Abschlussbericht zur Aktion "Konfrontation" anlässlich des DDR-Besuchs von Willy Brandt
Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 11404, Bl. 2-40
Der Besuch von Willy Brandt am 19. März 1970 in Erfurt löste für die Stasi einen Großeinsatz aus - Codename „Konfrontation“. Im vorliegenden Abschlussbericht wertete die Geheimpolizei das Treffen aus.
Als sich am 19. März 1970 Bundeskanzler Willy Brandt und Ministerratsvorsitzender Willi Stoph in Erfurt begrüßten, begann 25 Jahre nach dem Kriegsende zum ersten Mal ein deutsch-deutsches Gipfeltreffen. Doch die Stasi war schon monatelang vorher im Einsatz. Am 13. März 1970 schließlich erließ der Minister für Staatssicherheit Erich Mielke den Befehl 12/70, der die Aktion „Konfrontation“ auslöste - der Codename für das Treffen.
Als Brandt mit dem Sonderzug am Hauptbahnhof in Erfurt ankam, hatten sich bereits hunderte von Menschen eingefunden. Erste Sperrungen wurden durchbrochen und erste „Willy, Willy“ Rufe waren zu hören. Auf dem Bahnhofsvorplatz und vor dem Hotel „Erfurter Hof“ lief dann die Situation in den folgenden Stunden aus dem Ruder. MfS und Volkspolizei gelang es nicht zu verhindern, dass neben den ausgesuchten und als „zuverlässig“ eingestuften Personen, auch andere, „normale“ DDR-Bürger auf den Platz vor dem „Erfurter Hof“ gelangten. Die Menge rief immer lauter „Willy, Willy“ und „Willy Brandt ans Fenster“. Die Staatsmacht reagierte repressiv. Laut Abschlussbericht über die Aktion „Konfrontation“ wurden 119 Personen festgenommen. Vermutlich aus Imagegründen wurden allerdings nur drei Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das macht der Abschlussbericht zur Aktion „Konfrontation“ deutlich.
Metadaten
- Diensteinheit:
- Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe
- Datum:
- 15.4.1970
Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe
Berlin, den 15. April 1970
Abschlußbericht zur Aktion "Konfrontation"
Die Vorbereitungs- und Durchführungshandlungen der Aktion "Konfrontation", die entsprechend der politischen Bedeutung der Regierungsverhandlungen umfangreiche und weitgehende Sicherheitsmaßnahmen beinhalteten, erwiesen sich im wesentlichen als wirkungsvoll.
Sie waren geeignet, die Absichten des Gegners zu erkennen, dessen Vorgehen ständig zu analysieren und seinen Aktionsradius auf ein Minimum einzuschränken.
In ständiger Abstimmung mit den zentralen Partei- und Staatsorganen, der Bezirksleitung Erfurt der SED, insbesondere mit dem 1. Sekretär, Gen. Bräutigam [Anmerkung: gemeint ist Alois Bräutigam], und im engen Zusammenwirken mit den anderen am Einsatz beteiligten Sicherheitsorganen, wurde die zentrale Aufgabenstellung zur Sicherung der Verhandlungen verwirklicht.
Dem Feind gelang es nicht, die strategische Konzeption der Partei und Staatsführung der DDR zu beeinflussen oder entscheidende, die Gesamtaktion erfassende Störversuche durchzuführen.
Es gelang, mehrere zeitweilige Provokationsherde schon im Entstehen zu beseitigen. Der während der Ankunft der westdeutschen Delegation auf dem Bahnhofsvorplatz entstandene Provokationsherd, auf den an anderer Stelle noch ausführlicher eingegangen wird, wurde im abgestimmten Vorgehen durch Einsatz von Kampfgruppen in Zivil und Agitationsgruppen der Partei schnell beseitigt.
Am Einsatz waren beteiligt