Abschlussbericht der Bezirksverwaltung Suhl zur Aktion "Festigung"
Signatur: BStU, MfS, AS, Nr. 204/62, Bd. 10, Bl. 173-197
Abschlussbericht zur Aktion "Festigung" der Bezirksverwaltung Suhl. Darin wird deutlich, welche Rolle Stasi-Mitarbeiter bei der Organisation und Durchführung der Zwangsumsiedlungen im Oktober 1961 spielten.
Die innerdeutsche Grenze war die Nahtstelle der verfeindeten Systeme - weswegen die DDR-Führung die Grenzanlagen immer weiter ausbauen wollte. Bereits im Mai 1952 wurde ein rund 5 Kilometer breiter Streifen entlang der innerdeutschen Grenze abgeriegelt. Unmittelbar hinter der Demarkationslinie wies die Stasi an, einen 10 Meter breiten Kontrollstreifen einzurichten, gefolgt von einem 500 Meter breiten Schutzstreifen und einem rund 5 Kilometer breiten Sperrgebiet.
Volkspolizei und die Stasi sorgten im Mai 1952 unter dem Tarnnamen Aktion "Ungeziefer" für die Zwangsaussiedlung tausender Bewohner des Grenzgebietes. Betroffen waren als "politisch unzuverlässig" eingeschätzte Bürger und ihre Familien. Dazu zählten Bürger mit Westkontakten, Kirchgänger, ehemalige Angehörige der NSDAP, Bauern, die ihr Ablieferungssoll an den Staat nicht erfüllten, und Menschen, die sich in irgendeiner Form negativ über den Staat geäußert hatten. Die verbleibenden Anwohner und die Besucher des Gebietes unterlagen strengen Meldeauflagen und weiteren Verhaltensregeln.
Mit der Abriegelung von West-Berlin am 13. August 1961 und dem anschließenden Mauerbau schloss die SED-Führung das letzte "Schlupfloch" in den Westen. Zur "Erhöhung der Sicherheit an der Staatsgrenze West" plante die SED-Führung nun weitere Zwangsumsiedlungen. Unter der Bezeichnung Aktion "Festigung" - mitunter auch Aktion "Kornblume" oder Aktion "Blümchen" genannt - begann in den Morgenstunden des 3. Oktobers 1961 die Aussiedlung von tausenden Menschen, die als "Unsicherheitsfaktoren" galten. Innerhalb weniger Stunden mussten diese ihre Habseligkeiten packen und wurden auf bereitgestellte Lastwagen verladen.
Die Stasi unterstützte die Aktion, indem sie im Vorfeld die "richtigen Leute" zur Umsiedlung auswählte. Später protokollierten und analysierten die Bezirks- und Kreisverwaltungen die Durchführung der Zwangsumsiedlungen. Das vorliegende Dokument enthält einen Abschlussbericht zur Aktion "Festigung" der Bezirksverwaltung Suhl. Daraus geht hervor, wie willkürlich die Umsiedlungen teilweise abliefen. Der Bericht macht auch deutlich, in welcher Weise Stasi-Mitarbeiter bei der Organisation und Durchführung der Aktion beteiligt waren.
Metadaten
- Diensteinheit:
- Bezirksverwaltung Suhl, Informationsgruppe
- Datum:
- 4.10.1961
14. Organisatorische Schwächen und Mängel bei der Einsiedlung der umgezogenen Personen in ihre neuen Wohnorte:
Einige Schwächen wurden vor allem aus dem Kreis Schmalkalden bekannt.
So waren trotz mehrmaliger Überprüfungen zwei Wohnungen vorgesehen, die sich in einem sehr schlechten Zustand befanden. Selbst Genossen des Bezirkes, die zur Überprüfung der Wohnungen eingesetzt wurden, vertraten die Auffassung, es sei nicht wichtig, daß die Umzügler Wasser und dergleichen in ihrer Wohnung hätten.
Eine dieser beiden Wohnungen befindet sich in Mittelschmalkalden und wurde gestern nach nochmaliger Besichtigung nicht bezogen. Der Transport des vorgesehenen Umzüglers wurde nach Trusetal in eine andere Wohnung umgeleitet.
Desweiteren war dem Kreis Schmalkalden nicht bekannt, daß eine Person keine Wohnungseinrichtung besitzt und dieser ist ein leeres Zimmer zur Verfügung gestellt worden. Nach Ankunft derselben mußten erst die wichtigsten Einrichtungsgegenstände beschafft werden.
Als die ersten Transporte im Kreis ankamen, waren verschiedene Bürgermeister, z.B. die von Mittelschmalkalden und Seligenthal nicht anwesend.
Der Bürgermeister von Benshausen / Suhl handelte eigenmächtig, indem er der eingewiesenen Person ein anderes Zimmer zuteilte. Diese Angelegenheit wurde umgehend bereinigt.
Im Kreis Suhl trat weiter auf, daß seitens des Staatsapparates bei den einzelnen Fällen zuviel Funktionäre zum Einsatz kamen, was zur Folge hatte, daß dadurch unnötig viele Menschen auf die Aktion aufmerksam gemacht wurden. Besonders trat dies in der Stadt Schleusingen in Erscheinung.
Besondere Mängel und Schwächen in der Zuweisung von Arbeits-