Signatur: BStU, MfS, HA PS, MF, Nr. 251, Bl. 35-39
Der Besuch der DDR-Delegation zur Unterzeichnung der Schlussakte von Helsinki war genau durchgeplant und straff organisiert. Die Sicherheit der Delegationsteilnehmer hatte für das MfS höchste Priorität.
Im August 1975 unterzeichnete die DDR die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). Auf dem Papier verpflichtete sie sich damit zur Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Land. Nach der Unterschrift unter das Vertragswerk beauftragte jedoch die SED ihre Geheimpolizei, unerwünschte Nebenwirkungen, wie das Beharren der Menschen auf Ausreise oder zunehmende Westkontakte, zu bekämpfen – den Bürgern der DDR also weiterhin ihre Menschenrechte vorzuenthalten.
Die Ankunft am Flughafen, die Sitzordnung im Plenarsaal, das Unterzeichnungsprozedere der Schlussakte und das anschließende Dinner beim finnischen Präsidenten – der vorliegende Ablaufplan, für die Einsatzgruppe des MfS dokumentiert genau wie der Besuch der DDR-Delegation in Helsinki ablaufen sollte.
Für das MfS sollte für den reibungslosen Ablauf und die umfassende Sicherung des Delegationsbesuches sorgen. Der "Vermerk" gibt deshalb auch Aufschluss über die Absicherung der Autofahrten der Delegation, über die fünf eingerichteten Sicherheitszonen in Helsinki und über die Abschirmung des Veranstaltungsortes, der Finlandia-Halle, durch die finnische Armee
[unleserlicher Stempel]
HV A/III/7; Berlin, 25. 7. 1975 Kr.
Vermerk
Telegrafische Mitteilung der Einsatzgruppe
1. Begrüßung der Delegationsspitze
Begrüßung der Delegationsleiter an der Gangway durch den Präsidenten und den Außenminister. Begleitung zum Vip-Raum. Im angrenzenden Presseraum besteht die Möglichkeit der Abgabe einer Presseerklärung. Der Präsident ist nicht dabei. Er übernimmt die Delegationsleiter nach Rückkehr aus dem Vip-Raum. Ein kurzer Aufenthalt im Vip-Raum ist denkbar. Geleit bis zum Ausgang. Vor dem Gelände stehen Fahrzeuge, einschließlich Sicherheit. Es erfolgt die Übernahme der Delegationsleiter durch die Verbindungsoffiziere.
Polizeieskorde: 1 Kradfahrer, 2 bis 3 PKW. 1 PKW an der Spitze und am Ende, der 3. PKW evtl. in der Mitte - Krad ist an der Spitze. Von den Sicherungsfahrzeugen besteht Funkverbindung zur Polizei an den Straßenkreuzungen bis zur Residenz. Über Funk erfolgt die Sperrung der nächstliegenden Straßenkreuzungen. Der Verbindungsoffizier hat keine Sicherheitsfunktion, sondern steht dem Delegationsleiter für alle Probleme zur Verfügung. Keine Auswechslung der Sicherheitseskorte bis zur Abreise. Bei Ankunft der Delegation wird die DDR-Flagge gehißt. Da es kein Staatsbesuch ist, kein militärisches Zeremoniell und auch kein roter Teppich.
2. Um die Finlandia-Halle existieren 5 Sicherheitszonen:
1. Zone: Nördlich bis zu den Messehallen, südlich bis zur Hauptpost. Mannerheimstraße für den Fahrzeugverkehr gesperrt, nur Delegationsfahrzeuge mit Sichtmarke.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Hauptverwaltung (HV) war eine Organisationseinheit in der MfS-Zentrale, die bereits ausdifferenzierte Aufgabenkomplexe in einer hierarchisch gegliederten Einheit zusammenfasst. Überwiegend durch Stellvertreter des Ministers direkt geleitet. Über das Gründungsjahrzehnt des MfS hinweg hatte nur die HV A als echte HV Bestand. Daneben war Hauptverwaltung eine Bezeichnung für Diensteinheiten im MfS ohne strukturell berechtigenden Hintergrund.
Die Hauptverwaltung A (HV A) war die Spionageabteilung des MfS, deren Bezeichnung sich an die der Spionageabteilung des KGB, 1. Verwaltung, anlehnt. Der Ordnungsbuchstabe A wurde in der Bundesrepublik oftmals, aber unzutreffenderweise mit "Aufklärung" aufgelöst. Die HV A wurde 1951 als Institut für Wirtschaftswissenschaftliche Forschung (IWF) gebildet und ging im September 1953 als HA XV in das Staatssekretariat für Staatssicherheit ein. Sie wurde im MfS von 1956 bis zur Auflösung im Juni 1990 als HV A bezeichnet.
Der Schwerpunkt nachrichtendienstlicher Tätigkeit der HV A lag in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin, wo sie mit Objektquellen, d. h. den IM in den nachrichtendienstlichen Zielobjekten, aktiv war.
Die HV A gliederte sich 1956 in 15, 1989 in 20 Abteilungen.
Für die operative Arbeit gegen das Bundeskanzleramt und wichtige Bundesministerien war die Abteilung I, für die gegen die bundesdeutschen Parteien die Abteilung II und für die Arbeit außerhalb Deutschlands die Abteilung III zuständig. Für die Infiltration der USA war die Abteilung XI, für die NATO und die Europäischen Gemeinschaften die Abteilung XII verantwortlich. Mit der Militärspionage war die Abteilung IV befasst, mit der Unterwanderung gegnerischer Nachrichtendienste die Abteilung IX.
Innerhalb der Hauptverwaltung war vornehmlich der Sektor Wissenschaft und Technik (SWT) mit Wissenschafts- und Technikspionage befasst, der zu diesem Zweck die Abteilung XIII bis XV sowie die Arbeitsgruppen 1, 3 und 5 unterhielt sowie eine eigene Auswertungsabteilung, die Abteilung V bzw. ab 1959 Abteilung VII.
Leiter der HV A waren 1951/52 Anton Ackermann, kurzzeitig Richard Stahlmann, 1952-1986 Markus Wolf, dann Werner Großmann und 1989/90 Bernd Fischer. Von anfangs zwölf Mitarbeitern wuchs der Apparat bis 1955 auf 430, bis 1961 auf 524 Mitarbeiter und erreichte bis 1972 einen Umfang von 1.066 hauptamtlichen Mitarbeitern. Bis 1989 wuchs die HV A auf 3.299 hauptamtliche Mitarbeiter, hinzu kamen 701 OibE (1985: 1.006) sowie 778 HIM. OibE und HIM arbeiteten verdeckt in der DDR und im Operationsgebiet. Insgesamt verfügte die HV A also zuletzt über 4.778 Mitarbeiter.
Die Anzahl der von der HV A geführten IM umfasste im Jahre 1989 rund 13.400 in der DDR und weitere 1.550 in der Bundesrepublik. Über 40 Jahre hinweg werden nach Hochrechnungen insgesamt rund 6.000 Bundesbürger und Westberliner IM der HV A gewesen sein.
Ein Verbindungsoffizier war ein Geheimdienstoffizier, der auf der Arbeitsebene für die Kooperation mit anderen Institutionen zuständig war.
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Signatur: BStU, MfS, HA PS, MF, Nr. 251, Bl. 35-39
Der Besuch der DDR-Delegation zur Unterzeichnung der Schlussakte von Helsinki war genau durchgeplant und straff organisiert. Die Sicherheit der Delegationsteilnehmer hatte für das MfS höchste Priorität.
Im August 1975 unterzeichnete die DDR die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). Auf dem Papier verpflichtete sie sich damit zur Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Land. Nach der Unterschrift unter das Vertragswerk beauftragte jedoch die SED ihre Geheimpolizei, unerwünschte Nebenwirkungen, wie das Beharren der Menschen auf Ausreise oder zunehmende Westkontakte, zu bekämpfen – den Bürgern der DDR also weiterhin ihre Menschenrechte vorzuenthalten.
Die Ankunft am Flughafen, die Sitzordnung im Plenarsaal, das Unterzeichnungsprozedere der Schlussakte und das anschließende Dinner beim finnischen Präsidenten – der vorliegende Ablaufplan, für die Einsatzgruppe des MfS dokumentiert genau wie der Besuch der DDR-Delegation in Helsinki ablaufen sollte.
Für das MfS sollte für den reibungslosen Ablauf und die umfassende Sicherung des Delegationsbesuches sorgen. Der "Vermerk" gibt deshalb auch Aufschluss über die Absicherung der Autofahrten der Delegation, über die fünf eingerichteten Sicherheitszonen in Helsinki und über die Abschirmung des Veranstaltungsortes, der Finlandia-Halle, durch die finnische Armee
2. Zone: Weiterer Umkreis der Finlandia-Halle mit selektiver Fußgängerkontrolle.
3. Zone: Fest eingezäuntes und durch Polizei bewachtes Gelände um die Finlandia-Halle, nur mit Sichtmarke betretbar.
4. Zone: Finlandia-Halle.
5. Zone: Plenarsaal
Die eigentliche Delegation hat auf speziell bewachtem, an die Rückfront der Finlandia-Halle grenzendem Gebiet 3 Parklplätze. Die Wagen sind durch Funkverbindung jederzeit abrufbar.
Die anderen Delegationsfahrzeuge befinden sich ebenfalls in einem bewachten Komplex der Zone 3. Zutritt der Journalisten nur über spezielle Sicherheitszone mit technischer Überwachung. Das Filmmaterial wird dadurch nicht zerstört. Die Presse ist im Anbau der Halle im Kongreßflügel untergebracht. Strenge Trennung von der Delegation, das Betreten des Plenarsaales ist verboten. Es sind 450 Plätze auf dem Balkon reserviert.
Im Kammermusiksaal ist an 250 Plätzen die Verfolgung des Konferenzverlaufs durch TV-Monitor möglich.
Für mögliche Sondertransporte, bei Verkehrsstockungen oder ähnlichen Vorkommnissen stehen 4 Hubschrauber bereit. In der Halle ist die medizinische Betreuung gesichert durch Ambulanzfahrzeuge sowie Hubschrauber, das Gelände ist auch feuerwehrmäßig geschützt. Der Luftraum [unleserlich] Umkreis der Finlandia-Halle ist gesperrt. Auf dem Dach befinden sich Luftverteidigungskräfte. Der angrenzende Güterbahnhof ist geschlossen. Der Transport zur Halle erfolgt außerhalb der Tagungszeit.
Folgende Sicherheitskarten:
1. rosa ohne Foto - Delegation und zur Delegation gehörendes Begleitpersonal.
2. weiß ohne Foto - Fahrer, haben Zugang bis zum Informationsstand im unteren Teil der Halle, Dort ist das Material für die Delegation abzugeben, die Zustellung erfolgt durch das Sekretariat.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
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"Einweisungskonzeption" für MfS-Mitarbeiter bei der KSZE-Konferenz in Helsinki Dokument, 13 Seiten
Auswertung westdeutscher Medienberichte über die Umsetzung der KSZE-Beschlüsse in der DDR Dokument, 8 Seiten
Anweisung zur Überwachung "feindlich-negativer Kräfte" während der KSZE-Konferenz Dokument, 2 Seiten
Information über den Besuch Kennedys in der Bundesrepublik und West-Berlin Dokument, 8 Seiten