Signatur: BStU, MfS, BV Halle, AIM, Nr. 490/58, Bl. 40-43
In den 50er Jahren gab es für DDR-Flüchtlinge auch in Niedersachsen Flüchtlingslager, unter anderem auf Borkum, in Emden und Aurich. Die Stasi behielt diese Lager genau im Auge und warb für die Beobachtung Inoffizielle Mitarbeiter. Sie glaubte, dass westliche Geheimdienste in den Lagern aktiv seien.
In den 50er Jahren nahm Niedersachsen einen besonders großen Anteil an DDR-Flüchtlingen auf. So wurden dort etliche Flüchtlingslager eingerichtet, unter anderem auf Borkum, in Emden und Aurich. Auf Borkum befand sich das Lager in einer früheren Kaserne, heute ist dieser Komplex die Jugendherberge. Nachdem die Stasi lange Informationen von einzelnen Personen, die sie oft auch als inoffizielle Mitarbeiter verpflichten konnte, über die Lager sammelte, eröffnete sie 1959 einen "Objektvorgang".
Am 21. Februar 1955 warb die Stasi in Halle einen Bürger als "Geheimen Informator" an. Der Mann aus Emden war 1954 nach Halle übergesiedelt, wo die dortige Bezirksverwaltung der Stasi ihn routinemäßig als "Neubürger" befragte. Von besonderem Interesse war dabei die Tatsache, dass der Mann in Emden für einen Wach- und Sicherheitsdienst gearbeitet hatte. So überredete die Stasi den Mann, wieder in die BRD zu reisen und dort für sie zu spionieren. Von 1955 bis 1957 wurde er als Geheimer Informator "Günther" auf das Lager Emden und Umgebung angesetzt.
Im "Auftrag Nr. 1" erhielt er Instruktionen, wie er Kontakt zu einem Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz aufnehmen sollte. In den Stasi-Unterlagen wird das Amt als Bundesverfassungsschutzamt (BVSA) bezeichnet.
III. Weiterhin werden Sie Ihren Freund [anonymisiert, zweite Person] aufsuchen, welcher als Koch im Flüchtlingslager [handschriftlich] Emden/Aurich beschäftigt ist .
Seine politische Einstellung ist gegen Adenauer, aufgrund dieser Freundschaft können Sie durch ihn
folgendes in Erfahrung bringen:
Aufgrund seiner Tätigkeit besteht die Möglichkeit die Angestellten zu ermitteln, welche direkte Verbindung zu ausländischen Dienststellen im Lager haben.
Ebenfalls haben Sie die Möglichkeit durch Ihren Freund festzustellen, welche ausländischen Dienststellen sich dort befinden, personelle Erfassung dieser Angestellten und welche Personen aus der DDR stehen mit diesen Stellen in Verbindung. In diesem Falle beachten Sie besonders, dass die Personalien von diesen Personen erforderlich sind.
Diese Feststellung müssen geschickt in politischen Gesprächen und sonstigen Unterredungen in Erfahrung gebracht werden. Laden Sie Ihren Freund in die DDR auf Besuch ein.
IV. Wenn Sie in [handschriftlich] Emden angekommen sind und Verbindung zu [anonymisiert, erste Person] und [anonymisiert, zweite Person] aufgenommen haben schreiben Sie an folgende Adresse [anonymisiert]
"Bin gut in [handschriftlich] Emden angekommen Mutter und Vater haben sich sehr gefreut, dies bedeutet dass Sie mit [anonymisiert, erste Person] und [anonymisiert, zweite Person] Verbindung aufgenommen haben".
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Von 1950 bis 1968 geltende Bezeichnung für die gewöhnlichen inoffiziellen Mitarbeiter, in den ersten Jahren auch nur Informatoren genannt. 1968 wurden die GI überwiegend zu IMS. GI dienten vor allem der allgemeinen Informationsbeschaffung. Sie wurden dabei auch zunehmend zur Sicherung von Institutionen, zur Feststellung der Bevölkerungsstimmung, zur Überprüfung verdächtiger Personen, zur Verhinderung von Republikfluchten oder auch bei Ermittlungen und Fahndungen eingesetzt.
Vorgangsart von 1953 bis 1976 bzw. 1981 zu Organisationen, Institutionen und Betrieben, die vom MfS überwacht wurden (zu "sichernde" Einrichtungen der DDR bzw. westliche Organisationen, die ausgespäht und bekämpft wurden; Feindobjekte). Objektvorgänge waren zentral in der Abteilung XII zu registrieren, betreffende Organisationen in der zentralen Feindobjektkartei F 17 und involvierte "feindliche" Personen in der zentralen Personenkartei F 16 zu erfassen.
In Objektvorgängen erfasste Personen konnten parallel in einem Operativen Vorgang bearbeitet werden. Objektvorgänge zu DDR-Einrichtungen wurden mit der Einführung der Sicherungsvorgänge 1976 eingestellt. Feindobjektvorgänge, insbesondere der HV A, gab es darüber hinaus. Ab 1981 wurde der Objektvorgang in anderer Form als Feindobjektakte bzw. Kontrollobjektakte wieder ein- bzw. weitergeführt.
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Beschluss über das "Abbrechen der Verbindung" zu einem westdeutschen Informanten Dokument, 1 Seite
Vorschlag zur Werbung eines "Geheimen Informators" für den Einsatz in Niedersachsen Dokument, 2 Seiten
Planzeichnung eines Lagers für DDR-Flüchtlinge auf der Insel Borkum Dokument, 1 Seite
Eröffnung eines "Objektvorgangs" zur Beobachtung von Lagern für DDR-Flüchtlinge in der BRD Dokument, 2 Seiten