Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 823, Bl. 1-7
Nach dem Tod John F. Kennedys untersuchte das MfS die Reaktionen der DDR-Bevölkerung und fasste diese in einem Bericht für die SED-Führung zusammen.
Die Ermordung des populären US-Präsidenten John F. Kennedy in Dallas im November 1963 löste auch in der DDR starke Reaktionen der Bevölkerung aus. Nur wenige Monate zuvor hatte dieser West-Berlin besucht und in seiner medienwirksamen Rede vor dem Schöneberger Rathaus den legendären Ausspruch "Ich bin ein Berliner" geprägt.
Die Stasi sammelte für eine "Einzelinformation" an das SED-Politbüro verschiedene Meinungen und resümierte: "Von einer großen Anzahl der Bevölkerung der DDR wird der Mord an Kennedy ehrlich bedauert und als faschistische Methode abgelehnt." Besonders durch junge Leuten an Oberschulen und Hochschulen habe Kennedy eine hohe Wertschätzung erfahren. Auch in Kirchenkreisen hätten die Menschen vereinzelt weitergehende Beileidsbezeugungen, wie beispielsweise Schweigeminuten, gefordert und teilweise durchgeführt.
[Handschriftliche Ergänzung: Ablage]
730 63
[Handschriftliche Ergänzung: Verteiler
08.09.63
6 Ex.
7 Bl.
6. Ex.
E.I
über]
die Reaktion der Bevölkerung der DDR zum Mord an John F. Kennedy
Seit Bekanntwerden der ersten Meldungen über das Attentat auf den Präsident der USA John F. Kennedy steht dieser Verfall im Mittelpunkt zahlreicher Diskussion. Die Ermordung des Präsidenten Kennedy hat in allen Bevölkerungsschichten der DDR eine starke Reaktion hervorgerufen. Übereinstimmend wird in den Diskussionen der Mord an Kennedy als hinterhältig, gemein und verabscheuungswürdig verurteilt. Von einer großen Anzahl der Bevölkerung der DDR wird der Mord an Kennedy ehrlich bedauert und als faschistische Methode abgelehnt.
Bereits vor Veröffentlichung entsprechender ausführlicher Kommentare in unserer Presse und in den übrigen Publikationsmitteln über die Ursachen und Hintergründe des Attentats auf Kennedy, zog eine Reihe von DDR-Bürgern selbst politisch richtige Schlußfolgerungen und schätzte die Umstände und Hintergründe der Mordtat ähnlich ein.
In vielen Argumentationen wurde unmittelbar nach Bekanntwerden der ersten Meldungen über den Mord darauf verwiesen, daß entsprechend der politischen Situation in Texas, insbesondere
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
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Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 823, Bl. 1-7
Nach dem Tod John F. Kennedys untersuchte das MfS die Reaktionen der DDR-Bevölkerung und fasste diese in einem Bericht für die SED-Führung zusammen.
Die Ermordung des populären US-Präsidenten John F. Kennedy in Dallas im November 1963 löste auch in der DDR starke Reaktionen der Bevölkerung aus. Nur wenige Monate zuvor hatte dieser West-Berlin besucht und in seiner medienwirksamen Rede vor dem Schöneberger Rathaus den legendären Ausspruch "Ich bin ein Berliner" geprägt.
Die Stasi sammelte für eine "Einzelinformation" an das SED-Politbüro verschiedene Meinungen und resümierte: "Von einer großen Anzahl der Bevölkerung der DDR wird der Mord an Kennedy ehrlich bedauert und als faschistische Methode abgelehnt." Besonders durch junge Leuten an Oberschulen und Hochschulen habe Kennedy eine hohe Wertschätzung erfahren. Auch in Kirchenkreisen hätten die Menschen vereinzelt weitergehende Beileidsbezeugungen, wie beispielsweise Schweigeminuten, gefordert und teilweise durchgeführt.
in Dalles und im Zusammenhang mit der Rassenfrage in den USA, die Täter in Kreisen der Rassisten und Rechtsextremisten zu suchen seien. Es wurde eingeschätzt, daß der Vorfall im weiteren Ermittlungsverfahren gegen die oder den Täter lediglich innenpolitischen Charakter habe und einzig und allein in den USA selbst zu klären sei.
Bereits kurz nach den ersten Meldungen wurde weiter von einer Reihe von DDR-Bürgern eingeschätzt, es bestände die Möglichkeit des Versuches bestimmter Kreise der USA, Kommunisten mit dem Attentat entweder zu belasten oder zumindest in Verbindung zu bringen, um von den skandalösen innenpolitischen Vorgängen in den USA abzulenken und evtl. eine Zuspitzung der außenpolitischen Situation zu erreichen.
Diese Fragen wurden auch in der Folgezeit in starken Maße diskutiert, wobei die Überzeugung vorherrscht, daß es sich um einen durch eine bestimmte Gruppe aus Kreisen der Rassisten und Rechtsextremisten geplanten und organisierten Mord handele.
Die Behauptung von NATO-Sendern, der oder die Mörder seien in kommunistischen und Kuba-freundlichen Kreisen zu suchen, wird von der Mehrheit der Bevölkerung zurückgewiesen.
In Argumentationen wird herausgestellt, diese Anschuldigungen seien lediglich ein Versuch, dieses Attentat politisch gegen das sozialistische Lager und besonders gegen Kuba auszunutzen.
Im weiteren Verlauf der Argumentation der Bevölkerung, noch verstärkt nach Bekanntwerden des Mordes an dem vorgeblichen Attentäter Oswald, wurden von der Bevölkerung im breiten Umfang die Begriffe "Freier Staat Amerika", "Freie Demokratie in den USA" udgl. erörtert, wobei eingeschätzt wurde, daß es sich bei dieser häufigen "Charakterisierung" der USA-Staaten durch westliche Politiker und verblendete Bürger der DDR lediglich um eine Irreführung handele und in Wirklichkeit von Freiheit und Demokratie in den USA nicht die Rede sein könne. Wiederholt wurden Vergleiche zu sozialistischen Staaten angestellt und wurde anerkannt, daß es z.B. in der DDR zu derartigen innenpolitischen Auseinandersetzungen und in diesem Zusammenhang zu Mord und Totschlag nicht kommen könnte,
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
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Information über den Besuch Kennedys in der Bundesrepublik und West-Berlin Dokument, 8 Seiten
Bericht über "Äußerungen führender Westberliner CDU- und Senatskreise zum Besuch Kennedys am 26.6.63" Dokument, 4 Seiten
Musterausweis für das Grenzgebiet in Ost-Berlin 2 Fotografien
Stimmen von SPD-Bundestagsabgeordneten zur geplanten Reise Kennedys nach West-Berlin Dokument, 5 Seiten