Signatur: BStU, MfS, HV A, Nr. 885, Bl. 1-14
Eine Darstellung der Tätigkeit des amerikanischen militärischen Nachrichtendienstes INSCOM in Augsburg macht deutlich, wie umfassend die Stasi über die Spionagetätigkeit der USA in der Stadt informiert war.
In der Konfrontationssituation des Kalten Krieges wollten beide Seiten im Detail wissen, wie die jeweils andere Seite militärisch und nachrichtendienstlich aufgestellt ist. So gerieten die Standorte der US-amerikanischen Landstreitkräfte und vor allem die Nachrichtendienste des Militärs ins Visier des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). In Augsburg war dies beispielsweise in den 1970er Jahren die Army Security Agency (ASA), ein Nachrichtendienst der Armee, der bis 1977 existierte und danach INSCOM hieß. Sie war für das Abhören und Auffangen von Feindnachrichten zuständig sowie für Verschlüsselungstechnologien (Kryptologie) zuständig. Auch die US Army Field Station Augsburg – abgekürzt USAFSA oder FSA - wurde von der Auslandsspionage des des MS umfassend beobachtet und analysiert. Ihr Standort war die Gablingen Kaserne nördlich von Augsburg.
Die vorliegende Darstellung über die "Struktur und Tätigkeit der Dienststelle der Fernmelde/ Elektronischen Spionage des Geheimdienstes der USA-Landstreitkräfte INSCOM" wurde im Juli 1986 in der Abteilung IX/C der Hauptverwaltung Aufklärung erstellt. Die Aufgabe dieser Abteilung war es, Ziele, Aufgaben und Schwerpunkte der gegnerischen Nachrichtendienste auszuwerten. In dieser Ausarbeitung wird deutlich, wie umfassend die Stasi über die Spionagetätigkeit der USA in Augsburg informiert war. Die Analyse war nicht nur bei der Stasi mit dem Vermerk "Streng geheim!" und "Besonderer Quellenschutz!" versehen, sondern sie stand auch bis 2011 im Archiv der Stasi-Unterlagen-Behörde unter Geheimschutz, da sie Informationen enthielt, die bis dato der weiteren Geheimhaltung unterlag. Sie bietet Einblicke in das, was Geheimdienste im Kalten Krieg aneinander besonders interessierte.
[Durchgestrichen: VS-Vertraulich
amtlich geheimgehalten]
Die FSA betreibt weiterhin zwei Peilstationen ("DF Detachments") in
2389 Schleswig und in
8202 Bad Aibling.
Zwei automatische Empfangsstationen vom Typ AN/FSQ-91 für die Signalerfassung im Frequenzbereich von 20 MHz bis 12 GHz arbeiten im Grenzgebiet zur DDR bzw. CSSR auf dem
Wurmberg (971 m) bei 3389 Braunlage
und auf dem
Hoher Bogen bei 8490 Cham.
Die vollständige oder selektive Übermittlung der Spionageergebnisse nach Augsburg erfolgt über leistungsfähige Mikrowellenverbindungen.
Die FSA hat das System solcher automatischen Erfassungsstationen entlang der Grenze der BRD zur DDR und CSSR in den letzten Jahren schrittweise weiter ausgebaut. (siehe auch Abschnitt 6 Projekt La Faire Vite)
Die gesamte Tätigkeit der FSA ist hochgradig automatisiert. Herzstück der Operationsbasis ist eine kreisförmige Antennenanlage vom Typ AN/FLR-9 ("Circular Disposed Antenna Array - CDAA") für die selektive Signalerfassung in den Frequenzbereichen 2-6 MHz, 6-18 MHz und 18 - 32 MHz. (Bild 1)
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Das MfS hat als ein Instrument der DDR, insbesondere der SED-Führung, die politischen Interessen des Staates inoffiziell in der Bundesrepublik Deutschland unterstützt. Die Westarbeit des MfS bestand aus Spionageaktivitäten, also der nachrichtendienstlichen Beschaffung von Informationen, Patenten, Verfahren und Mustern durch das MfS.
Die Bezeichnungen Westarbeit und Spionage meinen in diesem Kontext das, was beim MfS mit "operative Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" bezeichnet wird. Im engeren Sinne also die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern im "Operationsgebiet", bei dem es sich überwiegend um die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin handelte, aber auch die in der NATO und der Europäischen Gemeinschaft verbundenen Staaten einschloss.
Im weiteren Sinne fallen darunter auch die Funkaufklärung und der Einsatz von Offizieren im besonderen Einsatz in Botschaften, Konsulaten usw. Erfolgte diese operative Arbeit bis Anfang der 70er Jahre wesentlich "illegal", ergaben sich mit der zunehmenden Anerkennung der DDR auch verstärkt "legale" Zugänge über die Einrichtung von Botschaften, von denen aus das MfS mit "legal abgedeckten Residenturen" arbeiten konnte.
Für die Beschaffung von wissenschaftlich-technischen, politischen und militärischen Informationen war vor allem die Hauptverwaltung A zuständig, aber nahezu gleichrangig zahlreiche Abwehrdiensteinheiten des MfS. Die Hauptabteilung I, in der DDR für die Absicherung des Militärkomplexes verantwortlich, erkundete auch die Bundeswehr, den Bundesgrenzschutz, den Zollgrenzdienst, die Bayerische Grenzpolizei und diverse Einrichtungen der NATO.
Die Hauptabteilung II, mit der "offensiven Abwehr" ausländischer Nachrichtendienste in der DDR befasst, arbeitete zeitweise auch gegen den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz sowie den Militärischen Abschirmdienst. Die Hauptabteilung VI überwachte neben dem Ein-, Ausreise- und Transitverkehr in der DDR auch den über innerdeutsche Grenzen hinaus von und nach Westberlin.
Die Hauptabteilung VII unterhielt im "Operationsgebiet" ebenfalls ein Netz, das im klassischen Sinne kriminelle Aktivitäten wie Schmuggel aufzuklären hatte. Die Hauptabteilung VIII war für Ermittlungen und Beobachtungen zuständig. Zugleich war sie Servicediensteinheit für alle Diensteinheiten des MfS, indem sie den Informationsbedarf über Bundesbürger bediente.
Neben der Sicherungsarbeit in den Bereichen Staatsapparat, Blockparteien und "politischer Untergrundtätigkeit" war die Hauptabteilung XX im "Operationsgebiet" für alle Einrichtungen zuständig, die sich mit der DDR befassten. Im Visier der Hauptabteilung XXII standen links- und rechtsextremistische, überwiegend terroristische Gruppen.
Schließlich wäre auf Hauptabteilungsebene noch die Zentrale Kontrollgruppe anzuführen, die sich mit besonders DDR-kritischen Gruppen befasste, wie z. B. der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte oder den Fluchthilfeorganisationen. Mit der Westarbeit waren nicht allein die zentralen Abwehrdiensteinheiten befasst, sondern ihre Linien (Linienprinzip) erstreckten sich meist auch auf Bezirks- und im Einzelfall auf Kreisverwaltungsebene des MfS.
In den Kontext der Westarbeit sind auch die etwa 400 Entführungen von Bürgern aus der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin zu zählen sowie vereinzelte Versuche und Erwägungen, Bürger zu töten, wobei bislang ein Mord nicht nachgewiesen ist. Das MfS selbst verstand unter der "Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" die "Gesamtheit der politisch-operativen Kräfte des MfS im Operationsgebiet und die Nutzung solcher Personen aus dem Operationsgebiet, die zur Erfüllung operativer Aufgaben geeignet sind".
Die HV A und ihre Abteilungen XV in den Bezirksverwaltungen arbeiteten nach Schwerpunkten im "Operationsgebiet", ihre innere Struktur drückte die entsprechende Interessenlage aus.
Demnach konzentrierte sich die Abt. I auf Politik und strategische Absichten der Bundesregierung, die Abt. II auf die Parteien, Gewerkschaften, Landsmannschaften im "Operationsgebiet", die Abt. III steuerte die operative Arbeit der "legal abgedeckten Residenturen" in DDR-Botschaften, Konsulaten und Handelseinrichtungen, und die Abt. IV beschäftigte sich mit den militärischen Zentren" in der Bundesrepublik Deutschland, wozu das Bundesministerium der Verteidigung, Wehrbezirkskommandos der Bundeswehr und diverse US-amerikanische Einrichtungen gehörten. Die Abt. IX befasste sich mit westlichen Nachrichtendiensten, die Abt. XI mit den USA und die Abt. XII mit der NATO.
Die Abteilungen XIII bis XV gehörten zum Sektor Wissenschaft und Technik, der systematisch Patente, Verfahren und Muster für die DDR- und osteuropäische Forschung und Wirtschaft beschaffte. Schwerpunkte waren die Fachgebiete Energie, Biologie, Chemie, Elektronik, Elektrotechnik und Maschinenbau sowie das Bemühen, die Embargopolitik zu unterlaufen. Für offizielle, mithin dienstliche Kontakte zwischen beispielsweise DDR- und bundesdeutschen Wissenschaftlern oder Politikern war eigens die Abt. XVI der HV A zuständig, die auf diesem Weg an relevante Informationen gelangen sollte.
Während all diese Abteilungen der HV A überwiegend informationsbeschaffend tätig waren, verfügte sie mit der Abt. X eigens über eine Struktureinheit, die systematisch aktive Maßnahmen in der Bundesrepublik zu entfalten suchte.
Signatur: BStU, MfS, HV A, Nr. 885, Bl. 1-14
Eine Darstellung der Tätigkeit des amerikanischen militärischen Nachrichtendienstes INSCOM in Augsburg macht deutlich, wie umfassend die Stasi über die Spionagetätigkeit der USA in der Stadt informiert war.
In der Konfrontationssituation des Kalten Krieges wollten beide Seiten im Detail wissen, wie die jeweils andere Seite militärisch und nachrichtendienstlich aufgestellt ist. So gerieten die Standorte der US-amerikanischen Landstreitkräfte und vor allem die Nachrichtendienste des Militärs ins Visier des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). In Augsburg war dies beispielsweise in den 1970er Jahren die Army Security Agency (ASA), ein Nachrichtendienst der Armee, der bis 1977 existierte und danach INSCOM hieß. Sie war für das Abhören und Auffangen von Feindnachrichten zuständig sowie für Verschlüsselungstechnologien (Kryptologie) zuständig. Auch die US Army Field Station Augsburg – abgekürzt USAFSA oder FSA - wurde von der Auslandsspionage des des MS umfassend beobachtet und analysiert. Ihr Standort war die Gablingen Kaserne nördlich von Augsburg.
Die vorliegende Darstellung über die "Struktur und Tätigkeit der Dienststelle der Fernmelde/ Elektronischen Spionage des Geheimdienstes der USA-Landstreitkräfte INSCOM" wurde im Juli 1986 in der Abteilung IX/C der Hauptverwaltung Aufklärung erstellt. Die Aufgabe dieser Abteilung war es, Ziele, Aufgaben und Schwerpunkte der gegnerischen Nachrichtendienste auszuwerten. In dieser Ausarbeitung wird deutlich, wie umfassend die Stasi über die Spionagetätigkeit der USA in Augsburg informiert war. Die Analyse war nicht nur bei der Stasi mit dem Vermerk "Streng geheim!" und "Besonderer Quellenschutz!" versehen, sondern sie stand auch bis 2011 im Archiv der Stasi-Unterlagen-Behörde unter Geheimschutz, da sie Informationen enthielt, die bis dato der weiteren Geheimhaltung unterlag. Sie bietet Einblicke in das, was Geheimdienste im Kalten Krieg aneinander besonders interessierte.
[Durchgestrichen: VS-Vertraulich
amtlich geheimgehalten]
Bild 1: kreisförmige Antennenanlage AN/FLR-9 der Field Station Augsburg-Gablingen (Circular Disposed Antenna Array - COAA)
Für Suchoperationen zur Feststellung, Analyse und Identifizierung neuer Bearbeitungsschwerpunkte stehen die Antennensysteme AVW-2B und BBH-160 zur Verfügung. Alle Suchoperationen der FSA laufen unter der Deckbezeichnung "Marburg".
Die Bearbeitung, Analyse und Weiterleitung der Spionageergebnisse erfolgt weitestgehend computergestützt.
Programme der NSA und des INSCOM sehen die kontinuierliche Modernisierung und Neuausrüstung der Station vor, um jederzeit wirkungsvoll den modernen Kommunikationssystemen der sozialistischen Staaten begegnen zu können.
"La Fine Wine II" ist der Deckname des seit 1979 im Einsatz befindlichen zentralen Datenverarbeitungs- und Datenbanksystems der FSA. Die Anlage ist mit den Erfassungsund Verarbeitungs- bzw. Analysearbeitsplätzen gekoppelt.
Mit Hilfe dieses Datenverarbeitungssystems realisiert die FSA Aufgaben der Funkverkehrsanalyse, Kryptoanalyse und der Sprach- bzw. Klartextverarbeitung.
Das EDV-System La Fine Wine II wird auch zur Unterstützung der Leitungs- und Führungstätigkeit der FSA eingesetzt.
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Das MfS hat als ein Instrument der DDR, insbesondere der SED-Führung, die politischen Interessen des Staates inoffiziell in der Bundesrepublik Deutschland unterstützt. Die Westarbeit des MfS bestand aus Spionageaktivitäten, also der nachrichtendienstlichen Beschaffung von Informationen, Patenten, Verfahren und Mustern durch das MfS.
Die Bezeichnungen Westarbeit und Spionage meinen in diesem Kontext das, was beim MfS mit "operative Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" bezeichnet wird. Im engeren Sinne also die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern im "Operationsgebiet", bei dem es sich überwiegend um die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin handelte, aber auch die in der NATO und der Europäischen Gemeinschaft verbundenen Staaten einschloss.
Im weiteren Sinne fallen darunter auch die Funkaufklärung und der Einsatz von Offizieren im besonderen Einsatz in Botschaften, Konsulaten usw. Erfolgte diese operative Arbeit bis Anfang der 70er Jahre wesentlich "illegal", ergaben sich mit der zunehmenden Anerkennung der DDR auch verstärkt "legale" Zugänge über die Einrichtung von Botschaften, von denen aus das MfS mit "legal abgedeckten Residenturen" arbeiten konnte.
Für die Beschaffung von wissenschaftlich-technischen, politischen und militärischen Informationen war vor allem die Hauptverwaltung A zuständig, aber nahezu gleichrangig zahlreiche Abwehrdiensteinheiten des MfS. Die Hauptabteilung I, in der DDR für die Absicherung des Militärkomplexes verantwortlich, erkundete auch die Bundeswehr, den Bundesgrenzschutz, den Zollgrenzdienst, die Bayerische Grenzpolizei und diverse Einrichtungen der NATO.
Die Hauptabteilung II, mit der "offensiven Abwehr" ausländischer Nachrichtendienste in der DDR befasst, arbeitete zeitweise auch gegen den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz sowie den Militärischen Abschirmdienst. Die Hauptabteilung VI überwachte neben dem Ein-, Ausreise- und Transitverkehr in der DDR auch den über innerdeutsche Grenzen hinaus von und nach Westberlin.
Die Hauptabteilung VII unterhielt im "Operationsgebiet" ebenfalls ein Netz, das im klassischen Sinne kriminelle Aktivitäten wie Schmuggel aufzuklären hatte. Die Hauptabteilung VIII war für Ermittlungen und Beobachtungen zuständig. Zugleich war sie Servicediensteinheit für alle Diensteinheiten des MfS, indem sie den Informationsbedarf über Bundesbürger bediente.
Neben der Sicherungsarbeit in den Bereichen Staatsapparat, Blockparteien und "politischer Untergrundtätigkeit" war die Hauptabteilung XX im "Operationsgebiet" für alle Einrichtungen zuständig, die sich mit der DDR befassten. Im Visier der Hauptabteilung XXII standen links- und rechtsextremistische, überwiegend terroristische Gruppen.
Schließlich wäre auf Hauptabteilungsebene noch die Zentrale Kontrollgruppe anzuführen, die sich mit besonders DDR-kritischen Gruppen befasste, wie z. B. der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte oder den Fluchthilfeorganisationen. Mit der Westarbeit waren nicht allein die zentralen Abwehrdiensteinheiten befasst, sondern ihre Linien (Linienprinzip) erstreckten sich meist auch auf Bezirks- und im Einzelfall auf Kreisverwaltungsebene des MfS.
In den Kontext der Westarbeit sind auch die etwa 400 Entführungen von Bürgern aus der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin zu zählen sowie vereinzelte Versuche und Erwägungen, Bürger zu töten, wobei bislang ein Mord nicht nachgewiesen ist. Das MfS selbst verstand unter der "Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" die "Gesamtheit der politisch-operativen Kräfte des MfS im Operationsgebiet und die Nutzung solcher Personen aus dem Operationsgebiet, die zur Erfüllung operativer Aufgaben geeignet sind".
Die HV A und ihre Abteilungen XV in den Bezirksverwaltungen arbeiteten nach Schwerpunkten im "Operationsgebiet", ihre innere Struktur drückte die entsprechende Interessenlage aus.
Demnach konzentrierte sich die Abt. I auf Politik und strategische Absichten der Bundesregierung, die Abt. II auf die Parteien, Gewerkschaften, Landsmannschaften im "Operationsgebiet", die Abt. III steuerte die operative Arbeit der "legal abgedeckten Residenturen" in DDR-Botschaften, Konsulaten und Handelseinrichtungen, und die Abt. IV beschäftigte sich mit den militärischen Zentren" in der Bundesrepublik Deutschland, wozu das Bundesministerium der Verteidigung, Wehrbezirkskommandos der Bundeswehr und diverse US-amerikanische Einrichtungen gehörten. Die Abt. IX befasste sich mit westlichen Nachrichtendiensten, die Abt. XI mit den USA und die Abt. XII mit der NATO.
Die Abteilungen XIII bis XV gehörten zum Sektor Wissenschaft und Technik, der systematisch Patente, Verfahren und Muster für die DDR- und osteuropäische Forschung und Wirtschaft beschaffte. Schwerpunkte waren die Fachgebiete Energie, Biologie, Chemie, Elektronik, Elektrotechnik und Maschinenbau sowie das Bemühen, die Embargopolitik zu unterlaufen. Für offizielle, mithin dienstliche Kontakte zwischen beispielsweise DDR- und bundesdeutschen Wissenschaftlern oder Politikern war eigens die Abt. XVI der HV A zuständig, die auf diesem Weg an relevante Informationen gelangen sollte.
Während all diese Abteilungen der HV A überwiegend informationsbeschaffend tätig waren, verfügte sie mit der Abt. X eigens über eine Struktureinheit, die systematisch aktive Maßnahmen in der Bundesrepublik zu entfalten suchte.
Signatur: BStU, MfS, HV A, Nr. 885, Bl. 1-14
Eine Darstellung der Tätigkeit des amerikanischen militärischen Nachrichtendienstes INSCOM in Augsburg macht deutlich, wie umfassend die Stasi über die Spionagetätigkeit der USA in der Stadt informiert war.
In der Konfrontationssituation des Kalten Krieges wollten beide Seiten im Detail wissen, wie die jeweils andere Seite militärisch und nachrichtendienstlich aufgestellt ist. So gerieten die Standorte der US-amerikanischen Landstreitkräfte und vor allem die Nachrichtendienste des Militärs ins Visier des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). In Augsburg war dies beispielsweise in den 1970er Jahren die Army Security Agency (ASA), ein Nachrichtendienst der Armee, der bis 1977 existierte und danach INSCOM hieß. Sie war für das Abhören und Auffangen von Feindnachrichten zuständig sowie für Verschlüsselungstechnologien (Kryptologie) zuständig. Auch die US Army Field Station Augsburg – abgekürzt USAFSA oder FSA - wurde von der Auslandsspionage des des MS umfassend beobachtet und analysiert. Ihr Standort war die Gablingen Kaserne nördlich von Augsburg.
Die vorliegende Darstellung über die "Struktur und Tätigkeit der Dienststelle der Fernmelde/ Elektronischen Spionage des Geheimdienstes der USA-Landstreitkräfte INSCOM" wurde im Juli 1986 in der Abteilung IX/C der Hauptverwaltung Aufklärung erstellt. Die Aufgabe dieser Abteilung war es, Ziele, Aufgaben und Schwerpunkte der gegnerischen Nachrichtendienste auszuwerten. In dieser Ausarbeitung wird deutlich, wie umfassend die Stasi über die Spionagetätigkeit der USA in Augsburg informiert war. Die Analyse war nicht nur bei der Stasi mit dem Vermerk "Streng geheim!" und "Besonderer Quellenschutz!" versehen, sondern sie stand auch bis 2011 im Archiv der Stasi-Unterlagen-Behörde unter Geheimschutz, da sie Informationen enthielt, die bis dato der weiteren Geheimhaltung unterlag. Sie bietet Einblicke in das, was Geheimdienste im Kalten Krieg aneinander besonders interessierte.
[Durchgestrichen: VS-Vertraulich
amtlich geheimgehalten]
Die im Rahmen des Projekts La Faire Vite (automatische Erfassungsstationen im grenznahen Raum) gewonnen und über Mikrowellenverbindungen an die 36 Erfassungsplätze in Augsburg übermittelten Spionageerkenntnisse werden unter Nutzung des computergestützten Verarbeitungssystems Le Fox Purple bearbeitet, analysiert und gespeichert.
Das System verfügt über 60 Arbeitsplätze und kann Signale aus dem HF-, VHF-, UHF- und SHF-Bereich verarbeiten.
Seit 1982 nutzt die FSA ein separates Computersystem (Deckname "Kala") für die Bearbeitung von Massedaten und Informationen der NSA-Zentrale zur späteren Übernahme in das zentrale Computersystem La Fine Wine II.
Für alle Verbindungslinien zu anderen USA-Geheimdiensteinheiten ist das
"US Army Communications Command - USACC"
8900 Augsburg
verantwortlich.
Das USACC ist analog dem "US Army Information Systems Command" in Westberlin auf Grund seiner großen Bedeutung für die FSA dieser angegliedert.
Der Kommandeur der FSA hat auch die operative Kontrolle über das USACC.
2.2. Zur Tätgkeit weiterer Einheiten der USA-Geheimdienste im Objekt der FSA
a) "Navy Security Group Activity - NSGA" (USN-22)
Die NSGA Augsburg untersteht dem Kommandeur des Fernmelde/ Elektronischen Geheimdienstes des US-Marineministeriums "Naval Security Group Command".
Der Direktor der NSA/CSS hat die operative Kontrolle über die Station. USN-22 hat hauptsächlich Aufgaben der Funkpeilung zu erfüllen.
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Das MfS hat als ein Instrument der DDR, insbesondere der SED-Führung, die politischen Interessen des Staates inoffiziell in der Bundesrepublik Deutschland unterstützt. Die Westarbeit des MfS bestand aus Spionageaktivitäten, also der nachrichtendienstlichen Beschaffung von Informationen, Patenten, Verfahren und Mustern durch das MfS.
Die Bezeichnungen Westarbeit und Spionage meinen in diesem Kontext das, was beim MfS mit "operative Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" bezeichnet wird. Im engeren Sinne also die Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern im "Operationsgebiet", bei dem es sich überwiegend um die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin handelte, aber auch die in der NATO und der Europäischen Gemeinschaft verbundenen Staaten einschloss.
Im weiteren Sinne fallen darunter auch die Funkaufklärung und der Einsatz von Offizieren im besonderen Einsatz in Botschaften, Konsulaten usw. Erfolgte diese operative Arbeit bis Anfang der 70er Jahre wesentlich "illegal", ergaben sich mit der zunehmenden Anerkennung der DDR auch verstärkt "legale" Zugänge über die Einrichtung von Botschaften, von denen aus das MfS mit "legal abgedeckten Residenturen" arbeiten konnte.
Für die Beschaffung von wissenschaftlich-technischen, politischen und militärischen Informationen war vor allem die Hauptverwaltung A zuständig, aber nahezu gleichrangig zahlreiche Abwehrdiensteinheiten des MfS. Die Hauptabteilung I, in der DDR für die Absicherung des Militärkomplexes verantwortlich, erkundete auch die Bundeswehr, den Bundesgrenzschutz, den Zollgrenzdienst, die Bayerische Grenzpolizei und diverse Einrichtungen der NATO.
Die Hauptabteilung II, mit der "offensiven Abwehr" ausländischer Nachrichtendienste in der DDR befasst, arbeitete zeitweise auch gegen den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz sowie den Militärischen Abschirmdienst. Die Hauptabteilung VI überwachte neben dem Ein-, Ausreise- und Transitverkehr in der DDR auch den über innerdeutsche Grenzen hinaus von und nach Westberlin.
Die Hauptabteilung VII unterhielt im "Operationsgebiet" ebenfalls ein Netz, das im klassischen Sinne kriminelle Aktivitäten wie Schmuggel aufzuklären hatte. Die Hauptabteilung VIII war für Ermittlungen und Beobachtungen zuständig. Zugleich war sie Servicediensteinheit für alle Diensteinheiten des MfS, indem sie den Informationsbedarf über Bundesbürger bediente.
Neben der Sicherungsarbeit in den Bereichen Staatsapparat, Blockparteien und "politischer Untergrundtätigkeit" war die Hauptabteilung XX im "Operationsgebiet" für alle Einrichtungen zuständig, die sich mit der DDR befassten. Im Visier der Hauptabteilung XXII standen links- und rechtsextremistische, überwiegend terroristische Gruppen.
Schließlich wäre auf Hauptabteilungsebene noch die Zentrale Kontrollgruppe anzuführen, die sich mit besonders DDR-kritischen Gruppen befasste, wie z. B. der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte oder den Fluchthilfeorganisationen. Mit der Westarbeit waren nicht allein die zentralen Abwehrdiensteinheiten befasst, sondern ihre Linien (Linienprinzip) erstreckten sich meist auch auf Bezirks- und im Einzelfall auf Kreisverwaltungsebene des MfS.
In den Kontext der Westarbeit sind auch die etwa 400 Entführungen von Bürgern aus der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin zu zählen sowie vereinzelte Versuche und Erwägungen, Bürger zu töten, wobei bislang ein Mord nicht nachgewiesen ist. Das MfS selbst verstand unter der "Arbeit im und nach dem Operationsgebiet" die "Gesamtheit der politisch-operativen Kräfte des MfS im Operationsgebiet und die Nutzung solcher Personen aus dem Operationsgebiet, die zur Erfüllung operativer Aufgaben geeignet sind".
Die HV A und ihre Abteilungen XV in den Bezirksverwaltungen arbeiteten nach Schwerpunkten im "Operationsgebiet", ihre innere Struktur drückte die entsprechende Interessenlage aus.
Demnach konzentrierte sich die Abt. I auf Politik und strategische Absichten der Bundesregierung, die Abt. II auf die Parteien, Gewerkschaften, Landsmannschaften im "Operationsgebiet", die Abt. III steuerte die operative Arbeit der "legal abgedeckten Residenturen" in DDR-Botschaften, Konsulaten und Handelseinrichtungen, und die Abt. IV beschäftigte sich mit den militärischen Zentren" in der Bundesrepublik Deutschland, wozu das Bundesministerium der Verteidigung, Wehrbezirkskommandos der Bundeswehr und diverse US-amerikanische Einrichtungen gehörten. Die Abt. IX befasste sich mit westlichen Nachrichtendiensten, die Abt. XI mit den USA und die Abt. XII mit der NATO.
Die Abteilungen XIII bis XV gehörten zum Sektor Wissenschaft und Technik, der systematisch Patente, Verfahren und Muster für die DDR- und osteuropäische Forschung und Wirtschaft beschaffte. Schwerpunkte waren die Fachgebiete Energie, Biologie, Chemie, Elektronik, Elektrotechnik und Maschinenbau sowie das Bemühen, die Embargopolitik zu unterlaufen. Für offizielle, mithin dienstliche Kontakte zwischen beispielsweise DDR- und bundesdeutschen Wissenschaftlern oder Politikern war eigens die Abt. XVI der HV A zuständig, die auf diesem Weg an relevante Informationen gelangen sollte.
Während all diese Abteilungen der HV A überwiegend informationsbeschaffend tätig waren, verfügte sie mit der Abt. X eigens über eine Struktureinheit, die systematisch aktive Maßnahmen in der Bundesrepublik zu entfalten suchte.
Analyse der Struktur und Tätigkeit der US Army Field Station Berlin (USAFSB) Teufelsberg Dokument, 68 Seiten
Information über Mitarbeiter der 66. MI und der US ASA in Süddeutschland Dokument, 2 Seiten
Angaben zu Objekten der US ASA und der MI im Raum Süddeutschland Dokument, 2 Seiten
Bilderserie zur US Army Field Station Berlin auf dem Teufelsberg Dokument, 16 Seiten