Signatur: BStU, MfS, BV Neubrandenburg, Abt. VIII, Nr. 108, Bl. 4-76
Um eine "konspirative Durchsuchung" einer Wohnung durchzuführen, waren akribische Vorbereitungen notwendig. Das 1978 entstandene Lehrbuch der Stasi gibt detaillierte Einblicke.
Die im Stasi-Jargon als "konspirative Durchsuchung" bezeichneten illegalen Wohnungseinbrüche waren eine aufwändige, personal- und zeitintensive Angelegenheit. Dieses geheimpolizeiliche Mittel kam deshalb nur in ausgewählten Fällen und nicht flächendeckend zum Einsatz. Durch akribische Vorbereitungen musste sichergestellt sein, dass weder die Bewohner noch deren Umfeld etwas bemerkten.
Ausführende Diensteinheit war die Hauptabteilung VIII. Der eigentliche Auftraggeber war häufig die Hauptabteilung IX, zuständig für Ermittlungsverfahren mit politischer Bedeutung. Sie erteilte die Arbeitsanweisung, eine Wohnung zu durchsuchen oder darin Abhöranlagen zu installieren, um Hinweise oder Beweise für die weitere strafrechtliche Verfolgung einer Person zu sammeln.
Das vorliegende Arbeitsmaterial ist 1978 als Lehrbuch für Stasi-Mitarbeiter entstanden. Es enthält genaue Anweisungen über die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung konspirativer Wohnungsdurchsuchungen. Darüber hinaus sind in einigen Anlagen Beispiele dokumentiert. Jenseits von konkreten Fällen veranschaulicht das Dokument, wie akribisch die Stasi jeden einzelnen Schritt vorbereitete, um so ihr Wirken zu verschleiern.
Sperrkreis rot
[anonymisiert] begibt sich in Richtung Wohnung. Die Außenabsicherung muß sofort die Sicherung im Treppenhaus übernehmen und die Durchsuchungsgruppe die Wohnung sofort verlassen. Gerät [anonymisiert] außer Kontrolle, sofort Meldung an den Stützpunkt und Abbruch der konspirativen Durchsuchung.
3. [anonymisiert] wird während des Betretens und Verlassens der Wohnung von "Willi" durch eine Befragung gebunden. Die Befragung wird von Gen. [anonymisiert] HA XIX/1 durchgeführt und ist jeweils für ca. 20 Minuten festgelegt.
Legende: Aufklärung von Diebstählen in den Abstellräumen
Diese Legende wirkt glaubhaft, da in letzter Zeit solche Diebstähle vorkamen und laut Auskunft des ABV die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind.
4. [anonymisiert] wird an ihrer Wohnung von Mitarbeitern der HA XIX unter Kontrolle gehalten. Sollte sie das Haus verlassen und sich in Richtung Objektwohnung begeben, wird sofort der Stützpunkt telefonisch verständigt.
Weitere Aufgaben:
HA VIII/2:
- konspiratives Öffnen, Schließen und Durchsuchen der Wohnung, Schränke und anderer Behältnisse,
- fotografische Dokumentation der aufgefundenen operativ interessanten Gegenstände, schriftliche Unterlagen und Fundorte,
- Besetzung des Stützpunktes im Wohnhaus,
- Maskierung der Genossen der Durchsuchungsgruppe,
- Außenabsicherung und Aufrechterhaltung der Funkverbindung zwischen Stützpunkt - Durchsuchungsgruppe - Leitzentrum Operative Beobachtung - Beobachtergruppe.
Hauptabteilung VIII (Beobachtung, Ermittlung)
1950 wurde die selbstständige Abteilung VIII gebildet. Aufgabe der 1958 in Hauptabteilung VIII umbenannten Diensteinheit war es, im Auftrag anderer MfS-Abteilungen operative Beobachtungen und Ermittlungen durchzuführen.
Ihre Standardmethoden waren Mitschnitte von Telefongesprächen, heimliche Fotoaufnahmen, Videoüberwachung, verdeckte Wohnungsdurchsuchungen sowie gewaltsames Eindringen in fremde Objekte aller Art in Ost und West. Neben Beobachtungen, Ermittlungen, Durchsuchungen und Festnahmen in der DDR gehörten auch "aktive operative Maßnahmen in und nach dem Operationsgebiet" zu den Aufgaben der Hauptabteilung VIII. Hauptamtliche MfS-Mitarbeiter und IM reisten unter falschem Namen über getarnte Grenzschleusen ins westliche Operationsgebiet, wo sie Nachforschungen anstellten und Personen und Gebäude überwachten. Auch Anschläge und Entführungen gehörten zum operativen Geschäft dieser MfS-Abteilung.
Ende 1988 arbeiteten in der Hauptabteilung VIII 1.509 und in den Abteilungen VIII der Bezirksverwaltungen 2.960 hauptamtliche MfS-Mitarbeiter. Neben diesen 4.469 hauptamtlichen unterstanden der Hauptabteilung VIII 1.198 IM (darunter 124 West-IM). Hinzu kamen etwa 3.500 IM in den Abteilungen VIII der Bezirksverwaltungen.
In den 50er Jahren wirkte die Hauptabteilung VIII an zahlreichen Unrechtshandlungen des SED-Regimes mit. So entführte sie u. a. in den Westen geflohene MfS Mitarbeiter, die später als Verräter hingerichtet wurden (Entführung). Seit dem Mauerbau konzentrierte sich die Hauptabteilung VIII überwiegend auf Überwachungsmaßnahmen in der DDR. Nach dem Grundlagenvertrag und dem Transitabkommen versuchte sie, Republikfluchten und unerlaubte Kontakte zwischen DDR-Bürgern und Westdeutschen zu verhindern.
Zur Überwachung des innerdeutschen Reiseverkehrs errichtete die Hauptabteilung VIII an Grenzübergängen Beobachtungsstützpunkte. Im Zuge des POZW mit den DDR-Grenztruppen, der DDR-Zollverwaltung und den Bereichen Passkontrolle und Fahndung der HA VI des MfS sollten "Reisespione" und "operativ interessante Personen" (westdeutsche Politiker, ausländische Unternehmer und Geschäftsleute, Korrespondenten, Journalisten und Westverwandte von verdächtigen DDR-Bürgern) beobachtet werden. Mit großem Aufwand beobachtete die Hauptabteilung VIII Patrouillen der Westalliierten. Sie sammelte Belege für "subversive Handlungen und Aktivitäten", erfasste StVO-Verstöße und Sperrgebietsverletzungen.
Seit Juni 1989 war die Hauptabteilung VIII für die Überwachung von NVA-Angehörigen außerhalb des Dienstes zuständig. Bei der Spuren- und Beweissicherung konzentrierte sie sich auf "schwerwiegende Vorkommnisse" innerhalb der NVA und Grenztruppen: Spionage, Fahnenflucht, Westkontakte und Fluchtversuche. Ihre letzten Einsätze hatten die MfS-Offiziere der Hauptabteilung VIII im Herbst 1989, die zugleich deren personelle und logistische Kapazitäten überstiegen: Immer öfter mussten Angehörige der Hauptabteilung VIII zu außerplanmäßigen Großeinsätzen ausrücken, um an verdächtigen Gottesdiensten teilzunehmen und Demonstrationen zu beobachten oder vorbeugend einzudämmen.
Hauptabteilung IX (Untersuchungsorgan)
Die Hauptabteilung IX war die für strafrechtliche Ermittlungen und Strafverfolgung zuständige Diensteinheit. Sie hatte wie die nachgeordneten Abteilung IX in den Bezirksverwaltung (BV) (Linie IX) die Befugnisse eines Untersuchungsorgans, d. h. einer kriminalpolizeilichen Ermittlungsbehörde. Ursprünglich vor allem für die sog. Staatsverbrechen zuständig, befasste sie sich in der Honecker-Ära überwiegend mit Straftaten gegen die staatliche Ordnung, vor allem mit Fällen "ungesetzlichen Grenzübertritts" und Delikten, die mit Ausreisebegehren zu tun hatten. Nach StPO der DDR standen auch die Ermittlungsverfahren der Linie IX unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft, in der Praxis arbeitete das MfS hier jedoch weitgehend eigenständig.
Die Hauptabteilung IX und die Abteilungen IX der BV waren berechtigt, Ermittlungsverfahren einzuleiten sowie Festnahmen, Vernehmungen, Durchsuchungen, Beschlagnahmen und andere strafprozessuale Handlungen vorzunehmen sowie verpflichtet, diese Verfahren nach einer bestimmten Frist - meist durch die Übergabe an die Staatsanwaltschaft zur Anklageerhebung - zum Abschluss zu bringen (Untersuchungsvorgang). Daneben führte sie Vorermittlungen zur Feststellung von Ursachen und Verantwortlichen bei Großhavarien (industriellen Störfällen), Flugblättern widerständigen Inhalts, öffentlichen Protesten u. ä. (Vorkommnisuntersuchung, Sachverhaltsprüfung).
Die Hauptabteilung IX gehörte zeit ihres Bestehens zum Anleitungsbereich Mielkes, in den ersten Jahren in seiner Funktion als Staatssekretär und 1. stellv. Minister, ab 1957 als Minister. Ihre Leiter waren Alfred Karl Scholz (1950-1956), Kurt Richter (1956-1964), Walter Heinitz (1964-1973) und Rolf Fister (1973-1989).
1953 bestand die Hauptabteilung IX aus drei Abteilungen, die für Spionagefälle, Fälle politischer "Untergrundtätigkeit" und die Anleitung der Abt. IX der BV zuständig waren. Durch Ausgliederungen entstanden weitere Abteilungen, so u. a. für Wirtschaftsdelikte, Militärstraftaten, Delikte von MfS-Angehörigen und Fluchtfälle. Ende 1988 bestand die Hauptabteilung IX aus zehn Untersuchungsabteilungen sowie der Auswertungs- und Kontrollgruppe (AKG) und der AGL (Arbeitsgruppe des Ministers (AGM)) mit insgesamt 489 Mitarbeitern. Auf der Linie IX arbeiteten 1.225 hauptamtliche Mitarbeiter.
Die Linie IX wirkte eng mit den Abteilung XIV (Haft) und der Linie VIII (Beobachtung, Ermittlung), die für die Durchführung der Festnahmen zuständig waren, zusammen. Bei der juristischen Beurteilung von Operativen Vorgängen (OV) wurde die Hauptabteilung IX von den geheimdienstlich arbeitenden Diensteinheiten häufig einbezogen.
Die Hauptabteilung XIX entstand 1964 durch Umbenennung der Hauptabteilung XIII. Ihre Aufgaben waren die Sicherung des Ministeriums für Verkehrswesen und dessen zentraler Einrichtungen sowie der Verkehrsträger Reichsbahn, Schifffahrt, Kraftverkehr und Luftfahrt als auch der Transportpolizei und deren Arbeitsgebiet K I.
Neben der offiziellen Durchsuchung als strafprozessualer Ermittlungshandlung (gemäß §§ 108–119 StPO/1968) führte das MfS illegale, konspirative Durchsuchungen durch, bei denen heimlich in Wohnungen oder Büros eingebrochen wurde, meistens um unbemerkt an Beweismittel zu gelangen, die später ggf. durch ein nochmaliges Auffinden im Zuge einer legalen Durchsuchung offizialisiert wurden. Eingesetzt wurden dafür spezialisierte Mitarbeiter der Linie VIII (HA VIII).
Um bei Überwachungsmaßnahmen nicht aufzufallen, verwendeten Beobachter des MfS das Mittel der Maskierung. Beobachtungsstützpunkte dienten als Garderobe, in denen eine Sammlung von Berufsbekleidung, Perücken und Schminkutensilien aufbewahrt wurden. Am Einsatztag verkleideten sich die Beobachter unauffällig in einer der Umgebung angepassten Form, etwa als Handwerker, Förster oder Kellner. Im MfS-Sprachgebrauch wurde dafür der Begriff Personenmaskierung verwendet. Einige Bezirksverwaltungen des MfS beschäftigten für Maßnahmen der Maskierung Friseure und Maskenbildner als hauptamtliche IM. Als "Pkw-Maskierung" wurde die Tarnung von MfS-Fahrzeugen bezeichnet, die durch private Gegenstände, gefälschte Kennzeichen oder aufgedruckte Firmenschilder ein ziviles Aussehen erhielten.
Inszenierte fiktive Sachverhalte und Vorwände, die bei bestimmten Personen gewünschte Verhaltensweisen auslösen und/oder das MfS in die Lage versetzen sollten, an bestimmte Informationen zu gelangen, wobei der nachrichtendienstliche Hintergrund der Vorgänge unerkannt bleiben sollte. Die Legende sollte glaubwürdig sein und auf realen, überprüfbaren Gegebenheiten beruhen. Je nach operativer Zielsetzung gab es die Reise-, Ermittlungs-, Gesprächs-, Kontakt-, Ausweich- und Rückzugslegenden.
Erstes Stadium des Strafverfahrens, steht formal unter Leitung des Staatsanwaltes (§ 87 StPO/1968). Die eigentlichen Ermittlungen werden von den staatlichen Untersuchungsorganen (Polizei, MfS, Zoll) durchgeführt (§ 88 StPO/1968) und vom Staatsanwalt beaufsichtigt (§ 89 StPO/1968).
Tatsächlich waren für die Ermittlungen des MfS lediglich die zuvor vom MfS ausgewählten Staatsanwälte der Abteilungen IA zuständig, die gemäß MfS-internen Regelungen keine Einsicht in Unterlagen oder Ermittlungen, die nicht der StPO entsprachen, bekommen durften. Faktisch gab es daher eine doppelte Aktenführung in der zuständigen Linie IX: den internen Untersuchungsvorgang und die für Staatsanwaltschaft und Gericht bestimmte Gerichtsakte und somit keine wirksame staatsanwaltschaftliche Aufsicht über die MfS-Ermittlungen. Einleitung wie auch Einstellung des Ermittlungsverfahrens konnten selbständig von den Untersuchungsorganen verfügt werden (§§ 98, 141 StPO/1968).
Mit dem Ermittlungsverfahren verbunden waren Eingriffe in die persönliche Freiheit Beschuldigter durch die Untersuchungsorgane wie die Beschuldigten- und Zeugenvernehmung, die Durchsuchung, die Beschlagnahme, die Festnahme oder die Untersuchungshaft. In der Tätigkeit des MfS stellte das Ermittlungsverfahren einen besonders wirksamen Teil des repressiven Vorgehens gegen politische Gegner dar.
Signatur: BStU, MfS, BV Neubrandenburg, Abt. VIII, Nr. 108, Bl. 4-76
Um eine "konspirative Durchsuchung" einer Wohnung durchzuführen, waren akribische Vorbereitungen notwendig. Das 1978 entstandene Lehrbuch der Stasi gibt detaillierte Einblicke.
Die im Stasi-Jargon als "konspirative Durchsuchung" bezeichneten illegalen Wohnungseinbrüche waren eine aufwändige, personal- und zeitintensive Angelegenheit. Dieses geheimpolizeiliche Mittel kam deshalb nur in ausgewählten Fällen und nicht flächendeckend zum Einsatz. Durch akribische Vorbereitungen musste sichergestellt sein, dass weder die Bewohner noch deren Umfeld etwas bemerkten.
Ausführende Diensteinheit war die Hauptabteilung VIII. Der eigentliche Auftraggeber war häufig die Hauptabteilung IX, zuständig für Ermittlungsverfahren mit politischer Bedeutung. Sie erteilte die Arbeitsanweisung, eine Wohnung zu durchsuchen oder darin Abhöranlagen zu installieren, um Hinweise oder Beweise für die weitere strafrechtliche Verfolgung einer Person zu sammeln.
Das vorliegende Arbeitsmaterial ist 1978 als Lehrbuch für Stasi-Mitarbeiter entstanden. Es enthält genaue Anweisungen über die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung konspirativer Wohnungsdurchsuchungen. Darüber hinaus sind in einigen Anlagen Beispiele dokumentiert. Jenseits von konkreten Fällen veranschaulicht das Dokument, wie akribisch die Stasi jeden einzelnen Schritt vorbereitete, um so ihr Wirken zu verschleiern.
HA XIX/1 :
Teilnahme an der Außenabsicherung und Besetzung des Stützpunktes.
An der Aktion nehmen teil:
Hauptmann [anonymisiert]; Verantwortlicher der Aktion, der Außenabsicherung und Besetzung des Stützpunktes. Verantwortlich für die Informierung des Leiters der Diensteinheit.
Oberleutnant [anonymisiert]; Verantwortlicher der Durchsuchungsgruppe, konspiratives Schließen und Durchsuchen.
Leutnant [anonymisiert]; Verantwortlich für die fotografische Dokumentation, Aufrechterhaltung der Funkverbindung, konspiratives Durchsuchen.
Oberleutnant [anonymisiert]; Außenabsicherung (Funkwagen)
Hauptmann [anonymisiert]
Leutnant [anonymisiert]
HA XIX/1
Leutnant [anonymisiert]
BV Berlin, Abt. XX; Teilnahme an der Außenabsicherung und Besetzung des Stützpunktes
Hauptmann [anonymisiert]
HA XIX; Befragung der Nachbarin
1 Beobachtergruppe
HA VIII/1; Verantwortlich für operative Beobachtung [anonymisiert]
Hauptabteilung VIII (Beobachtung, Ermittlung)
1950 wurde die selbstständige Abteilung VIII gebildet. Aufgabe der 1958 in Hauptabteilung VIII umbenannten Diensteinheit war es, im Auftrag anderer MfS-Abteilungen operative Beobachtungen und Ermittlungen durchzuführen.
Ihre Standardmethoden waren Mitschnitte von Telefongesprächen, heimliche Fotoaufnahmen, Videoüberwachung, verdeckte Wohnungsdurchsuchungen sowie gewaltsames Eindringen in fremde Objekte aller Art in Ost und West. Neben Beobachtungen, Ermittlungen, Durchsuchungen und Festnahmen in der DDR gehörten auch "aktive operative Maßnahmen in und nach dem Operationsgebiet" zu den Aufgaben der Hauptabteilung VIII. Hauptamtliche MfS-Mitarbeiter und IM reisten unter falschem Namen über getarnte Grenzschleusen ins westliche Operationsgebiet, wo sie Nachforschungen anstellten und Personen und Gebäude überwachten. Auch Anschläge und Entführungen gehörten zum operativen Geschäft dieser MfS-Abteilung.
Ende 1988 arbeiteten in der Hauptabteilung VIII 1.509 und in den Abteilungen VIII der Bezirksverwaltungen 2.960 hauptamtliche MfS-Mitarbeiter. Neben diesen 4.469 hauptamtlichen unterstanden der Hauptabteilung VIII 1.198 IM (darunter 124 West-IM). Hinzu kamen etwa 3.500 IM in den Abteilungen VIII der Bezirksverwaltungen.
In den 50er Jahren wirkte die Hauptabteilung VIII an zahlreichen Unrechtshandlungen des SED-Regimes mit. So entführte sie u. a. in den Westen geflohene MfS Mitarbeiter, die später als Verräter hingerichtet wurden (Entführung). Seit dem Mauerbau konzentrierte sich die Hauptabteilung VIII überwiegend auf Überwachungsmaßnahmen in der DDR. Nach dem Grundlagenvertrag und dem Transitabkommen versuchte sie, Republikfluchten und unerlaubte Kontakte zwischen DDR-Bürgern und Westdeutschen zu verhindern.
Zur Überwachung des innerdeutschen Reiseverkehrs errichtete die Hauptabteilung VIII an Grenzübergängen Beobachtungsstützpunkte. Im Zuge des POZW mit den DDR-Grenztruppen, der DDR-Zollverwaltung und den Bereichen Passkontrolle und Fahndung der HA VI des MfS sollten "Reisespione" und "operativ interessante Personen" (westdeutsche Politiker, ausländische Unternehmer und Geschäftsleute, Korrespondenten, Journalisten und Westverwandte von verdächtigen DDR-Bürgern) beobachtet werden. Mit großem Aufwand beobachtete die Hauptabteilung VIII Patrouillen der Westalliierten. Sie sammelte Belege für "subversive Handlungen und Aktivitäten", erfasste StVO-Verstöße und Sperrgebietsverletzungen.
Seit Juni 1989 war die Hauptabteilung VIII für die Überwachung von NVA-Angehörigen außerhalb des Dienstes zuständig. Bei der Spuren- und Beweissicherung konzentrierte sie sich auf "schwerwiegende Vorkommnisse" innerhalb der NVA und Grenztruppen: Spionage, Fahnenflucht, Westkontakte und Fluchtversuche. Ihre letzten Einsätze hatten die MfS-Offiziere der Hauptabteilung VIII im Herbst 1989, die zugleich deren personelle und logistische Kapazitäten überstiegen: Immer öfter mussten Angehörige der Hauptabteilung VIII zu außerplanmäßigen Großeinsätzen ausrücken, um an verdächtigen Gottesdiensten teilzunehmen und Demonstrationen zu beobachten oder vorbeugend einzudämmen.
Hauptabteilung IX (Untersuchungsorgan)
Die Hauptabteilung IX war die für strafrechtliche Ermittlungen und Strafverfolgung zuständige Diensteinheit. Sie hatte wie die nachgeordneten Abteilung IX in den Bezirksverwaltung (BV) (Linie IX) die Befugnisse eines Untersuchungsorgans, d. h. einer kriminalpolizeilichen Ermittlungsbehörde. Ursprünglich vor allem für die sog. Staatsverbrechen zuständig, befasste sie sich in der Honecker-Ära überwiegend mit Straftaten gegen die staatliche Ordnung, vor allem mit Fällen "ungesetzlichen Grenzübertritts" und Delikten, die mit Ausreisebegehren zu tun hatten. Nach StPO der DDR standen auch die Ermittlungsverfahren der Linie IX unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft, in der Praxis arbeitete das MfS hier jedoch weitgehend eigenständig.
Die Hauptabteilung IX und die Abteilungen IX der BV waren berechtigt, Ermittlungsverfahren einzuleiten sowie Festnahmen, Vernehmungen, Durchsuchungen, Beschlagnahmen und andere strafprozessuale Handlungen vorzunehmen sowie verpflichtet, diese Verfahren nach einer bestimmten Frist - meist durch die Übergabe an die Staatsanwaltschaft zur Anklageerhebung - zum Abschluss zu bringen (Untersuchungsvorgang). Daneben führte sie Vorermittlungen zur Feststellung von Ursachen und Verantwortlichen bei Großhavarien (industriellen Störfällen), Flugblättern widerständigen Inhalts, öffentlichen Protesten u. ä. (Vorkommnisuntersuchung, Sachverhaltsprüfung).
Die Hauptabteilung IX gehörte zeit ihres Bestehens zum Anleitungsbereich Mielkes, in den ersten Jahren in seiner Funktion als Staatssekretär und 1. stellv. Minister, ab 1957 als Minister. Ihre Leiter waren Alfred Karl Scholz (1950-1956), Kurt Richter (1956-1964), Walter Heinitz (1964-1973) und Rolf Fister (1973-1989).
1953 bestand die Hauptabteilung IX aus drei Abteilungen, die für Spionagefälle, Fälle politischer "Untergrundtätigkeit" und die Anleitung der Abt. IX der BV zuständig waren. Durch Ausgliederungen entstanden weitere Abteilungen, so u. a. für Wirtschaftsdelikte, Militärstraftaten, Delikte von MfS-Angehörigen und Fluchtfälle. Ende 1988 bestand die Hauptabteilung IX aus zehn Untersuchungsabteilungen sowie der Auswertungs- und Kontrollgruppe (AKG) und der AGL (Arbeitsgruppe des Ministers (AGM)) mit insgesamt 489 Mitarbeitern. Auf der Linie IX arbeiteten 1.225 hauptamtliche Mitarbeiter.
Die Linie IX wirkte eng mit den Abteilung XIV (Haft) und der Linie VIII (Beobachtung, Ermittlung), die für die Durchführung der Festnahmen zuständig waren, zusammen. Bei der juristischen Beurteilung von Operativen Vorgängen (OV) wurde die Hauptabteilung IX von den geheimdienstlich arbeitenden Diensteinheiten häufig einbezogen.
Linie XX (Staatsapparat, Kirchen, Kultur, Untergrund)
Die Hauptabteilung XX bildete den Kernbereich der politischen Repression und Überwachung der Staatssicherheit. In Struktur und Tätigkeit passte sie sich mehrfach an die sich wandelnden Bedingungen der Herrschaftssicherung an. Die Diensteinheit ging 1964 durch Umbenennung aus der Hauptatbeilung V hervor, die ihrerseits in den Abteilungen V und VI (1950–1953) ihre Vorläufer hatte.
Die Hauptabteilung XX und die ihr nachgeordneten Abteilungen XX in den Bezirksverwaltungen (Linie XX) sowie entsprechende Arbeitsbereiche in den KD überwachten wichtige Teile des Staatsapparates (u. a. Justiz, Gesundheitswesen und bis 1986 das Post- und Fernmeldewesen), die Blockparteien und Massenorganisationen, den Kultur- und Sportbereich, die Medien und die Kirchen sowie SED-Sonderobjekte und Parteibetriebe. Federführend war die Hauptabteilung XX auch bei der Bekämpfung der "politischen Untergrundtätigkeit" (PUT), also der Opposition.
Ab der zweiten Hälfte der 50er Jahre und verstärkt seit dem Beginn der Entspannungspolitik fühlte sich das SED-Regime zunehmend durch die "politisch-ideologische Diversion" (PiD) bedroht. Die Schwächung der "Arbeiter-und-Bauern-Macht" durch "ideologische Aufweichung und Zersetzung" galt als Hauptinstrument des Westens bei der Unterminierung der DDR. Auch bei der Bekämpfung der PiD hatte die Hauptabteilung XX innerhalb des MfS die Federführung.
Das Erstarken der Bürgerrechtsbewegung (Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsgruppen) in der DDR führte in den 80er Jahren zu einem weiteren Bedeutungszuwachs der Linie XX. In der DA 2/85 bestätigte Minister Mielke dementsprechend die Federführung der Hauptabteilung XX bei der Bekämpfung der PUT.
Im Verlauf der fast 40-jährigen Entwicklung der Hauptabteilung XX veränderte sich ihre Struktur mehrfach. In der Endphase verfügte sie über neun operative Abteilungen und vier Funktionalorgane der Leitung (Sekretariat, Arbeitsgruppe der Leitung, Koordinierungsgruppe des Leiters, Auswertungs- und Kontrollgruppe).
Die Hauptabteilung V lag ab 1953 zunächst im unmittelbaren Anleitungsbereich von Mielke in seiner Eigenschaft als 1. Stellvertreter des Staatssicherheitschefs. Ab 1955 war der stellvertretende Minister Bruno Beater und 1964–1974 der stellv. Minister Fritz Schröder auf der Ebene der MfS-Leitung für die Hauptabteilung XX zuständig. Beide waren zuvor selbst (Beater 1953–1955, Schröder 1955–1963) Leiter der Hauptabteilung V. Seit 1975 gehörte die Hauptabteilung XX zum Verantwortungsbereich von Mielkes Stellvertreter Rudi Mittig. Von 1964 bis zur Auflösung des MfS leitete Kienberg die Hauptabteilung XX. Ihm standen seit 1965 zwei Stellvertreter zur Seite.
1954 waren in der Hauptabteilung V insgesamt 139 Mitarbeiter beschäftigt. Im Herbst 1989 verfügte die Hauptabteilung XX über 461 Mitarbeiter, von denen mehr als 200 als IM-führende Mitarbeiter eingesetzt waren.
In den 15 Bezirksverwaltungen waren auf der Linie XX im Oktober 1989 insgesamt knapp 1.000 Kader und damit auf der gesamten Linie XX fast 1.500 hauptamtliche Mitarbeiter im Einsatz. Gleichzeitig konnte allein die Hauptabteilung XX mit etwas mehr als 1.500 IM auf einen überdurchschnittlich hohen Bestand an inoffiziellen Kräften zurückgreifen. Ihrem Aufgabenprofil entsprechend spiegelt sich nicht zuletzt in der Entwicklung der Hauptabteilung XX auch die Geschichte von Opposition, Widerstand und politischer Dissidenz in der DDR. Im Herbst 1989 wurden von der Diensteinheit 31 Operative Vorgänge (10 Prozent aller Operativen Vorgänge im Berliner Ministeriumsbereich) und 59 Operative Personenkontrollen (8,7 Prozent) bearbeitet.
Strafprozessrechtlich zulässige Möglichkeit der offiziellen Kontaktaufnahme mit Verdächtigen, Zeugen und anderen Personen noch vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens (strafprozessuales Prüfungsstadium). Verdächtige konnten gemäß § 95 StPO/1968 zur Befragung zugeführt werden (Zuführung). Vom MfS wurde die B. gelegentlich als demonstrative Maßnahme zur Einschüchterung Oppositioneller genutzt, gegen die aus politischen Gründen kein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden sollte.
Die Durchsuchung von Wohnungen, Räumen oder Personen war eine strafprozessuale Maßnahme im Ermittlungsverfahren zum Zwecke der Festnahme oder Verhaftung Verdächtiger bzw. zum Auffinden von Beweismaterial (§§ 108–119 StPO/1968). Eine Durchsuchung musste vom Staatsanwalt bzw. konnte bei Gefahr im Verzuge auch von den Untersuchungsorganen angeordnet werden und bedurfte einer richterlichen Bestätigung binnen 48 Stunden (§ 121 StPO/1968). Die Durchsuchung oblag eigentlich den Untersuchungsorganen, formal im MfS also der Linie IX (Hauptabteilung IX). Tatsächlich wurden sie aber regulär von Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt.
Die Durchsuchung Verhafteter und vorläufig Festgenommener konnte ohne staatsanwaltliche Anordnung durchgeführt werden und bedurfte keiner richterlichen Bestätigung (§ 109 StPO/1968); sie wurde im MfS von den – formal nicht zuständigen – Mitarbeitern der Linie XIV (Abteilung XIV) durchgeführt. Außerhalb des Ermittlungsverfahrens war die Durchsuchung von Personen und Sachen durch Polizei und MfS polizeirechtlich geregelt (§ 13 VP-Gesetz). Vom MfS wurden die Möglichkeiten der Durchsuchung und Beschlagnahme auch außerhalb des jeweiligen strafprozessualen Ermittlungsverfahrens für geheimdienstliche Zwecke genutzt. Jenseits jeglicher rechtlicher Regelungen führten operative Diensteinheiten des MfS, vor allem die Linie VIII (Hauptabteilung VIII), auch konspirative Wohnungsdurchsuchungen durch.
Die Hauptabteilung XIX entstand 1964 durch Umbenennung der Hauptabteilung XIII. Ihre Aufgaben waren die Sicherung des Ministeriums für Verkehrswesen und dessen zentraler Einrichtungen sowie der Verkehrsträger Reichsbahn, Schifffahrt, Kraftverkehr und Luftfahrt als auch der Transportpolizei und deren Arbeitsgebiet K I.
Neben der offiziellen Durchsuchung als strafprozessualer Ermittlungshandlung (gemäß §§ 108–119 StPO/1968) führte das MfS illegale, konspirative Durchsuchungen durch, bei denen heimlich in Wohnungen oder Büros eingebrochen wurde, meistens um unbemerkt an Beweismittel zu gelangen, die später ggf. durch ein nochmaliges Auffinden im Zuge einer legalen Durchsuchung offizialisiert wurden. Eingesetzt wurden dafür spezialisierte Mitarbeiter der Linie VIII (HA VIII).
Erstes Stadium des Strafverfahrens, steht formal unter Leitung des Staatsanwaltes (§ 87 StPO/1968). Die eigentlichen Ermittlungen werden von den staatlichen Untersuchungsorganen (Polizei, MfS, Zoll) durchgeführt (§ 88 StPO/1968) und vom Staatsanwalt beaufsichtigt (§ 89 StPO/1968).
Tatsächlich waren für die Ermittlungen des MfS lediglich die zuvor vom MfS ausgewählten Staatsanwälte der Abteilungen IA zuständig, die gemäß MfS-internen Regelungen keine Einsicht in Unterlagen oder Ermittlungen, die nicht der StPO entsprachen, bekommen durften. Faktisch gab es daher eine doppelte Aktenführung in der zuständigen Linie IX: den internen Untersuchungsvorgang und die für Staatsanwaltschaft und Gericht bestimmte Gerichtsakte und somit keine wirksame staatsanwaltschaftliche Aufsicht über die MfS-Ermittlungen. Einleitung wie auch Einstellung des Ermittlungsverfahrens konnten selbständig von den Untersuchungsorganen verfügt werden (§§ 98, 141 StPO/1968).
Mit dem Ermittlungsverfahren verbunden waren Eingriffe in die persönliche Freiheit Beschuldigter durch die Untersuchungsorgane wie die Beschuldigten- und Zeugenvernehmung, die Durchsuchung, die Beschlagnahme, die Festnahme oder die Untersuchungshaft. In der Tätigkeit des MfS stellte das Ermittlungsverfahren einen besonders wirksamen Teil des repressiven Vorgehens gegen politische Gegner dar.
Signatur: BStU, MfS, BV Neubrandenburg, Abt. VIII, Nr. 108, Bl. 4-76
Um eine "konspirative Durchsuchung" einer Wohnung durchzuführen, waren akribische Vorbereitungen notwendig. Das 1978 entstandene Lehrbuch der Stasi gibt detaillierte Einblicke.
Die im Stasi-Jargon als "konspirative Durchsuchung" bezeichneten illegalen Wohnungseinbrüche waren eine aufwändige, personal- und zeitintensive Angelegenheit. Dieses geheimpolizeiliche Mittel kam deshalb nur in ausgewählten Fällen und nicht flächendeckend zum Einsatz. Durch akribische Vorbereitungen musste sichergestellt sein, dass weder die Bewohner noch deren Umfeld etwas bemerkten.
Ausführende Diensteinheit war die Hauptabteilung VIII. Der eigentliche Auftraggeber war häufig die Hauptabteilung IX, zuständig für Ermittlungsverfahren mit politischer Bedeutung. Sie erteilte die Arbeitsanweisung, eine Wohnung zu durchsuchen oder darin Abhöranlagen zu installieren, um Hinweise oder Beweise für die weitere strafrechtliche Verfolgung einer Person zu sammeln.
Das vorliegende Arbeitsmaterial ist 1978 als Lehrbuch für Stasi-Mitarbeiter entstanden. Es enthält genaue Anweisungen über die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung konspirativer Wohnungsdurchsuchungen. Darüber hinaus sind in einigen Anlagen Beispiele dokumentiert. Jenseits von konkreten Fällen veranschaulicht das Dokument, wie akribisch die Stasi jeden einzelnen Schritt vorbereitete, um so ihr Wirken zu verschleiern.
Verlauf der Aktion
Am Tage der Aktion wird der Stützpunkt im Wohnhaus ab 7.00 Uhr besetzt durch die Genossen [anonymisiert] und [anonymisiert]. Die Genossen [anonymisiert] und [anonymisiert]suchen gegen 8.00 Uhr den Stützpunkt auf. Ab dieser Zeit hält sich die Durchsuchungsgruppe abrufbereit in der Nähe des Aktionsortes, [anonymisiert], auf.
Nachdem alle Sicherungsmaßnahmen eingeleitet und die entsprechenden Meldungen im Stützpunkt eingegangen sind, daß der betreffende Personenkreis unter Kontrolle ist, werden durch die Genossen [anonymisiert], [anonymisiert] und [anonymisiert] die festgelegten Sicherungsmaßnahmen im Wohnhaus eingeleitet.
Genosse [anonymisiert] begibt sich zur Wohnungstür von "Willi" und überprüft durch Klingeln und Klopfen, ob keine Personen in der Wohnung sind. Ist dies nicht der Fall, klingelt er an der gegenüberliegenden Wohnung, bei [anonymisiert] und führt mit ihr ein Gespräch, um sie vom Geschehen im Treppenhaus abzulenken.
Genosse [anonymisiert] sichert das Treppenhaus nach unten ab, Genosse [anonymisiert] ruft über Funk die Durchsuchungsgruppe und sichert ihren Zugang zur Wohnung ab.
Genosse [anonymisiert] öffnet mit den vorhandenen Nachschlüsseln die Wohnungstür und beide Genossen der Durchsuchungsgruppe betreten gemeinsam die Wohnung.
Beide Genossen verschaffen sich einen genauen Überblick über den Vorgefundenen Zustand der Wohnung und Genosse [anonymisiert] sichert danach die Wohnungstür mit den entsprechenden Mitteln von innen ab.
Die Durchsuchung selbst ist umsichtig durchzuführen. Obwohl keine Hinweise auf angebrachte Sicherungen bekannt sind, ist ständig auf angebrachte Zeichen und andere Sicherungen zu achten. Es ist genau zu prüfen, ob der betreffende Gegenstand durchsucht und der vorgefundene Zustand garantiert werden kann. Mit der Polaroidkamera sind Sicherheitsaufnahmen und bei Notwendigkeit Faustskizzen anzufertigen.
Der Beginn und das Ende der konspirativen Durchsuchung, wird über Funk an die Außenabsicherung gemeldet, diese gibt das Zeichen zum Verlassen der Wohnung.
Hauptabteilung VIII (Beobachtung, Ermittlung)
1950 wurde die selbstständige Abteilung VIII gebildet. Aufgabe der 1958 in Hauptabteilung VIII umbenannten Diensteinheit war es, im Auftrag anderer MfS-Abteilungen operative Beobachtungen und Ermittlungen durchzuführen.
Ihre Standardmethoden waren Mitschnitte von Telefongesprächen, heimliche Fotoaufnahmen, Videoüberwachung, verdeckte Wohnungsdurchsuchungen sowie gewaltsames Eindringen in fremde Objekte aller Art in Ost und West. Neben Beobachtungen, Ermittlungen, Durchsuchungen und Festnahmen in der DDR gehörten auch "aktive operative Maßnahmen in und nach dem Operationsgebiet" zu den Aufgaben der Hauptabteilung VIII. Hauptamtliche MfS-Mitarbeiter und IM reisten unter falschem Namen über getarnte Grenzschleusen ins westliche Operationsgebiet, wo sie Nachforschungen anstellten und Personen und Gebäude überwachten. Auch Anschläge und Entführungen gehörten zum operativen Geschäft dieser MfS-Abteilung.
Ende 1988 arbeiteten in der Hauptabteilung VIII 1.509 und in den Abteilungen VIII der Bezirksverwaltungen 2.960 hauptamtliche MfS-Mitarbeiter. Neben diesen 4.469 hauptamtlichen unterstanden der Hauptabteilung VIII 1.198 IM (darunter 124 West-IM). Hinzu kamen etwa 3.500 IM in den Abteilungen VIII der Bezirksverwaltungen.
In den 50er Jahren wirkte die Hauptabteilung VIII an zahlreichen Unrechtshandlungen des SED-Regimes mit. So entführte sie u. a. in den Westen geflohene MfS Mitarbeiter, die später als Verräter hingerichtet wurden (Entführung). Seit dem Mauerbau konzentrierte sich die Hauptabteilung VIII überwiegend auf Überwachungsmaßnahmen in der DDR. Nach dem Grundlagenvertrag und dem Transitabkommen versuchte sie, Republikfluchten und unerlaubte Kontakte zwischen DDR-Bürgern und Westdeutschen zu verhindern.
Zur Überwachung des innerdeutschen Reiseverkehrs errichtete die Hauptabteilung VIII an Grenzübergängen Beobachtungsstützpunkte. Im Zuge des POZW mit den DDR-Grenztruppen, der DDR-Zollverwaltung und den Bereichen Passkontrolle und Fahndung der HA VI des MfS sollten "Reisespione" und "operativ interessante Personen" (westdeutsche Politiker, ausländische Unternehmer und Geschäftsleute, Korrespondenten, Journalisten und Westverwandte von verdächtigen DDR-Bürgern) beobachtet werden. Mit großem Aufwand beobachtete die Hauptabteilung VIII Patrouillen der Westalliierten. Sie sammelte Belege für "subversive Handlungen und Aktivitäten", erfasste StVO-Verstöße und Sperrgebietsverletzungen.
Seit Juni 1989 war die Hauptabteilung VIII für die Überwachung von NVA-Angehörigen außerhalb des Dienstes zuständig. Bei der Spuren- und Beweissicherung konzentrierte sie sich auf "schwerwiegende Vorkommnisse" innerhalb der NVA und Grenztruppen: Spionage, Fahnenflucht, Westkontakte und Fluchtversuche. Ihre letzten Einsätze hatten die MfS-Offiziere der Hauptabteilung VIII im Herbst 1989, die zugleich deren personelle und logistische Kapazitäten überstiegen: Immer öfter mussten Angehörige der Hauptabteilung VIII zu außerplanmäßigen Großeinsätzen ausrücken, um an verdächtigen Gottesdiensten teilzunehmen und Demonstrationen zu beobachten oder vorbeugend einzudämmen.
Hauptabteilung IX (Untersuchungsorgan)
Die Hauptabteilung IX war die für strafrechtliche Ermittlungen und Strafverfolgung zuständige Diensteinheit. Sie hatte wie die nachgeordneten Abteilung IX in den Bezirksverwaltung (BV) (Linie IX) die Befugnisse eines Untersuchungsorgans, d. h. einer kriminalpolizeilichen Ermittlungsbehörde. Ursprünglich vor allem für die sog. Staatsverbrechen zuständig, befasste sie sich in der Honecker-Ära überwiegend mit Straftaten gegen die staatliche Ordnung, vor allem mit Fällen "ungesetzlichen Grenzübertritts" und Delikten, die mit Ausreisebegehren zu tun hatten. Nach StPO der DDR standen auch die Ermittlungsverfahren der Linie IX unter Aufsicht der Staatsanwaltschaft, in der Praxis arbeitete das MfS hier jedoch weitgehend eigenständig.
Die Hauptabteilung IX und die Abteilungen IX der BV waren berechtigt, Ermittlungsverfahren einzuleiten sowie Festnahmen, Vernehmungen, Durchsuchungen, Beschlagnahmen und andere strafprozessuale Handlungen vorzunehmen sowie verpflichtet, diese Verfahren nach einer bestimmten Frist - meist durch die Übergabe an die Staatsanwaltschaft zur Anklageerhebung - zum Abschluss zu bringen (Untersuchungsvorgang). Daneben führte sie Vorermittlungen zur Feststellung von Ursachen und Verantwortlichen bei Großhavarien (industriellen Störfällen), Flugblättern widerständigen Inhalts, öffentlichen Protesten u. ä. (Vorkommnisuntersuchung, Sachverhaltsprüfung).
Die Hauptabteilung IX gehörte zeit ihres Bestehens zum Anleitungsbereich Mielkes, in den ersten Jahren in seiner Funktion als Staatssekretär und 1. stellv. Minister, ab 1957 als Minister. Ihre Leiter waren Alfred Karl Scholz (1950-1956), Kurt Richter (1956-1964), Walter Heinitz (1964-1973) und Rolf Fister (1973-1989).
1953 bestand die Hauptabteilung IX aus drei Abteilungen, die für Spionagefälle, Fälle politischer "Untergrundtätigkeit" und die Anleitung der Abt. IX der BV zuständig waren. Durch Ausgliederungen entstanden weitere Abteilungen, so u. a. für Wirtschaftsdelikte, Militärstraftaten, Delikte von MfS-Angehörigen und Fluchtfälle. Ende 1988 bestand die Hauptabteilung IX aus zehn Untersuchungsabteilungen sowie der Auswertungs- und Kontrollgruppe (AKG) und der AGL (Arbeitsgruppe des Ministers (AGM)) mit insgesamt 489 Mitarbeitern. Auf der Linie IX arbeiteten 1.225 hauptamtliche Mitarbeiter.
Die Linie IX wirkte eng mit den Abteilung XIV (Haft) und der Linie VIII (Beobachtung, Ermittlung), die für die Durchführung der Festnahmen zuständig waren, zusammen. Bei der juristischen Beurteilung von Operativen Vorgängen (OV) wurde die Hauptabteilung IX von den geheimdienstlich arbeitenden Diensteinheiten häufig einbezogen.
Neben der offiziellen Durchsuchung als strafprozessualer Ermittlungshandlung (gemäß §§ 108–119 StPO/1968) führte das MfS illegale, konspirative Durchsuchungen durch, bei denen heimlich in Wohnungen oder Büros eingebrochen wurde, meistens um unbemerkt an Beweismittel zu gelangen, die später ggf. durch ein nochmaliges Auffinden im Zuge einer legalen Durchsuchung offizialisiert wurden. Eingesetzt wurden dafür spezialisierte Mitarbeiter der Linie VIII (HA VIII).
Erstes Stadium des Strafverfahrens, steht formal unter Leitung des Staatsanwaltes (§ 87 StPO/1968). Die eigentlichen Ermittlungen werden von den staatlichen Untersuchungsorganen (Polizei, MfS, Zoll) durchgeführt (§ 88 StPO/1968) und vom Staatsanwalt beaufsichtigt (§ 89 StPO/1968).
Tatsächlich waren für die Ermittlungen des MfS lediglich die zuvor vom MfS ausgewählten Staatsanwälte der Abteilungen IA zuständig, die gemäß MfS-internen Regelungen keine Einsicht in Unterlagen oder Ermittlungen, die nicht der StPO entsprachen, bekommen durften. Faktisch gab es daher eine doppelte Aktenführung in der zuständigen Linie IX: den internen Untersuchungsvorgang und die für Staatsanwaltschaft und Gericht bestimmte Gerichtsakte und somit keine wirksame staatsanwaltschaftliche Aufsicht über die MfS-Ermittlungen. Einleitung wie auch Einstellung des Ermittlungsverfahrens konnten selbständig von den Untersuchungsorganen verfügt werden (§§ 98, 141 StPO/1968).
Mit dem Ermittlungsverfahren verbunden waren Eingriffe in die persönliche Freiheit Beschuldigter durch die Untersuchungsorgane wie die Beschuldigten- und Zeugenvernehmung, die Durchsuchung, die Beschlagnahme, die Festnahme oder die Untersuchungshaft. In der Tätigkeit des MfS stellte das Ermittlungsverfahren einen besonders wirksamen Teil des repressiven Vorgehens gegen politische Gegner dar.
Dissertation "Die Planung der politisch-operativen Arbeit im Ministerium für Staatssicherheit" Dokument, 298 Seiten
Anforderungen und Wege der weiteren Qualifizierung der Arbeit mit Führungs-IM Dokument, 359 Seiten
MfS-Schulungsfilm "Revisor – ungesetzliche Verbindungsaufnahme" Video, 33 Minuten, 24 Sekunden
Diplomarbeit "Zersetzungsmaßnahmen gegen Erscheinungen des politischen Untergrundes" Dokument, 67 Seiten