Signatur: BStU, MfS, HV A, Nr. 198, Bl. 50-51
Im Mai 1965 nahmen Israel und die Bundesrepublik diplomatische Beziehungen auf. Dies sorgte für Verstimmungen in der arabischen Welt. Die Auslandsspionage der Stasi verfolgte die Entwicklung dieser diplomatischen Gemengelage.
Am 12. Mai 1965 vereinbarten Bundeskanzler Ludwig Erhard und der israelische Premierminister Levi Eschkol die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Dem Datum war eine jahrelange offizielle und geheime Annäherung zwischen Israel und der Bundesrepublik vorausgegangen.
Die DDR dagegen unterhielt – anders als die übrigen Staaten des Ostblocks – zu keinem Zeitpunkt diplomatische Beziehungen zu Israel. Mit ihrer offen antizionistischen Haltung fand die DDR zunehmend Anerkennung in der arabischen Welt. Im Gegensatz dazu verlor die Bundesrepublik wegen ihrer Unterstützung Israels bei den arabischen Ländern an Ansehen und musste befürchten, dass diese die DDR als souveränen Staat anerkennen könnten.
Die westdeutsche Außenpolitik war zu dieser Zeit von der "Hallstein-Doktrin" geprägt. Nahm ein Land diplomatische Beziehungen zur DDR auf, wertete die Bundesrepublik dies als "unfreundlichen Akt", der zum Abbruch der diplomatischen Kontakte führen konnte.
Bereits vor der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Israel verfolgte die Stasi die politische Diskussion um die Annäherung beider Staaten. Im November 1962 hatte sich Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier bei einem Besuch in Israel für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen ausgesprochen.
Die vorliegende Einzelinformation einer "Quelle aus Bonner Regierungskreisen" berichtet von den darauf folgenden diplomatischen Protesten der arabischen Staaten gegen die westdeutsche Haltung zu Israel. Bemerkenswert ist, dass die erwähnten "Verbalnoten" der arabischen Staaten an die Bundesregierung im Januar 1963 erfolgten, die HV A jedoch erst am 5. Juni 1963 die DDR-Führung darüber unterrichten konnte. Angesprochen wird hier auch die Antwort der Bundesrepublik auf die "Verbalnoten" im März 1963. Damit stellte sie klar, dass sich ihre Haltung hinsichtlich der Frage der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel nicht verändert habe. Der Bericht lieferte also keine tagesaktuellen Informationen, sondern griff mehrere Monate zurückliegende Ereignisse auf.
Berlin, den [handschriftliche Ergänzung: 05.06.63]
[handschriftliche Ergänzung: 6.] Ex. [handschriftliche Ergänzung: 2] Bl.
[handschriftliche Ergänzung: "Küne"/13]
Ablage
354 63
Verteiler
1. Ex. [handschriftliche Ergänzung: Ulbr.] [Name manuell abgehakt]
2. Ex. [handschriftliche Ergänzung: Winzer]
3. Ex. [handschriftliche Ergänzung: Fl]
4. Ex. [handschriftliche Ergänzung: MfAA]
[Die Exemplar 2 - 4 wurden mit einer geschweiften Klammer und der handschriftlichen Ergänzung "VII"
5. Ex. [handschriftliche Ergänzung: AG] [Name manuell abgehakt]
6. Ex. [handschriftliche Ergänzung: Abl.]
7. Ex. [handschriftliche Ergänzung: Akte A]
über
Proteste der arabischen Staaten in Bonn wegen des Ausbaus der westdeutsch-israelischen Beziehungen
Wie eine zuverlässige Quelle aus Bonner Regierungskreisen berichtet, habe die Israel-Reise des westdeutschen Bundestagspräsidenten Gerstenmaier vom 19.-29.11.1962 sowie seine Äußerungen, er wolle sich für die baldige Herstellung normaler diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Israel einsetzen, in den arabischen Staaten große Beunruhigung hervorgerufen und amtliche Demarchen ausgelöst.
Auf Grund der Bemühungen westdeutscher amtlicher Stellen hätte die arabische Presse die Äußerungen Gerstenmaiers bemerkenswert zurückhaltend aufgenommen. Nur einige irakische Zeitungen hätten entsprechend der damaligen Haltung der irakischen Regierung außerordentlich heftig reagiert.
Wie aus den Bonner Regierungskreisen weiter verlaute, hätten es jedoch die arabischen Regierungen für richtig gehalten, ihren Protest in der Form von gleichlautenden Verbalnoten
Die Hauptverwaltung A (HV A) war die Spionageabteilung des MfS, deren Bezeichnung sich an die der Spionageabteilung des KGB, 1. Verwaltung, anlehnt. Der Ordnungsbuchstabe A wurde in der Bundesrepublik oftmals, aber unzutreffenderweise mit "Aufklärung" aufgelöst. Die HV A wurde 1951 als Institut für Wirtschaftswissenschaftliche Forschung (IWF) gebildet und ging im September 1953 als HA XV in das Staatssekretariat für Staatssicherheit ein. Sie wurde im MfS von 1956 bis zur Auflösung im Juni 1990 als HV A bezeichnet.
Der Schwerpunkt nachrichtendienstlicher Tätigkeit der HV A lag in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin, wo sie mit Objektquellen, d. h. den IM in den nachrichtendienstlichen Zielobjekten, aktiv war.
Die HV A gliederte sich 1956 in 15, 1989 in 20 Abteilungen.
Für die operative Arbeit gegen das Bundeskanzleramt und wichtige Bundesministerien war die Abteilung I, für die gegen die bundesdeutschen Parteien die Abteilung II und für die Arbeit außerhalb Deutschlands die Abteilung III zuständig. Für die Infiltration der USA war die Abteilung XI, für die NATO und die Europäischen Gemeinschaften die Abteilung XII verantwortlich. Mit der Militärspionage war die Abteilung IV befasst, mit der Unterwanderung gegnerischer Nachrichtendienste die Abteilung IX.
Innerhalb der Hauptverwaltung war vornehmlich der Sektor Wissenschaft und Technik (SWT) mit Wissenschafts- und Technikspionage befasst, der zu diesem Zweck die Abteilung XIII bis XV sowie die Arbeitsgruppen 1, 3 und 5 unterhielt sowie eine eigene Auswertungsabteilung, die Abteilung V bzw. ab 1959 Abteilung VII.
Leiter der HV A waren 1951/52 Anton Ackermann, kurzzeitig Richard Stahlmann, 1952-1986 Markus Wolf, dann Werner Großmann und 1989/90 Bernd Fischer. Von anfangs zwölf Mitarbeitern wuchs der Apparat bis 1955 auf 430, bis 1961 auf 524 Mitarbeiter und erreichte bis 1972 einen Umfang von 1.066 hauptamtlichen Mitarbeitern. Bis 1989 wuchs die HV A auf 3.299 hauptamtliche Mitarbeiter, hinzu kamen 701 OibE (1985: 1.006) sowie 778 HIM. OibE und HIM arbeiteten verdeckt in der DDR und im Operationsgebiet. Insgesamt verfügte die HV A also zuletzt über 4.778 Mitarbeiter.
Die Anzahl der von der HV A geführten IM umfasste im Jahre 1989 rund 13.400 in der DDR und weitere 1.550 in der Bundesrepublik. Über 40 Jahre hinweg werden nach Hochrechnungen insgesamt rund 6.000 Bundesbürger und Westberliner IM der HV A gewesen sein.
Quelle war eine zentrale IM-Kategorie der Hauptverwaltung A. Als Quelle wurden im sogenannten Operationsgebiet tätige inoffizielle Mitarbeiter bezeichnet, die in der Lage waren, an geheime Informationen über Aktivitäten und Absichten sowie Ressourcen und interne Lagebedingungen gegnerischer Einrichtungen zu gelangen.
Es wurden zwei Typen von Quellen unterschieden:
Zuletzt besaß die HV A (einschließlich der ihr nachgeordneten Abteilungen XV der BV) in der Bundesrepublik und Westberlin 133 A-Quellen und 449 O-Quellen.
Signatur: BStU, MfS, HV A, Nr. 198, Bl. 50-51
Im Mai 1965 nahmen Israel und die Bundesrepublik diplomatische Beziehungen auf. Dies sorgte für Verstimmungen in der arabischen Welt. Die Auslandsspionage der Stasi verfolgte die Entwicklung dieser diplomatischen Gemengelage.
Am 12. Mai 1965 vereinbarten Bundeskanzler Ludwig Erhard und der israelische Premierminister Levi Eschkol die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Dem Datum war eine jahrelange offizielle und geheime Annäherung zwischen Israel und der Bundesrepublik vorausgegangen.
Die DDR dagegen unterhielt – anders als die übrigen Staaten des Ostblocks – zu keinem Zeitpunkt diplomatische Beziehungen zu Israel. Mit ihrer offen antizionistischen Haltung fand die DDR zunehmend Anerkennung in der arabischen Welt. Im Gegensatz dazu verlor die Bundesrepublik wegen ihrer Unterstützung Israels bei den arabischen Ländern an Ansehen und musste befürchten, dass diese die DDR als souveränen Staat anerkennen könnten.
Die westdeutsche Außenpolitik war zu dieser Zeit von der "Hallstein-Doktrin" geprägt. Nahm ein Land diplomatische Beziehungen zur DDR auf, wertete die Bundesrepublik dies als "unfreundlichen Akt", der zum Abbruch der diplomatischen Kontakte führen konnte.
Bereits vor der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Israel verfolgte die Stasi die politische Diskussion um die Annäherung beider Staaten. Im November 1962 hatte sich Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier bei einem Besuch in Israel für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen ausgesprochen.
Die vorliegende Einzelinformation einer "Quelle aus Bonner Regierungskreisen" berichtet von den darauf folgenden diplomatischen Protesten der arabischen Staaten gegen die westdeutsche Haltung zu Israel. Bemerkenswert ist, dass die erwähnten "Verbalnoten" der arabischen Staaten an die Bundesregierung im Januar 1963 erfolgten, die HV A jedoch erst am 5. Juni 1963 die DDR-Führung darüber unterrichten konnte. Angesprochen wird hier auch die Antwort der Bundesrepublik auf die "Verbalnoten" im März 1963. Damit stellte sie klar, dass sich ihre Haltung hinsichtlich der Frage der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel nicht verändert habe. Der Bericht lieferte also keine tagesaktuellen Informationen, sondern griff mehrere Monate zurückliegende Ereignisse auf.
zur Kenntnis der westdeutschen Bundesregierung zu bringen. An diese Aktion hätten sich alle arabischen Staaten einschließlich Iraks aber mit Ausnahme Kuweits, mit dem Westdeutschland keine diplomatischen Beziehungen unterhalte, des Jemens, der mit seinen eigenen Angelegenheiten beschäftigt sei, und Algerien, welches in Bonn noch nicht vertreten ist, beteiligt.
Die Noten würden textlich fast vollständig miteinander übereinstimmen und die Besorgnis der arabischen Staaten über die Haltung gewisser Kreise in der Bundesrepublik zum Staat Israel zum Ausdruck bringen. Israel bedroht unmittelbar die arabischen Staaten, sei in den Noten ausgeführt worden. Die Äußerungen Gerstenmaiers, er sei entschlossen, auf die Herstellung diplomatischer Beziehungen [handschriftliche Ergänzung: mit] Israel zu drängen, habe daher in den betreffenden arabischen Staaten große Sorge und bittere Gefühle gegenüber der Bundesrepublik hervorgerufen.
In den Noten sei nicht versäumt worden zu erwähnen, die betreffenden Regierungen seien der Ansicht, daß die Bundesrepublik die Probleme der arabischen Staaten kenne, ebenso wie diese sich über die vitalen Probleme Deutschlands bewußt seien. Diese Wendung, so werde von den Bonner Regierungskreisen eingeschätzt, würde bedeuten, daß die arabischen Staaten ihre Drohung aufrechterhalten, die Herstellung diplomatischer Beziehungen zwischen Westdeutschland und Israel mit der vollen völkerrechtlichen Anerkennung der DDR zu beantworten.
Abschließend hätten die genannten Kreise zum Ausdruck gebracht, die Bonner Regierung habe den arabischen Vertretungen in der Bundesrepublik in einer Note mitgeteilt, daß eine Änderung der bisher eingenommenen Haltung der Bundesregierung hinsichtlich der Probleme des Nahost-Raumes, insbesondere der Frage der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen des Bundesrepublik und Israel nicht eingetreten sei.
Die Information darf aus Gründen der Sicherheit der Quelle publizistisch nicht ausgewertet werden.
Die Hauptverwaltung A (HV A) war die Spionageabteilung des MfS, deren Bezeichnung sich an die der Spionageabteilung des KGB, 1. Verwaltung, anlehnt. Der Ordnungsbuchstabe A wurde in der Bundesrepublik oftmals, aber unzutreffenderweise mit "Aufklärung" aufgelöst. Die HV A wurde 1951 als Institut für Wirtschaftswissenschaftliche Forschung (IWF) gebildet und ging im September 1953 als HA XV in das Staatssekretariat für Staatssicherheit ein. Sie wurde im MfS von 1956 bis zur Auflösung im Juni 1990 als HV A bezeichnet.
Der Schwerpunkt nachrichtendienstlicher Tätigkeit der HV A lag in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin, wo sie mit Objektquellen, d. h. den IM in den nachrichtendienstlichen Zielobjekten, aktiv war.
Die HV A gliederte sich 1956 in 15, 1989 in 20 Abteilungen.
Für die operative Arbeit gegen das Bundeskanzleramt und wichtige Bundesministerien war die Abteilung I, für die gegen die bundesdeutschen Parteien die Abteilung II und für die Arbeit außerhalb Deutschlands die Abteilung III zuständig. Für die Infiltration der USA war die Abteilung XI, für die NATO und die Europäischen Gemeinschaften die Abteilung XII verantwortlich. Mit der Militärspionage war die Abteilung IV befasst, mit der Unterwanderung gegnerischer Nachrichtendienste die Abteilung IX.
Innerhalb der Hauptverwaltung war vornehmlich der Sektor Wissenschaft und Technik (SWT) mit Wissenschafts- und Technikspionage befasst, der zu diesem Zweck die Abteilung XIII bis XV sowie die Arbeitsgruppen 1, 3 und 5 unterhielt sowie eine eigene Auswertungsabteilung, die Abteilung V bzw. ab 1959 Abteilung VII.
Leiter der HV A waren 1951/52 Anton Ackermann, kurzzeitig Richard Stahlmann, 1952-1986 Markus Wolf, dann Werner Großmann und 1989/90 Bernd Fischer. Von anfangs zwölf Mitarbeitern wuchs der Apparat bis 1955 auf 430, bis 1961 auf 524 Mitarbeiter und erreichte bis 1972 einen Umfang von 1.066 hauptamtlichen Mitarbeitern. Bis 1989 wuchs die HV A auf 3.299 hauptamtliche Mitarbeiter, hinzu kamen 701 OibE (1985: 1.006) sowie 778 HIM. OibE und HIM arbeiteten verdeckt in der DDR und im Operationsgebiet. Insgesamt verfügte die HV A also zuletzt über 4.778 Mitarbeiter.
Die Anzahl der von der HV A geführten IM umfasste im Jahre 1989 rund 13.400 in der DDR und weitere 1.550 in der Bundesrepublik. Über 40 Jahre hinweg werden nach Hochrechnungen insgesamt rund 6.000 Bundesbürger und Westberliner IM der HV A gewesen sein.
Quelle war eine zentrale IM-Kategorie der Hauptverwaltung A. Als Quelle wurden im sogenannten Operationsgebiet tätige inoffizielle Mitarbeiter bezeichnet, die in der Lage waren, an geheime Informationen über Aktivitäten und Absichten sowie Ressourcen und interne Lagebedingungen gegnerischer Einrichtungen zu gelangen.
Es wurden zwei Typen von Quellen unterschieden:
Zuletzt besaß die HV A (einschließlich der ihr nachgeordneten Abteilungen XV der BV) in der Bundesrepublik und Westberlin 133 A-Quellen und 449 O-Quellen.
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