Signatur: BStU, MfS, HA XXII, Nr. 136, Bl. 114-119
Die Stasi vergleicht die Entführung von Hanns Martin Schleyer durch die RAF und die Entführung von Aldo Moro durch die italienischen Roten Brigaden.
Die 1970 gegründete Rote Armee Fraktion (RAF) war eine linksterroristische Gruppe in der Bundesrepublik Deutschland. Die Staatssicherheit sammelte zunächst Informationen über die Terroristen, beobachtete deren Aktivitäten und duldete ihre Reisen in den Nahen Osten über den Ostberliner Flughafen Schönefeld. In den 80er Jahren intensivierten sich die Kontakte und die Staatssicherheit bot zehn RAF-Aussteigern Unterschlupf in der DDR. Zudem trainierte das MfS einige Terroristen im Umgang mit Waffen.
Am 5. September 1977 entführten Mitglieder der RAF den Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Hanns Martin Schleyer. Ein Jahr später, am 16. März 1978 wurde in Italien der christdemokratische Politiker Aldo Moro von Mitgliedern der Roten Brigaden entführt. Das MfS verglich die beiden Entführungen im vorliegenden Papier miteinander.
Beide Fälle wiesen hinsichtlich ihrer Durchführung und der Absichten der Täter gewisse Parallelen auf. Bei dem vorliegenden Dokument handelt es sich um einen durch das MfS angestellten Vergleich der beiden Aktionen. Im Anhang befinden sich Tatortskizzen und Bilder der Entführungsopfer, die der westdeutschen Presse entnommen wurden. Die erklärende Legende zur Tatortskizze der Entführung von Aldo Moro wurde vom MfS ergänzt.
Zunächst wird der genaue Tathergang der Entführung von Aldo Moro rekonstruiert. Das MfS bezeichnet die linksterroristische Untergrundorganisation der Roten Brigaden fälschlicherweise als "neofaschistische Organisation". Im weiteren Verlauf werden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Entführungen dargestellt und die professionelle Vorbereitung der Taten betont. Der Vergleich der Tatortskizzen und der deckungsgleiche Duktus der Fotos verdeutlicht die große Ähnlichkeit der beiden Entführungen.
Das Dokument geht weder auf die tieferen Beweggründe der Täter, noch auf den Ausgang der Entführungen ein. In beiden Fällen sollten in Haft sitzende Gesinnungsgenossen der Terroristen freigepresst werden. Beide Entführungen scheiterten. Bei der Schleyer-Entführung starb Hanns Martin Schleyer, die RAF-Mitglieder blieben in Haft und begingen in der Folge Selbstmord in der Haftanstalt Stuttgart-Stammheim. Auch Aldo Moro wurde, als es nicht zur Freilassung der Terroristen kam, erschossen und wie Hanns Martin Schleyer im Kofferraum eines Fahrzeugs aufgefunden.
In einem weiteren Fahrzeug der Täter, das sich dem Tatort nähert, fliehen die übrigen Terroristen.
Durch die ca. 70 abgegebenen Schüsse werden die beiden Kraftfahrer und zwei Sicherungskräfte sofort getötet, eine weitere Sicherungskraft verstirbt kurze Zeit darauf an den Folgen der Verletzungen.
Die Gesamtzeit, von der Blockierung der Fahrzeuge bis zur Flucht der Täter mit ihrem Entführungsopfer, beträgt ca. eine Minute.
Noch deutlicher als bei der Schleyer-Entführung wurde die langfristige und stabsmäßige Vorbereitung des Anschlages sichtbar.
Das zeigt sich u.a. an folgenden Faktoren:
1. Nach Erkenntnissen der italienischen Polizei- und Sicherheitsorgane waren ca. 40 Personen an der Vorbereitung und Durchführung des Anschlages beteiligt. Ein besonderes Merkmal war das arbeitsteilige Vorgehen der Täter. Die Aufklärung und Vorbereitung des Anschlages erfolgte durch Angehörige der "Roten Brigaden", die ihren Wohnsitz in Rom haben. Die unmittelbare Tatausführung erfolgte mit hoher Wahrscheinlichkeit durch Angehörige der "Roten Brigaden", die die ihren Wohnsitz außerhalb Roms haben und bisher nicht im Blickfeld der Polizei standen.
2. Die von den Tätern benutzten Fahrzeuge waren gestohlen und mit polizeilichen Kennzeichen versehen, die seit längerer Zeit aus unterschiedlichen Gründen an die Polizei zurückgegeben wurden.
3. Die von den Tätern benutzten Tatwaffen sind Privatpersonen bzw. italienischen Streitkräften gestohlen worden.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
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Signatur: BStU, MfS, HA XXII, Nr. 136, Bl. 114-119
Die Stasi vergleicht die Entführung von Hanns Martin Schleyer durch die RAF und die Entführung von Aldo Moro durch die italienischen Roten Brigaden.
Die 1970 gegründete Rote Armee Fraktion (RAF) war eine linksterroristische Gruppe in der Bundesrepublik Deutschland. Die Staatssicherheit sammelte zunächst Informationen über die Terroristen, beobachtete deren Aktivitäten und duldete ihre Reisen in den Nahen Osten über den Ostberliner Flughafen Schönefeld. In den 80er Jahren intensivierten sich die Kontakte und die Staatssicherheit bot zehn RAF-Aussteigern Unterschlupf in der DDR. Zudem trainierte das MfS einige Terroristen im Umgang mit Waffen.
Am 5. September 1977 entführten Mitglieder der RAF den Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Hanns Martin Schleyer. Ein Jahr später, am 16. März 1978 wurde in Italien der christdemokratische Politiker Aldo Moro von Mitgliedern der Roten Brigaden entführt. Das MfS verglich die beiden Entführungen im vorliegenden Papier miteinander.
Beide Fälle wiesen hinsichtlich ihrer Durchführung und der Absichten der Täter gewisse Parallelen auf. Bei dem vorliegenden Dokument handelt es sich um einen durch das MfS angestellten Vergleich der beiden Aktionen. Im Anhang befinden sich Tatortskizzen und Bilder der Entführungsopfer, die der westdeutschen Presse entnommen wurden. Die erklärende Legende zur Tatortskizze der Entführung von Aldo Moro wurde vom MfS ergänzt.
Zunächst wird der genaue Tathergang der Entführung von Aldo Moro rekonstruiert. Das MfS bezeichnet die linksterroristische Untergrundorganisation der Roten Brigaden fälschlicherweise als "neofaschistische Organisation". Im weiteren Verlauf werden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Entführungen dargestellt und die professionelle Vorbereitung der Taten betont. Der Vergleich der Tatortskizzen und der deckungsgleiche Duktus der Fotos verdeutlicht die große Ähnlichkeit der beiden Entführungen.
Das Dokument geht weder auf die tieferen Beweggründe der Täter, noch auf den Ausgang der Entführungen ein. In beiden Fällen sollten in Haft sitzende Gesinnungsgenossen der Terroristen freigepresst werden. Beide Entführungen scheiterten. Bei der Schleyer-Entführung starb Hanns Martin Schleyer, die RAF-Mitglieder blieben in Haft und begingen in der Folge Selbstmord in der Haftanstalt Stuttgart-Stammheim. Auch Aldo Moro wurde, als es nicht zur Freilassung der Terroristen kam, erschossen und wie Hanns Martin Schleyer im Kofferraum eines Fahrzeugs aufgefunden.
4. Um mögliche Zeugen auszuschalten, hatten die Täter in der Nacht vor der Tat einem Blumenhändler, der täglich seinen Stand an der Tatortkreuzung aufbaute, alle vier Reifen seines Wagens zerstochen.
5. Unmittelbar vor dem Anschlag wurde durch die Täter das Telefonnetz der Umgebung außer Betrieb gesetzt.
6. Zur Sicherung des Fluchtweges besetzte ein Täter in der Uniform der italienischen Verkehrspolizei die Kreuzung am Tatort.
7. Einige Täter hielten sich vor der Tat in einem Cafe an der Kreuzung auf. Sie trugen die Uniform der italienischen Fluggesellschaft "Al Italia". Ihre Maschinenpistolen trugen sie in Diensttaschen, wie sie diese Fluggesellschaft verwendet.
8. Zur Ausschaltung von Faktoren, die den Tatablauf hätten beeinträchtigen können, hatten die Täter zwei Sicherungsposten eingesetzt.
9. Als Ablenkmanöver für die Polizei hatten die Täter unweit des Tatortes einen Pkw mit einer Zeitzünderbombe abgestellt.
Im Vergleich der Moro- mit der Schleyer-Entführung ergeben sich folgende Übereinstimmungen:
1. Die Bewegung der Persönlichkeiten mußte entsprechend ihres Programms zu diesem Zeitpunkt und auf dieser Fahrstrecke erfolgen.
2. Beide Persönlichkeiten wurden durch ein Sicherungsfahrzeug begleitet.
3. Die Tatorte befanden sich an Fahrstrecken mit relativ geringem Personen- und Fahrzeugverkehr (Villenviertel).
4. Die Blockierung der Fahrzeuge erfolgte durch die Vortäuschung einer normalen Verkehrssituation.
5. Die Täter eröffneten sofort das Feuer auf die Fahrer und Sicherungskräfte.
6. Die Persönlichkeiten wurden in einem Fahrzeug der Täter entführt.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
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Signatur: BStU, MfS, HA XXII, Nr. 136, Bl. 114-119
Die Stasi vergleicht die Entführung von Hanns Martin Schleyer durch die RAF und die Entführung von Aldo Moro durch die italienischen Roten Brigaden.
Die 1970 gegründete Rote Armee Fraktion (RAF) war eine linksterroristische Gruppe in der Bundesrepublik Deutschland. Die Staatssicherheit sammelte zunächst Informationen über die Terroristen, beobachtete deren Aktivitäten und duldete ihre Reisen in den Nahen Osten über den Ostberliner Flughafen Schönefeld. In den 80er Jahren intensivierten sich die Kontakte und die Staatssicherheit bot zehn RAF-Aussteigern Unterschlupf in der DDR. Zudem trainierte das MfS einige Terroristen im Umgang mit Waffen.
Am 5. September 1977 entführten Mitglieder der RAF den Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Hanns Martin Schleyer. Ein Jahr später, am 16. März 1978 wurde in Italien der christdemokratische Politiker Aldo Moro von Mitgliedern der Roten Brigaden entführt. Das MfS verglich die beiden Entführungen im vorliegenden Papier miteinander.
Beide Fälle wiesen hinsichtlich ihrer Durchführung und der Absichten der Täter gewisse Parallelen auf. Bei dem vorliegenden Dokument handelt es sich um einen durch das MfS angestellten Vergleich der beiden Aktionen. Im Anhang befinden sich Tatortskizzen und Bilder der Entführungsopfer, die der westdeutschen Presse entnommen wurden. Die erklärende Legende zur Tatortskizze der Entführung von Aldo Moro wurde vom MfS ergänzt.
Zunächst wird der genaue Tathergang der Entführung von Aldo Moro rekonstruiert. Das MfS bezeichnet die linksterroristische Untergrundorganisation der Roten Brigaden fälschlicherweise als "neofaschistische Organisation". Im weiteren Verlauf werden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Entführungen dargestellt und die professionelle Vorbereitung der Taten betont. Der Vergleich der Tatortskizzen und der deckungsgleiche Duktus der Fotos verdeutlicht die große Ähnlichkeit der beiden Entführungen.
Das Dokument geht weder auf die tieferen Beweggründe der Täter, noch auf den Ausgang der Entführungen ein. In beiden Fällen sollten in Haft sitzende Gesinnungsgenossen der Terroristen freigepresst werden. Beide Entführungen scheiterten. Bei der Schleyer-Entführung starb Hanns Martin Schleyer, die RAF-Mitglieder blieben in Haft und begingen in der Folge Selbstmord in der Haftanstalt Stuttgart-Stammheim. Auch Aldo Moro wurde, als es nicht zur Freilassung der Terroristen kam, erschossen und wie Hanns Martin Schleyer im Kofferraum eines Fahrzeugs aufgefunden.
7. Wenige Kilometer vom Tatort entfernt erfolgte das Umsteigen in andere Fahrzeuge.
8. Der Aufenthaltsort der Täter mit dem Entführten blieb unerkannt.
9. Die Täter töteten die entführten Persönlichkeiten.
10. Die getöteten Persönlichkeiten wurden in einem Pkw im Stadtgebiet abgestellt.
11. Die Mitteilungen der Entführer wurden jeweils in mehrfacher Ausfertigung verschiedene Institutionen gleichzeitig zugestellt.
12. Der Inhalt, der den Mitteilungen beigefügten handschriftlichen Briefe, waren im wesentlichen deckungsgleich.
Unter Beachtung der Tatsache, daß der angreifende Täter in der Regel immer im Vorteil ist, könnten folgende Faktoren die Durchführung der Anschläge begünstigt haben.
1. Kraftfahrer und Sicherungskräfte vermuteten hinter den gestellten Verkehrssituationen keine gegnerische Absicht. Demzufolge gab es von ihnen keine Reaktion zur Abwendung der Gefahr.
2. Von den Sicherungskräften (fünf bei Moro und vier bei Schleyer) gelang es jeweils nur einer Sicherungskraft, einige ungezielte Schüsse abzugeben.
3. Bei Schleyer wurde offensichtlich mit zu hoher Geschwindigkeit in eine vorher nicht einsichtbaren Straße eingebogen und zu nahe an ein auf der Straße vorhandenes Hindernis herangefahren.
4. Bei Moro wurde offensichtlich mit einem zu geringerem Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Kfz. (dem späteren Blockierungsfahrzzug) gefahren.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
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Vergleich der Entführungen von Hanns Martin Schleyer und Peter Lorenz Dokument, 4 Seiten
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Bericht von IM "Hermann" über die Stimmung in der BRD während der Schleyer-Entführung Dokument, 1 Seite