Signatur: BStU, MfS, AOP, Nr. 234/61, Bl. 116-117
Abschrift eines Briefes von Manfred Smolka an seinen Bekannten bei der Grenzpolizei, der für die Stasi arbeitete.
Im Operativ-Vorgang "Verräter" plante die Stasi die Verhaftung des ehemaligen Grenzpolizisten Manfred Smolka. Dieser wurde Monate zuvor aus dem Dienst entlassen. Am 17. Juni 1958, dem fünften Jahrestags des Volksaufstandes in der DDR, ignorierte er die strengen Befehle an der DDR-Grenze. Durch die verschärften Sicherheitsvorschriften hätten die örtlichen Bauern sonst nicht ihre grenznahen Felder betreten können. Aber bei einer Kontrolle kam diese Gutmütigkeit ans Licht und Smolka wurde unterstellt, statt seine Pflicht auszuüben, sei er auf der Jagd gewesen. Der Beschuldigte reagierte im Affekt und warf seine Uniformjacke von sich. Smolka wurde zunächst degradiert, später musste er den Dienst quittieren. Zwei Wochen nach seiner Entlassung floh er über die grüne Grenze aus der DDR in die Bundesrepublik. Seine Frau und sein Kind wollte er später nachholen. Dabei baute er auf die Hilfe eines alten Bekannten von der Grenzpolizei, der vorgab, auch die DDR verlassen zu wollen. Tatsächlich arbeitete sein vermeintlicher Freund aber mit der Staatssicherheit zusammen.
den 21.7.1959
Mein lieber [geschwärzt]!
Endlich, nach langer Zeit einer unglücklichen Trennung ist es mir möglich, durch einige Zeilen etliche Worte mit Dir zu wechseln. Durch die Traudel erfuhr ich Deine Hilfsbereitschaft Ihr und auch zugleich mir einen edlen Freundesdienst zu leisten und ich erkenne daraus, daß Du lieber [geschwärzt], magst Du meine Handlungsweise vielleicht in verschiedenen Gedanken beurteilen und eingeschätzt haben, letzten Endes doch Dein Herz sich auf meine Seite stellen.
Du wirst schon allein für den Gedanken, meiner Frau zu helfen, solange ich atme, meine vollste Hochachtung genießen und ich wünschte, ich könnte Dir diese edle Gesinnung jemals vergeben, ich täts. Du weißt ja auch wie sehr ich an Dir als Freund gehangen habe und das wird Dir ja auch die [geschwärzt] schon beästätigt haben.
Hoffentlich erleben wir die Zeit, daß wir unter friedlichen Verhältnissen und nicht über Grenzen hinweg die Freundschaft noch in unserem weiteren leben festigen können. ……
Nun zur Sache lieber [geschwärzt]!
Du kennst mich als kühlen Überleger und meine Findigkeit ist Dir auch geläufig, ich sage Dir die Gefahr meiner Frau über Berlin zu uns zu verhelfen ist außerordnetlich groß und nicht durchführbar, glaube es, nur laß Dir den Brief von der [geschwärzt] zeigen, und du wirst die Gründe dafür sehen und dieses sind stichhaltig. ……
Was anderes ist schon ein Treffen zwischen Dir und mir in Berlin, das ließe sich schon einrichten, aber die Zeit, der 1.8., ist etwas zu kurz , wenn Du es aber für außerordentlich wichtig hälst, würde ich trotzdem kommen, natürlich mit der Voraussetzung, (?) für mich ein ungeeigneter Platz.
Tag, Uhrzeit die gleiche aber Brandenburger Tor oder Reichstagsruine oder bei meinem Onkel.
[geschwärzt]
Für Deine Sicherheit und Unverletzlichkeit garantiere ich Dir.
Es kann aber auch zu einemanderen Zeitpunkt sein, am Ende Deines Urlaubes.
Die Grenzpolizei in der SBZ/DDR wurde auf Befehl der sowjetischen Besatzungsmacht zum 1.12.1946 in den Ländern und Provinzen der SBZ gegründet. Sie agierte zunächst als ausführendes Organ der Militäradministration. Ihre Hauptaufgabe war es, den unkontrollierten Personen- und Warenverkehr über die noch unbefestigte Demarkationslinie in die westlichen Besatzungszonen zu unterbinden. Sie rekrutierte sich überwiegend aus bisherigen Angehörigen der neu formierten Schutzpolizei und im Sinne der Besatzungsmacht politisch zuverlässigen Bewerbern, bevorzugt aus der Arbeiterschaft.
Ende 1948, mit dem Beginn des Kalten Krieges, war die Aufbauphase abgeschlossen. Die Grenzpolizei zählte ca. 20.000 Bedienstete, die sich freiwillig auf mindestens drei Jahre verpflichtet hatten. Die neue, bisher den Ländern unterstellte Polizei wurde im November 1948 zu einem zentral geführten Organ der Besatzungszone aufgewertet und als Hauptabteilung in die Deutsche Verwaltung des Innern (Gründung des MfS) integriert. Ihr erster Leiter im Rang eines Chefinspekteurs wurde Hermann Rentzsch, ein früherer Wehrmachtsoffizier und NKFD-Kader.
Schon nach wenigen Monaten wurde die Grenzpolizei erneut den Landesverwaltungen unterstellt. Solche kurzfristigen politisch motivierten Wechsel im Unterstellungsverhältnis sollten bis zu ihrer Auflösung 1990 eine Besonderheit in der Organisationsgeschichte der Grenzpolizei bleiben. Im Zuge des sich verschärfenden Ost-West-Konflikts und des Übergangs zum Aufbau des Sozialismus in der DDR gewannen die in Deutsche Grenzpolizeien umbenannten Verbände erheblich an politischer Bedeutung. Sie wurden im Mai 1952 nach sowjetischem Vorbild dem Ministerium für Staatssicherheit unterstellt. Neuer Chef wurde Generalinspekteur Hermann Gartmann.
Die Grenzpolizei nahm mehr und mehr militärischen Charakter an, der sich in neuen Uniformen der 35 000 Bediensteten (1957) und in der Ausrüstung dokumentierte, zu der auch Panzer zählten. Die Aufwertung ging einher mit dem Ausbau der Grenzbefestigungen gegenüber der Bundesrepublik und der zunehmenden Abschottung der Westsektoren Berlins.
Nach dem 17. Juni 1953 wurde die Grenzpolizei der Zuständigkeit des Staatssicherheitsdienstes entzogen und ihm erst im April 1955 wieder zugeordnet. Nach dem Volksaufstand in Ungarn fasste die SED-Führung die Grenzpolizei, die Transport- und Bereitschaftspolizei zur Hauptverwaltung Innere Sicherheit der Staatssicherheit zusammen, gliederte diese drei Organe aber bereits im Frühjahr 1957 wieder aus dem MfS aus und in das MdI ein. Neuer Grenzpolizei-Chef wurde Oberst Paul Ludwig.
Nach dem Bau der Mauer wurde die Grenzpolizei als Kommando Grenze in die NVA integriert und als Grenztruppen offen als militärische Formation tituliert, die ab 1962 auch Wehrpflichtige rekrutierte. Vor dem Hintergrund der Wiener Truppenreduzierungsgespräche wurden sie zur Jahreswende 1973/74 aus der NVA herausgelöst und bildeten seitdem eine selbständige Formation im Verantwortungsbereich des MfNV.
Die Verflechtung mit dem MfS blieb unverändert eng. Mit der "Verwaltung 2000" (Hauptabteilung I) hatte das MfS eigene Verbindungsoffiziere und unterhielt ein enges IM-Netz in den Grenztruppen und von 1964 bis 1985 ein Einsatzkommando der HA I, das im Rahmen der Grenztruppen Spezialaufträge ausführte. Zudem sah auch die Stasi eine ihrer Hauptaufgaben darin, Fluchtversuche in die Bundesrepublik zu verhindern. Der letzte Chef der auf 50 000 Soldaten angewachsenen Grenztruppen, Generaloberst Baumgarten, wurde 1996 u.a. wegen seiner Mitverantwortung für den Tod von DDR-Flüchtlingen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
Signatur: BStU, MfS, AOP, Nr. 234/61, Bl. 116-117
Abschrift eines Briefes von Manfred Smolka an seinen Bekannten bei der Grenzpolizei, der für die Stasi arbeitete.
Im Operativ-Vorgang "Verräter" plante die Stasi die Verhaftung des ehemaligen Grenzpolizisten Manfred Smolka. Dieser wurde Monate zuvor aus dem Dienst entlassen. Am 17. Juni 1958, dem fünften Jahrestags des Volksaufstandes in der DDR, ignorierte er die strengen Befehle an der DDR-Grenze. Durch die verschärften Sicherheitsvorschriften hätten die örtlichen Bauern sonst nicht ihre grenznahen Felder betreten können. Aber bei einer Kontrolle kam diese Gutmütigkeit ans Licht und Smolka wurde unterstellt, statt seine Pflicht auszuüben, sei er auf der Jagd gewesen. Der Beschuldigte reagierte im Affekt und warf seine Uniformjacke von sich. Smolka wurde zunächst degradiert, später musste er den Dienst quittieren. Zwei Wochen nach seiner Entlassung floh er über die grüne Grenze aus der DDR in die Bundesrepublik. Seine Frau und sein Kind wollte er später nachholen. Dabei baute er auf die Hilfe eines alten Bekannten von der Grenzpolizei, der vorgab, auch die DDR verlassen zu wollen. Tatsächlich arbeitete sein vermeintlicher Freund aber mit der Staatssicherheit zusammen.
Wir könnten auch über meinen Onkel brieflich in Verbindung bleiben, Du mußt mich das aber wissen lassen.
Nun habe ich noch einige Dinge für Dich lieber [geschwärzt], die vielleicht im ersten Moment für Dich schwer zu verstehen sein werden, ich möchte gerne wissen, ob Du für mich, oder besser ausgedrückt, für uns, einiges zu tun bereit wärest, wenn Du diese Zeilen liest, wirst Du denken, das ist gefährlich, ich sage Dir mit ruhigem, ehrlichen Gewissen, was ich von Dir will , ist tausendmal sicherer und ungefährlicher, als die Tatsache, daß Du der [geschwärzt] über Berlin zur Flucht geholfen hättest.
Und zwar brauchte ich schnellstens eine Gasmascke, die Du der [geschwärzt] übergibst …… Diese zu besorgen ist jetzt kein …… wenn auch jetzt die Nr. im Ausweis eingetragen ist, es verscheindet eben eine von irgendeinem der sowieso leichtsinnig ist. Das ist das Einzige, was ich von Dir als Sachgegen stand brauchte, auch für die Zukunft, Später mal einige Namen, die Du nicht selber aufzuschreiben brauchst sondern das würde die [geschwärzt] machen, keiner erfährt jemals von wem diese Sachen stammen, mit keinem anderen hättest Du zusammenzuarbeiten als mit meiner Frau und die mit mir, also eine Sachem die sicher und wirklich nicht gefährlich ist.
Was dabei herausspringt, geht zu gleichen Teilen.
Ich will Dich nicht mit allzuviel Gedanken belasten, Du hast zu entscheiden, tue es mit Dir. selbst ausmachen lieber [geschwärzt] wenn Du zu allem nein sagst, bist Du in meinen Augen weiterhin mein bester Freund, denke nicht schlecht darum von mir, ich meine es nur gut und habe auch bisjetzt richtig gehandelt.
Auf eine Antwort durch meine Frau warte ich. Du brauchst nur eine Zeile selbst zu schreiben, Du bist der große Unbekannte lind hast, gleich wie Du dich entscheidest, nie was zu befürchten das ist mein Wort auf das Du rechnen kannst.
Für heute möchte ich schließen, es grüßt Dich herzlich
Dein Freund Mannfred.
Viele Grüße an Deine liebe Frau.
F.d.R.d.A.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Die Grenzpolizei in der SBZ/DDR wurde auf Befehl der sowjetischen Besatzungsmacht zum 1.12.1946 in den Ländern und Provinzen der SBZ gegründet. Sie agierte zunächst als ausführendes Organ der Militäradministration. Ihre Hauptaufgabe war es, den unkontrollierten Personen- und Warenverkehr über die noch unbefestigte Demarkationslinie in die westlichen Besatzungszonen zu unterbinden. Sie rekrutierte sich überwiegend aus bisherigen Angehörigen der neu formierten Schutzpolizei und im Sinne der Besatzungsmacht politisch zuverlässigen Bewerbern, bevorzugt aus der Arbeiterschaft.
Ende 1948, mit dem Beginn des Kalten Krieges, war die Aufbauphase abgeschlossen. Die Grenzpolizei zählte ca. 20.000 Bedienstete, die sich freiwillig auf mindestens drei Jahre verpflichtet hatten. Die neue, bisher den Ländern unterstellte Polizei wurde im November 1948 zu einem zentral geführten Organ der Besatzungszone aufgewertet und als Hauptabteilung in die Deutsche Verwaltung des Innern (Gründung des MfS) integriert. Ihr erster Leiter im Rang eines Chefinspekteurs wurde Hermann Rentzsch, ein früherer Wehrmachtsoffizier und NKFD-Kader.
Schon nach wenigen Monaten wurde die Grenzpolizei erneut den Landesverwaltungen unterstellt. Solche kurzfristigen politisch motivierten Wechsel im Unterstellungsverhältnis sollten bis zu ihrer Auflösung 1990 eine Besonderheit in der Organisationsgeschichte der Grenzpolizei bleiben. Im Zuge des sich verschärfenden Ost-West-Konflikts und des Übergangs zum Aufbau des Sozialismus in der DDR gewannen die in Deutsche Grenzpolizeien umbenannten Verbände erheblich an politischer Bedeutung. Sie wurden im Mai 1952 nach sowjetischem Vorbild dem Ministerium für Staatssicherheit unterstellt. Neuer Chef wurde Generalinspekteur Hermann Gartmann.
Die Grenzpolizei nahm mehr und mehr militärischen Charakter an, der sich in neuen Uniformen der 35 000 Bediensteten (1957) und in der Ausrüstung dokumentierte, zu der auch Panzer zählten. Die Aufwertung ging einher mit dem Ausbau der Grenzbefestigungen gegenüber der Bundesrepublik und der zunehmenden Abschottung der Westsektoren Berlins.
Nach dem 17. Juni 1953 wurde die Grenzpolizei der Zuständigkeit des Staatssicherheitsdienstes entzogen und ihm erst im April 1955 wieder zugeordnet. Nach dem Volksaufstand in Ungarn fasste die SED-Führung die Grenzpolizei, die Transport- und Bereitschaftspolizei zur Hauptverwaltung Innere Sicherheit der Staatssicherheit zusammen, gliederte diese drei Organe aber bereits im Frühjahr 1957 wieder aus dem MfS aus und in das MdI ein. Neuer Grenzpolizei-Chef wurde Oberst Paul Ludwig.
Nach dem Bau der Mauer wurde die Grenzpolizei als Kommando Grenze in die NVA integriert und als Grenztruppen offen als militärische Formation tituliert, die ab 1962 auch Wehrpflichtige rekrutierte. Vor dem Hintergrund der Wiener Truppenreduzierungsgespräche wurden sie zur Jahreswende 1973/74 aus der NVA herausgelöst und bildeten seitdem eine selbständige Formation im Verantwortungsbereich des MfNV.
Die Verflechtung mit dem MfS blieb unverändert eng. Mit der "Verwaltung 2000" (Hauptabteilung I) hatte das MfS eigene Verbindungsoffiziere und unterhielt ein enges IM-Netz in den Grenztruppen und von 1964 bis 1985 ein Einsatzkommando der HA I, das im Rahmen der Grenztruppen Spezialaufträge ausführte. Zudem sah auch die Stasi eine ihrer Hauptaufgaben darin, Fluchtversuche in die Bundesrepublik zu verhindern. Der letzte Chef der auf 50 000 Soldaten angewachsenen Grenztruppen, Generaloberst Baumgarten, wurde 1996 u.a. wegen seiner Mitverantwortung für den Tod von DDR-Flüchtlingen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
Abgefangener Brief mit Hinweisen auf eine mögliche Republikflucht Dokument, 2 Seiten
Schlusswort Manfred Smolkas beim Strafprozess vor dem Bezirksgericht Erfurt Audio, 42 Minuten, 25 Sekunden
Informationsbericht der Abteilung M zur Postkontrolle bei Einheiten der Deutschen Grenzpolizei Dokument, 6 Seiten
Stasi-Aufzeichnung der Rede eines Brigadiers in Torgelow während des Volksaufstandes Dokument, 6 Seiten