Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 11404, Bl. 2-40
Der Besuch von Willy Brandt am 19. März 1970 in Erfurt löste für die Stasi einen Großeinsatz aus - Codename „Konfrontation“. Im vorliegenden Abschlussbericht wertete die Geheimpolizei das Treffen aus.
Als sich am 19. März 1970 Bundeskanzler Willy Brandt und Ministerratsvorsitzender Willi Stoph in Erfurt begrüßten, begann 25 Jahre nach dem Kriegsende zum ersten Mal ein deutsch-deutsches Gipfeltreffen. Doch die Stasi war schon monatelang vorher im Einsatz. Am 13. März 1970 schließlich erließ der Minister für Staatssicherheit Erich Mielke den Befehl 12/70, der die Aktion „Konfrontation“ auslöste - der Codename für das Treffen.
Als Brandt mit dem Sonderzug am Hauptbahnhof in Erfurt ankam, hatten sich bereits hunderte von Menschen eingefunden. Erste Sperrungen wurden durchbrochen und erste „Willy, Willy“ Rufe waren zu hören. Auf dem Bahnhofsvorplatz und vor dem Hotel „Erfurter Hof“ lief dann die Situation in den folgenden Stunden aus dem Ruder. MfS und Volkspolizei gelang es nicht zu verhindern, dass neben den ausgesuchten und als „zuverlässig“ eingestuften Personen, auch andere, „normale“ DDR-Bürger auf den Platz vor dem „Erfurter Hof“ gelangten. Die Menge rief immer lauter „Willy, Willy“ und „Willy Brandt ans Fenster“. Die Staatsmacht reagierte repressiv. Laut Abschlussbericht über die Aktion „Konfrontation“ wurden 119 Personen festgenommen. Vermutlich aus Imagegründen wurden allerdings nur drei Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das macht der Abschlussbericht zur Aktion „Konfrontation“ deutlich.
Aufgetretene Qualitätsmängel (Vollständigkeit und Überprüftheit) bei den eingegangenen Informationen resultierten zum Teil mit aus der nicht immer ausreichenden Möglichkeit der gründlichen Treffdurchführung (Zeitfaktor).
Eine Analyse eingegangener Informationen läßt erkennen, daß der Anteil der inoffiziellen Informationen wesentlich höher als zu anderen politischen Höhepunkten lag.
Es wurde ein System entwickelt, das unter Berücksichtigung der uns zur Verfügung stehenden Zeit gewährleistete, mehr aktuelle Informationen zu erarbeiten und Informationsverluste auf ein Minimum zu reduzieren.
Noch vorhandene Schwächen in der Sicherung des Informationsflusses entsprechend des erforderlichen Informationsbedarfs sind auf vorhandene Lücken im IM/GMS-System, insbesondere unter jugendlichen Personenkreisen - studentische Jugend - zurückzuführen.
Die AIG entstanden mit der Einführung des einheitlichen Auswertungs- und Informationssystems 1965 aus den in den Bezirksverwaltungen und zentralen operativen Diensteinheiten des MfS schon bestehenden Informationsgruppen. In ihrem Zuständigkeitsbereich oblag ihnen die Bewertung und Selektion von Informationen, die Gewährleistung des Informationsflusses und die Fertigung der Berichte für die Partei- und Staatsfunktionäre. Die AIG unterstanden der fachlichen Anleitung und Kontrolle der ZAIG. 1978/79 wurden sie zu Auswertungs- und Kontrollgruppen erweitert.
Seit 1968 bestehende Kategorie inoffizieller Informanten, die laut Richtlinie 1/79 eine in der Öffentlichkeit bekannte "staatsbewusste Einstellung und Haltung" aufwiesen und entsprechend auftraten. Mit den GMS strebte das MfS die "Einbeziehung breiter gesellschaftlicher Kräfte" in Informationsbeschaffung und vorbeugende Sicherungsaufgaben an. Die Tätigkeit der GMS wurde als Ausdruck einer "entfalteten Massenwachsamkeit" angesehen und sollte Operative Mitarbeiter und IM entlasten.
Die Auswahl, Prüfung und Rekrutierung der GMS erfolgte auf ähnliche Weise wie bei den inoffiziellen Mitarbeitern. Die Anforderungen hinsichtlich der Einhaltung konspirativer Regeln und der Aktenführung waren jedoch, insbesondere bis 1981, geringer als bei den IM. Auch sollten GMS in der Regel nicht zur direkten "Bearbeitung" von "feindlich-negativen" Personen eingesetzt werden. Es gab zuletzt 33.000 GMS.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 11404, Bl. 2-40
Der Besuch von Willy Brandt am 19. März 1970 in Erfurt löste für die Stasi einen Großeinsatz aus - Codename „Konfrontation“. Im vorliegenden Abschlussbericht wertete die Geheimpolizei das Treffen aus.
Als sich am 19. März 1970 Bundeskanzler Willy Brandt und Ministerratsvorsitzender Willi Stoph in Erfurt begrüßten, begann 25 Jahre nach dem Kriegsende zum ersten Mal ein deutsch-deutsches Gipfeltreffen. Doch die Stasi war schon monatelang vorher im Einsatz. Am 13. März 1970 schließlich erließ der Minister für Staatssicherheit Erich Mielke den Befehl 12/70, der die Aktion „Konfrontation“ auslöste - der Codename für das Treffen.
Als Brandt mit dem Sonderzug am Hauptbahnhof in Erfurt ankam, hatten sich bereits hunderte von Menschen eingefunden. Erste Sperrungen wurden durchbrochen und erste „Willy, Willy“ Rufe waren zu hören. Auf dem Bahnhofsvorplatz und vor dem Hotel „Erfurter Hof“ lief dann die Situation in den folgenden Stunden aus dem Ruder. MfS und Volkspolizei gelang es nicht zu verhindern, dass neben den ausgesuchten und als „zuverlässig“ eingestuften Personen, auch andere, „normale“ DDR-Bürger auf den Platz vor dem „Erfurter Hof“ gelangten. Die Menge rief immer lauter „Willy, Willy“ und „Willy Brandt ans Fenster“. Die Staatsmacht reagierte repressiv. Laut Abschlussbericht über die Aktion „Konfrontation“ wurden 119 Personen festgenommen. Vermutlich aus Imagegründen wurden allerdings nur drei Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das macht der Abschlussbericht zur Aktion „Konfrontation“ deutlich.
6. Schlußfolgerungen für eine Verstärkung der einheitlichen und straffen Führung von politisch-operativen Aktionen des MfS
In Auswertung der Aktion "Konfrontation" und anderer in der jüngsten Vergangenheit durchgeführter Aktionen und Einsätze ergehen sich wesentliche und prinzipielle Schlußfolgerungen:
Schaffung der erforderlichen Klarheit über die Aufgabenstellung bei allen an der Aktion beteiligten Organe zur Durchsetzung der politischen Aufgaben und Erreichung eines einheitlichen, richtigen taktischen Verhaltens und Vorgehen bei allen beteiligten Kräften;
Ständige Beachtung der Dynamik des Kampfes, Erfassung der daraus entstehenden veränderten Bedingungen und Maßnahmen und der Erkenntnis über die Notwendigkeit rechtzeitig neue Entscheidungen durch die Führungskräfte zu treffen;
Vorplanung und Vororientierung auf der Grundlage von Vorbefehlen - Zeitfaktor wird zum Sicherheitsfaktor - bei Beachtung der Geheimhaltung;
Konkrete Planung der Einsatzkräfte und Schaffung notwendiger Reserven entsprechend möglicher eintretender Situationen;
Bereitstellung und Einsatz der Kräfte entsprechend der Bedeutung der zu lösenden Aufgabe - selbst unter zeitweiliger Einschränkung der Bewegungsfreiheit eines Teils der Bürger sowie ökonomischer und kultureller Bedürfnisse;
Herstellung richtiger Proportionen von Sicherungskräften in Uniform und in Zivil entsprechend des Zieles der Aktion und der zu verwirklichenden konkreten Aufgaben;
Richtige Anzahl und Auswahl von Reservekräften, ihre rechtzeitige Stationierung entsprechend der Einsatzrichtung und der Gewährleistung ihres jederzeitigen Einsatzes am vorgesehenen Ort;
Die AIG entstanden mit der Einführung des einheitlichen Auswertungs- und Informationssystems 1965 aus den in den Bezirksverwaltungen und zentralen operativen Diensteinheiten des MfS schon bestehenden Informationsgruppen. In ihrem Zuständigkeitsbereich oblag ihnen die Bewertung und Selektion von Informationen, die Gewährleistung des Informationsflusses und die Fertigung der Berichte für die Partei- und Staatsfunktionäre. Die AIG unterstanden der fachlichen Anleitung und Kontrolle der ZAIG. 1978/79 wurden sie zu Auswertungs- und Kontrollgruppen erweitert.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 11404, Bl. 2-40
Der Besuch von Willy Brandt am 19. März 1970 in Erfurt löste für die Stasi einen Großeinsatz aus - Codename „Konfrontation“. Im vorliegenden Abschlussbericht wertete die Geheimpolizei das Treffen aus.
Als sich am 19. März 1970 Bundeskanzler Willy Brandt und Ministerratsvorsitzender Willi Stoph in Erfurt begrüßten, begann 25 Jahre nach dem Kriegsende zum ersten Mal ein deutsch-deutsches Gipfeltreffen. Doch die Stasi war schon monatelang vorher im Einsatz. Am 13. März 1970 schließlich erließ der Minister für Staatssicherheit Erich Mielke den Befehl 12/70, der die Aktion „Konfrontation“ auslöste - der Codename für das Treffen.
Als Brandt mit dem Sonderzug am Hauptbahnhof in Erfurt ankam, hatten sich bereits hunderte von Menschen eingefunden. Erste Sperrungen wurden durchbrochen und erste „Willy, Willy“ Rufe waren zu hören. Auf dem Bahnhofsvorplatz und vor dem Hotel „Erfurter Hof“ lief dann die Situation in den folgenden Stunden aus dem Ruder. MfS und Volkspolizei gelang es nicht zu verhindern, dass neben den ausgesuchten und als „zuverlässig“ eingestuften Personen, auch andere, „normale“ DDR-Bürger auf den Platz vor dem „Erfurter Hof“ gelangten. Die Menge rief immer lauter „Willy, Willy“ und „Willy Brandt ans Fenster“. Die Staatsmacht reagierte repressiv. Laut Abschlussbericht über die Aktion „Konfrontation“ wurden 119 Personen festgenommen. Vermutlich aus Imagegründen wurden allerdings nur drei Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das macht der Abschlussbericht zur Aktion „Konfrontation“ deutlich.
Strikte Durchsetzung der Sicherheitsbedürfnisse gegenüber beteiligten Organen und nicht Zulassen von Kompromissen und Verhinderung des Entstehens von "weichen Stellen";
Organisation des Zusammenwirkens mit beteiligten Organen und Nachbarn auf der Grundlage vorliegender Einsatzpläne bei klarer Abgrenzung der Aufgaben und eindeutigen Festlegung der Verantwortung des einzelnen;
Strikte Kontrolle der Durchführung der Aufgaben als Bestandteil jeder getroffenen Entscheidung, Festlegung, zu welchen Aufgaben welcher Leiter die Kontrolle durchzuführen hat und wann an wen über die Erfüllung Rapport zu erfolgen hat;
Gewährleistung eines straffen Verbindungssystems vom Stab zu den unterstellten Leitern bis zu einzelnen eingesetzten Mitarbeitern, zu den anderen beteiligten Organen sowie zu den Nachbarn;
Schaffung ständiger Stäbe mit einem Kern von eingearbeiteten und erfahrenen Mitarbeitern zur Lösung von Einsatzaufgaben;
Ständige und periodische Einschätzung der politisch-operativen Lage zur Überprüfung gefaßter Entschlüsse und zum Treffen neuer Entscheidungen und deren Abstimmung mit den beteiligten Organen.
6.1. Aufklärung und Vorbereitung des Einsatzraumes als Führungsaufgabe
Die Aufklärung des Einsatzraumes und der Objekte sowie der Nah- und Fernaufklärung hat von den gleichen Genossen zu erfolgen, die später für diese Abschnitte verantwortlich sind;
Aufklärung der An- und Bewohner sowie der Beschäftigten im Einsatzraum und Entfernung unzuverlässiger sowie der operativen Bearbeitung unterliegenden Personen;
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Die AIG entstanden mit der Einführung des einheitlichen Auswertungs- und Informationssystems 1965 aus den in den Bezirksverwaltungen und zentralen operativen Diensteinheiten des MfS schon bestehenden Informationsgruppen. In ihrem Zuständigkeitsbereich oblag ihnen die Bewertung und Selektion von Informationen, die Gewährleistung des Informationsflusses und die Fertigung der Berichte für die Partei- und Staatsfunktionäre. Die AIG unterstanden der fachlichen Anleitung und Kontrolle der ZAIG. 1978/79 wurden sie zu Auswertungs- und Kontrollgruppen erweitert.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
Bericht über die Maßnahmen zur Absicherung des Treffens zwischen Willi Stoph und Willy Brandt Dokument, 17 Seiten
Bericht über Reaktionen der DDR-Bevölkerung zum Treffen zwischen Willi Stoph und Willy Brandt in Erfurt Dokument, 11 Seiten
Sicherung des Bahnhofsvorplatzes in Erfurt während der Aktion "Konfrontation" Dokument, 10 Seiten
"Einzelinformation" über eine mögliche Einladung Nikita Chruschtschows durch Willy Brandt Dokument, 3 Seiten