Signatur: BStU, MfS, HA IX, Tb, Nr. 3267
Vom 18. bis 21. Dezember 1953 fand vor dem Obersten Gericht der DDR ein auch als "Gehlen-Prozess" bekannter Schauprozess wegen Spionage im Auftrag der Organisation Gehlen statt.
Im Zuge einer einheitlichen Rechtsprechung und der Justizsteuerung in der DDR galten Urteile des Obersten Gerichts und deren Begründung generell als Vorgabe für entsprechende Prozesse vor den nachgeordneten Gerichten in den Bezirken.
Der vorsitzende Richter Walter Ziegler verlas die Urteilsbegründung, die sich in wesentlichen Punkten an der Anklageschrift bzw. dem Plädoyer des Generalstaatsanwaltes Melsheimer orientierte. Bevor er jeweils Schuld und Strafmaß für jeden einzelnen Angeklagten darlegte und begründete, konkretiserte Ziegler, wie bereits zuvor Generalstaatsanwalt Ernst Melsheimer in seinem Plädoyer, ausführlich die Gefahr, die von westlichen Geheimdiensten, insbesondere der Organisation Gehlen, ausging.
Ziegler: Gründe: Der durch den Hitlerfaschismus entfachte Zwote Weltkrieg hatte für die Völker der Welt unermessliches Leid und eine unüberseh-, unübersehbare Vernichtung wertvollster wirtschaftlicher und kultureller Güter zur Folge.
In der richtigen Erkenntnis der Notwendigkeit, weitere Kriege zu vermeiden und den Frieden der Welt zu sichern, haben sich eine Reihe von Nationen von dem imperialistischen System, das immer wieder zu neuen Kriegen führt, abgewandt.
Sie haben die Staatsmacht in die Hände des Volkes gelegt und sind bemüht, in engster freundschaftlicher Zusammenarbeit mit der Sowjetunion, die seit ihrem Bestehen unbeirrbar den Weg des Friedens gegangen ist, der Welt den Frieden zu erhalten.
Diese Stärkung des Friedenslagers hat bei den Kriegstreibern, an deren Spitze der amerikanische Imperialismus steht, ohnmächtige Wut ausgelöst.
Als einzigen Ausweg, die Schwächung des Kriegslagers und die Verkleinerung ihres Einflussbereiches zu beseitigen, sehen die Kriegstreiber nur die Entfesselung eines neuen Weltkrieges.
Auch Deutschland ist nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges in zwei Lager gespalten.
In der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone, der jetzigen Deutschen Demokratischen Republik, wurde in Verwirklichung der Grundsätze des Potsdamer Abkommens die Zerschlagung der Monopole, die Entmachtung der Konzernherren und Junker und die Bestrafung der Kriegsverbrecher konsequent durchgeführt.
Die Deutsche Demokratische Republik ist entschlossen, weiter den Weg des Friedens und des friedlichen Aufbaus zu gehen.
Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik hat durch dauernde intensive Bemühungen um die Einheit Deutschlands mit weitest gehender freundschaftlicher Unterstützung durch die Sowjetunion ihren unbeirrbaren Friedenswillen gezeigt.
In Westdeutschland dagegen sind unter Bruch des Potsdamer Abkommens die Junker und Konzernherren in ihren Stellungen belassen und die nazistischen und militaristischen Kriegsverbrecher freigelassen worden.
Die Adenauer Regierung betreibt auf Weisung und mit Unterstützung des amerikanischen Imperialismus entgegen den im Potsdamer Abkommen festgelegten Grundsätzen eine Politik der Spaltung.
Das Entstehen eines neuen deutschen Imperialismus wurde durch Amerika nicht nur zugelassen, sondern darüber hinaus auch gefördert.
Alle Bemühungen der Regierungen der Sowjetunion und der Deutschen Demokratischen Republik zur Schaffung eines einheitlichen Deutschlands sind deshalb bisher erfolglos geblieben.
Stattdessen wird in Westdeutschland die Remilitarisierung unter Großzüchtung des Revanchegeistes durchgeführt.
Das Ziel der herrschenden Kräfte in Westdeutschland ist die Entfesselung eines neuen Weltkrieges, durch den in der Sowjetunion, in den Volksdemokratien und in der Deutschen Demokratischen Republik die alten kapitalistischen Zustände wieder hergestellt werden sollen.
Diesem Ziel des amerikanischen und deutschen Imperialismus dient besonders der Adenauer-Staat mit allen seinen Institutionen.
Seit 1945 wurden in Westdeutschland und West-Berlin eine Reihe von Spionageorganisationen unter allen möglichen Tarnungen geschaffen.
So entstanden die sogenannte "Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit", der "Bund Deutscher Jugend", der "Bund Freiheitlicher Juristen", der "Bund der Heimatvertriebenen", die "Dienststelle Brank, Blank" und andere Spionage- und Terrororganisationen, die zum Teil in Prozessen vor dem Obersten Gericht und anderen Gerichten der Deutschen Demokratischen Republik entlarvt wurden.
Im vorliegenden Vorfahren hatte sich das Oberste Gericht mit sieben Mitarbeitern der Spionase-, Spionageorganisation Gehlen zu befassen.
Eine große Anzahl, weiterer Mitarbeiter dieser Verbrecherorganisation befindet sich noch in Untersuchungshaft.
Auch sie werden sich wegen ihrer Verbrechen vor den Gerichten der Deutschen Demokratischen Republik zu verantworten haben.
In der Hauptverhandlung vor dem Obersten Gericht ist festgestellt worden, dass der ehemalige General Gehlen der faschistischen Wehrmacht und Leiter der Abteilung "Fremde Heere Ost" des faschistischen Spionage-und Abwehrdienstes im Generalstab Hitlers unter Ausnutzung der dort gemachten Erfahrungen bereits im Jahre 1946 in Westdeutschland mit dem Aufbau einas Spionage-, Sabotage- und Abwehrdienstes begann, der dazu bestimmt sein sollte, wieder in eine künftige westdeutsche Wehrmacht eingebaut zu worden.
Die Durchführung dieser Aufgabe erfolgte unter Heranziehung von Ic Offizieren des ehemaligen Generalstabs, Mitarbeitern der Gestapo und des Reichssicherheitshauptamtes des Hitlerregimes sowie früheren Berufsoffizieren und SS-Führern.
Nachdem der Aufbau der Organisation, nach ihrem Gründer "Organisation Gehlen" genannt, im Wesentlichen im Jahre 1950 abgeschlossen und in Westdeutschland ein gut getarntes Spionagenetz unter der Leitung deutscher Faschisten und Militaristen errichtet worden war, wurde in den nachfolgenden Jahren ein umfassendes Netz von Vertrauensleuten in wirtschaftlichen und politischen Institutionen und Organisationen in Westdeutschland und West-Berlin geschaffen.
So sind der Kommandeur der West-Berliner Schutzpolizei, Duensing, der Chef der bayerischen Landesschutzpolizei, Freiherr von Godin, der in der Zentrale des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Köln tätige Leiter, leitende Mitarbeiter, Radtke, der Leiter der Vorprüfung II der Dienststelle zur Bearbeitung des Flüchtlingswesens, Anerkennung "politischer Flüchtlinge", Cossmann und dessen Stellvertreter Rahn, Vertrauensleute der Organisation Gehlen.
Darüber hinaus wurden in großem Umfang in der Deutschen Demokratischen Republik wohnhafte Personen als Agenten angeworben, die entsprechend den ihnen erteilten Aufträgen Informationen über die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der Deutschen Demokratischen Republik sammelten und der Organisation Gehlen darüber Bericht erstatteten oder aber als Kuriere für die Überbringung derartiger Berichte fungierten.
In ihrer Struktur und Gliederung gleicht die Organisation im Wesentlichen der des ehemaligen deutschen faschistischen Geheimdienstes, auf dessen Erfahrungen und Mitarbeiter sie sich seit ihrem Entstehen gestützt hat.
Die Zentrale, die sogenannte Generaldirektion, GD, auch "Führungsstab" genannt, mit ihrem Leiter Gehlen an der Spitze, befindet sich im amerikanischen Viertel in München, Pullacher Straße.
Die Generaldirektion ist unterteilt in drei Hauptabteilungen, auch Hauptlinien genannt, und zwar Hauptabteilung I, Spionage; Hauptabteilung II, Sabotage; und Hauptabteilung III, Abwehr.
Diese gliedern sich wiederum in verschiedene Gruppen und Abteilungen mit speziellen Sachgebieten, zum Beispiel militärische Spionage, Heeres-, Luft- und Marinestreitkräfte-, wirtschaftliche und politische Spionage.
Außer diesen Hauptabteilungen bestehen bei der Generaldirektion operative und administrative Abteilungen wie Personal-, Schulungs-, Kurier-, Finanz- und Wirtschaftsabteilung, Nachrichtendienstkartei und Funkzentrale.
Dieser Zentrale sind mehrere Generalvertretungen, GV, der Linie I und eine der Linie III unterstellt.
Sie haben ihren Sitz ausschließlich in der ehemaligen amerikanischen Besatzungszone in Westdeutschland.
Den Generalvertretungen nachgeordnet sind die sogenannten Bezirksvertretungen, BV, die je nach den Erfordernissen gebildet und in Abteilung I und III, Spionage und Abwehr, oder II und III, Sabotage und Abwehr, gegliedert sind und ihren Sitz gleichfalls in Westdeutschland haben.
Ihnen obliegt die Aufgabe, die Arbeit der ihnen unterstellten Untervertretungen, UV, die spezialisiert auf dem Gebiet der Spionage, Sabotage oder Abwehr arbeiten, zu steuern.
Die untersten operativen, von den Untervertretungen gelenkten Einheiten sind die Filialen, die nach den Aufgaben ihrer jeweiligen Untervertretungen arbeiten.
Von den Untervertretungen, insbesonders aber von den Filialen wurden die angeworbenen Agenten entweder direkt oder durch den Gruppenleiter, V-Mann-Führer, dem etwa zehn Agenten zugewiesen werden, angeleitet.
Die Filialen haben ihren Sitz sämtlich in West-Berlin, um unter Ausnutzung der für ihre Aufgaben günstigen Lage, Agenten und Provokateure in die Deutsche Demokratische Republik zu entsenden und die Anwerbung und Berichterstattung der in der Deutschen Demokratischen Republik ansässigen Agenten zu erleichtern.
Bei dieser Struktur handelt es sich jedoch um kein starres System, sondern es ist jederzeitigen Änderungen unterworfen.
Den übergeordneten Stellen ist es möglich, besonders bedeutsame Untervertretungen, Filialen und Agenten direkt anzuleiten.
Neben den genannten Spionagesteilen unterhält die Organisation Gehlen noch eine Anzahl technischer Spezialabteilungen.
Für die hauptamtlichen Mitarbeiter besteht in Westdeutschland eine Agentenschule, in der sie in gewissen Zeitabständen zu 14-tägigen Lehrgängen einberufen und für ihre spionagedienstliche Tätigkeit geschult werden.
Außerdem sind mehrere Geheimfotolabors eingerichtet, so unter anderem eines in West-Berlin.
Eine in Westdeutschland bestehende Spezialabteilung, G-Wesen, hat die Aufgabe, Agenten, die in die Deutsche Demokratische Republik und in fremde Länder eingeschleust werden sollen, mit den hierzu erforderlichen gefälschten persönlichen Dokumenten und den übrigen zur Tarnung benötigten Gegenständen auszustatten.
Dies geschieht auf Grund von Originalmaterialien, die von Agenten beschafft werden.
In Westdeutschland besteht ferner ein Laboratorium für technische Apparate.
In West-Berlin ist eine Abteilung für Funkwesen eingerichtet, die für die Funkarbeit der Spionageorganisation verantwortlich ist, mehrere Funkausbilder zur Seite hat und Agenten im Funkwesen ausbildet und fortlaufend schult.
Sämtliche Dienststellen der Organisation Gehlen arbeiten illegal und streng konspirativ, wobei sie sich zur Tarnung der Bezeichnung von Handelsfirmen bedienen.
So verbarg sich bis vor kurzem hinter der Bezeichnung "Georg Gottschalk & Co, Asphalt und Teer" die Spionagezentrale in München und unter der Tarnbezeichnung "Firma Ernst Meißner & Co., Grob- und Feinkeramik" die "Generalvertretung III" Abwehr in Karlsruhe, während sich eine in Stuttgart bestehende Bezirksvertretung unter der Bezeichnung "Firma Wachsmut" tarnte und eine Bezirksvertretung in Hamburg als "Firma Kühn" in Erscheinung trat.
Unter der Firma "Erwin Bonder & Co." verbarg sich die Untervertretung, die von dem Angeklagten, äh, die der von dem Angeklagten Haase geleiteten Filiale 120 A übergeordnet war.
Die Filiale X 9592 war durch die Bezeichnung "Firma Nordland" getarnt.
Das in West-Berlin bestehende Fotolabor führte die Bezeichnung "Unionsversicherung Berlin".
Die Beweisaufnahme hat eindeutig gezeigt, in welchen starkem Maße sich die im Geheimdienst Gehlen hauptamtlich beschäftigten Mitarbeiter aus ehemaligen faschistischen Spionage- und Abwehroffizieren, Angehörigen des hitlerischen Sicherheitsdienstes, SS-Führern und ehemaligen Berufsoffizieren zusammensetzen.
Zum Beispiel war der als Leiter der Filiale 120 A eingesetzte Angeklagte Haase Berufsoffizier und Bataillons- und Regimentskommandeur in der faschistischen Wehrmacht.
Die bei dem dem Angeklagten Haase über-, die dem dem Angeklagten Haase über geordnete Untervertretung wurde von einem mit dem Ritterkreuz ausgezeichneten ehemaligen Sturmbannführer der Waffen-SS geleitet, der in der Organisation die Decknamen Brandlor, Kerner, Hortnann, Holten und Brenner führte.
Der Leiter einer Bezirksvertretung, der der, Decknamen Reckenstein führte, war höherer Abwehroffizier im ehemaligen Generalstab des Oberkommandos der faschistischen Wehrmacht, während die unter der Bezeichnung "Firma Schlosser" getarnte Untervertretung dem Mitarbeiter Westphal alias Donner, einem ehemaligen Waffenoberstleutnant, unterstand.
Eine andere Untervertretung wurde von einem unter dem Decknamen "Thüssen" bekannten ehemaligen Hauptmann der Nachrichtentruppe und dessen Vertreter Gröter, Deckname, einem ehemaligen SS-0ffizier, geleitet.
Der frühere SS-Untersturmführer Schnuppe wurde in dieser Spionagedienststelle als Gruppenleiter eingesetzt.
Der ehemalige Personalchef im Hitler-, äh, im Generalstab Hitlers, General Kleikamp (Deckname Kleier) war der Leiter der unter der Reklamefirma "Werbezentrale Berlin" getarnten zentralen Kurier- und Meldezentrale.
Die im Dienst der Geheimorganisation Gehlen tätigen Agenten werden, entsprechend ihrer Vorbereitung, Eignung, Tätigkeit und ihren Kenntnissen in Tipper, Forscher, Heranholer, Quellen, Kuriere und Funker unterteilt.
Die Tipper machen auf Personen aufmerksam, die für den Geheimdienst nützlich sein können.
Die Tätigkeit der Forscher erstreckt sich auf die umfassende Feststellung der persönlichen Verhältnisse und Neigungen, der von den Tippern benannten Personen.
Als Heranholer werden Agenten bezeichnet, die die zur Anwerbung vorgesehenen Personen dem Leiter der Filiale beziehungsweise dem Gruppenleiter in West-Berlin zuführen, nachdem das Ergebnis der Forschung sie hierfür geeignet erscheinen lässt.
Bei den Quellen handelt es sich um den Kreis der Agenten, der sich auftragsgemäß durch eigene Beobachtungen über die den Geheimdienst interessierenden Objekte informiert und über die getroffenen Feststellungen Berichte erstattet.
Diese Quellen sind, entsprechend ihrer gesellschaftlichen Stellung und Funktion und den sich daraus ergebenden Spionagemöglichkeiten untergliedet, untergliedert in Penetrierungsquellen, vorantwortliche Mitarbeiter in den Staats- und Wirtschaftsorganen, die in der Lage sind, wertvolles Spionagematerial zu liefern.
Überprüfungsquellen sind Agenten, die auf Grund der Lage ihrer Wohnung, ihres Arbeitsplatzes oder sonstiger Möglichkeiten in der Lage sind, die interessierenden 0bjekte direkt zu beobachten und auszuspionieren.
Reisequellen sind Agenten, die in Folge ihrer beruflichen Tätigkeit reisen unternehmen und sich dabei über wirtschaftlichen und gesellschaftlichen und sonstigen Vorkommnisse in dem von ihnen bereisten Gegenden informieren können.
Als IIIer-Quellen werden die Agenten bezeichnet die bei der Volkspolizei, KVP, oder bei den Sowjetischen Dienststellen tätig sind und Informationen aus ihrem Arbeitsbereich liefern.
S-Quellen haben die Aufgabe Spionageverbindungen zur Sowjetunion und den Volksdemokratien aufzunehmen.
Kuriere unterhalten die Verbindung zwischen Quelle und Filiale.
Bei den Funkern handelt es sich um im Funkwesen und im Geheimschlüsselverfahren, äh, Geheimverschlüsselungssystem ausgebildet Agenten, die Funkgeräte erhalten und auf diesem Wege Spionagematerial übermitteln.
Die Grundlage für die Durchführung der verbrecherischen Tätigkeit der Spionageorganisation Gehlen ist ein ausgedehntes Agentennetz zur Erlangung von Informationen.
Die Anwerbung geeigneter Agenten und deren Sicherung ist daher von großer Bedeutung.
Sie wird streng konspirativ und einem bis ins Einzelne gehende System von Tarnungs- und Vorsichtsmaßnahmen durchgeführt.
Die Agentenwerbung ist grundsätzlich an keinem bestimmten Personenkreis gebunden.
Es werden jedoch Personen, bevorzugt Personen angeworben, die dafür wegen ihrer antidemokratischen oder faschistischen Einstellung oder Vergangenheit besonders geeignet erscheinen.
Für die Spionage- und Sabotagetätigkeit werden aber auch asoziale und kriminelle Elemente angeworben.
Ganz besonderes Interesse besteht andererseits an der Werbung von Personen, die in den Organen der Regierung, Verwaltung, Wirtschaft und in den politischen Organisationen tätig sind und auf Grund der von ihnen ausgeübten Funktion die Möglichkeit der Einsichtnahme in geheim zuhaltende und vertraulich zu behandelnde Unterlagen haben und von denen bekannt ist, dass sie in ihrer politischen Haltung schwankend sind.
Eine ganz besonders gefährliche Methode der Anwerbung besteht darin, dass sie unter der Tarnung nationale Befreiung und unter Missbrauch des Nationalbewusstseins deutscher Menschen und in spekulativer Absicht auf ihrer, auf ihren Patriotismus durchgeführt wird.
Diese Methode, die bevorzugt gegenüber Umsiedlern angewendet wird, ist eine der hinterhältigsten Formen der Ausnutzung der Gefühle von Menschen, bei denen auf diese Weise ganz bewusst der Chauvinismus und Revanchismus geschürt und unter dem Hinweis einer möglichen Rickkehr, Rückkehr in ihre alte Heimat die Bereitschaft zur Agententätigkeit geweckt wird.
Ihren Ausdruck findet sie in der von dem Angeworbenen zu unterschreibenden Verpflichtungserklärung, in der es heißt: "In der festen Überzeugung, dass die bolschewistische Unterdrückung meiner Heimat nur durch entschlossenes Handeln aller anständigen Männer und Frauen begegnet werden kann, übernehme ich heute anlässlich meines endgültigen Eintritts in die Organisation folgende feierliche Verpflichtung..."
Die hauptamtlichen Mitarbeiter haben wie die übrigen Agenten neben ihren speziellen Aufgaben den allgemeinen Auftrag, alle Möglichkeiten und Anzeichen für eine neue Agentenwerbung wahrzunehmen.
So geben die von den Tippern erhaltenen Hinweise Veranlassung, eine eingehende Forschung über die privaten Verhältnisse der betreffenden Personen, ihre politische Einstellung und charakterlichen Eigenschaften durchzuführen, ohne dass die infrage kommende Person hiervon überhaupt Kenntnis hat.
Fällt das Forschungsergebnis im Sinne des Geheimdienstes positiv aus und hat eine Personalanfrage bei der Generaldirektion keine Bedenken ergeben, erfolgt die Ansprache in der Form einer direkten Unterhaltung, die entsprechend den privaten Gepflogenheiten des, der anzusprechenden Person sorgfältig vorbereitet und grundsätzlich in West-Berlin durchgeführt wird.
Ergibt die Ansprache eine Bereitschaft zu einer Agententätigkeit, so erfolgt die direkte Anwerbung.
In der Agentenwerbung ist der Geheimdienst durch seine, insbesondere in West-Berliner Organisationen und Verwaltungsdienststellen tätigen Vertrauensleute, durch Zuführung geeignet erscheinender Personen unterstützt.
Ein weiteres Mittel der Agentenanwerbung bei festgestellter wirtschaftlicher Notlage oder bei Ermittlung charakterlicher Schwächen wie Trunksucht und sonstiger Verirrungen, ist des Angebot von Geld und die Anwendung von Druckmitteln.
Auch die von der USA unter heuchlerischen Phrasen veranstaltete Bettelpaketaktion, eine Forn der Führung des Kalten Krieges, diente der Anwerbung von Agenten.
So äußerte der hauptamtlich angestellte Agent Paulberg, Deckname, dem Zeugen Kranz gegenüber, dass er während der Paketaktion an einem Tag ein paar fette Brocken erwischt hätte.
Unter den Tarnbezeichnungen "Tiefe und Forschung" und Aktion "Pfiffikus" verbergen sich eine Ausdehnung der Agententätigkeit in das Ausland dienende Methoden der Werbung.
Während die Aktion "Pfiffikus" die Werbung nachdrücklich insbesondere auf Personen aus der Wirtschaft, Facharbeiter und Ingenieure sowie auf Studenten und Mitglieder kultureller Institutionen, die Reisen in andere Länder unternehmen, vorsieht, erstreckt sich die Werbung "Tiefe und Forschung" direkt auf die Bürger anderer Nationen.
In Durchführung der Aktion "Pfiffikus" wurde zum Beispiel der Filiale X 9592 der "Plan 1953" für die Teilnahme für Fachleute aus der SBZD an Tagungen der ständigen Kommission des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe, Sessionen und Beschlüsse, und für längere Aufenthalte auf Grund der Beschlüsse übersandt, in dem die Zahl der Teilnehmer, die Dauer des Aufenthaltes und die zu bereisenden Länder Polen, Tschechoslowakei, Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Sowjetunion, Albanien und China verzeichnet waren.
Auch die Aktion "Hermes" diente der Ausdehnung der Spionage auf das Ausland, indem insbesondere aus der Sowjetunion kommende Heimkehrer oder Fachkräfte, die dort gearbeitet hatten, über die ihnen durch ihren Auslandsaufenthalt bekanntgewordenen Verhältnisse ausgefragt werden sollten.
Die Tarnung und Sicherung der angeworbenen Agenten erfolgte in der Weise, dass sie einen Decknamen und nach bestandener Probezeit eine von der Generaldirektion zugewiesene Decknummer, in besonderen Fällen sogar einen auf ihren Decknamen ausgestellten Personalausweis erhielten.
Besonders bedeutungsvolle Mitarbeiter und Agenten erhielten eine Sicherheitsnotnummer, die sie bei eventuellen Festnahmen durch West-Berliner Polizei berechtigte, jegliche Angaben zu verweigern, die Herbeirufung eines amerikanischen Offiziers des CIC zu fordern, dem gegenüber die Notnummer genannt wurde und der daraufhin die Einstellung aller Untersuchungshandlungen veranlasste und etwaige vorhandene Unterlagen vernichtete.
Charakteristisch hierbei ist, dass diese Notnummer nur im amerikanischen Sektor von Berlin benutzt werden durfte.
In regelmäßigen Abständen wurden die Agenten durch ihre Gruppenleiter, V-Mann-Führer, allgemein in der Spionagetechnik, vorwiegend an Hand der ihnen erteilten Aufträge in West-Berlin geschult.
Besonders wichtige Agenten wurden auf kurzen Lehrgängen in Westdeutschland von Sachbearbeitern der Generaldirektion in sogenannten Gästehäusern weiter ausgebildet.
Aus Gründen der Sicherheit besteht auch innerhalb der Organisation Gehlen von den Agenten bis zur Generaldirektion ein tief gegliedertes Meldesystem.
Die von den Agenten getroffenen Feststellungen wenden, werden entweder von ihnen selbst in West-Berlin dem Gruppenleiter, V-Mann-Führer, mündlich berichtet oder aber auf dem Postwege unter Verwendung von Geheimtinte, die von der vorgesetzten Spionagestelle ausgegeben wird, übermittelt.
Außer dieser direkten Verbindung zwischen den Agenten und ihren Auftraggebern besteht die Zwischenschaltung eines Kurierweges in der Form, dass die Agenten ihre Berichte einer ihnen genannten Deckadresse übersenden.
Von dort werden die Berichte durch einen Kurier abgeholt und dem Auftraggeber überbracht.
Die Inhaber der Deckadressen sind über die Art und den Inhalt der ihnen übergebenen Berichte nicht informiert.
Sie haben ihre Anschrift zur Verfügung gestellt, weil ihnen erklärt wurde, dass in der Deutschen Demokratischen Republik wohnende Angehörige von nach Ber-, West-Berlin geflüchteten Personen Bedenken hätten, auf direktem Wege dem Geflüchteten zu schreiben und im Rahmen der Flüchtlingshilfe um die Vermittlung einer neutralen Anschrift gebeten hätten.
Außerdem besteht das System der Telefonbriefkästen.
Es handelt sich hierbei um einen dem Agenten bekanntgegebenen Telefonanschluss einer mit dem Auftraggeber in Verbindung stehenden Person, bei der sich unverhofft in Berlin, West-Berlin eintreffende Agenten telefonisch melden und ihre Anwesenheit anzeigen.
Der Gruppenführer, der täglich bei dem Telefonbriefkasten fernmündlich nachfragt, ob eine Nachricht für ihn eingegangen sei erfährt auf diese Weise von der Anwesenheit des Agenten, so dass eine Zusammenkunft an einem für solche Fälle vorgesehenen Treffpunkt möglich, ermöglicht wird, ohne dass der Inhaber des Telefonbriefkastens die seine Vermittlung in Anspruch nehmenden Personen kennt.
Zur Weitergabe der von den Untervertretungen und Filialen an die vorgesetzte Dienststelle zu erstattenden Berichte über die Ergebnisse der Tätigkeit ihrer Agenten existiert in West-Berlin eine sogenannte Meldezentrale unter der Leitung des ehemaligen Generals Kleikamp, Deckname Kleier.
Die Meldezentrale überbringt die für die Dienststellen in Westdeutschland bestimmte Post einem Verbindungsmann der Military Post, amerikanische Feldpost, die in versiegelten Postsäcken der Military Post die Kurierpost des Geheimdienstes Gehlen auf dem Luftwege mit Militärflugzeugen nach Frankfurt am Main befördern lässt.
Dort wird die Post aussortiert und an die jeweiligen Bezirks- und Generalvertretungen oder auch direkt an die Generaldirektion weitergeleitet.
Auf dem gleichen Wege wird auch die Verbindung der zentralen Nachrichtendienststellen in Westdeutschland zu den unteren operativen Spionagestellen aufrechterhalten.
Außerdem bestehen bei den einzelnen Spionagedienststellen Sicherheitskalender, die eingehende Verhaltungsmaßregeln für die Sicherheit der Agenten enthalten.
Für jeden Agenten wird ein besonderes Warnsystem ausgearbeitet, um im Falle einer drohenden Festnahme eines Agenten ihn und die ihm bekannten weiteren Agenten rechtzeitig warnen zu kennen und andererseits sofort von einer erfolgten Festnahme Kenntnis zu erhalten.
Ferner existiert die Einrichtung des toten, der toten Briefkästen, die insbesondere auf Grund der im Zusammenhang mit den Ereignissen des 17. Juni 1953 erforderlichen Maßnahmen und der dadurch bedingten zeitweiligen Unterbrechung der Agentenverbindungen geschaffen wurde mit dem Ausblick, bei ähnlichen Ereignissen insbesondere jedoch im Kriegsfall dennoch die Verbindung aufrecht zu erhalten.
Tote Briefkästen werden an unauffälligen Stellen, zum Beispiel Friedhöfen, Parkanlagen und so weiter unter Zuhilfenahme von vereinbarten Zeichen festgelegt.
Hier muss der Agent zu einem vorher festgelegten Zeitpunkt seinen Bericht ablegen, den ein Kurier zu einem anderen ebenfalls genau festgelegten Zeitpunkt von dort abholt und entweder direkt nach West-Berlin bringt oder aber nach Eintritt des Kriegsfalles einem als Funker tätigen Agenten zur Durchgabe an die Funkzentrale der Spionageorganisation übermittelt.
Auf diese Weise wird jedes überflüssige und gefährliche persönliche Kennenlernen der beteiligten Personen vermieden.
Neben der verstärkt betriebenen Anlage von toten Briefkästen ging die Organisation Gehlen mit Nachdruck dazu über in der Deutschen Demokratischen Republik ein überlagerndes Funknetz einzurichten, das einmal der zusätzlichen Sicherung der Nachrichtenverbindungen zwischen den Quellen und den Spionagestellen in West-Berlin und Westdeutschland dienen sollte, insbesondere aber dazu bestimmt war, für den sogenannten E-Fall, Ernstfall, eingesetzt zu werden.
E-Fall, gleich Ernstfall, bedeutete nach den von der Generaldirektion herausgegebenen Richtlinien, wie den Mitarbeitern und Agenten der Organisation bekannt war, Beginn eines Krieges, der Kriegsfall.
Der Vorbereitung auf den E-Fall, gleich Ernstfall, gleich Kriegsfall, diente auch die nach den Anweisungen der Spionageorganisation bis Ende Dezember 1953 durchzuführende Anlage von Drahtschleusen, geheimen Telefonverbindungen zwischen West-Berlin und dem demokratischen Sektor von Berlin, um auf diese Weise die Übermittlung der Spionageberichte über telefonische Leitungen sicherzustellen.
Wie intensiv und planmäßig die Vorbereitungen für den E-Fall getroffen wurden, ergibt sich aus den Aussagen des Angeklagten Schmidt und des Zeugen Grabe.
Schmidt als Netzführer der in seiner Wohnung befindlichen Funkgeräte wurde, wurde beauftragt, da im Kriegsfall mit seiner Einberufung als Soldat zu rechnen sei, Vorschläge für einen stellvertretenden Netzführer zu unterbreiten, der nach Möglichkeit körperbehindert sein sollte und bei dem daher nicht die Gefahr bestand, als Soldat einberufen zu werden.
Aus dem gleichen Grunde wurde auch der wegen seiner Kriegsversehrtheit als Soldat nicht wieder verwendungsfähige Zeuge Grabe von der Spionageorganisation als Funker angeworben und ausgebildet.
Dem Angeklagten Schmidt sollte außer den in seinem Besitz befindlichen Funkgeräten auch noch ein drittes von ihm sicher einzugrabendes Ersatzgerät übergeben werden für den Fall, dass die anderen Geräte durch Kriegseinwirkungen ausfallen sollten.
Die Beweisaufnahme hat weiter ergeben, dass die Organisation Gehlen nicht nur mit Billigung, sondern mit direkter Unterstützung und Finanzierung der Vereinigten Staaten von Amerika und in Übereinstimmung mit der amerikanischen Politik der Stärkung des deutschen Imperialismus und des Adenauer-Regimes ihre verbrecherische Tätigkeit ausübt.
Schon die Tatsache, dass diese verbrecherische Organisation bereits im Jahre 1946 gegründet wurde, ist ein Beweis hierfür.
Zu dieser Zeit unterlagen sämtliche Organisationen einer strengen Kontrolle der jeweiligen Militärregierung und die Neugründung einer Organisation konnte ohne Wissen und Wollen der zuständigen Besatzungsmacht nicht vorgenommen werden.
Auch der Umstand, dass Gehlen zum Umbau, Aufbau der Organisation Kräfte heranziehen durfte, die wegen ihrer militaristischen und faschistischen Vergangenheit nach den Grundsätzen des Potsdamer Abkommens zu mindestens schärfstens zu überwachen und aus dem öffentlichen Leben zu entfernen waren, ist eine Bestätigung dafür, dass die Amerikaner schon unmittelbar nach der Zerschlagung des Hitlerfaschismus in Vorbereitung der Durchführung des von ihnen verfolgten Zieles der Remilitarisierung Westdeutschlands die Gründung und den Aufbau der Organisation direkt unterstützt haben.
Die der Organisation Gehlen unmittelbar gewährte Hilfe und Unterstützung durch die USA ist ferner bewiesen, durch die Tätigkeit von Verbindungsoffizieren des amerikanischen Geheimdienstes in der Generaldirektion in München.
Bei den der Spionageorganisation zur Verfügung gestellten technischen Mitteln, wie Funkausrüstungen handelt es sich um amerikanisches Material.
Die dem Angeklagten Schmidt als Netzführer übergebenen Funkgeräte, die Gegenstand der Beweisaufnahme waren, sind amerikanische Spezialgeräte mit der Inschrift "Made in USA".
Auch das dem Angeklagten Hasse zur Verfügung gestellte Kabel für die Anlegung einer Drahtschleuse ist amerikanisches Fabrikat.
In der Filiale 120 A wurden zur Instruktion der Agenten Landkarten amerikanischer Herstellung verwendet.
Die Personalakten der hauptamtlichen Mitarbeiter und die Fragebogen der Agenten und deren Verpflichtungserklärungen wurden in einer amerikanischen Dienststelle in München aufbewahrt.
Sämtliche Dienstreisen der hauptamtlichen Mitarbeiter der Organisation Gehlen zwischen den Dienst-, äh, zwischen den Geheimdienststellen in Westdeutschland und West-Berlin erfolgten auf dem Luftwege in amerikanischen Flugzeugen auf Airlift-Order und die Weiterreise mit der Bahn in Westdeutschland auf Travel-Order.
Die Beförderung der Agentenpost wurde mit amerikanischen Militärflugzeugen durchgeführt.
Die Filialen der Spionageorganisation in West-Berlin wurden von Offizieren des amerikanischen Geheimdienstes CIC hinsichtlich der Führung und Aufbewahrung von Geheimdokumenten und Materialien kontrolliert.
Ihre Anweisungen mussten befolgt werden.
Die Offiziere des amerikanischen Geheimdienstes CIC traten bei West-Berliner Polizeibehörden offiziell als Schutzmacht für die mit einer Notnummer ausgestatteten Mitarbeiter der Spionageorganisation Gehlen auf.
Auserwählten Kräften des Mitarbeiterstabes der Organisation Gehlen wurden Reisen in die USA zum Studium der Organisation und der Arbeitsmethoden der FBI, amerikanischen Bundespolizei, ermöglicht.
War in Anweisungen der übergeordneten Spionagestellen auf befreundete Seite Bezug genommen, so war dies für die Mitarbeiter der Organisation der Hinweis, dass es sich um einen direkten Auftrag der Amerikaner handelte.
Auch die von dem Geheimdienst Gehlen mit Nachdruck geforderte Schaffung einer Drahtverbindung zwischen den Westsektoren und dem amer-, und dem demokratischen Sektor Berlins war von den Amerikanern angeordnet.
Ferner wurde die Organisation Gehlen, die zur Aufrechterhaltung und Erweiterung ihres Spionageapparates monatlich Millionensummen benötigte, selbst die Agenten bezogen monatliche Festgehälter von 100 bis 200 Westmark, fast ausschließlich vom Amerikaner finanziert.
Der Zeuge Höher hat bekundet, dass die Finanzierung zu etwa 99 Prozent aus amerikanischen Geldern erfolgt und im Übrigen von westdeutschen Wirtschafts- und Regierungsstellen vorgenommen wurde.
Von dem Chef Bensinger alias Leidl der General-Vertretung in Karlsruhe hat er Kenntnis, dass dieser zu einer Etatbesprechung zu den Amerikanern bestellt worden war.
Bei allen leitenden Mitarbeitern war die finanzielle Abhängigkeit von Amerika eine Selbstverständlichkeit.
Dem Angeklagten Haase wurde anlässlich der Abrechnung über die Gelder der Filialen 120 A und D angeraten, hierbei besonders sorgfältig zu verfahren, da der Amerikaner darin sehr gewissenhaft sei.
In einer diesem Angeklagten bekannt gewordenen schriftlichen Anweisung über die Kürzung der von den Filialen benötigten Mittel wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die amerikanischen Geldmittel teilweise eingeschränkt seien.
Diese Tatsachen offenbaren, dass die Organisation Gehlen das Werk des amerikanischen Imperialismus ist, von ihm nicht nur gebilligt, sondern direkt unterstützt, geleitet und finanziert wurde.
Außerdem stand die Organisation Gehlen durch einen Stab von Vertrauensleuten in enger Verbindung zur Regierungs- und Verwaltungsstellen in Westdeutschland und West-Berlin.
Darüber hinaus wurden sie, wie der Zeuge Höher bekundet, zu einem Teil von westdeutschen Wirtschafts- und Regierungsstellen unterstützt.
Entsprechend der von den USA und der Adenauer-Regierung betriebenen Politik der Remilitarisierung und Einbeziehung Westdeutschlands in die sogenannte Europäische Verteidigungsgemeinschaft, der Herstellung der Vormachtstellung des wiedererstandenen deutschen Imperialismus unter den europäischen kapitalistischen Staaten, verfolgt die Organisation Gehlen als Werkzeug des amerikanischen Imperialismus und der westdeutschen Militaristen das Ziel, durch eine umfassende, in erster Linie gegen die Deutsche Demokratische Republik gerichtete Spionagetätigkeit einen neuen Krieg, der ein Bruderkrieg zwischen Deutschen im Osten und Westen unseres Vaterlandes sein würde, vorzubereiten.
Diese Spionagetätigkeit erstreckte sich auf alle Gebiete des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens der Deutschen Demokratischen Republik sowie auf die Erkundung der Wirtschaftsstruktur, Wirtschaftsplanung, Planerfüllung.
Es sollte über den Staats- und Verwaltungsapparat, die politischen Parteien, Organisationen, über deren personelle Besetzung, über die Behandlung politischer Tagesfragen, über die Auswirkungen des neuen Kursus und die Stimmung der Bevölkerung berichtet werden.
Besonderes Interesse bestand an bis in alle Einzelheiten gehenden Berichten über die Volkspolizei, die Kasernierte Volkspolizei und die Rote Armee.
Das wirtschaftliche Potential sollte insbesondere in Hinblick auf seine Ausnutzungsmöglichkeiten in einen künftigen Krieg erkundet worden, inwieweit in der Deutschen Demokratischen Republik ein Mangel an Gütern bestand, besteht, die in Wege der Einfuhr, insbesondere aus westlichen Ländern beschafft werden müssten und welche Ersatzmaterialien hierfür aus der Sowjetunion und den volksdemokratischen Ländern zur Verfügung stehen.
Es sollte damit eine Sperrung der Einfuhr von aus westlichen Ländern eingeführten Gütern und eine Schwächung der Deutschen Demokratischen Republik für den Kriegsfall erreicht werden.
Außerdem richtete sich die Spionagetätigkeit gegen die zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und Westdeutschland bestehenden wirtschaftlichen Beziehungen mit den Ziele, dass von den Amerikanern befohlene Embargo in vollen Umfange durchzuführen und die in direkten Handelsbeziehungen zur Deutschen Demokratischen Republik stehenden westdeutschen oder West-Berliner Firmen durch entsprechende Hinweise und Aufträge an die in Wirtschafts-, Verwaltungs- und Regierungsapparat tätigen V-Männer im Falle der Aufrechterhaltung der Handelsbeziehungen wirtschaftliche Schwierigkeiten zu bereiten.
Darüber hinaus erstreckt sich die Spionagetätigkeit aber auch auf die Länder der Volksdemokratien Polen, CSR, Ungarn, Bulgarien, Rumänien und die Volksrepubliken Albanien und China, sowie auf die Sowjetunion.
Durch die Aktionen "Pfiffikus", "Tiefe und Forschung" und "Hermes" sollte die Möglichkeit geschaffen werden, die Verhältnisse dieser Länder auszuspionieren.
Die verbrecherische Tätigkeit erstreckte sich insbesondere, auch darauf, Agenten in die Volksdemokratien Polen und CSR zu entsenden.
Bereits im Jahre 1951 wurde ein Agent in die Volksdemokratie Polen eingeschleust, un dort Spionage- und Zersetzungsarbeit zu treiben.
Der Zeuge [anonymisiert], der in der Nähe der deutsch-tschechoslowakischen Grenze wohnt, sollte in Herbst 1953 dazu bestimmt werden, die Möglichkeiten illegaler Grenzübergang zu erkunden und einen Bürger der CSR für eine Agentenanwerbung vorzubereiten und dadurch die Möglichkeit einer Übergangsstelle für Agenten zu schaffen.
Außerdem ist festgestellt worden, dass die Organisation Gehlen auch in Frankreich ein Agentennetz unterhält.
Dieses Spionagenetz war insbesondere zu dem Zweck geschaffen, um die gegen die Ratifizierung des EVG-Vortrages arbeitenden patriotischen Kräfte kennenzulernen und nach Möglichkeit auszuschalten.
Ferner ist festgestellt, dass die Organisation Gehlen Vorbereitungen zur Durchführung eines neuen Tages X in der Deutschen Demokratischen Republik für das Frühjahr 1954 getroffen hat.
Der Schwerpunkt der Vorbereitung hierfür sollte eine Zersetzungsarbeit innerhalb der Kasernierten Volkspolizei, der Staatssicherheit, des Staatssekretariats für Staatssicherheit und der Roten Armee sein, un die Angehörigen dieser Institutionen von einen Einsatz gegen die Putschisten abzuhalten.
Darüber hinaus war beabsichtigt, für die Vorbereitung des Putsches die Vertreter der einzelnen Terror- und Sabotageorganisationen, der Ostbüros, politischer Parteien, Angehörige der Bonner Regierung, des West-Berliner Magistrats und Vertreter der Industrie zu einer Konferenz nach Frankfurt am Main zusammenzurufen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass mit der von den amerikanischen Imperialisten gezüchteten und mit Hilfe westdeutscher faschistischer und militaristischer Kräfte geleiteten Organisation Gehlen in Westdeutschland eine in ihren Aufgaben, ihrer Struktur und ihrer Arbeitsmethode dem ehemaligen deutschen faschistischen Geheimdienst gleichartige Spionageorganisation entstanden ist, die ein umfangreiches Agentennetz in Deutschland unterhält und in Europa aufzubauen versucht.
Sie ist dazu bestimmt, durch Spionage- und Zersetzungsarbeit die Einheit Deutschlands zu verhindern und einen neuen Krieg zu vorzubereiten, der sich gegen die Deutsche Demokratische Republik und darüber hinaus gegen die friedliebende Sowjetunion und die Volksdemokratien aber auch gegen Frankreich richten soll, falls es den patriotischen Kräften in Frankreich Gelingen sollte die Ratifizierung des EVG-Vertrages zu verhindern.
In diesen Verfahren sind angeklagt:
1. Haase, Werner
Der 36-jährige Angeklagte entstammt bürgerlichen Verhältnissen.
Sein Vater, jetzt Rentenempfänger, ist von Beruf Diplom-Ingenieur und leitete bis zum Jahre 1952 eine technische Privatschule in Berlin.
Der Angeklagte wurde von seinen Eltern, die der früheren Deutsch-Nationalen Partei sympathisierend und den Hitler-Regime wohlwollend gegenüberstanden, der Vater war im Ersten Weltkrieg Offizier, in bürgerlichen Sinne erzogen.
Von 1921 bis 1935 besuchte er die Volks-und Realschule.
Seine Schulzeit beendete er mit den Abitur.
Danach neidete er sich freiwillig als Fahnenjunker bei einen Infanterieregiment der faschistischen Wehrnacht.
Nachdem er von 1936 bis 1937 die Kriegsschule in München, einen Lehrgang der Infanterieschule in Döberitz und im Jahre 1938 einen Ausbildungslehrgang für Funker und Fernsprecher der Heeresnachrichtenschule in Halle/Saale besucht hatte, erfolgte in Jahre 1939 seine Beförderung zum Leutnant.
Bei Beginn des Zweiten Weltkrieges nahm er an den faschistischen Überfall auf Polen teil, erhielt das EK II. Klasse, wurde an 1. Oktober 1939 zum Oberleutnant befördert und als Ordonanzoffizier zu den Stab seines Regiments versetzt.
In Regimentsstab nahm er an den Kämpfen in Frankreich teil.
Im Jahre 1941 wurde er als Kompanieführer eingesetzt.
Der Angeklagte war auch an den Überfall auf die Sowjetunion und dessen geheimer Vorbereitung beteiligt.
In August 1942 wurde er zum Hauptmann befördert.
Für seine überdurchschnittlichen kämpferischen Einsatz bei den Abwehrkämpfen am Wolchow erhielt er das Eiserne Kreuz 1. Klasse, das Deutsche Kreuz in Gold und die Ostmedaille.
Er kannte den von der faschistischen Wehrnacht herausgegebenen Befehl, durch den die Erschießung gefangener sowjetischer Polit-Offiziere verlangt wurde.
In September 1943 wurde er Major und übernahm ein Infanterie-Bataillon.
Nachdem auf den Rückzug sein Regimentskommandeur gefallen war, befehligte der Angeklagte als dienstältester Bataillonskommandeur das Regiment bis April 1944.
Er kehrte dann zu seinen Bataillon zurück, das auf dem Rückzug, soweit dies möglich war, in der Sowjetunion insbesondere Eisenbahnlinien, Telefonverbindungen und Brücken zerstörte.
Auf Grund einer Verwundung kam der Angeklagte nach Deutschland zurück und in ein Lazarett nach Holstein.
Im Mai 1945 geriet er in englische Kriegsgefangenschaft, aus der er im August 1945 entlassen wurde.
Bis 1946 blieb er mit seiner Familie in Holstein, kehrte dann nach Berlin zurück und legte nach zweijährigen Studium bei seinem Vater die Prüfung als Maschinenbauingenieur ab.
Von 1948 bis 1952 war der Angeklagte in der Schule seines Vaters, die zu diesem Zeitpunkt wegen finanzieller Schwierigkeiten erschlossen wurde, als Dozent tätig.
Auf Grund der Kenntnis, dass die Zollbehörde in West-Berlin ehemaligen, ehemalige Berufssoldaten für die mittlere Beamtenlaufbahn einstellte, bewarb sich der Angeklagte dort und wurde ab 15. September 1952 als Zollassistent eingestellt.
Diese Tätigkeit übte er bis zum 28. Mai 1953 beim Zollgrenzdienst im Gebiet von Rudow aus.
Vor und nach 1945 war der Angeklagte gesellschaftlich nicht organisiert.
Nach seinen Angaben hatte er zu dem Hitler-Regime eine positive Einstellung.
Während seiner Tätigkeit beim Zollgrenzdienst bewarb sich der Angeklagte Haase, der auch nach 1945 seiner nazistisch-militärischen Einstellung treugeblieben war, um Aufnahme in das deutsche Kontingent der Europa-Armee bei der Dienststelle Blank.
In seinem Gesuch von Dezember 1952 bat er um Einstellung als Major und Bataillonskommandeur.
Etwa 14 Tage später erhielt er von der Dienststelle Blank die Mitteilung, dass seine Bewerbung registriert sei, dass aber bis zur Ratifizierung des EVG-Vertrages Einstellungen nicht vorgenommen würden.
In April 1953 meldete sich bei dem Angeklagten ein gewisser Brenner, der ihm erklärte, dass er von seiner Bewerbung bei der Dienststelle Blank erfahren habe.
Er befragte den Angeklagten, ob er als ehemaliger Offizier bereit sei, in Rahmen der Abwehr gegen die Gefahr aus den Osten in einer rein deutschen Abwehrorganisation, die in der Spitze mit dem amerikanischen Geheimdienst CIC zusammenarbeite, tätig zu werden.
Brenner bot dem Angeklagten dafür ein monatliches Gehalt von 400 Westmark an.
Er bemerkte dabei weiter, dass es später möglich sei ins westdeutsche Heer überzuwechseln, es käme auch die Zeit, in der die Abwehrorganisation legalen Charakter mit Militärdienstgraden erhalte.
Zunächst müsse die Arbeit jedoch in zivil geleistet werden.
Der Begriff der Abwehr sei nicht so wörtlich zu nehmen. Es handele sich im Wesentlichen un Spionage und die eigentliche Abwehr sei nur ein Teil der gesamten Aufgaben.
Der Angeklagte erklärte sich zur Mitarbeit bereit und unterschrieb eine Verpflichtung.
Er erhielt den Decknamen Heisler sowie eine Kennnummer und eine Notnummer.
Der Angeklagte begann seine verbrecherische Tätigkeit in der Filiale 120 D am 1. Juni 1953.
Der Leiter dieser Filiale hieß Schuster.
Der Leiter der zuständigen Untervertretung war Hartmann.
Die Tätigkeit des Angeklagten in der Untervertretung bestand darin, dass er die Post von der zu-, von der zentralen Deckadresse der Filiale abholte und bearbeitete.
Dazu gehörte die Weiterleitung der von den einzelnen Agenten übersandten Post, die Absendung der Treffprotokolle, die die Geheimnummern und Decknamen der Agenten und so weiter enthielten.
Die Aufgabe des Angeklagten bestand ferner in der Führung der Akten und des Brieftagebuches und in der Anfertigung von Fotokopien von Ausweispapieren aus der Deutschen Demokratischen Republik.
Er fotokopierte ferner von Agenten übergebene Stadtpläne und Kartenausschnitte und fertigte Zeichnungen von Spionageobjekten an.
Ab Juli 1953 erledigte der Angeklagte auch die finanzielle Abrechnung der Filiale mit den einzelnen Agenten.
Die der Filiale zugewiesene Geldmenge belief sich durchschnittlich auf 2.500 bis 3.000 Westmark monatlich.
Darüber hinaus stand der Filiale für Sonderfälle ein Sperrbestand von 1.000 Westmark und 600 Mark der Deutschen Notenbank zur Verfügung.
An 26. September 1955 wurde der Angeklagte von der Filiale 120 D zur Filiale 120 A versetzt.
Der Leiter dieser Filiale hieß Waller alias Ahrend, er war in der faschistischen Wehrmacht Unteroffizier und Ritterkreuzträger.
Durch Waller wurde der Angeklagte davon unterrichtet, dass die Filiale 120 A für Militärspionage in Raum Thüringen verantwortlich sei.
In dieser Filiale war der Angeklagte als stellvertretender Leiter tätig bis er sie an 1. November 1953 eigenverantwortlich übernahm.
Von den von ihm geleiteten Agenten erhielt er eine große Anzahl von Berichten über die in Raum Thüringen und Halle liegenden Objekte, die er an die Untervertretungen weiterleitete.
Er erweiterte den Kreis seiner Agenten in der Deutschen Demokratischen Republik erheblich und traf eine Reihe von Maßnahmen, die für den E-Fall, Kriegsfall, ermöglichen sollten, die Verbindung mit den Agenten aufrecht zu erhalten.
So ließ er eine große Anzahl toter Briefkästen in der Deutschen Demokratischen Republik und im demokratischen Sektor von Groß-Berlin anlegen.
Er sorgte dafür, dass die für die Filiale 120 A arbeitenden Agenten mit den nötigen Ausweispapieren, Geheimtinten und anderen Nachrichtenmaterial versorgt wurden und dass sie, für die Durchführung ihrer Spionagetätigkeit, über Sicherheitsmaßnahmen und die Möglichkeit einer sorgfältigen Tarnung geschult wurden.
Schließlich erhielt er den Auftrag, eine illegale Telefonverbindung von amerikanischen, zum demokratischen Sektor von Groß-Berlin herzustellen.
Bei der Durchführung dieses Auftrages wurde der Angeklagte verhaftet.
2. Schmidt, Karl-Heinz
Der 27-jährige Angeklagte entstammt einer Arbeiterfamilie.
Von 1932 bis 1940 besuchte er die Volksschule in Luckenwalde.
Anschließend lernte er den Beruf eines Drehers.
Im Jahre 1943 war er beim faschistischen Arbeitsdienst.
Im Oktober 1943 meldete er sich freiwillig zur Kriegsmarine.
Er besuchte die Torpedoschule in Flensboot, in Flensburg und die U-Boot-Schule in Pilau.
Danach meldete er sich freiwillig zum Einmann-U-Boot-Einsatz.
Durch das Kriegsende kam er jedoch nicht mehr zur Verwendung.
Der Angeklagte hatte zuletzt den Dienstgrad eines Gefreiten.
In Jahre 1945 kam er zunächst in englische und später in holländische Kriegsgefangenschaft, aus der er im Jahre 1946 zurückkehrte.
Anschließend hielt er sich auf der Insel Sylt auf und war dort bis zum Jahre 1947 als Abbrucharbeiter tätig.
Er kehrte dann in seine Heimat nach Luckenwalde zurück und arbeitete dort als Glaser.
Von Mai 1949 bis März 1950 war er als Diesel-Lokführer bei der Pirna "Rabe Hoch- und Tiefbau" beschäftigt und anschließend bis Juli 1952 bei der gleichen Firna in West-Berlin, die dort unter einen anderen Namen weiter existierte.
Anschließend nahm der Angeklagte wieder Beschäftigung als Glaser in Luckenwalde auf, die er bis zu seiner Festnahme ausübte.
Der Angeklagte war vor und nach 1945 gesellschaftlich nicht organisiert.
Bei seiner Arbeit auf einer West-Berliner Baustelle wurde der Angeklagte Schmidt von einem Agenten der Gehlen-Organisation namens Tretner kurz vor Ostern 1952 angesprochen.
Dieser erklärte dem Angeklagten, dass er die Möglichkeit hätte, ihm Arbeit in seinen Heimatort Luckenwalde zu verschaffen.
Tretner erklärte bei einer anderen Unterhaltung weiter, dass er für eine deutsche Agentenzentrale tätig sei und auch Schmidt für diese Organisation arbeiten solle.
Er solle militärische Informationen sammeln.
Diese Angaben seien für den Kriegsfall äußerst wichtig.
Der Angeklagte erklärte sich zu Spionagediensten bereit, nachdem ihm zunächst eine Bezahlung für jeden Bericht zugesichert und für später ein festes Gehalt in Aussicht gestellt worden war.
Für die Durchführung seiner Spionage wurde der Angeklagte geschult.
Im weiteren Verlauf seiner Tätigkeit unterschrieb er dann auch eine Verpflichtung zur Mitarbeit.
Er erhielt den Decknamen Lehmann und eine Decknummer.
Der Angeklagte wurde von Tretner auch darüber informiert, dass der deutsche und amerikanische Geheimdienst eng zusammenarbeiten würden.
Für den Falle, dass er in amerikanischen Sektor von Groß Berlin Schwierigkeiten mit der Polizei haben sollte, solle er verlangen, einen amerikanischen Verbindungsoffizier vorgeführt zu werden, diesem seine Notnummer nennen, es würde dann seine sofortige Freilassung veranlasst werden.
Auch der Angeklagte Schmidt hat eine große Anzahl von Spionageberichten, insbesondere über militärische Objekte in der Deutschen Demokratischen Republik geliefert und zwar in der Zeit von Ostern 1952 bis Januar 1953 je Woche einen Bericht, bis Mai alle zwei bis drei Wochen je einen Bericht und seit August 1953 je einen Bericht im Monat.
Die Verringerung seiner Treffs in West-Berlin war darauf zurückzuführen, dass inzwischen ein Kuriersystem eingerichtet wurde, das über seine, über das er seine Berichte nach West-Berlin gab und dass auch seine Ehefrau häufig nach West-Berlin fuhr und bei dieser Gelegenheit Berichte von ihm mitnahm.
Auf seine Veranlassung nahm auch seine Ehefrau an einem Lehrgang für Funker in West-Berlin teil.
Der Angeklagte erhielt im Oktober 1952 und im Februar 1953 zwei Spezialfunkgeräte amerikanischer Herkunft durch einen Kurier, die er zusammen mit den Funkunterlagen in seiner Wohnung verborgen hielt.
Die Funkstation erhielt den Decknamen "Sirene".
Der Angeklagte sollte im Kriegsfall als Netzführer tätig sein und die Spionageberichte der sogenannten Quellen, die ihn durch einen Kurier aus den toten Briefkästen zugeleitet werden sollten, durch Funk an die Zentrale übermitteln.
Mit Hilfe dieser Funkgeräte [hustet] nahmen der Angeklagte und seine Ehefrau monatlich einmal eine Kontrollverbindung mit der Zentrale in West-Berlin auf.
Auch an 17. Juni 1953, dem Tage X, wollte er Funkmeldungen durchgeben. Eine Verbindung kam aber nicht zustande.
Planmäßig eingesetzt werden sollte das Funkgerät erst bei Ausbruch eines Krieges.
In Auftrage des Geheimdienstes richtete der Angeklagte ferner, ferner mehrere tote Briefkästen in Luckenwalde und Potsdam ein.
Nachdem er im ersten Monat seiner Agententätigkeit die wöchentlichen Berichte einzeln bezahlt bekam, erhielt er vom zweiten Monat an monatlich 100 Westmark.
Darüber hinaus bekam er für die Einrichtung der Funkstation monatlich weitere 150 Westmark.
3. Altkrüger, Siegfried
Der 38-jährire Angeklagte, dessen Vater Kassenbote war, besuchte von 1921 bis 1927 eine Volks- und Oberrealschule, Oberschule in Berlin.
Danach war er ein Jahr als Versicherungslehrling bei der Direktion Allianz und Stuttgarter Vereins Versicherungsgesellschaft in Berlin tätig.
Von 1931 bis 1934 erlernte er das Buchbinderhandwerk und war danach noch einige Zeit als Geselle in seinem Lehrbetrieb tätig.
An 1. April 1936 wurde er auf 6 Monate zum faschistischen Arbeitsdienst eingezogen.
Danach arbeitete er bis Oktober 1937 als Buchbindergeselle in Berlin.
Am 11. November 1937 erfolgte seine Einberufung zur faschistischen Wehrmacht zur Ableistung seiner zweijährigen Dienstzeit.
Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges nahm er an den Kämpfen in Polen, Frankreich und in der Sowjetunion teil.
Er hatte die Funktion eines Abteilungsbekleidungsunteroffiziers in der Stabsbatterie inne.
Auf Grund einer Erkrankung kann er in Jahre 1942 nach Deutschland zurück, wurde dann jedoch Ende 1943 in die Sowjetunion zurückgeschickt.
Von dort kam er nach Frankreich, wo er in August 1944 verwundet wurde und für kurze Zeit nach Deutschland in ein Lazarett kam.
Ende 1944 wurde er Verpflegungsunteroffizier, als Verpflegungsunteroffizier nach Prag und in Februar/März 1945 nach Greifsberg versetzt.
Einige Tage vor Beendigung des Krieges entfernte er sich von seiner Einheit und kehrte zu seinen Eltern nach Neuenhagen zurück.
Dort war er von 1945 bis 1946 ehrenamtlicher Helfer in der Gemeindeverwaltung.
Anschließend war er bis 1949 als Vulkaniseurhilfsarbeiter und als Beton- und Kohlenarbeiter tätig.
In Julei 1949 bewarb sich der Angeklagte als Schulhelfer beim Magistrat in Berlin und besuchte bis Dezember 1950 die Pädagogische Hochschule in Berlin.
Daneben unterrichtete er an einer Schule in Berlin Baumschulenweg.
Anschließend wurde er Gewerbelehrer in einer Berufsschule in Berlin Prenzlauer Berg.
Der Angeklagte gehörte von 1933 bis 1936 der Hitlerjugend an. Funktionen bekleidete er nicht.
Nach 1945 wurde er Mitglied des FDGB und der Gesellschaft für deutsch-sowjetische Freundschaft.
Der Angeklagte Altkrüger wurde Mitte 1951 in seinen Wohnort von einer jungen Dame angesprochen und aufgefordert, zu einen Treff mit einen Herrn in West-Berlin zu kommen.
Obwohl der Name des Hannos nicht genannt wurde, entschloss sich, entschloss er sich aus Neugierde dieser Einladung Folge zu leisten.
Einige Tage später traf er dann in West-Berlin mit den Agenten Brehner zusammen, der ihn erklärte, dass die westdeutsche Regierung einen Nachrichtendienst unterhalte, um Informationen und Berichte über alle Vorkommnisse auf wirtschaftlichen und anderen Gebieten der Deutschen Demokratischen Republik zu sammeln.
Die Nachrichten würden von der Regierung in Bonn gut bezahlt werden.
Der Angeklagte erklärte sich sofort zur Mitarbeit bereit.
Er erhielt den Decknamen Biene und unterschrieb eine Verpflichtung zur Mitarbeit und Verschwiegenheit.
Bei der Schilderung seines Lebenslaufs erwähnte er auch den Cousin seiner Ehefrau namens Krautschick und wurde aufgefordert bei nächster Gelegenheit Krautschick mit nach Berlin zu bringen.
Auch Krautschick wurde dann für die Agententätigkeit gewonnen und der Angeklagte brachte die Spionageberichte Krautschicks ständig nach West-Berlin.
Als Krautschick im Oktober 1951 von der Volkspolizei vorhaftet wurde, meldete der Angeklagte diese Tatsache sofort seinen Auftraggebern.
Er wurde daraufhin von den Agenten Pahl aufgefordert, sich nach West-Berlin abzusetzen.
Da sich der Angeklagte weigerte, seine Familie im Stich zu lassen, erklärte ihn Pahl, dass nunmehr die Verbindung mit ihn abgebrochen sei.
Auf Aufforderung von Pahl fuhr der Angeklagte jedoch in September oder Oktober 1952 wiederum nach West-Berlin und bekam den Auftrag, Krautschick, der aus der Haft entlassen worden war, erneut zu einen Treff nach West-Berlin zu bringen.
Diesen Auftrag führte der Angeklagte aus und war in der Folgezeit wieder als Kurier zur Überbringung von Spionageberichten des Krautschick tätig.
Zur Durchführung seiner Kuriertätigkeit wurde er mit den Geheinhaltungsvorschriften vertraut gemacht und überwachte in der Folgezeit auch die Spionagetätigkeit Krautschicks im Auftrag der Gehlen-Organisation.
Ferner legte er auftragsgemäß mehrere tote Briefkästen in Neuenhagen, Weißwasser und im demokratischen Sektor von Groß-Berlin, insgesamt sieben Stück, an.
Von November 1952 bis November 1953 hatte er etwa 22 Treffs mit seinen Auftragsgebern in West-Berlin und lieferte selbst eine Reihe von Spionageberichten, insbesondere über Transporte bei der Reichsbahn.
Für seine Tätigkeit erhielt er insgesamt 510 Westmark und 350 Mark der Deutschen Notenbank.
4. Rennert, Walter
Der 43-jährige Angeklagte, Sohn eines Landwirts, besuchte die Volksschule und erlernte danach in der 100 Morgen großen Landwirtschaft seines Vaters den Beruf eines Landwirts und absolvierte zwei Semester an einer landwirtschaftlichen Schule.
Anschließend war er bis Ende 19333 als Gehilfe in der Wirtschaft seines Vaters tätig.
Ende 1933 meldete er sich zur damaligen Reichswehr.
Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs war er zunächst in Halberstadt und später in Magdeburg stationiert.
Er hatte den Dienstgrad eines Unteroffiziers.
Im 2. Weltkrieg nahm er an den Kämpfen in Polen und Frankreich teil.
Ende Dezember 1939 erfolgte seine Beförderung zum Feldwebel.
Seine Einheit wurde nach Rumänien verlegt.
Von November 1941 bis Mai 1942 bildete er rumänische Truppen aus und erhielt dafür eine Auszeichnung.
In dieser Zeit wurde er auch mit Rückwirkung zum Oberfeldwebel befördert.
Im Jahre 1941 nahm der Angeklagte an den Überfall auf die Sowjetunion als Oberfeldwebel und Führer einer schweren Maschinengewehrgruppe teil.
Einige Zeit später wurde er Kompanieführer und Hauptfeldwebel.
Auf Grund einer Verwundung kam er in April 1943 nach Deutschland zurück, wo er bis Herbst 1943 als Ausbilder tätig war.
In dieser Zeit wurde er nachträglich für seinen Einsatz in der Sowjetunion mit dem Deutschen Kreuz in Gold ausgezeichnet.
Anschließend nahm er an einem Lehrgang für Offiziere teil.
Von Mai 1944 bis Februar 1945 war er Ausbilder der Oberfähnrichschule in Potsdam-Krampnitz, die im März 1945 nach Dänemark verlegt wurde.
Dort geriet der Angeklagte nach der Kapitulation in englische Kriegsgefangenschaft, aus der er im September 1945 entlassen wurde.
Aufgrund einer bestehenden Anweisung erfolgte seine Entlassung jedoch nicht in die damals sowjetisch besetzte Zone, sondern nach Sankt Petersbad, wo er bis 1946 blieb und dann in seine Heimat nach Blumberg zurückkehrte.
Danach ist er ein Jahr als Wirtschaftsgehilfe in der Landwirtschaft seines Bruders tätig gewesen.
Im Jahre 1947 erhielt er aus dem Besitz seines Vaters 12 Morgen Land, das er zusammen mit 6,5 Hektar Pachtland bewirtschaftete.
Seine Ehefrau betrieb bis Oktober 1953 ein Gemischtwarengeschäft.
Der Angeklagte gehörte von 1932 bis März 1933 der NSDAP und der SA an.
Sein Austritt erfolgte wegen örtlicher Streitigkeiten und auf Wunsch seines Vaters.
Im Jahre 1948 trat er der VdgB bei, in der er seit 1941, 1951 Mitglied der Revisionskommission war.
Außerdem war der Angeklagte seit 1951 Vorsitzender des Elternausschusses der Volksschule in Blumberg und Vorsitzender des Ortsfriedenskomitees.
Anfang Dezember 1951 erhielt der Angeklagte Rennert den Besuch eines ihm aus Geschäftsverbindung seiner Ehefrau bekannten [anonymisiert], der ihm erklärte, dass er mit Vertretern des westdeutschen Soldatenbundes in Verbindung stehe, der auch Offiziere der ehemaligen Wehrmacht, die in der Deutschen Demokratischen Republik ansässig seien, als Mitglied gewinnen wolle.
Er fuhr Anfang Januar 1952 nach West-Berlin und wurde dort mit dem Agenten der Gehlen-Organisation Paulberg, zusammengebracht.
Paulberg nahm die Personalien des Angeklagten zwecks Aufnahme in den sogenannten Soldatenbund auf.
Außerdem schrieb der Angeklagte seinen Lebenslauf.
Im Laufe des Gesprächs befragte Paulberg den Angeklagten über einen in der Nähe des Heimatortes des Angeklagten gelegenen Flugplatz.
Nunmehr war dem Angeklagten klar, dass Paulberg Mitglied einer Spionageorganisation war.
Er lehnte deshalb zunächst seine Mitarbeit ab.
Mit [anonymisiert] fuhr er dann jedoch im März 1952 erneut nach West-Berlin.
Hier traf er mit den Agenten Paulberg und Gärtner, dem Vorgesetzten von Paulberg, zusammen.
Gärtner versprach ihm monatlich 100 Mark und weitere Wirtschaftsbeihilfen wenn er sich zur Mitarbeit bereit erklärte.
Nunmehr gab der Angeklagte seinen Widerstand auf und erhielt den Decknamen Richter und eine Decknummer.
In der Folgezeit sammelte der Angeklagte ständig Spionageinformationen über alle den erwähnten Flugplatz betreffenden Vorgänge.
Für die Durchführung seiner Spionagetätigkeit wurde er anhand von Karten und Fotografien unterwiesen.
Seine Beobachtungen notierte er täglich oder jeden zweiten Tag und verarbeitete diese Notizen jeweils nach zehn Tagen zu einem Bericht, den er meist auf erhaltenes Japanpapier schrieb.
Diese Berichte übermittelte er entweder über tote Briefkästen oder persönlich nach West-Berlin.
Teilweise schrieb der Angeklagte seine Spionageberichte mit Geheimtinte und verschlüsselte sie darüber hinaus noch.
Für seine Spionagetätigkeit erhielt der Angeklagte seit Juli 1952 monatlich eine feste Bezahlung von 100 Mark, die sich ab Frühjahr 1953 um weitere 50 Mark pro Monat erhöhte.
5. Oestereich, Rolf
Der Angeklagte ist 22 Jahre alt.
Sein Vater, jetzt Rentner, ist von Beruf Gärtner und war in den Jahren 1934 bis 1945 beim faschistischen Arbeitsdienst, zuletzt im Range eines Unterfeldmeisters.
Im Elternhaus wurde der Angeklagte in kleinbürgerlichem Sinne erzogen.
Von 1937 bis 38 besuchte er die Grund- und Oberschule in Wismar.
Nachdem der Angeklagte einige Monate als Zimmermannslehrling in einem Baugeschäft tätig war, wurde er im Januar 1949 als Elektroumschüler im VEB Schiffselektrik in Wismar eingestellt.
Im Januar 1950 legte er die Facharbeiterprüfung als Elektriker ab.
Bis Anfang September 1953 war er als Elektriker, Arbeitsvorbereiter und Materialdisponent tätig.
Zu diesem Zeitpunkt wurde ihm die Funktion des hauptamtlichen Dispatchers in dem VEB Schiffselektrik Wismar übertragen, die er bis zu seiner Festnahme ausübte.
Von 1940 bis 1944 war der Angeklagte Mitglied des Deutschen Jungvolks und bis 1945 Angehöriger der Hitlerjugend in der Funktion eines Kameradschaftsführers.
Im Jahre 1946 trat er der FDJ bei, in der er ab 1947 Stadtteilleiter und Ortsgruppenvorsitzender sowie Leiter der Laienspielgruppe in Wismar war.
Außerdem besuchte er vier Wochen eine Landesjugendschule.
Ab 1948 verlor der Angeklagte das Interesse an der Jugendarbeit und war danach nur noch zahlendes Mitglied.
Außerdem gehörte der Angeklagte ab 1949 dem FDGB, dem Kulturbund und der demokratischen Sportbewegung und ab 1950 der National-Demokratischen Partei Deutschlands an.
Der Vater des Angeklagten war von 1932 bis 1945 Mitglied der NSDAP und von 1932-l934 Mitglied der SA.
Die Mutter des Angeklagten trat nach 1945 zunächst der SPD bei und wurde im Jahre 1946 Mitglied der SED, aus der sie jedoch im Jahre 1952 wegen mangelnder gesellschaftlicher Betätigung ausgeschlossen wurde.
Der Angeklagte Rolf Oestereich wurde im September oder Oktober 1952 durch seinen Bruder Heinz-Otto Oestereich, der wegen eines Wirtschaftsverbrechens nach West-Berlin geflüchtet war und dort wohnhaft ist, aufgefordert Spionage gegen die Deutsche Demokratische Republik zu betreiben.
Er sollte dafür eine gute Bezahlung erhalten.
Der Angeklagte erklärte sich einverstanden und wurde zunächst mit dem Agenten Schulz, der aus der Deutschen Demokratischen Republik geflüchtet war und während des Krieges der SS angehört hatte, bekanntgemacht.
Diesem Agenten berichtete er über betriebliche Angelegenheiten der Matthias Thesen-Werft in Wismar.
Mit diesem Agenten und mit dem zur gleichen Organisation gehörenden Agenten Dr. Habedank stand der Angeklagte dann bis Februar 1953 in Verbindung.
Er vermittelte ihnen mehrere, äh, teils verschlüsselte, teils mit Geheimtinte geschriebene Berichte über innerbetriebliche Angelegenheiten seiner Arbeitsstelle.
Für diese Berichte wurde er bezahlt.
Inzwischen war der Angeklagte im Januar 1953 ebenfalls durch seinen Bruder mit der Spionageorganisation Gehlen und zwar mit den Agenten Paulberg und Möser zusammengebracht worden.
Auch an diese Agenten lieferte er gegen Bezahlung Informationen über seine Arbeitsstelle.
Als die Spei-, Spionageagenturen im Februar 1953 sein Doppelspiel erkannt hatten, wurde er beauftragt, seine Tätigkeit nunmehr ausschließlich für die Organisation Gehlen fortzusetzen.
Seine Berichte waren so umfassend, dass die Spionageorganisation ein vollständiges Bild über den VEB Schiffselektrik, Baustelle Wismar, erhielt.
Gleichseitig lieferte der Angeklagte Berichte über die Stimmung in der Bevölkerung in der Deutschen Demokratischen Republik und über stattgefundene Zugkontrollen.
Die Berichte wurden teilweise von ihm, teilweise von seiner Verlobten oder von seiner Mutter nach West-Berlin gebracht.
Er legte ferner, für den Kriegsfall mehrere tote Briefkästen in Wei-, in Wismar an.
Für seine Spionagetätigkeit erhielt er insgesamt 1.490 Westmark.
6. Schwenk, Helmut
Der Angeklagte ist 30 Jahre alt.
Er ist der Sohn eines Vermessungsoberinspektors und wurde im kleinbürgerlichen Sinne erzogen.
Von 1929 bis 1937 hat er die Volksschule und das Realgymnasium in Schievelbein und bis 1941 die Mittelschule in Bütow besucht, die er mit der mittleren Reife abschloss.
Nachdem er einige Wochen als Reichsbahnverkehrslehrling in Bütow tätig war, wurde er im Frühjahr 1942 als Reichsbahninspoktorenonwärter bei der Reichsbahndirektion in Breslau ausgebildet.
Zu diesem Zeitpunkt erfolgte seine Einberufung zur faschistischen Wehrmacht.
Im Jahre 1943 bewarb er sich als Offiziersanwärter und besuchte daraufhin einen Lehrgang für Unteroffiziere, einen Vorbereitungslehrgang für Reserveoffiziere und einen Nahkampflehrgang in Frankreich.
Nach dieser Ausbildung wurde er zum Fähnrich befördert.
Am 7. Mai 1945 geriet er in Österreich in amerikanische Gefangenschaft, aus der er am 26. Mai 1945 bereits wieder entlassen wurde.
Danach ging der Angeklagte zu seinen inzwischen nach Rochlitz umgesiedelten Eltern, wo er ab 1. Juli 1945 eine Beschäftigung als Reichsbahninspektorenanwärter erhielt.
Am 31. Dezember 1947 erfolgte seine Entlassung wegen seines Dienstgrades bei der faschistischen Wehrmacht.
Ab Januar 1948 fand der Angeklagte nach bestandener Prüfung als Neulehrer an der Volksschule in Köthensdorf Anstellung, wurde im Januar 1950 an die Zentralschule in Rochlitz und im September 1952 an die Schneller-Schule in Burgstädt versetzt, wo er bis zu seiner Festnahme als Lehrer tätig war.
Der Angeklagte gehörte bis 1936 dem faschistischen Deutschen Jungvolk an und später der Hitlerjugend.
Seit 1948 war er Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und seit 1949 Mitglied der demokratischen Sportbewegung.
Der Angeklagte Schwenk befand sich im August 1953 mit zwei Lehrern und zwanzig Schulkindern auf einem siebentägigen Ausflug in Blankensee.
Dieser Ausflug wurde benutzt, um die Stalinallee in Berlin zu besichtigen.
Dabei ließ sich der Angeklagte bis zum nächsten Tage beurlauben, um einen Bekannten in Köpenick zu besuchen und ihm mitzuteilen, dass er Ende August 1953 sieben Tage mit seiner Ehefrau bei ihm wohnen wolle.
Er besuchte am nächsten Tage seinen Verwandten, seinen in West-Berlin wohnenden Schwager Papp.
Unterwegs wurde er von einem unbekannten Mann angesprochen, der ihn zu einem Glas Bier einlud und ihn dann am Biertisch darauf aufmerksam machte, dass er doch die Gelegenheit benutzen könne, um sich die vom Amerikaner gespendeten sogenannten Hilfspakete abzuholen.
Der Angeklagte war damit einverstanden, begab sich mit dem Unbekannten zu einer Schule, wo er, nachdem er seinen Personalausweis zur Registrierung abgegeben hatte, drei solcher Bettelpakete in Empfang nahm.
Mit dem unbekannten Mann ging er dann gemeinschaftlich wieder in ein Lokal, wo nach kurzer Zeit ein Mann namens Ahrens an ihren Tisch Platz nahm.
Ahrens befragte ihn über seine persönlichen Verhältnisse und seine Tätigkeit als Lehrer.
Es wurde verabredet, dass der Angeklagte Ende August, wenn er mit seiner Ehefrau in Köpenick wohne, Ahrens noch einmal besuchen werde.
Zu dem verabredeten Zeitpunkt traf er sich wieder mit Ahrens, der ihm nunmehr erklärte, dass er Mitarbeiter einer westdeutschen Dienststelle sei und großes Interesse an Informationen habe.
Ahrens fragte ferner, ob der Angeklagte bereit sei, für diese Dienststelle Informationen zu sammeln.
Der Angeklagte wollte nicht sofort zustimmen, daraufhin sagte ihm Ahrens, dass er als Lehrer sich sicher nicht in West-Berlin aufhalten und auch amerikanische Pakete nicht abholen dürfe, im Übrigen sei er als Funker für die Dienststelle ausersehen.
Nunmehr erklärte sich der Angeklagte bereit, für die Dienststelle tätig zu sein, gab seinen Lebenslauf ab und erhielt den Decknamen Schweitzer und eine Decknummer.
Kurz darauf erschienen zwei weitere Personen, die sich Paulberg und Saitz nannten.
Saitz bekam die Aufgabe, den Angeklagten als Funker auszubilden.
Der Angeklagte erhielt später auch eine Ausbildung als Agentenfunker.
Ferner richtete er in Köthensdorf mehrere tote Briefkästen im Auftrage der Spionageorganisation ein.
Über die Sicherheitsmaßnahmen innerhalb der Organisation wurde er unterrichtet.
Der Angeklagte übermittelte dann eine Reihe von Berichten über militärische Objekte in der Deutschen Demokratischen Republik und über Gütertransporte, die mit der Reichsbahn über Frankfurt/ Oder nach Volkspolen erfolgten.
Die Kenntnis über die Gütertransporte stammte aus einer hinterhältigen und eingehenden Ausfragung seines Bruders.
Für die Durchführung seiner Aufträge wurde er bezahlt.
7. Schneider, Walter
Der 32-jährige, der 32 Jahre alte Angeklagte stammt aus einer Arbeiterfamilie und besuchte von 1927 bis 1935 die Volksschule in Landsberg.
Von 1935 bis 1938 lernte er Kaufmann und war bis 1940 als kaufmännischer Angestellter in seiner Lehrfirma tätig.
Im Jahre 1940 wurde er zunächst zum Arbeitsdienst und danach zur faschistischen Wehrmacht eingezogen.
Nach seiner bei einem Gebirgsjägerbataillon erfolgten Ausbildung, äh, kam er zur Besatzung nach Frankreich.
Er nahm dann an den Kämpfen in Jugoslawien, an der Besetzung in Polen und an den faschistischen Überfall auf die Sowjetunion sowie an der Bekämpfung von Partisaneneinheiten in den Balkanländern teil.
Er hatte den Dienstgrad eines Obergefreiten inne und wurde mit dem EK, zweiter Klasse, ausgezeichnet.
Im Oktober 1944 kam er zunächst in jugoslawische und später in sowjetische Kriegsgefangenschaft, aus der er im Februar 1947 entlassen wurde.
Danach war er bis Dezember 1949 als Verwaltungsangestellter in der Universitätsklinik in Halle tätige.
Im Januar 1945, 50 nahm er eine Beschäftigung als Buchhalter bei der Volkseigenen Handelszentrale Schrott in Halle auf und kam nach Auflösung derselben im Februar 1951 als stellvertretender Hauptbuchhalter und Revisionsleiter zur Bauunion Wernigerode.
Im September 1952 wurde der Angeklagte nach Berlin in das Ministerium für Aufbau, Hauptverwaltung Bauindustrie, als Oberreferent versetzt.
Diese Tätigkeit übte er bis zu seiner Festnahme aus.
Der Angeklagte war von 1938 bis 1945 Angehöriger der Hitlerjugend.
Im Jahre 1948 wurde er Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und im Jahre 1949 Mitglied der Gesellschaft für deutsch-sowjetische Freundschaft.
Durch seine Tätigkeit als Oberreferent im Ministerium für Aufbau lernte der Angeklagte Schneider die bei der Bau-Union Berlin tätige [anonymisiert] kennen.
Es kam zu einem freundschaftlichen Verhältnis zwischen beiden.
Im Januar 1953 wurde der Angeklagte durch die [anonymisiert] mit Heinz-Otto Oestereich, einem ebenfalls als Agent tätigen Bruder des Angeklagten Oestereich, in West-Berlin bekannt gemacht.
Der Angeklagte wollte nach Düsseldorf umziehen, aber verhindern, dass er durch ein Flüchtlingslager in West-Berlin gehen musste.
Oestereich erklärte ihm im Februar 1953, dass er ihm bei seinem Umzug nach Düsseldorf behilflich sein könne, wenn er für seine Dienststelle arbeiten wolle, die an Informationen aus dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik großes Interesse habe.
Es sei eine Spionagedienststelle, die Informationen wirtschaftlicher, politischer und militärischer Art benötige.
Der Angeklagte erklärte sich bereit, schrieb seinen Lebenslauf und wurde durch Oestereich mit den Agenten Möser und Paulberg zusammengebracht.
Gleich bei dem ersten Treff machte er dem Agenten Möser auf Befragen Angaben über seine Dienststelle hinsichtlich der Struktur, der personellen Besetzung und der Anzahl der Bau-Unionen im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik.
Er erhielt eine Decknummer und den Decknamen Scharnberg und unterschrieb eine Verpflichtungserklärung.
In der Folgezeit hat er alle ihm zugänglichen Unterlagen aus dem Ministerium für Aufbau nach West-Berlin gebracht.
Auch über die Bau-Unionen, die Erfüllung ihrer Pläne und die Produktionsschwierigkeiten machte er umfassende Angaben.
Er hat in Abständen von je drei Wochen Treffs mit den Agenten der Spionageorganisation Gehlen durchgeführt und zwar insgesamt etwa zwölf Treffs.
Seine Berichte waren so umfassend, dass die Spionageorganisation darüber, daraus ein vollständiges Bild über das Ministerium für Aufbau und die Bau-Unionen in der Republik erhielt.
Er nahm ferner Schreibübungen mit Geheimtinte vor, um eventuell seine Berichte handschriftlich, äh, schriftlich übersenden zu können.
Im Übrigen lieferte er aus drei Städten der Deutschen Demokratischen Republik und zwar aus Wernigerode, Halle und Leipzig Berichte über den Verlauf der Provokationen des 17. Juni nach West-Berlin.
Er übermittelte, ebenso übermittelte er eine Reihe von Stimmungsberichten aus der Bevölkerung.
Seine Berichte waren für den Geheimdienst besonders wertvoll.
Insgesamt erhielt er für seine verbrecherische Tätigkeit 1000 Westmark.
Der vorstehende Sachverhalt beruht auf den Aussagen der Angeklagten und den Aussagen der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen sowie auf den zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Beweismaterialien und Dokumenten.
Die von den Angeklagten durchgeführte Spionagetätigkeit unterstützte die amerikanischen und westdeutschen Imperialisten in der Vorbereitung eines neuen, die gesamte Menschheit gefährdenden Weltkrieges, der die Vernichtung des Weltfriedenslagers zum Ziel hat.
Ihre verbrecherische Tätigkeit richtete sich vor allem gegen die Deutsche Demokratische Republik, die seit ihrem Bestehen zu einem starken Faktor im Kampf um die Einheit Deutschlands und den Frieden der Welt geworden ist.
In engster Verbundenheit mit der großen, friedliebenden Sowjetunion, den Volksdemokratien und allen friedliebenden Völkern der Erde sieht die Deutsche Demokratische Republik ihre Hauptaufgabe in der Erhaltung und Festigung des Friedens.
Indem die Angeklagten die Bestrebungen der Kriegstreiber unterstützten, haben sie die Grundlagen der Deutschen Demokratischen Republik angegriffen, die Entfachung eines neuen Weltkrieges gefördert und damit Kriegshetze im Sinne des Artikels VI der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik begangen.
Dabei ist es für die rechtliche Beurteilung der Verbrechen der Angeklagten gleichgültig, ob sich ihre Spionage auf Objekte der Deutschen Demokratischen Republik oder auf solche der Volksdemokratien oder der Sowjetunion erstreckte, weil durch die Spionage gegen diese friedliebenden Völker immer zugleich der Frieden des deutschen Volkes gefährdet wird.
Mit der Verwirklichung des Tatbestandes der Kriegshetze gemäß Artikel 6 der Verfassung haben die Angeklagten friedensgefährdende Propaganda für den Militarismus begangen und den Tatbestand der Kontrollratsdirektive Nummer 38 Abschnitt II Artikel III a III verwirklicht, eben weil jede Kriegshetze zugleich Propaganda für den Militarismus zum Inhalt hat.
Hierbei haben die Angeklagten schwere Schuld auf sich geladen.
Der Angeklagte Haase war als früherer aktiver Offizier Hitlers bestrebt, die Remilitarisierung Westdeutschlands zu fördern und wieder eine führende Stellung innerhalb der aggressiven Europa-Armee zu erhalten.
Seine Spionagetätigkeit sollte dazu als Sprungbrett dienen.
Aus seiner anerzogenen und auch nach 1945 durch die friedenfeindlichen Kräfte in Westdeutschland genährten, faschistischen Einstellung hat er seine Verbrechen durchgeführt, um die friedliebende Deutsche Demokratische Republik zu vernichten.
Er ist von überdurchschnittlicher Intelligenz und hat die Auswirkungen seiner Verbrechen in vollen Umfange übersehen.
Er war sich voll bewusst, dass seine Tätigkeit die kriegerischen und imperialistischen Bestrebungen Amerikas förderte und hat seine Aufträge mit solcher Intensität ausgeführt, dass er innerhalb weniger Monate in der Verbrecherorganisation Gehlen die Stellung eines Filialleiters übertragen erhielt.
Seine außerordentliche Aktivität lässt einen so hohen Grad der Gefährlichkeit seiner Verbrechen erkennen, dass im Interesse des Schutzes des Friedens nur seine völlige Isolierung auf Lebenszeit gerechtfertigt ist.
Der Angeklagte Schmidt hat obwohl er aus der Arbeiterklasse stammt, seine Verbrechen ohne jede Notlage aus Geldgier und durch RIAS—Parolen und sonstige westliche Propaganda verhetzt, aus innerer Feindschaft gegenüber der Deutschen Demokratischen Republik skrupellos begangen und wollte die Errungenschaften unseres Staates der Werktätigen und Bauern vernichten.
Er hat seine Frau für die Tätigkeit als Funker geworben und zwei komplette Funkgeräte für den Einsatz Im Kriegsfalle in seiner Wohnung verborgen.
Er war intensiv bemüht, weitere Personen für die Spionagetätigkeit zu werben.
Ein Jahr lang hat er seine verbrecherische Tätigkeit ausgeübt und mit seinen Berichten den Kriegstreibern wertvolle Unterlagen in die Hände gespielt.
Auch den Putsch vom 17. Juni wollte er durch die Übermittlung von Funkberichten zum vollen Erfolg verhelfen.
Seine Verbrachen, mit denen er Verrat an seiner eigenen Klasse beging, wiegen so schwer, dass auch für ihn nur lebenslanges Zuchthaus als Maßnahme des sozialen Schutzes in Betracht kommen konnte.
Obwohl der Angeklagte Altkrüger von Anfang an die Gefährlichkeit und das Verbrecherische seiner Spionagetätigkeit erkannte, hat er seit Mitte 1951 eine umfangreiche Übermittlung von Spionagenachrichten durchgeführt.
Nur auf Weisung der Spionageorganisation hat er auf ein Jahr die Tätigkeit unterbrochen und der geforderten Fortsetzung seiner Verbrechen keinen ernstlichen Widerstand entgegengesetzt.
Die Förderung seiner beruflichen Ausbildung als Lehrer durch die Deutsche Demokratische Republik hat er mit Verrat an den Interessen des deutschen Volkes beantwortet.
Seine fortgesetzten Kurierfahrten und die zahlreichen von ihm gelieferten Berichte kennzeichnen ihn als hartnäckigen Feind unseres Staates.
Auch ihm muss für lange Zeit die Möglichkeit genommen werden, durch weitere Verbrechen den Frieden des deutschen Volkes zu gefährden.
Danach seinem gesamten Verhalten dem Senat jedoch die Möglichkeit eines erzieherischen Erfolges nicht ausgeschlossen erschien, hat er entsprechend dem Antrag des Generalstaatsanwalts auf die höchste zeitige Zuchthausstrafe erkannt.
Mit außerordentlicher Intensität hat auch der Angeklagte Rennert seine Spionageaufträge ausgeführt.
Trotz seiner schweren Tätigkeit als Landwirt hat er seine Beobachtungen mindestens zweitätig notiert und fast regelmäßig in Abständen von zehn Tagen an den Geheimdienst berichtet.
Als ehemaliger Offizier der Hitler-Armee und typischer Vertreter des preußischen Untertanen ist er ein verstockter Gegner unseres Staates.
Wenn auch gewisse wirtschaftliche Schwierigkeiten nicht verkannt werden sollen und er auch nur über ein einziges Spionageobjekt berichtet hat, so geschah es doch mit einer solchen Intensität und Sorgfalt, dass auch für ihn als Mindeststrafe die höchste zeitige Zuchthausstrafe erforderlich war.
Wirtschaftliche Schwierigkeiten, die im Übrigen nach Ansicht des Senats der Angeklagte zum überwiegenden Teil selbst verschuldet hat, sind kein Freibrief für Spione und Verräter und nicht geeignet die Gefährlichkeit von Staatsverbrechen zu mindern.
Der Angeklagte Oestereich hat besonders schwere Schuld auf sich geladen.
In verantwortlicher Stellung in unserer volkseigenen Wirtschaft hat er alles, was ihm in seiner Funktion über betriebliche Angelegenheiten bekannt geworden oder sonst zugänglich war, an den Spionagedienst geliefert.
In seiner Feindschaft und Geldgier war er einige Monate hindurch sogar für zwei Spionageorganisationen tätig.
Nur die Tatsache, dass der Angeklagte von seiner frühesten Jugend an im faschistischen Sinne erzogen worden ist, hat ihm vor lebenslangem Zuchthaus bewahrt.
Der Senat ist der Ansicht, dass der Angeklagte, gerade weil er noch verhältnismäßig jung ist, noch auf den rechten Weg gebracht werden kann.
In Anbetracht der besonderen Gefährlichkeit seiner Verbrechen und der erhöhten Verantwortlichkeit, die sich aus seiner gesellschaftlichen Stellung ergibt, konnte jedoch nur die höchste zeitige Zuchthausstrafe ausgesprochen werden.
Der Angeklagte Schwenk ist durch die amerikanische Bettelpaketaktion als Agent geworben worden.
Obwohl ihm trotz seiner militaristischen Vergangenheit durch unseren Staat der Weg zum Lehrerberuf eröffnet worden ist, hat er sich aus innerer Feindschaft zum Agentenfunker ausbilden lassen, tote Briefkästen für den Kriegsfall festgelegt und Wirtschaftsabotage betrieben.
Bei ihm muss jedoch berücksichtigt worden, dass er nicht von vornherein zur Spionage bereit war und sich nicht durch finanzielle Versprechungen hat werben lassen, sondern dass ihn, nachdem er die Bettelpakete in Empfang genommen hatte, durch den West-Berliner Agenten mit einer Anzeige gedroht worden ist.
Danach hat er jedoch mit großer Intensität seine Spionagetätigkeit ausgeführt, insbesondere bei der Ausfragung seines Bruders.
Bei ihn hat der Senat in Übereinstimmung mit den Antrag des Generalstaatsanwalts eine Zuchthausstrafe von zwölf Jahren als erforderlich und ausreichend angesehen.
Als Oberreferent im Ministerium für Aufbau hat der Angeklagte Schneider alle Möglichkeiten, die sich ihn boten, ausgenutzt, um das durch die Werktätigen in ihn gesetzte Vertrauen zu verraten.
Obwohl er sich gegenüber seiner Arbeitsstelle zur Geheimhaltung aller dienstlichen Angelegenheiten verpflichtet hatte, hat er alle ihm zugänglichen Unterlagen und alles, was er in seinem Arbeitsbereich in Erfahrung brachte, der Verbrecherorganisation Gehlen ausgeliefert.
Seine Verantwortlichkeit und die und der fast ein Jahr lang anhaltende umfassende Verrat aller betrieblichen Unterlagen zeigen einen so hohen Grad der Gefährlichkeit seiner Verbrechen für unseren Staat, dass nur die Isolierung auf Lebenszeit als wirksame Maßnahme des sozialen Schutzes angesehen werden kann.
Bei der Schwere der von den Angeklagten begangenen Verbrechen war die Einziehung des Vermögens aller Angeklagten erforderlich.
Die Einziehung der sonstigen Gegenstände beruht auf Paragraf 40 des Strafgesetzbuches.
Die Anordnung der Untersuchungshaft rechtfertigt sich aus Paragraf 219 Absatz 2 der Strafprozessordnung.
Die Kostenentscheidung folgt aus Paragraf 353 der Strafprozessordnung.
Es folgen die Unterschriften.
Die Angeklagten stehen auf.
[Menschen erheben sich]
Das eben verkündete Urteil des Ersten Strafsenats des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik ist rechtskräftig.
Es gibt dagegen kein Rechtsmittel.
Darüber habe ich Sie nach dem Gesetz zu belehren.
Die Verhandlung ist geschlossen.
Hauptabteilung I (NVA und Grenztruppen)
Die Hauptabteilung I war zuständig für die Überwachung des Ministeriums für Nationale Verteidigung sowie der nachgeordneten Führungsorgane, Truppen und Einrichtungen einschließlich der Grenztruppen der DDR. Armeeintern trug die Hauptabteilung I die Bezeichnung "Verwaltung 2000". Ihre Mitarbeiter wurden als Verbindungsoffiziere bezeichnet. Der Armeeführung war die Hauptabteilung I jedoch weder unterstellt noch rechenschaftspflichtig.
Die Hauptabteilung I ging im Dezember 1951 aus den Abteilungen VII a, VII b und VII c hervor. Seit 1956 (Gründung der Nationalen Volksarmee) trugen ihre Struktureinheiten die taktische Bezeichnung des Truppenteils bzw. der Einheit, für deren abwehrmäßige Sicherung sie zuständig waren. Der Mauerbau 1961 und die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1962 sorgten für Zäsuren in der Arbeit der Hauptabteilung I.
Von 1956 bis 1961 war die Hauptabteilung I außerdem für die Überwachung der Bereitschaftspolizei zuständig und von 1958 bis 1986 für das Wachregiment des MfS. Die Arbeit der Hauptabteilung I umfasste folgende Aufgaben:
Der Leiter der Hauptabteilung I unterstand einem Ministerstellvertreter, zuletzt Gerhard Neiber. Leiter der Hauptabteilung I waren 1950-1953 Heinz Gronau, 1953-1955 Ottomar Pech, 1955-1981 Karl Kleinjung und ab 1981 Manfred Dietze. Der Verantwortungsbereich der Hauptabteilung I umfasste 1986 knapp 300.000 Soldaten und Zivilbeschäftigte. Hierfür waren ihr 1989 2.223 Planstellen zugeteilt, darunter jede 2. Stelle für IM-führende Mitarbeiter. Die Hauptabteilung I verfügte über 13 Planstellen für Offiziere im besonderen Einsatz (OibE). 1987 führte die Hauptabteilung I 22.585 Inoffizielle Mitarbeiter (IM) und Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit (GMS). Zu den Informanten zählten nicht nur Militärangehörige oder Zivilbeschäftigte. Die Zahl der IM, die die Hauptabteilung I im Westen führte, lag unter 150. Die Bearbeitung von Operativen Vorgängen (OV) und Operativen Personenkontrollen (OPK) war vergleichsweise gering. Sie betrug 1988 59 OV und 312 OPK.
Hauptabteilung III (Volkswirtschaft)
Nach dem Vorbild der "Verwaltung für Wirtschaft" in der sowjetischen Hauptverwaltung für Staatssicherheit erhielt das am 8.2.1950 gebildete MfS eine Einrichtung, die zunächst unter der Bezeichnung Abteilung III bzw. Hauptabteilung III agierte. Vorläufer war die von Mielke geleitete Hauptverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft im MdI. Die Kernaufgaben bestanden in der Sabotageabwehr, im Schutz des Volkseigentums und in der Überwachung der Betriebe. Für die SAG Wismut wurde 1951 eine separate Struktureinheit, die Objektverwaltung "W" gegründet.
1955 wurde die systematische Überprüfung von Leitungskadern (später Sicherheitsüberprüfungen), 1957 der Aufbau des Informantennetzes, die Zusammenarbeit mit staatlichen Leitern und Parteisekretären, der Aufbau von Operativgruppen und Objektdienststellen sowie die Gewinnung von IM für Schlüsselpositionen in wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben und Institutionen etabliert. Mit der Auflösung der Abteilung VI erhielt die HA III den Auftrag zur Sicherung volkswirtschaftlicher Maßnahmen auf dem Gebiet der Landesverteidigung.
1964 erfolgte im Zusammenhang mit den Reformen in der DDR-Volkswirtschaft die Umbenennung der HA III in HA XVIII. Die neue Struktur basierte auf dem Produktionsprinzip, das zunächst auf die führenden Wirtschaftszweige Bau und Industrie fokussiert war. Andere Wirtschaftsobjekte wurden nach dem Territorialprinzip von den Kreisdienststellen bearbeitet. Der HA XVIII in der Zentrale entsprachen gemäß dem Linienprinzip auf der Bezirksebene die Abteilungen XVIII der Bezirksverwaltungen. Sicherungsschwerpunkte waren vor allem Außenhandel, Wissenschaft und Technik sowie die Verteidigungsindustrie. Mit der Richtlinie 1/ 82 wurde der Akzent auf die Gewährleistung der inneren Stabilität verschoben. Strukturelle Auswirkungen hatte insbesondere die Hochtechnologie Mikroelektronik. 1983 wurde die für den Bereich KoKo zuständige AG BKK aus der für den Außenhandel zuständigen Abteilung 7 der HA XVIII herausgelöst.
Zuletzt wies die Organisationsstruktur 6 Arbeitsbereiche und 62 Referate auf. Sie diente vor allem der Aufklärung gegnerischer Geheimdienste ("Arbeit im und nach dem Operationsgebiet"), der inneren Abwehrarbeit in den Betrieben und Institutionen, der Gewährleistung der inneren Stabilität, der Wahrung von Sicherheit, Ordnung und Geheimnisschutz sowie der Unterstützung der Wirtschaft durch "effektivitäts- und leistungsfördernde Maßnahmen". Leiter der HA XVIII waren Knoppe (1950–1953), Hofmann (1953–1957), Weidauer (1957–1963), Mittig (1964–1974) und Kleine (1974–1989). Der hauptamtliche Mitarbeiterbestand stieg 1954–1989 von 93 auf 646, auf der gesamten Linie XVIII waren es zuletzt 1623. 1989 arbeiteten für die Linie XVIII ca. 11.000 IM.
Hauptabteilung III (Volkswirtschaft)
Nach dem Vorbild der "Verwaltung für Wirtschaft" in der sowjetischen Hauptverwaltung für Staatssicherheit erhielt das am 8.2.1950 gebildete MfS eine Einrichtung, die zunächst unter der Bezeichnung Abteilung III bzw. Hauptabteilung III agierte. Vorläufer war die von Mielke geleitete Hauptverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft im MdI. Die Kernaufgaben bestanden in der Sabotageabwehr, im Schutz des Volkseigentums und in der Überwachung der Betriebe. Für die SAG Wismut wurde 1951 eine separate Struktureinheit, die Objektverwaltung "W" gegründet.
1955 wurde die systematische Überprüfung von Leitungskadern (später Sicherheitsüberprüfungen), 1957 der Aufbau des Informantennetzes, die Zusammenarbeit mit staatlichen Leitern und Parteisekretären, der Aufbau von Operativgruppen und Objektdienststellen sowie die Gewinnung von IM für Schlüsselpositionen in wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben und Institutionen etabliert. Mit der Auflösung der Abteilung VI erhielt die HA III den Auftrag zur Sicherung volkswirtschaftlicher Maßnahmen auf dem Gebiet der Landesverteidigung.
1964 erfolgte im Zusammenhang mit den Reformen in der DDR-Volkswirtschaft die Umbenennung der HA III in HA XVIII. Die neue Struktur basierte auf dem Produktionsprinzip, das zunächst auf die führenden Wirtschaftszweige Bau und Industrie fokussiert war. Andere Wirtschaftsobjekte wurden nach dem Territorialprinzip von den Kreisdienststellen bearbeitet. Der HA XVIII in der Zentrale entsprachen gemäß dem Linienprinzip auf der Bezirksebene die Abteilungen XVIII der Bezirksverwaltungen. Sicherungsschwerpunkte waren vor allem Außenhandel, Wissenschaft und Technik sowie die Verteidigungsindustrie. Mit der Richtlinie 1/ 82 wurde der Akzent auf die Gewährleistung der inneren Stabilität verschoben. Strukturelle Auswirkungen hatte insbesondere die Hochtechnologie Mikroelektronik. 1983 wurde die für den Bereich KoKo zuständige AG BKK aus der für den Außenhandel zuständigen Abteilung 7 der HA XVIII herausgelöst.
Zuletzt wies die Organisationsstruktur 6 Arbeitsbereiche und 62 Referate auf. Sie diente vor allem der Aufklärung gegnerischer Geheimdienste ("Arbeit im und nach dem Operationsgebiet"), der inneren Abwehrarbeit in den Betrieben und Institutionen, der Gewährleistung der inneren Stabilität, der Wahrung von Sicherheit, Ordnung und Geheimnisschutz sowie der Unterstützung der Wirtschaft durch "effektivitäts- und leistungsfördernde Maßnahmen". Leiter der HA XVIII waren Knoppe (1950–1953), Hofmann (1953–1957), Weidauer (1957–1963), Mittig (1964–1974) und Kleine (1974–1989). Der hauptamtliche Mitarbeiterbestand stieg 1954–1989 von 93 auf 646, auf der gesamten Linie XVIII waren es zuletzt 1623. 1989 arbeiteten für die Linie XVIII ca. 11.000 IM.
Hauptabteilung II (Spionageabwehr)
Die Hauptabteilung II wurde 1953 durch Fusion der Abteilungen II (Spionage) und IV (Spionageabwehr) gebildet. Sie deckte klassische Bereiche der Spionageabwehr ab. Dazu zählte auch die interne Abwehrarbeit im MfS, etwa die Überwachung aktiver und ehemaliger MfS-Mitarbeiter, von Einrichtungen der KGB-Dienststelle Berlin-Karlshorst sowie von Objekten der sowjetischen Streitkräfte und der Sektion Kriminalistik an der Ostberliner Humboldt-Universität. Darüber hinaus betrieb die Hauptabteilung II im Rahmen der "offensiven Spionageabwehr" aktive Spionage in der Bundesrepublik; diese zielte auf westliche Geheimdienste, auf Bundeswehr, Polizei, Massenmedien, Emigrantenverbände u. a.
Die Hauptabteilung II überwachte, sicherte und kontrollierte die DDR-Botschaften im Ausland, die ausländischen diplomatischen Vertretungen in der DDR sowie das Außenministerium der DDR. DDR-Bürger, die westliche Botschaften bzw. die Ständige Vertretung der Bundesrepublik in Ostberlin aufsuchten, wurden systematisch erfasst. In den Zuständigkeitsbereich der Hauptabteilung II fielen auch die Überwachung der in der DDR lebenden Ausländer sowie die Betreuung von Funktionären und Mitgliedern illegaler, verfolgter kommunistischer Parteien, die in der DDR Aufnahme fanden.
Besondere Brisanz beinhaltete die politisch-operative Sicherung der Westkontakte von SED und FDGB. So kümmerte sich die Hauptabteilung II um die Militärorganisation der DKP ("Gruppe Ralf Forster", eine ca. 220 Bundesbürger umfassende Sabotage- und Bürgerkriegstruppe), organisierte in Absprache mit der NVA deren militärische Ausbildung, finanzierte die Gruppe und stattete sie mit Falschpapieren aus.
Die Hauptabteilung II sicherte (bis 1961 und wieder ab 1980; zwischenzeitlich gab es hierfür die Abteilung BdL II) die Abteilung Verkehr des ZK der SED ab, die kommunistische Organisationen im Westen unterstützte und dort SED-Tarnfirmen betrieb. Die Hauptabteilung II versuchte, Aktivitäten bundesdeutscher Behörden gegen DKP, SEW und SED-Tarnfirmen festzustellen und zu verhindern.
Im Ergebnis der Entspannungspolitik nahmen Begegnungen zwischen Ost- und Westdeutschen zu, westliche Medienvertreter konnten sich in der DDR akkreditieren. Das veranlasste den beträchtlichen personellen Ausbau der Hauptabteilung II. Sie war nun auch zuständig für die Überwachung westlicher Journalisten in der DDR. Ziel war es, unerwünschten Informationsabfluss und unbequeme, kritische Berichterstattung zu verhindern. 1987 übertrug Erich Mielke in der Dienstanweisung 1/87 der Hauptabteilung II die Führung der Spionageabwehr, um ein unkoordiniertes Nebeneinander verschiedener Diensteinheiten zu vermeiden.
Die Hauptabteilung II leitete von Beginn an die Operativgruppen des MfS in der Sowjetunion und Polen, seit 1989 auch in der ČSSR, Ungarn und Bulgarien. Mit den entsprechenden Spionageabwehr-Abteilungen in diesen Ländern gab es eine ausgeprägte bi- und multilaterale Zusammenarbeit, die aber erst in den frühen 80er Jahren vertraglich fixiert wurde (kommunistischer Geheimdienst). Im Dezember 1981 übernahm die Hauptabteilung II innerhalb des MfS die Federführung bei der Bekämpfung der unabhängigen polnischen Gewerkschaft "Solidarność". Schließlich unterstützte die Hauptabteilung II Sicherheitsorgane in (pro)sozialistischen Entwicklungsländern, entsandte Berater und bildete deren Geheimdienstmitarbeiter in der DDR aus.
Die Hauptabteilung II verfügte über eigene Abteilungen für Fahndung, Logistik, operative Technik und Beobachtung und war in dieser Hinsicht nicht auf andere Abteilungen angewiesen. Zum unmittelbaren Anleitungsbereich des Leiters der Hauptabteilung II gehörte die Abteilung M (Postkontrolle).
1989 zählte die Hauptabteilung II in der Ostberliner Zentrale 1.432 hauptamtliche Mitarbeiter, in den Bezirksverwaltungen (BV) auf der Linie II weitere 934. Hinzu kamen Mitarbeiter in den Kreisdienststellen (KD), die die Aufgaben der Linie II ausführten. Genaue Zahlen der Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) ließen sich bis heute nicht ermitteln. Die Hauptabteilung II hatte mindestens 3.000 IM, die Abt. II der BV etwa 4.000; hinzu kamen weitere IM der KD. 1976 führte die Hauptabteilung II im Westen 109 IM. Unter den West-IM befanden sich z. T. hochkarätige Agenten.
Linie III (Funkaufklärung und Funkabwehr)
Die Hauptabteilung III ging im Januar 1983 aus der Fusion der für Funkaufklärung zuständigen Abteilung III mit der Abteilung Funkabwehr im MfS Berlin hervor. Gemeinsam mit den nachgeordneten Abteilung III der BV betrieb sie die Funkaufklärung, Funkabwehr, Funkkontrolle und Funkgegenwirkung unter dem Leitbegriff Elektronischer Kampf (EloKa) des MfS. Ihr oblag es, aus den Funk- und Fernmeldeverbindungen der Bundesrepublik und Westberlins möglichst viele und hochwertige Gesprächsinhalte abzuschöpfen.
Im Mittelpunkt der Abhöraktionen standen Informationen aus der Bundesregierung, den Landeskabinetten, den Parteien und Medien, der Bundeswehr, der Rüstungsindustrie, den Führungsgremien der NATO, den westdeutschen Geheimdiensten und der Polizei. Daneben wurde die dem Aufspüren illegaler Funksendungen auf dem Gebiet der DDR dienende Funkabwehr betrieben und die auf den DDR-internen Funkbetrieb beschränkte Funkkontrolle.
Vor der Umstrukturierung Anfang der 80er Jahre befassten sich zwei Dienstbereiche mit der Funkarbeit im MfS: Von 1951 bis 1955 analysierte man in der HA S/2 die von westlichen Geheimdiensten benutzten technischen Verfahren und Chiffren bei der Nachrichtenübermittlung mittels Sendern und Fernsprech und Telegrafieeinrichtungen für Funk. Parallel dazu begann der technisch-organisatorische Aufbau einer Spionagefunkabwehr. Die hierauf im Jahr 1955 gebildete Abteilung Funkabwehr war bis 1968 die einzige MfS-Diensteinheit, die sich mit Angelegenheiten des speziellen Nachrichtenfunks beschäftigte. In diesen 13 Jahren wurde ein Funkfahndungssystem formiert, das aus drei Funkbeobachtungsstellen (FBS), neun Peilpunkten (PP) sowie Trupps zur mobilen Funkfahndung bestand. Bei der Suche nach Agentenfunkern und Funkresidenturen in der DDR arbeitete die Abteilung F mit dem Sachgebiet Funk der HA II zusammen.
Im Rahmen der Spionagefunkabwehr auf dem gesamten sozialistischen Territorium bekamen die FBS und PP Aufgaben zur Funkortung und Funkpeilung vom Apparat der Koordination zugewiesen. Seit dem Jahr 1966 wurde die Funkarbeit im MfS neu ausgerichtet: Man löste sich von der alleinigen Fixierung auf den Spionagefunk und ging zur offensiven Abschöpfung von Funkkanälen über. Die Gründung der Koordinierungsgruppe Funk und technischphysikalische Mittel, die zunächst den Rang einer Stabsstelle im Operativstab beim stellvertretenden Minister besaß und dort bis ins Jahr 1971 zum Bereich III erweitert wurde, markierte den Beginn der Funkaufklärung: Im sog. Punktsystem baute man Funkaufklärungsstützpunkte auf, um die von der Bundesrepublik und 136 Hauptabteilung III (Funkaufklärung und Funkabwehr) ihren Verbündeten unterhaltenen Informationskanäle im UKW-Funkspektrum abzuhören. Am 1.7.1971 wurden im MfS die Abteilung III und in den BV wie in der Verwaltung Groß-Berlin die Referate III gebildet. Die neue Diensteinheit trug auch die Bezeichnung Spezialfunkdienste (SFD) des MfS und kooperierte mit der Abteilung Funkabwehr.
Der Auftrag der HA III bedingte den Einsatz von funkelektronischen Mitteln und ein Gefüge aus Stützpunkten, Gebäuden, Anlagen und technischen Dienstleistungsstellen. Im Jahr 1989 existierten auf dem Gebiet der DDR 187 Stützpunkte: 105 feststehende sowie 82 mobile oder halbstationäre Abhörstellen an regelmäßig aufgesuchten Geländepunkten. Dazu erfüllten 41 Stützpunkte von anderen DDR-Ministerien Abhöraufträge oder Funkkontrolldienste im Auftrag der HA III.
Die HA III verfügte im September 1989 über 2.361 Mitarbeiter, weitere 654 gab es in den 15 Abteilung III der BV. Der zentrale Dienstsitz befand sich in Berlin-Köpenick, im Zentralobjekt Wuhlheide (ZOW). Im Jahr 1989 gliederte sich die HA III bei insgesamt 25 Abteilungen in die fünf Anleitungs- und Arbeitsbereiche Operativ (O), Informationsgewinnung (I), Funkabwehr (F), Sicherheit (S) und Technik (T).
Operative Beobachtung
Die Beobachtung zählte zu den konspirativen Ermittlungsmethoden, die in der Regel von operativen Diensteinheiten in Auftrag gegeben und von hauptamtlichen Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt wurden. Dabei wurden sog. Zielpersonen (Beobachtungsobjekte genannt) über einen festgelegten Zeitraum beobachtet, um Hinweise über Aufenthaltsorte, Verbindungen, Arbeitsstellen, Lebensgewohnheiten und ggf. strafbare Handlungen herauszufinden. Informationen aus Beobachtungen flossen in Operative Personenkontrollen, Operative Vorgänge oder Sicherheitsüberprüfungen ein. Im westlichen Ausland wurden Beobachtungen meist von IM unter falscher Identität ausgeführt.
Personalakten
Die Personalakten hauptamtlicher Mitarbeiter wurden in den zuständigen Kaderabteilungen bzw. in der Hauptabteilung Kader und Schulung (HA KuSch) geführt. In den Personalakten sollten relevante Veränderungen bei den hauptamtlichen Mitarbeitern und in deren privatem Umfeld festgehalten werden. Den Umgang mit den Personalakten regelte die Personalaktenordnung von 1969. Sie unterschied fünf Aktenkategorien: Personalakten der Berufsund Zeitsoldaten, Personalakten der Zivilbeschäftigten (ZB), Disziplinarakten und Dossiers als mögliche Teile der jeweiligen Personalakte sowie die Zentralkarteikarte, die den Teil I der Personalakte der Berufs- und Zeitsoldaten bildete und die wichtigsten Personalangaben enthielt.
Teil II enthielt den Einstellungsvorschlag und dessen Vorgeschichte, Teil III die Beurteilungen und Qualifikationsnachweise, Teil IV den Lebenslauf mit der Verpflichtungserklärung (Verpflichtung), Teil V die Überprüfungs- und Ermittlungsunterlagen zum späteren MfS-Angehörigen, seinen Verwandten und Bekannten, Teil VI war die Disziplinarakte. Dossiers wurden nur für Berufssoldaten angefertigt und fassten die wichtigsten Angaben aus den Teilen I und III zusammen. Die Personalakten der ZB ähnelten kategorial denen der Soldaten, beschränkten sich aber auf vier Teile.
Toter Briefkasten (TBK)
Tote Briefkästen sind ein Mittel im nachrichtendienstlichen Verbindungssystem, das dem MfS eine unpersönliche Verbindung zwischen IM und Kurier bzw. Führungsoffizier ermöglichte und vor allem im sog. Operationsgebiet zur Anwendung kam. Dabei handelte es sich um ein konspirativ angelegtes, gut getarntes Versteck, das zur Übermittlung von Mitteilungen, Materialien, Geld und Geräten diente.
Es gab TBK in Zügen, "Aufbewahrungsverstecke" und "Übergabeverstecke". Für jeden TBK waren "Sicherungszeichen" ("Entleerungs- und Belegungszeichen", "Vor- und Nachzeichen") anzubringen. Am TBK musste eine "Kontrollmaßnahme" festgelegt werden, aus der ersichtlich wurde, ob eine unbefugte Person am Versteck gewesen war. Von jedem TBK war eine Dokumentation anzulegen.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Als Abwehr wurden alle geheimpolizeilichen Aktivitäten zur Sicherung der politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Stabilität der DDR und des kommunistischen Bündnissystems bezeichnet, die nach dem Verständnis des MfS durch feindliche Angriffe gefährdet waren. Maßnahmen zur Bekämpfung westlicher Spionage und politischer Opposition galten somit ebenso als Abwehr wie etwa die Sicherung von Produktivität und Anlagensicherheit in den Betrieben sowie die Verhinderung von Republikflucht und Ausreisen. Demgemäß waren die meisten operativen Arbeitsbereiche des MfS ganz überwiegend mit Abwehr befasst.
Anwerbung war in den Jahren 1950 bis 1968 die Bezeichnung des MfS für die Werbung von IM für die konspirative Arbeit. Im Vorfeld der Anwerbung war die Person sorgfältig, aber konspirativ zu überprüfen. In der Regel hatte der Angeworbene die Bereitschaft zur Kooperation schriftlich zu erklären und sich dabei einen Decknamen auszuwählen. Über die Anwerbung selbst war vom Führungsoffizier ein detaillierter Bericht zu fertigen.
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Vorgangsart von 1953 bis 1960. In Beobachtungsvorgängen wurden Personen erfasst, die als potenziell oder tatsächlich politisch unzuverlässig oder feindlich eingestellt galten und daher vorbeugend beobachtet wurden. Dazu gehörten etwa ehemalige NS-Funktionsträger, ehemalige Sozialdemokraten, Teilnehmer an den Aktionen des 17. Juni 1953 sowie Personen, die aus dem Westen zugezogen waren. Die Vorgangsart verlor nach und nach an Bedeutung. 1960 gingen noch bestehende Beobachtungsvorgänge in den zugehörigen Objektvorgängen auf. Der Beobachtungsvorgang war zentral in der Abteilung XII zu registrieren, die betroffenen Personen in der zentralen Personenkartei F 16 zu erfassen.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Die Durchsuchung von Wohnungen, Räumen oder Personen war eine strafprozessuale Maßnahme im Ermittlungsverfahren zum Zwecke der Festnahme oder Verhaftung Verdächtiger bzw. zum Auffinden von Beweismaterial (§§ 108–119 StPO/1968). Eine Durchsuchung musste vom Staatsanwalt bzw. konnte bei Gefahr im Verzuge auch von den Untersuchungsorganen angeordnet werden und bedurfte einer richterlichen Bestätigung binnen 48 Stunden (§ 121 StPO/1968). Die Durchsuchung oblag eigentlich den Untersuchungsorganen, formal im MfS also der Linie IX (Hauptabteilung IX). Tatsächlich wurden sie aber regulär von Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt.
Die Durchsuchung Verhafteter und vorläufig Festgenommener konnte ohne staatsanwaltliche Anordnung durchgeführt werden und bedurfte keiner richterlichen Bestätigung (§ 109 StPO/1968); sie wurde im MfS von den – formal nicht zuständigen – Mitarbeitern der Linie XIV (Abteilung XIV) durchgeführt. Außerhalb des Ermittlungsverfahrens war die Durchsuchung von Personen und Sachen durch Polizei und MfS polizeirechtlich geregelt (§ 13 VP-Gesetz). Vom MfS wurden die Möglichkeiten der Durchsuchung und Beschlagnahme auch außerhalb des jeweiligen strafprozessualen Ermittlungsverfahrens für geheimdienstliche Zwecke genutzt. Jenseits jeglicher rechtlicher Regelungen führten operative Diensteinheiten des MfS, vor allem die Linie VIII (Hauptabteilung VIII), auch konspirative Wohnungsdurchsuchungen durch.
Funker waren OibE oder IM, die im sogenannten Operationsgebiet die Funkverbindung zwischen einer Residentur und dem MfS gewährleisteten. Sie wurden vornehmlich von der Hauptverwaltung A geführt. Für diese Tätigkeit kamen grundsätzlich nur DDR-Bürger in Frage, die nach einer spezifischen Ausbildung und Schulung in die Bundesrepublik übergesiedelt wurden und danach zunächst eine Weile inaktiv waren. Zuletzt verfügte die HV A über 18 Funker.
Vorgangsart von 1950 bis 1960, erstmals definiert in den Erfassungsrichtlinien vom 20.9.1950; Operativer Vorgang gegen mehrere Personen, denen eine "feindliche Tätigkeit" unterstellt wurde. Die Eröffnung eines Gruppenvorgangs hatte auf der Grundlage von "überprüftem Material", das z. B. durch einen Überprüfungsvorgang gewonnen wurde, zu erfolgen. Er war zentral in der Abteilung XII zu registrieren. Die betroffenen Personen und ihre Verbindungen waren in der zentralen Personenkartei (F 16), involvierte Organisationen in der zentralen Feindobjektkartei (F 17) zu erfassen.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Hauptverwaltung (HV) war eine Organisationseinheit in der MfS-Zentrale, die bereits ausdifferenzierte Aufgabenkomplexe in einer hierarchisch gegliederten Einheit zusammenfasst. Überwiegend durch Stellvertreter des Ministers direkt geleitet. Über das Gründungsjahrzehnt des MfS hinweg hatte nur die HV A als echte HV Bestand. Daneben war Hauptverwaltung eine Bezeichnung für Diensteinheiten im MfS ohne strukturell berechtigenden Hintergrund.
Konspiration war das Grundprinzip der nachrichtendienstlichen und geheimpolizeilichen Arbeit des MfS, das den Einsatz von inoffiziellen Kräften und anderen verdeckten Mitteln und Methoden sowie die weitgehende Geheimhaltung der eigenen Tätigkeit auch gegenüber anderen DDR-Organen und dem SED-Parteiapparat beinhaltet. Eine besondere Rolle spielt die Konspiration bei den Verhaltensregeln für IM, GMS, HIM, OibE und Führungsoffiziere, welche über die inoffiziellen Beziehungen zum MfS zu schweigen bzw. inoffizielle Handlungen für das MfS geheimzuhalten, zu tarnen oder zu verschleiern hatten.
Kurier war eine IM-Kategorie der HV A. Der Kurier hielt die Verbindung zwischen dem im Westen ansässigen IM und dem Führungsoffizier aufrecht und übergab bzw. übernahm Informationen, Instruktionen, vom West-IM beschaffte Dokumente, nachrichtendienstliche Hilfsmittel und Geld. Die Gegenstände wurden z. B. in sogenannten "toten Briefkästen" gelagert, so dass West-IM und Kuriere sich nicht begegneten ("unpersönliches Verbindungswesen"). Als Kurier wurden meistens IM aus der DDR eingesetzt. Ein Kurier konnte auch Aufgaben des Instrukteurs übernehmen. Beim MfS galt das grenzüberschreitende Verbindungssystem als "Lebensnerv" und zugleich verwundbarste Stelle der Westarbeit.
Quelle war eine zentrale IM-Kategorie der Hauptverwaltung A. Als Quelle wurden im sogenannten Operationsgebiet tätige inoffizielle Mitarbeiter bezeichnet, die in der Lage waren, an geheime Informationen über Aktivitäten und Absichten sowie Ressourcen und interne Lagebedingungen gegnerischer Einrichtungen zu gelangen.
Es wurden zwei Typen von Quellen unterschieden:
Zuletzt besaß die HV A (einschließlich der ihr nachgeordneten Abteilungen XV der BV) in der Bundesrepublik und Westberlin 133 A-Quellen und 449 O-Quellen.
Regime, auch Regimeverhältnisse, bezeichnet die Gesamtheit der Verhältnisse und Lebensbedingungen eines Landes oder geographischen Raumes (z. B. politische Entwicklungen, administrative Strukturen, kulturelle Besonderheiten, behördliche Sicherheitsvorkehrungen), deren Kenntnis für ein effektives und unauffälliges nachrichtendienstliches Handeln notwendig war. Mit diesen Kenntnissen sollten vor allem das IM-Netz im Westen und der grenzüberschreitende Agentenreiseverkehr geschützt werden.
So sollten IM im Westeinsatz wissen, wie die bundesdeutsche Spionageabwehr arbeitete, wie streng Meldeformalitäten in Hotels gehandhabt wurden, wie man sich als durchschnittlicher Bundesbürger verhielt usw. Die Abteilung VI der HV A hatte die Aufgabe, systematisch Informationen über das Regime im Operationsgebiet zu sammeln und in der SIRA-Teildatenbank 13 nachzuweisen.
Die Registrierung war der zentrale Nachweis eines Vorgangs oder einer Akte in der Abteilung XII. Die Diensteinheiten hatten der Abteilung XII alle zur Registrierung notwendigen Dokumente vorzulegen (u. a. zwei Karteikarten F 16 für jede zu erfassende Person). In der Abteilung XII erfolgte der Eintrag im Vorgangsregistrierbuch (F 64) mit Vergabe der Registriernummer, die Ausfertigung der F 22 und F 77 und ggf. weiterer Karteikarten sowie ein Eintrag im Vorgangsheft (F 47) des für den Vorgang verantwortlichen Mitarbeiters.
Bestimmte Formblätter und die Aktenteile waren mit Registriernummer versehen an die Diensteinheit zu senden. Registrierpflichtig waren u. a.: IM-Vorlauf, IM-Vorgang, Operative Personenkontrolle, Operativer Vorgang, Untersuchungs- und Sicherungsvorgang.
Am 23.7.1953 wurde durch formellen Regierungsbeschluss das Ministerium für Staatssicherheit zu einem Staatssekretariat herabgestuft und in das Ministerium des Innern (MdI) eingegliedert. Diese Maßnahme erschien als Reaktion der SED auf dessen (vermeintliches) Versagen im Zusammenhang mit dem Juniaufstand. Denn sie ging mit der Absetzung Wilhelm Zaissers als Minister, der Einsetzung Ernst Wollwebers als Staatssekretär und einer harten Abrechnung Walter Ulbrichts mit der Arbeit der Staatssicherheit auf dem 15. ZK-Plenum einher.
Die naheliegende zeitgenössische und auch heute noch vorherrschende Deutung ist nicht vollkommen zutreffend. Die Veränderung entsprach der damaligen Zuordnung der sowjetischen Staatssicherheit, die seit dem 15.3.1953 ebenfalls Teil des Innenministeriums war, und auch der der meisten anderen "Bruderorgane".
Sie war zudem schon am 30.6.1953, also noch bevor der Machtkampf in der SED Führung sich zuungunsten Zaissers entwickelt hatte, auf Betreiben von Lawrentij Berija vom SED-Politbüro beschlossen worden. Dabei ging es nicht um eine Abstrafung der DDR-Staatssicherheit, sondern um ein (kosmetisches) Entspannungssignal an den Westen. Wahrscheinlich war zu diesem Zeitpunkt Zaisser noch als Chef des erweiterten Innenministeriums vorgesehen.
Im unmittelbaren Kontext seiner Verkündung wurde der Beschluss als demonstrative Degradierung der Staatssicherheit aufgefasst, zumal Wollweber anders als sein Vorgänger nicht in das Politbüro kooptiert wurde. Das Staatssekretariat war dem Innenminister Willi Stoph gleichwohl nur formal unterstellt. Es erhielt ein eigenes Kollegium und nicht Stoph, sondern Wollweber vertrat die Staatssicherheitsangelegenheiten gegenüber der SED-Führung und in der Sicherheitskommission des ZK.
Die Staatssicherheit betreffende dienstliche Weisungen gingen ausschließlich vom Staatssekretär und seinen Stellvertretern aus, nicht vom Innenminister. Am 24.11.1955 wurde das Staatssekretariat durch Ministerratsbeschluss wieder in den Rang eines Ministeriums erhoben.
Staatsverbrechen waren im StEG/1957 (§§ 13-27) und in Kapitel 2 des StGB/1968 (§§ 96-111) beschriebene politische Straftaten, die in die Zuständigkeit des MfS als strafrechtliches Untersuchungsorgan (HA IX) fielen, weil eine staatsfeindliche Absicht und/oder eine staatsgefährdende Wirkung unterstellt wurden.
Zu den Staatsverbrechen zählten diktaturspezifisch kodifizierte "klassische" politische Straftaten wie Hochverrat und Spionagedelikte sowie als Meinungs- und Organisationsdelikte definierte Handlungen (Staatsfeindliche Hetze, Staatsfeindliche Gruppenbildung), die in demokratischen Staaten als Ausübung von Grundrechten gelten würden, außerdem unterschiedliche Handlungen oder Unterlassungen, bei denen den Tätern eine staatsfeindlich motivierte Schädigungsabsicht unterstellt wurde (Diversion, Sabotage).
Die als Staatsverbrechen bezeichneten Straftatbestände stehen überwiegend in sowjetischer Rechtstradition und gehen letztlich auf Artikel 58 des StGB der RSFSR ("Konterrevolutionäre Verbrechen") zurück. Bis Februar 1958 wurden sie von DDR-Gerichten in Ermangelung konkreter strafrechtlicher Regelungen pauschal mit Hilfe von Artikel VI der Verfassung von 1949 ("Boykott- und Kriegshetze") geahndet.
Staatsverbrechen galten als schwere Straftaten; bei einigen Tatbeständen (Hochverrat, Spionage, Terror, Diversion, Sabotage) umfasste der Strafrahmen bis 1987 auch die Todesstrafe.
Tipper sind eine Kategorie von inoffiziellen Mitarbeitern, die das MfS auf Personen hinweisen sollten ("tippen"), die als Kandidaten für die inoffizielle Arbeit (insbesondere im Operationsgebiet) in Frage kamen. Entsprechende Vorschläge sollte der Tipper mit konkreten "Ansatzpunkten" begründen. In der Regel verfügte er in der DDR über eine berufliche, politische oder gesellschaftliche Stellung, die ihm einen entsprechenden Überblick erlaubte. Darüber hinaus konnte der Tipper in einzelnen Fällen die Reaktion einer Person auf die Werbung zur inoffiziellen Arbeit überprüfen.
Untersuchungshaft ist eine freiheitsentziehende Zwangsmaßnahme zur Sicherung des Strafverfahrens. Die Untersuchungshaft begann nach der Verkündung des Haftbefehls durch einen Richter und endete mit der Überstellung in den Strafvollzug nach Erlangung der Rechtskraft einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe, selten auch mit der Freilassung.
Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft waren ein dringender Tatverdacht sowie entweder Fluchtverdacht oder Verdunklungsgefahr (§ 112 StPO/1949, § 141 StPO/1952, § 122 StPO/1968). Der Vollzug der Untersuchungshaft war gesetzlich mit nur einem StPO-Paragraphen geregelt (§ 116 StPO/1949, § 147 StPO/1952, § 130 StPO/1968), alles Weitere in internen Ordnungen. Er erfolgte für Beschuldigte, deren Ermittlungsverfahren von der Staatssicherheit geführt wurden, in MfS-Untersuchungshaftanstalten in Berlin bzw. den Bezirksstädten der DDR.
Die Haftbedingungen waren dort von Willkür, völliger Isolation und daraus resultierender Desorientierung der Häftlinge gekennzeichnet. Für den Vollzug der Untersuchungshaft war im MfS die Linie XIV (Abt. XIV) zuständig; die Vernehmungen oblagen den Untersuchungsführern der Linie IX (HA IX).
Ein Untersuchungsvorgang war eine bei einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren des MfS und ggf. dem späteren Gerichtsverfahren entstandene Akte, die den Hergang des Strafverfahrens widerspiegelt und auch häufig Informationen zur Strafvollstreckung enthält.
Untersuchungsvorgänge zeigen die offizielle wie auch die inoffizielle Ebene des Verfahrens. Sie enthalten sowohl das strafprozessual legale Material (Haftbefehl, Vernehmungsprotokolle, Anklageschrift, Verhandlungsprotokoll, Urteil u. a.) als auch Dokumente geheimpolizeilichen Charakters, etwa zu konspirativen Ermittlungsmaßnahmen operativer Abteilungen oder Berichte von Zelleninformatoren.
Ein archivierter Untersuchungsvorgang kann bis zu sieben Bestandteile umfassen: Gerichtsakte, Beiakte zur Gerichtsakte, Handakte zur Gerichtsakte, Handakte zum Ermittlungsverfahren, Beiakte zur Handakte des Ermittlungsverfahrens, manchmal auch Vollstreckungsakten und ggf. die Akte des Revisions- oder Kassationsverfahrens.
Ein Verbindungsoffizier war ein Geheimdienstoffizier, der auf der Arbeitsebene für die Kooperation mit anderen Institutionen zuständig war.
Die Verpflichtung Bereitschaftserklärung zur Tätigkeit als IM bildete den Abschluss der Werbung. Sie erfolgte in der Regel schriftlich und in Ausnahmefällen mündlich. Schriftliche Verpflichtungen erfolgten stets handschriftlich. Die Verpflichtungserklärung enthielt bestimmte Kernelemente, zu denen der Bezugspartner Staatssicherheit, die Verpflichtung zur Geheimhaltung, ein Deckname und die Unterschrift gehörten.
Bei der Werbung handelte es sich um die Herbeiführung einer Entscheidung von Personen (IM-Kandidat) zur inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem MfS (bis 1968 auch gebräuchlicher bezeichnet als Anwerbung).
Im Operationsgebiet gab es selten auch die Werbung unter falscher Flagge, bei der ein Mitarbeiter des MfS als Angehöriger einer anderen Einrichtung getarnt in Erscheinung trat. Die Durchführung der Werbung war sorgfältig vorzubereiten und hatte in einen Werbungsvorschlag zu münden, der von übergeordneten Leitern bestätigt werden musste. Der Vorschlag sollte eine Analyse der Kandidatenpersönlichkeit, das Werbungsziel, die "Werbungsgrundlage" und das methodische Vorgehen, Zeit, Ort und Inhalt des geplanten "Werbegesprächs", Verhaltensvarianten, Art und Weise der Verpflichtung sowie alle Absicherungsmaßnahmen enthalten. Die getroffenen Festlegungen waren in einem Bericht zu dokumentieren.
Häufig gingen dem eigentlichen Werbungsgespräch Kontaktgespräche voraus, bei denen der Kandidat allmählich an die Werbung herangeführt werden sollte. Bei der Werbung sollten auch Interessen des Kandidaten eine Rolle spielen, da das MfS davon ausging, dass dieser für sich "Aufwand, Nutzen und Risiko" gegeneinander abwägen würde.
Das MfS unterschied drei kategorial unterschiedliche "Werbungsgrundlagen":
Letztere spielten häufig bei Werbung unter Druck, zum Beispiel unter Heranziehung kompromitierender Informationen (Kompromat) eine Rolle.
Bei der Werbung war dem Kandidaten möglichst das Gefühl zu geben, seine Entscheidung würde frei und wohlüberlegt fallen. Ihre Ernsthaftigkeit sollte durch die Preisgabe interner beruflicher oder privater Kenntnisse unterstrichen werden. Ziel der Werbung war im Regelfall eine förmliche Verpflichtung. Teil der Werbung war ein erster operativer Auftrag. Die vorab getroffenen Festlegungen waren im Werbungsvorschlag, die durchgeführte Werbung im Werbungsbericht zu dokumentieren.
Das MfS hat als ein Instrument der DDR, insbesondere der SED-Führung, die politischen Interessen des Staates inoffiziell in der Bundesrepublik Deutschland unterstützt. Die Westarbeit des MfS bestand aus Spionageaktivitäten, also der nachrichtendienstlichen Beschaffung von Informationen, Patenten, Verfahren und Mustern durch das MfS.
Die Bezeichnungen Westarbeit und Spionage meinen in diesem Kontext das, was beim MfS mit "operative Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" bezeichnet wird. Im engeren Sinne also die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern im "Operationsgebiet", bei dem es sich überwiegend um die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin handelte, aber auch die in der NATO und der Europäischen Gemeinschaft verbundenen Staaten einschloss.
Im weiteren Sinne fallen darunter auch die Funkaufklärung und der Einsatz von Offizieren im besonderen Einsatz in Botschaften, Konsulaten usw. Erfolgte diese operative Arbeit bis Anfang der 70er Jahre wesentlich "illegal", ergaben sich mit der zunehmenden Anerkennung der DDR auch verstärkt "legale" Zugänge über die Einrichtung von Botschaften, von denen aus das MfS mit "legal abgedeckten Residenturen" arbeiten konnte.
Für die Beschaffung von wissenschaftlich-technischen, politischen und militärischen Informationen war vor allem die Hauptverwaltung A zuständig, aber nahezu gleichrangig zahlreiche Abwehrdiensteinheiten des MfS. Die Hauptabteilung I, in der DDR für die Absicherung des Militärkomplexes verantwortlich, erkundete auch die Bundeswehr, den Bundesgrenzschutz, den Zollgrenzdienst, die Bayerische Grenzpolizei und diverse Einrichtungen der NATO.
Die Hauptabteilung II, mit der "offensiven Abwehr" ausländischer Nachrichtendienste in der DDR befasst, arbeitete zeitweise auch gegen den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz sowie den Militärischen Abschirmdienst. Die Hauptabteilung VI überwachte neben dem Ein-, Ausreise- und Transitverkehr in der DDR auch den über innerdeutsche Grenzen hinaus von und nach Westberlin.
Die Hauptabteilung VII unterhielt im "Operationsgebiet" ebenfalls ein Netz, das im klassischen Sinne kriminelle Aktivitäten wie Schmuggel aufzuklären hatte. Die Hauptabteilung VIII war für Ermittlungen und Beobachtungen zuständig. Zugleich war sie Servicediensteinheit für alle Diensteinheiten des MfS, indem sie den Informationsbedarf über Bundesbürger bediente.
Neben der Sicherungsarbeit in den Bereichen Staatsapparat, Blockparteien und "politischer Untergrundtätigkeit" war die Hauptabteilung XX im "Operationsgebiet" für alle Einrichtungen zuständig, die sich mit der DDR befassten. Im Visier der Hauptabteilung XXII standen links- und rechtsextremistische, überwiegend terroristische Gruppen.
Schließlich wäre auf Hauptabteilungsebene noch die Zentrale Kontrollgruppe anzuführen, die sich mit besonders DDR-kritischen Gruppen befasste, wie z. B. der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte oder den Fluchthilfeorganisationen. Mit der Westarbeit waren nicht allein die zentralen Abwehrdiensteinheiten befasst, sondern ihre Linien (Linienprinzip) erstreckten sich meist auch auf Bezirks- und im Einzelfall auf Kreisverwaltungsebene des MfS.
In den Kontext der Westarbeit sind auch die etwa 400 Entführungen von Bürgern aus der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin zu zählen sowie vereinzelte Versuche und Erwägungen, Bürger zu töten, wobei bislang ein Mord nicht nachgewiesen ist. Das MfS selbst verstand unter der "Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" die "Gesamtheit der politisch-operativen Kräfte des MfS im Operationsgebiet und die Nutzung solcher Personen aus dem Operationsgebiet, die zur Erfüllung operativer Aufgaben geeignet sind".
Die HV A und ihre Abteilungen XV in den Bezirksverwaltungen arbeiteten nach Schwerpunkten im "Operationsgebiet", ihre innere Struktur drückte die entsprechende Interessenlage aus.
Demnach konzentrierte sich die Abt. I auf Politik und strategische Absichten der Bundesregierung, die Abt. II auf die Parteien, Gewerkschaften, Landsmannschaften im "Operationsgebiet", die Abt. III steuerte die operative Arbeit der "legal abgedeckten Residenturen" in DDR-Botschaften, Konsulaten und Handelseinrichtungen, und die Abt. IV beschäftigte sich mit den militärischen Zentren" in der Bundesrepublik Deutschland, wozu das Bundesministerium der Verteidigung, Wehrbezirkskommandos der Bundeswehr und diverse US-amerikanische Einrichtungen gehörten. Die Abt. IX befasste sich mit westlichen Nachrichtendiensten, die Abt. XI mit den USA und die Abt. XII mit der NATO.
Die Abteilungen XIII bis XV gehörten zum Sektor Wissenschaft und Technik, der systematisch Patente, Verfahren und Muster für die DDR- und osteuropäische Forschung und Wirtschaft beschaffte. Schwerpunkte waren die Fachgebiete Energie, Biologie, Chemie, Elektronik, Elektrotechnik und Maschinenbau sowie das Bemühen, die Embargopolitik zu unterlaufen. Für offizielle, mithin dienstliche Kontakte zwischen beispielsweise DDR- und bundesdeutschen Wissenschaftlern oder Politikern war eigens die Abt. XVI der HV A zuständig, die auf diesem Weg an relevante Informationen gelangen sollte.
Während all diese Abteilungen der HV A überwiegend informationsbeschaffend tätig waren, verfügte sie mit der Abt. X eigens über eine Struktureinheit, die systematisch aktive Maßnahmen in der Bundesrepublik zu entfalten suchte.
Eine Zuführung ist eine polizeirechtliche Maßnahme der kurzzeitigen Freiheitsentziehung, wurde zunächst aus der polizeirechtlichen Generalklausel von § 14 des in der DDR bis 1968 geltenden Preußischen Polizeiverwaltungsgesetzes vom 1.6.1931 abgeleitet. Zuführungen von Personen konnten zur Feststellung der Personalien sowie "zur Klärung eines Sachverhalts" (Sachverhaltsprüfung) durchgeführt werden.
Seit 1968 bildete § 12 VP-Gesetz die Rechtsgrundlage für polizeirechtliche Zuführungen. Im Rahmen des strafprozessualen Prüfungsstadiums war auch eine Zuführung Verdächtiger zur Befragung nach § 95 Abs. 2 StPO/1968 als strafprozessuale Sicherungsmaßnahme zulässig. In beiden Fällen durfte die Zeitdauer 24 Stunden nicht überschreiten. Vom MfS wurden Zuführungen auch als taktisches Instrument genutzt. Sie konnten in eine Inhaftierung münden, aber auch zur Einschüchterung oder zur Anwerbung unter Druck genutzt werden.
Eröffnung des Schauprozesses gegen Werner Haase und Weitere wegen Spionage für die Organisation Gehlen Audio, 41 Minuten, 8 Sekunden
Vernehmung von Werner Haase im Schauprozess gegen ihn und Weitere wegen Spionage für die Organisation Gehlen (Teil 2) Audio, 58 Minuten, 26 Sekunden
Zeugenvernehmung von Wolfgang Paul Höher im Spionageprozess gegen Werner Haase und Weitere Audio, 1 Stunde, 28 Minuten, 24 Sekunden
Plädoyer des Generalstaatsanwaltes im Schauprozesses gegen Werner Haase und Weitere wegen Spionage für die Organisation Gehlen Audio, 58 Minuten, 47 Sekunden