Heinz Gronau, 1953-1955 Ottomar Pech, 1955-1981 Karl Kleinjung und ab 1981 Manfred Dietze. Der Verantwortungsbereich der Hauptabteilung I umfasste 1986 knapp 300.000 Soldaten und Zivilbeschäftigte. Hierfür waren ihr 1989 2.223 Planstellen zugeteilt, darunter jede 2. Stelle für IM-führende Mitarbeiter. Die Hauptabteilung I verfügte über 13 Planstellen für Offiziere im besonderen Einsatz (OibE). 1987 führte die Hauptabteilung I 22.585 Inoffizielle Mitarbeiter (IM) und Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit (GMS). Zu den Informanten zählten nicht nur Militärangehörige oder Zivilbeschäftigte. Die Zahl der IM, die die Hauptabteilung I im Westen führte, lag unter 150. Die Bearbeitung von Operativen Vorgängen (OV) und Operativen Personenkontrollen (OPK) war vergleichsweise gering. Sie betrug 1988 59 OV und 312 OPK.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Die Hauptabteilung XIX entstand 1964 durch Umbenennung der Hauptabteilung XIII. Ihre Aufgaben waren die Sicherung des Ministeriums für Verkehrswesen und dessen zentraler Einrichtungen sowie der Verkehrsträger Reichsbahn, Schifffahrt, Kraftverkehr und Luftfahrt als auch der Transportpolizei und deren Arbeitsgebiet K I.
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
Der Begriff Untersuchungsorgan (russ.: sledstwennyj organ) ist sowjetischen Ursprungs und verdrängte in der DDR in den frühen 50er Jahren allmählich den traditionellen deutschen Begriff Ermittlungsbehörde. Untersuchungsorgane hatten laut Strafprozessordnung (StPO) der DDR die Befugnisse polizeilicher Ermittlungsbehörden und unterstanden bei der Bearbeitung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens de jure der Aufsicht des Staatsanwaltes (§§ 95-98 StPO/1952, §§ 87-89 StPO/1968).
Während anfangs das MfS insgesamt als Untersuchungsorgan galt, wurden später zumeist nur noch jene Bereiche, die strafrechtliche Ermittlungsverfahren durchführten, also die HA IX in der Berliner MfS-Zentrale und die fachlich nachgeordneten Abt. IX der BV, als Untersuchungsorgan bezeichnet. Neben den Untersuchungsorganen des MfS gab es in der DDR die Untersuchungsorgane des MdI (Kriminalpolizei) und der Zollverwaltung bzw. ihres Vorläufers Amt für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs (Zollfahndungsdienst). Bis 1953 übten auch die Kommissionen für staatliche Kontrolle in Wirtschaftsstrafverfahren die Funktionen von Untersuchungsorganen aus.
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Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 1797, Bl. 1-3
Am 10. März 1970 scheiterte der Versuch von Christel und Eckhard Wehage, mit einem entführten Flugzeug in den Westen zu fliehen. Daraufhin nahmen sich beide das Leben. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS), das die Ermittlungen zu dem Fall übernahm, informierte die SED-Führung umgehend über das Ereignis.
Die junge Physiotherapeutin Christel Zinke aus Wolmirstedt und der in Berßel geborene Eckhard Wehage lernten sich Ende der 60er Jahre kennen und heirateten bald darauf. Da Wehage als Angehöriger der DDR-Volksmarine an seinen Einsatzort in Peenemünde gebunden war, wollte seine Frau zu ihm an die Ostsee ziehen. Doch die staatlich gelenkte Wohnungspolitik in der DDR versagte ihnen auch nach mehreren Anläufen eine gemeinsame Wohnung. Christel Wehage begründete dies später in ihrem Abschiedsbrief mit ihrer Kinderlosigkeit. Die fehlende Freiheit in der Arbeitsplatz- und Wohnortwahl führte schließlich zu dem Entschluss des Paares, in den Westen zu fliehen.
Am 9. März 1970 startete Eckhard Wehage dann gemeinsam mit seiner Frau seinen dritten Fluchtversuch. Der Plan war dramatisch: Sie wollten ein Passagierflugzeug in den Westen entführen. Am Tag zuvor war es Wehage gelungen, zwei Pistolen aus der Waffenkammer seiner Einheit zu entwenden. Doch der Flug von Berlin-Schönefeld nach Dresden wurde kurzfristig abgesagt. So nahm das Paar am Tag darauf, dem 10. März 1970, einen Flug nach Leipzig. Aufgrund der im Jahr 1970 noch vergleichsweise lockeren Sicherheitskontrollen bei Inlandsflügen konnten Eckhard und Christel Wehage die handlichen Makarow-Pistolen ohne Probleme in das Flugzeug schmuggeln. Als sich die Maschine in der Luft befand, forderten sie das Bordpersonal mit gezückten Waffen auf, Hannover anzusteuern. Doch eine Stewardess warnte den Piloten mithilfe eines geheimen Notfallcodes und verwickelte die Entführerin und den Entführer in ein Gespräch, sodass das Flugzeug unbemerkt wieder Ost-Berlin ansteuern konnte. Als die Interflug-Maschine in Schönefeld gelandet war und sich das junge Paar seiner aussichtslosen Situation bewusst wurde, richtete es die Waffen gegen sich selbst.
Die Staatssicherheit übernahm umgehend die Ermittlungen. Dafür arbeitete die Hauptabteilung (HA) IX (Untersuchungsorgan) eng mit anderen MfS-Diensteinheiten, wie der HA I (NVA und Grenztruppen) und der HA XIX (Verkehr, Post, Nachrichtenwesen), zusammen, denn die Themen dieser Diensteinheiten trafen in der Flugzeugentführung aufeinander. Auf Bezirksebene wurden die Bezirksverwaltung Magdeburg und die Kreisdienststellen Wolmirstedt und Halberstadt einbezogen. Außerdem koordinierte die Stasi ihr Vorgehen mit der Volksmarine und den Strafverfolgungsbehörden. Die Federführung bei diesen verschiedenen Untersuchungen übernahm die HA IX.
Nach dem Vorfall informierte das MfS umgehend die SED-Führung. Im entsprechenden Dokument schilderte sie den Hergang der Tat, nannte die Entführerin und den Entführer und lobte die "disziplinierte, den Sicherheitsinstruktionen entsprechende Verhaltensweise der Besatzung". Dabei wies die Stasi auch darauf hin, dass die Sicherheitsmaßnahmen in Zukunft weiter ausgebaut werden müssten. Wie aus der Parteiinformation hervorgeht, arbeitete der Pilot des Flugzeugs für das MfS. Am Ende des Berichts findet sich die Pressemitteilung des Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienstes, die am 11. März im "Neuen Deutschland" erschien. Darin fanden weder die Namen der Entführerin und des Entführers noch das Motiv der "Republikflucht" Erwähnung. Stattdessen wurde die Tat schlichtweg als "Anschlag" zweier "Banditen" bezeichnet.
Zu diesem Zweck wurde vom Passagierraum aus die Tür zum Laderaum aufgebrochen, um von dort aus in das verschlossene [handschriftlich korrigiert: Cockpit] zu gelangen. Dabei wurden mehrere Schüsse abgegeben. Im Weiteren Verlauf wurde dann die [handschriftlich korrigiert: Cockpittür] beschossen, wobei die Verglasung des [handschriftlich korrigiert: Cockpits] durch die Einschüsse zerstört wurde. Von der vierköpfigen Besatzung wurde der Kommandant der Maschine, [anonymisiert], (Mitarbeiter des MfS, Angehöriger der Regierungsstaffel) durch Schußwaffenanwendung leicht verletzt.
Nachdem die Täter feststellte, daß die Maschine auf Gegenkurs ging und ihr Anschlag mißlungen war, brachten sie sich im Passagierraum durch Einschüsse in den Mund tödliche Verletzungen bei.
Der medizinische Dienst, der bei der Landung sofort mit eingesetzt wurde, konnte bei beiden Personen nur noch den Tod feststellen.
Die Ermittlungen ergaben, daß es sich bei den Tätern um den
NVA-Angehörigen Wehage, Eckhardt,
geb. 08.07.1948
wohnh. [anonymisiert]
Bootsmann der NVA, Standort Peenemünde
und dessen Ehefrau Wehage, Christel, geb. 15.06.1946 in Wolmirstedt
handelt.
Vom MfS wurden die erforderlichen Maßnahmen zur weiteren Aufklärung des Vorkommnisses eingeleitet.
Die Verhinderung der gewaltsamen Entführung des Flugzeuges ist vor allem auf die ordnungsgemäße Einhaltung der bei der Interflug eingeführten Sicherheitsvorkehrungen und die disziplinierte, den Sicherheitsinstruktionen entsprechende Verhaltensweise der Besatzung zurückzuführen. An der weiteren Vervollkommnung der Sicherheitsmaßnahmen wird gearbeitet.
Auf Weisung des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR, Gen. Stoph, wird unter dem Namen der Interflug eine kurze Pressemitteilung herausgegeben.
Hauptabteilung I (NVA und Grenztruppen)
Die Hauptabteilung I war zuständig für die Überwachung des Ministeriums für Nationale Verteidigung sowie der nachgeordneten Führungsorgane, Truppen und Einrichtungen einschließlich der Grenztruppen der DDR. Armeeintern trug die Hauptabteilung I die Bezeichnung "Verwaltung 2000". Ihre Mitarbeiter wurden als Verbindungsoffiziere bezeichnet. Der Armeeführung war die Hauptabteilung I jedoch weder unterstellt noch rechenschaftspflichtig.
Die Hauptabteilung I ging im Dezember 1951 aus den Abteilungen VII a, VII b und VII c hervor. Seit 1956 (Gründung der Nationalen Volksarmee) trugen ihre Struktureinheiten die taktische Bezeichnung des Truppenteils bzw. der Einheit, für deren abwehrmäßige Sicherung sie zuständig waren. Der Mauerbau 1961 und die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1962 sorgten für Zäsuren in der Arbeit der Hauptabteilung I.
Von 1956 bis 1961 war die Hauptabteilung I außerdem für die Überwachung der Bereitschaftspolizei zuständig und von 1958 bis 1986 für das Wachregiment des MfS. Die Arbeit der Hauptabteilung I umfasste folgende Aufgaben:
Der Leiter der Hauptabteilung I unterstand einem Ministerstellvertreter, zuletzt Gerhard Neiber. Leiter der Hauptabteilung I waren 1950-1953 Heinz Gronau, 1953-1955 Ottomar Pech, 1955-1981 Karl Kleinjung und ab 1981 Manfred Dietze. Der Verantwortungsbereich der Hauptabteilung I umfasste 1986 knapp 300.000 Soldaten und Zivilbeschäftigte. Hierfür waren ihr 1989 2.223 Planstellen zugeteilt, darunter jede 2. Stelle für IM-führende Mitarbeiter. Die Hauptabteilung I verfügte über 13 Planstellen für Offiziere im besonderen Einsatz (OibE). 1987 führte die Hauptabteilung I 22.585 Inoffizielle Mitarbeiter (IM) und Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit (GMS). Zu den Informanten zählten nicht nur Militärangehörige oder Zivilbeschäftigte. Die Zahl der IM, die die Hauptabteilung I im Westen führte, lag unter 150. Die Bearbeitung von Operativen Vorgängen (OV) und Operativen Personenkontrollen (OPK) war vergleichsweise gering. Sie betrug 1988 59 OV und 312 OPK.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Die Hauptabteilung XIX entstand 1964 durch Umbenennung der Hauptabteilung XIII. Ihre Aufgaben waren die Sicherung des Ministeriums für Verkehrswesen und dessen zentraler Einrichtungen sowie der Verkehrsträger Reichsbahn, Schifffahrt, Kraftverkehr und Luftfahrt als auch der Transportpolizei und deren Arbeitsgebiet K I.
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
Der Begriff Untersuchungsorgan (russ.: sledstwennyj organ) ist sowjetischen Ursprungs und verdrängte in der DDR in den frühen 50er Jahren allmählich den traditionellen deutschen Begriff Ermittlungsbehörde. Untersuchungsorgane hatten laut Strafprozessordnung (StPO) der DDR die Befugnisse polizeilicher Ermittlungsbehörden und unterstanden bei der Bearbeitung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens de jure der Aufsicht des Staatsanwaltes (§§ 95-98 StPO/1952, §§ 87-89 StPO/1968).
Während anfangs das MfS insgesamt als Untersuchungsorgan galt, wurden später zumeist nur noch jene Bereiche, die strafrechtliche Ermittlungsverfahren durchführten, also die HA IX in der Berliner MfS-Zentrale und die fachlich nachgeordneten Abt. IX der BV, als Untersuchungsorgan bezeichnet. Neben den Untersuchungsorganen des MfS gab es in der DDR die Untersuchungsorgane des MdI (Kriminalpolizei) und der Zollverwaltung bzw. ihres Vorläufers Amt für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs (Zollfahndungsdienst). Bis 1953 übten auch die Kommissionen für staatliche Kontrolle in Wirtschaftsstrafverfahren die Funktionen von Untersuchungsorganen aus.
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Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 1797, Bl. 1-3
Am 10. März 1970 scheiterte der Versuch von Christel und Eckhard Wehage, mit einem entführten Flugzeug in den Westen zu fliehen. Daraufhin nahmen sich beide das Leben. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS), das die Ermittlungen zu dem Fall übernahm, informierte die SED-Führung umgehend über das Ereignis.
Die junge Physiotherapeutin Christel Zinke aus Wolmirstedt und der in Berßel geborene Eckhard Wehage lernten sich Ende der 60er Jahre kennen und heirateten bald darauf. Da Wehage als Angehöriger der DDR-Volksmarine an seinen Einsatzort in Peenemünde gebunden war, wollte seine Frau zu ihm an die Ostsee ziehen. Doch die staatlich gelenkte Wohnungspolitik in der DDR versagte ihnen auch nach mehreren Anläufen eine gemeinsame Wohnung. Christel Wehage begründete dies später in ihrem Abschiedsbrief mit ihrer Kinderlosigkeit. Die fehlende Freiheit in der Arbeitsplatz- und Wohnortwahl führte schließlich zu dem Entschluss des Paares, in den Westen zu fliehen.
Am 9. März 1970 startete Eckhard Wehage dann gemeinsam mit seiner Frau seinen dritten Fluchtversuch. Der Plan war dramatisch: Sie wollten ein Passagierflugzeug in den Westen entführen. Am Tag zuvor war es Wehage gelungen, zwei Pistolen aus der Waffenkammer seiner Einheit zu entwenden. Doch der Flug von Berlin-Schönefeld nach Dresden wurde kurzfristig abgesagt. So nahm das Paar am Tag darauf, dem 10. März 1970, einen Flug nach Leipzig. Aufgrund der im Jahr 1970 noch vergleichsweise lockeren Sicherheitskontrollen bei Inlandsflügen konnten Eckhard und Christel Wehage die handlichen Makarow-Pistolen ohne Probleme in das Flugzeug schmuggeln. Als sich die Maschine in der Luft befand, forderten sie das Bordpersonal mit gezückten Waffen auf, Hannover anzusteuern. Doch eine Stewardess warnte den Piloten mithilfe eines geheimen Notfallcodes und verwickelte die Entführerin und den Entführer in ein Gespräch, sodass das Flugzeug unbemerkt wieder Ost-Berlin ansteuern konnte. Als die Interflug-Maschine in Schönefeld gelandet war und sich das junge Paar seiner aussichtslosen Situation bewusst wurde, richtete es die Waffen gegen sich selbst.
Die Staatssicherheit übernahm umgehend die Ermittlungen. Dafür arbeitete die Hauptabteilung (HA) IX (Untersuchungsorgan) eng mit anderen MfS-Diensteinheiten, wie der HA I (NVA und Grenztruppen) und der HA XIX (Verkehr, Post, Nachrichtenwesen), zusammen, denn die Themen dieser Diensteinheiten trafen in der Flugzeugentführung aufeinander. Auf Bezirksebene wurden die Bezirksverwaltung Magdeburg und die Kreisdienststellen Wolmirstedt und Halberstadt einbezogen. Außerdem koordinierte die Stasi ihr Vorgehen mit der Volksmarine und den Strafverfolgungsbehörden. Die Federführung bei diesen verschiedenen Untersuchungen übernahm die HA IX.
Nach dem Vorfall informierte das MfS umgehend die SED-Führung. Im entsprechenden Dokument schilderte sie den Hergang der Tat, nannte die Entführerin und den Entführer und lobte die "disziplinierte, den Sicherheitsinstruktionen entsprechende Verhaltensweise der Besatzung". Dabei wies die Stasi auch darauf hin, dass die Sicherheitsmaßnahmen in Zukunft weiter ausgebaut werden müssten. Wie aus der Parteiinformation hervorgeht, arbeitete der Pilot des Flugzeugs für das MfS. Am Ende des Berichts findet sich die Pressemitteilung des Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienstes, die am 11. März im "Neuen Deutschland" erschien. Darin fanden weder die Namen der Entführerin und des Entführers noch das Motiv der "Republikflucht" Erwähnung. Stattdessen wurde die Tat schlichtweg als "Anschlag" zweier "Banditen" bezeichnet.
Berlin (ADN) Wie ADN von Interflug erfährt, versuchten am Dienstag früh zwei Banditen unter Schußwaffengebrauch die Besatzung eines Verkehrsflugzeuges der DDR-Fluggesellschaft Interflug auf der planmäßigen Flugroute Berlin-Leipzig zur Kursänderung zu zwingen. Der Anschlag mißlang jedoch dank der ordnungsgemäßen Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen und des besonnenen Verhaltens der Besatzung.
Die Banditen, die mit ihrem verwerflichen Anschlag auf die Luftsicherheit gefährdeten und die Passagiere an äußerste Lebensgefahr brachten, begingen angesichts ihres gescheiterten Vorhabens während des Landemanövers [manuell unterstrichen, blauer Kugelschreiber: Selbstmord], um sich der gesetzlichenStrafe zu entziehen.
Hauptabteilung I (NVA und Grenztruppen)
Die Hauptabteilung I war zuständig für die Überwachung des Ministeriums für Nationale Verteidigung sowie der nachgeordneten Führungsorgane, Truppen und Einrichtungen einschließlich der Grenztruppen der DDR. Armeeintern trug die Hauptabteilung I die Bezeichnung "Verwaltung 2000". Ihre Mitarbeiter wurden als Verbindungsoffiziere bezeichnet. Der Armeeführung war die Hauptabteilung I jedoch weder unterstellt noch rechenschaftspflichtig.
Die Hauptabteilung I ging im Dezember 1951 aus den Abteilungen VII a, VII b und VII c hervor. Seit 1956 (Gründung der Nationalen Volksarmee) trugen ihre Struktureinheiten die taktische Bezeichnung des Truppenteils bzw. der Einheit, für deren abwehrmäßige Sicherung sie zuständig waren. Der Mauerbau 1961 und die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1962 sorgten für Zäsuren in der Arbeit der Hauptabteilung I.
Von 1956 bis 1961 war die Hauptabteilung I außerdem für die Überwachung der Bereitschaftspolizei zuständig und von 1958 bis 1986 für das Wachregiment des MfS. Die Arbeit der Hauptabteilung I umfasste folgende Aufgaben:
Der Leiter der Hauptabteilung I unterstand einem Ministerstellvertreter, zuletzt Gerhard Neiber. Leiter der Hauptabteilung I waren 1950-1953 Heinz Gronau, 1953-1955 Ottomar Pech, 1955-1981 Karl Kleinjung und ab 1981 Manfred Dietze. Der Verantwortungsbereich der Hauptabteilung I umfasste 1986 knapp 300.000 Soldaten und Zivilbeschäftigte. Hierfür waren ihr 1989 2.223 Planstellen zugeteilt, darunter jede 2. Stelle für IM-führende Mitarbeiter. Die Hauptabteilung I verfügte über 13 Planstellen für Offiziere im besonderen Einsatz (OibE). 1987 führte die Hauptabteilung I 22.585 Inoffizielle Mitarbeiter (IM) und Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit (GMS). Zu den Informanten zählten nicht nur Militärangehörige oder Zivilbeschäftigte. Die Zahl der IM, die die Hauptabteilung I im Westen führte, lag unter 150. Die Bearbeitung von Operativen Vorgängen (OV) und Operativen Personenkontrollen (OPK) war vergleichsweise gering. Sie betrug 1988 59 OV und 312 OPK.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Die Hauptabteilung XIX entstand 1964 durch Umbenennung der Hauptabteilung XIII. Ihre Aufgaben waren die Sicherung des Ministeriums für Verkehrswesen und dessen zentraler Einrichtungen sowie der Verkehrsträger Reichsbahn, Schifffahrt, Kraftverkehr und Luftfahrt als auch der Transportpolizei und deren Arbeitsgebiet K I.
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
Der Begriff Untersuchungsorgan (russ.: sledstwennyj organ) ist sowjetischen Ursprungs und verdrängte in der DDR in den frühen 50er Jahren allmählich den traditionellen deutschen Begriff Ermittlungsbehörde. Untersuchungsorgane hatten laut Strafprozessordnung (StPO) der DDR die Befugnisse polizeilicher Ermittlungsbehörden und unterstanden bei der Bearbeitung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens de jure der Aufsicht des Staatsanwaltes (§§ 95-98 StPO/1952, §§ 87-89 StPO/1968).
Während anfangs das MfS insgesamt als Untersuchungsorgan galt, wurden später zumeist nur noch jene Bereiche, die strafrechtliche Ermittlungsverfahren durchführten, also die HA IX in der Berliner MfS-Zentrale und die fachlich nachgeordneten Abt. IX der BV, als Untersuchungsorgan bezeichnet. Neben den Untersuchungsorganen des MfS gab es in der DDR die Untersuchungsorgane des MdI (Kriminalpolizei) und der Zollverwaltung bzw. ihres Vorläufers Amt für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs (Zollfahndungsdienst). Bis 1953 übten auch die Kommissionen für staatliche Kontrolle in Wirtschaftsstrafverfahren die Funktionen von Untersuchungsorganen aus.
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