Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 1005, Bl. 1-4
Im Jahr 1965 folgte der Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht einer Einladung des Präsidenten Gamal Abdel Nasser und besuchte Ägypten. Der erste Besuch des DDR-Staatsoberhaupts in einem Land außerhalb des Ostblocks sorgte in diplomatischen Kreisen für Aufruhr. Die Staatssicherheit dokumentierte "Äußerungen führender CDU-Kreise" zu dem Besuch.
Am 12. Mai 1965 vereinbarten Bundeskanzler Ludwig Erhard und der israelische Premierminister Levi Eschkol die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Dem Datum war eine jahrelange offizielle und geheime Annäherung von Israel und der Bundesrepublik vorausgegangen.
Die DDR dagegen unterhielt anders als die übrigen Staaten des Ostblocks zu keinem Zeitpunkt diplomatische Beziehungen zu Israel. Mit ihrer offen antizionistischen Haltung fand die DDR zunehmend Anerkennung in der arabischen Welt. Im Gegensatz dazu verlor die Bundesrepublik wegen ihrer Unterstützung Israels bei den arabischen Ländern an Ansehen und musste befürchten, dass diese die DDR als souveränen Staat anerkennen könnten.
Die westdeutsche Außenpolitik war zu dieser Zeit von der "Hallstein-Doktrin" geprägt. Nahm ein Land diplomatische Beziehungen zur DDR auf, wertete die Bundesrepublik dies als "unfreundlichen Akt", der zum Abbruch der diplomatischen Kontakte führen konnte.
Rund vier Monate vor der Aufnahme diplomatischer Beziehungen war es zu einem Affront gegen die Bundesrepublik gekommen. Der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser hatte den höchsten Repräsentanten der DDR, den Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht, als offiziellen Staatsgast eingeladen. Es war das erste Mal, dass ein Staat außerhalb des Ostblocks der DDR diese Möglichkeit bot. Vom 24. Februar bis 2. März 1965 besuchte Ulbricht Ägypten. Das Land war einflussreiches Mitglied der Organisation blockfreier Staaten und tonangebende Macht der Arabischen Liga.
Die Einladung Nassers an Ulbricht erfolgte auch als Antwort auf die jahrelangen, geheim gehaltenen Lieferungen von Waffen, Panzern und militärtauglichen Flugzeugen der Bundesrepublik an Israel. Bereits Ende 1957 hatte es Sondierungen dazu gegeben, zwischen dem bundesdeutschen Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß und dem Generaldirektor des israelischen Verteidigungsministeriums Schimon Peres. In den folgenden Jahren dann lieferte die Bundesrepublik die zugesagte Militärausrüstung verschleiert über Frankreich an Israel. Im Oktober 1964 wurde dieser bis dahin geheime Handel publik und sorgte für große Aufregung im arabischen Lager. Nassers Einladung an Ulbricht setzte die Bundesrepublik erneut unter Druck. Bis dahin war Ägypten ein Garant der Nicht-Anerkennung der DDR als Staat im Sinne der "Hallstein-Doktrin".
Den bevorstehenden Staatsbesuch Walter Ulbrichts in Ägypten konnte die Stasi aus der Binnenperspektive "führender CDU-Kreise" beschreiben. In der vorliegenden Einzelinformation wird detailreich über Hintergründe von Ulbrichts Besuch spekuliert sowie über die Folgen auch für die Bundesrepublik. Ägypten wird hier mit der Abkürzung VAR für den Staatsnamen "Vereinigte Arabische Republik" bezeichnet.
Nasser und die anderen arabischen Länder treiben und eine "Anti-Nasser-Front" schaffen zu können. Dabei volle besonders mit dem angeblichen sowjetischen Druck auf Nasser operiert werden. Die genannten CDU-Kreise bezeichneten allerdings selbst dieses Vorhaben als einen "etwas wagehalsigen Versuch".
Zu den sogen. Bonner Gegenmaßnahmen im einzelnen äußerten sie, daß die im Aufbau befindliche westdeutsche Ingenieurschule in Kairo nicht aus der Hand gegeben und der DDR hier nicht das Feld überlassen werden solle. Der Rechtsschutz der an dieser Schule tätigen westdeutschen Lehrkräfte müsse dabei gewahrt werden.
Wahrscheinlich würden auch die z.T. schon verbrauchte "Kapitalhilfe" von 230 Mio DM, die technische "Hilfe" von 70 Mio DM und die kurzfristigen Kredite der westdeutschen Girozentrale von 80 Mio DM praktisch weiterlaufen. Die in der VAR engagierten westdeutschen Unternehmen hätten auf die langfristigen Hermes-Kredite schon zurückgegriffen und könnten sie nicht aus ihren ägyptischen Projekten zurückziehen. Eine Verärgerung dieser Unternehmen gerade im Wahljahr wolle die Bonner Regierung vermeiden. Außerdem wolle sie durch diese "Zugeständnisse" Nasser "noch eine Chance geben" wieder mit Bonn ins Gespräch zu kommen.
Der in Aussicht gestellte Bonner Kredit für den künftigen 5-Jahrplan der VAR in Höhe von 400-500 Mio DM werde allerdings nicht gewährt werden. Es würden euch keine neuen Zusagen gemacht oder weitere Vereinbarungen getroffen.
Der Bonner Botschafter in der VAR werde vorläufig nicht nach Kairo zurückkehren. Die weitere Entwicklung des Verhöltnisses zur VAR müsse erst abgewartet werden.
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Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 1005, Bl. 1-4
Im Jahr 1965 folgte der Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht einer Einladung des Präsidenten Gamal Abdel Nasser und besuchte Ägypten. Der erste Besuch des DDR-Staatsoberhaupts in einem Land außerhalb des Ostblocks sorgte in diplomatischen Kreisen für Aufruhr. Die Staatssicherheit dokumentierte "Äußerungen führender CDU-Kreise" zu dem Besuch.
Am 12. Mai 1965 vereinbarten Bundeskanzler Ludwig Erhard und der israelische Premierminister Levi Eschkol die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Dem Datum war eine jahrelange offizielle und geheime Annäherung von Israel und der Bundesrepublik vorausgegangen.
Die DDR dagegen unterhielt anders als die übrigen Staaten des Ostblocks zu keinem Zeitpunkt diplomatische Beziehungen zu Israel. Mit ihrer offen antizionistischen Haltung fand die DDR zunehmend Anerkennung in der arabischen Welt. Im Gegensatz dazu verlor die Bundesrepublik wegen ihrer Unterstützung Israels bei den arabischen Ländern an Ansehen und musste befürchten, dass diese die DDR als souveränen Staat anerkennen könnten.
Die westdeutsche Außenpolitik war zu dieser Zeit von der "Hallstein-Doktrin" geprägt. Nahm ein Land diplomatische Beziehungen zur DDR auf, wertete die Bundesrepublik dies als "unfreundlichen Akt", der zum Abbruch der diplomatischen Kontakte führen konnte.
Rund vier Monate vor der Aufnahme diplomatischer Beziehungen war es zu einem Affront gegen die Bundesrepublik gekommen. Der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser hatte den höchsten Repräsentanten der DDR, den Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht, als offiziellen Staatsgast eingeladen. Es war das erste Mal, dass ein Staat außerhalb des Ostblocks der DDR diese Möglichkeit bot. Vom 24. Februar bis 2. März 1965 besuchte Ulbricht Ägypten. Das Land war einflussreiches Mitglied der Organisation blockfreier Staaten und tonangebende Macht der Arabischen Liga.
Die Einladung Nassers an Ulbricht erfolgte auch als Antwort auf die jahrelangen, geheim gehaltenen Lieferungen von Waffen, Panzern und militärtauglichen Flugzeugen der Bundesrepublik an Israel. Bereits Ende 1957 hatte es Sondierungen dazu gegeben, zwischen dem bundesdeutschen Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß und dem Generaldirektor des israelischen Verteidigungsministeriums Schimon Peres. In den folgenden Jahren dann lieferte die Bundesrepublik die zugesagte Militärausrüstung verschleiert über Frankreich an Israel. Im Oktober 1964 wurde dieser bis dahin geheime Handel publik und sorgte für große Aufregung im arabischen Lager. Nassers Einladung an Ulbricht setzte die Bundesrepublik erneut unter Druck. Bis dahin war Ägypten ein Garant der Nicht-Anerkennung der DDR als Staat im Sinne der "Hallstein-Doktrin".
Den bevorstehenden Staatsbesuch Walter Ulbrichts in Ägypten konnte die Stasi aus der Binnenperspektive "führender CDU-Kreise" beschreiben. In der vorliegenden Einzelinformation wird detailreich über Hintergründe von Ulbrichts Besuch spekuliert sowie über die Folgen auch für die Bundesrepublik. Ägypten wird hier mit der Abkürzung VAR für den Staatsnamen "Vereinigte Arabische Republik" bezeichnet.
Insgesamt wolle die Bonner Regierung jetzt die Hallstein-Doktrin überprüfen, um sie künftig flexibler, gestaffelt und differenziert anwenden zu können. Damit hänge auch eine generelle Überprüfung der Entwicklungshilfe zusammen. Sie sei bisher zu starr mit der Forderung nach Nichtanerkennung der DDR verbunden worden. Deshalb habe sie die latente Gefahr hervorgerufen, daß Bonn stets "erpresst" werden könne, wenn keine "Hilfe" mehr gewährt werde.
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