Signatur: BStU, MfS, HA XXII, Nr. 5383, Bd. 4, Bl. 109-111
Im Juni 1989 konnten im Ausbildungsobjekt "Walli" im baufälligen Hauptgebäude keine "Ausbildungskräfte" mehr untergebracht werden. Die Hauptabteilung XXII schätzte, dass die Renovierung 370.000 Mark kosten würde.
Zur Ausbildung von eigenen Mitarbeitern und ausländischen Kadern aus den sogenannten "jungen Nationalstaaten" diente der Stasi das Objekt "Walli" in Wartin bei Prenzlau. Hier wurden auch Sondereinheiten zur Terrorismusbekämpfung trainiert, die sogenannten Zentralen Spezifischen Kräfte, Flugsicherungsbegleiter und Objektsicherungskräfte.
Auf dem Gelände gab es die Möglichkeit zur Sprengausbildung und ab Mitte der 80er Jahre konnten an einem ausgemusterten Verkehrsflugzeug vom Typ Tu-134 Antiterroreinheiten eine Befreiung entführter Passagiermaschinen trainieren.
Aus der vorliegenden Übersicht vom Juni 1989 geht hervor, dass zu diesem Zeitpunkt keine "Ausbildungskräfte" untergebracht werden konnten, da das Hauptgebäude baufällig war. Aufgeführt sind die notwendigen Bauarbeiten und die dafür kalkulierten Kosten.
Hauptabteilung XXII
Abteilung 10
Berlin, 7. 6. 1989
mü-wie/ 331 /89
Gegenwärtige Unterbringungsmöglichkeiten von Ausbildungskräften im Dienstobjekt Wartin
Am 7. 6. 1989 wurde durch die Genossen
Major Müller HA XXII/10
Hptm. Friedrich HA XXII/11, Ref. 3
Major Walther HA XXII/10, Ref.-Ltr. DO Wartin
eine Objektbegehung zur Prüfung der Unterbringungsmöglichkeiten der an der Ausbildung teilnehmenden Genossen durchgeführt.
Ergebnisse
Aus der Sicht der an der Objektbegehung beteiligten Mitarbeiter ist die Unterbringung von Ausbildungskräften zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich.
Begründung
Die Unterbringungsmöglichkeiten im Hauptgebäude (25 Betten) ist erst nach der vollständigen Rekonstruktion des Obergeschosses möglich.
Dazu sind dringend folgende Baumaßnahmen notwendig:
1. Erneuerung der Dachhaut
Termin der Fertigstellung ca. 30.8.1989
(entsprechend getroffener Absprachen zwischen Gen. Schneider, HA XXII/11 und PGH Bau Angermünde).
2. Projekterarbeitung Heizungs- und Elektroinstallation.
Die Elektroanlage im Objekt (Hauptgebäude) entspricht nicht mehr den technischen und sicherheitsmäßigen Anforderungen (Installation erfolgte ca. 1936).
Die Heizungsanlage entspricht nicht mehr, nach Aussagen des Nutzers, den wärmeenergetischen Anforderungen ( Baujahr ca. 1936).
3. Infolge jahrelanger Witterungseinflüsse (Nässeschäden) sind umfangreiche
- Holzschutz-,
- Maurer-,
- Putz-,
- Tischlerarbeiten
erforderlich.
Hauptabteilung XXII ("Terrorabwehr")
Die Abteilung XXII richtete ihre Aufmerksamkeit vor allem auf linksterroristische Organisationen, jedoch auch auf linksextreme Gruppen in der Bundesrepublik mit DDR-kritischer Ausrichtung (etwa "trotzkistischer" oder "maoistischer" Spielart), die autonome Szene in Westberlin sowie militante Gruppierungen im palästinensischen bzw. arabischen Lager (wie die Abu-Nidal-Gruppe). Sobald sich die Arbeit solcher Zellen gegen die DDR zu richten schienen, leitete die Abteilung XXII umfangreiche Zersetzungsmaßnahmen ein (so zum Beispiel gegenüber der KPD/ML).
Die Diensteinheit befasste sich auch mit neonazistischen und rechtsextremen Gruppen in der Bundesrepublik (wie der "Wehrsportgruppe Hoffmann") sowie allen Einrichtungen, die dezidiert antikommunistische Positionen vertraten (wie etwa die Arbeitsgemeinschaft 13. August - Haus am Checkpoint Charlie). Im Umfeld solcher Organisationen hatte die Abteilung XXII 161 IM platziert, davon 35 aus dem Westen (wie etwa den RAF-Anwalt Klaus Croissant oder den Ex-Terroristen Till Meyer).
Die Bildung der Abteilung XXII im Jahre 1975 war eine Reaktion auf die Entstehung des arabisch/palästinensischen und bundesdeutschen Terrorismus. Die Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter dieser Diensteinheit wuchs bis 1980 auf fast 140 Personen an, doch sogar mit 248 Mitarbeitern im Jahre 1988 war die Abteilung innerhalb des Mielke-Apparates vergleichsweise klein dimensioniert. Aufgrund der Brisanz ihrer Tätigkeit war sie besonders um Abschottung und Konspiration bemüht und suchte häufig Rückendeckung von oben.
Zunächst wurde die Abteilung XXII von Harry Dahl geleitet, ihm folgte 1985 Horst Franz. Um etwaige Drohanrufe oder potenzielle Gewaltakte auch in der DDR sowie mögliche Rückverbindungen westlicher Terroristen nach Ostdeutschland aufzudecken, existierten in den BV sogenannte Arbeitsgruppen XXII mit insgesamt 69 Mitarbeitern.
Aus weltanschaulichen Gründen hat die Staatssicherheit zudem damalige Befreiungsbewegungen der Dritten Welt (wie den Afrikanischen Nationalkongress / ANC) sowie etliche "junge Nationalstaaten" protegiert. Als Verbündete im Kampf gegen den "Imperialismus" wurden zwischen 1970 und 1989 insgesamt 1 895 Mitglieder dieser Organisationen militärisch oder geheimpolizeilich ausgebildet. Hierfür zuständig war die Arbeitsgruppe des Ministers/Sonderfragen (AGM/S), die auch Aufgaben der bewaffneten Flugsicherungsbegleitung wahrnahm und ggf. Gewalttäter überwältigen sollte.
Im Jahre 1987 wurde diese Diensteinheit in Abteilung XXIII umbenannt und verschmolz 1989 mit der Abteilung XXII zur Hauptabteilung XXII mit zuletzt 878 Mitarbeitern.
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Signatur: BStU, MfS, HA XXII, Nr. 5383, Bd. 4, Bl. 109-111
Im Juni 1989 konnten im Ausbildungsobjekt "Walli" im baufälligen Hauptgebäude keine "Ausbildungskräfte" mehr untergebracht werden. Die Hauptabteilung XXII schätzte, dass die Renovierung 370.000 Mark kosten würde.
Zur Ausbildung von eigenen Mitarbeitern und ausländischen Kadern aus den sogenannten "jungen Nationalstaaten" diente der Stasi das Objekt "Walli" in Wartin bei Prenzlau. Hier wurden auch Sondereinheiten zur Terrorismusbekämpfung trainiert, die sogenannten Zentralen Spezifischen Kräfte, Flugsicherungsbegleiter und Objektsicherungskräfte.
Auf dem Gelände gab es die Möglichkeit zur Sprengausbildung und ab Mitte der 80er Jahre konnten an einem ausgemusterten Verkehrsflugzeug vom Typ Tu-134 Antiterroreinheiten eine Befreiung entführter Passagiermaschinen trainieren.
Aus der vorliegenden Übersicht vom Juni 1989 geht hervor, dass zu diesem Zeitpunkt keine "Ausbildungskräfte" untergebracht werden konnten, da das Hauptgebäude baufällig war. Aufgeführt sind die notwendigen Bauarbeiten und die dafür kalkulierten Kosten.
4. Die malermäßige Instandsetzung des gesamten Obergeschosses nach Abschluß der unter Punkt 3 genannten Arbeiten.
5. Teilweise Erneuerung der Fußbodenbeläge im Obergeschoß.
Die Baumaßnahmen
Holzschutz-,
Maurer-,
Putz-,und
Tischlerarbeiten
sind aufgrund ihres Umfanges nicht in Eigenleistung zu realisieren.
Es ist unzweckmäßig, nach Fertigstellung des Daches das Obergeschoß des Hauptgebäudes malermäßig instandzusetzen, ohne daß die unter Punkt 3 auf geführten Vorarbeiten geleistet wurden.
Für die Durchführung der Rekonstruktionsmaßnahmen müßten über das zuständige Fachorgan (Bauwesen I) im Territorium des DO Wartin die notwendigen Bilanzen beantragt werden.
Finanzieller Aufwand (Schätzung)
- Erneuerung Dachhaut 120 TM (Geld 1989 vorhanden)
- Holzschutzmaßnahmen 10 TM
- Projektierung Elektro/Heizung 25 TM
- Elektroinstallation 100 TM
- Heizungsinstallation 120 TM
- Maurer- und Putzarbeiten 15 TM
- Tischlerarbeiten 5 TM
- Fußbodenarbeiten 25 TM
- Malerarbeiten 70 TM
[Gesamt:] 370 TM
Laut Bauperspektivplan sind diese Arbeiten für das Planjahr 1992 bei der Abteilung Bauwesen geplant.
Unterbringungsmöglichkeiten
1. Hauptgebäude 8 Räume = 25 Genossen WSE
2. Haus I 12 Räume = 20 Genossen (unterschiedliche Raumgrößen)
3. Haus II 18 Räume = 30 Genossen
Hauptabteilung XXII ("Terrorabwehr")
Die Abteilung XXII richtete ihre Aufmerksamkeit vor allem auf linksterroristische Organisationen, jedoch auch auf linksextreme Gruppen in der Bundesrepublik mit DDR-kritischer Ausrichtung (etwa "trotzkistischer" oder "maoistischer" Spielart), die autonome Szene in Westberlin sowie militante Gruppierungen im palästinensischen bzw. arabischen Lager (wie die Abu-Nidal-Gruppe). Sobald sich die Arbeit solcher Zellen gegen die DDR zu richten schienen, leitete die Abteilung XXII umfangreiche Zersetzungsmaßnahmen ein (so zum Beispiel gegenüber der KPD/ML).
Die Diensteinheit befasste sich auch mit neonazistischen und rechtsextremen Gruppen in der Bundesrepublik (wie der "Wehrsportgruppe Hoffmann") sowie allen Einrichtungen, die dezidiert antikommunistische Positionen vertraten (wie etwa die Arbeitsgemeinschaft 13. August - Haus am Checkpoint Charlie). Im Umfeld solcher Organisationen hatte die Abteilung XXII 161 IM platziert, davon 35 aus dem Westen (wie etwa den RAF-Anwalt Klaus Croissant oder den Ex-Terroristen Till Meyer).
Die Bildung der Abteilung XXII im Jahre 1975 war eine Reaktion auf die Entstehung des arabisch/palästinensischen und bundesdeutschen Terrorismus. Die Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter dieser Diensteinheit wuchs bis 1980 auf fast 140 Personen an, doch sogar mit 248 Mitarbeitern im Jahre 1988 war die Abteilung innerhalb des Mielke-Apparates vergleichsweise klein dimensioniert. Aufgrund der Brisanz ihrer Tätigkeit war sie besonders um Abschottung und Konspiration bemüht und suchte häufig Rückendeckung von oben.
Zunächst wurde die Abteilung XXII von Harry Dahl geleitet, ihm folgte 1985 Horst Franz. Um etwaige Drohanrufe oder potenzielle Gewaltakte auch in der DDR sowie mögliche Rückverbindungen westlicher Terroristen nach Ostdeutschland aufzudecken, existierten in den BV sogenannte Arbeitsgruppen XXII mit insgesamt 69 Mitarbeitern.
Aus weltanschaulichen Gründen hat die Staatssicherheit zudem damalige Befreiungsbewegungen der Dritten Welt (wie den Afrikanischen Nationalkongress / ANC) sowie etliche "junge Nationalstaaten" protegiert. Als Verbündete im Kampf gegen den "Imperialismus" wurden zwischen 1970 und 1989 insgesamt 1 895 Mitglieder dieser Organisationen militärisch oder geheimpolizeilich ausgebildet. Hierfür zuständig war die Arbeitsgruppe des Ministers/Sonderfragen (AGM/S), die auch Aufgaben der bewaffneten Flugsicherungsbegleitung wahrnahm und ggf. Gewalttäter überwältigen sollte.
Im Jahre 1987 wurde diese Diensteinheit in Abteilung XXIII umbenannt und verschmolz 1989 mit der Abteilung XXII zur Hauptabteilung XXII mit zuletzt 878 Mitarbeitern.
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Bericht über einen Brand im Dienstobjekt "Walli" bei Wartin Dokument, 1 Seite
Protokoll über eine Besichtigung des Dienstobjektes "Walli" bei Wartin im Oktober 1989 Dokument, 3 Seiten
Maßnahmeplan zur Übergabe des Dienstobjektes Wartin Dokument, 6 Seiten
Lageskizze des Dienstobjektes "Walli" bei Wartin Dokument, 1 Seite