Signatur: BStU, MfS, BV Berlin, BdL, Nr. 118, Bd. 3, Bl. 110-120
Als US-Präsident John F. Kennedy im Juni 1963 West-Berlin besuchte, ergriff die Staatssicherheit diverse Sicherungsmaßnahmen. Besonderes Augenmerk lag auf der Sicherung der Staatsgrenze.
Am 26. Juni 1963 besuchte der US-amerikanische Präsident John F. Kennedy West-Berlin. Anlass war der 15. Jahrestag der Berliner Luftbrücke. Im Mittelpunkt des Besuchs stand eine gemeinsame Fahrt mit Bundeskanzler Konrad Adenauer und Berlins Regierendem Bürgermeister Willy Brandt im offenen Wagen durch die westliche Stadthälfte. Dabei säumten etwa zwei Millionen Menschen jubelnd die Straßen, um den amerikanischen Präsidenten in Empfang zu nehmen. Die anschließende Rede Kennedys vor dem Schöneberger Rathaus gipfelte in seinen berühmten Ausspruch "Ich bin ein Berliner".
Das Bekenntnis des US-Präsidenten zur Enklave West-Berlin als einer vor dem Kommunismus zu verteidigenden freien Stadt war während des Kalten Krieges von besonderer Bedeutung für die westliche Welt. Die DDR-Führung befürchtete Aufruhr in Ost-Berlin und verhängte das Brandenburger Tor vorsorglich mit Sichtblenden, um einen freien Blick über die Mauer auf John F. Kennedy zu verhindern. Bereits im Vorfeld des angekündigten Besuchs wurde die Staatssicherheit aktiv, um Sympathiebekundungen für Kennedy in Ost-Berlin und potentielle Grenzübertritte zu verhindern.
Bei dem vorliegenden Dokument handelt es sich um einen Ausschnitt aus einem Bericht zu "Sicherungsmaßnahmen Staatsgrenze Juni 1963" von MfS (Ministerium für Staatssicherheit) und Volkspolizei. Anlässlich des Besuchs von John F. Kennedy und seinem Konvoi, der entlang der Mauer fuhr, überwachten die Staatssicherheitsorgane der DDR insbesondere alle Vorfälle in Grenznähe. Beschattet wurden auch uniformierte Angehörige der Alliierten, die freien Zugang nach Ost-Berlin hatten.
Tag; Zeit; Meldung; veranlaßt
; 0.15; KD-Prenzlauer Berg meldet:
Gegen 0.15 Uhr wurde durch eine VP-Streife an der Wichert-Ecke Dunckerstr. der [anonymisiert] geb. [anonymisiert] in [anonymisiert] wh. [anonymisiert] wegen Widerstand gegen die VP-Angehörigen, der VPI-Prenzlauer Berg zugeführt.
[anonymisiert] verrichtete dort seine Notdurft und sollte dafür gebührenpflichtig verwarnt werden.
Auf der VPI machte er verleumderische Angaben über die Grenzsicherungsanlagen.
Bearbeitung erfolgt durch VP.;
Gen. Hähnel hat Kenntnis
; 1.45; KD-Mitte meldet Plakatbeschädigung
im Hause Bln.-N 54, Schönholzer Str. 15. im Hausflur. Beschädigt: wurde eine Verordnung vom 21.06. durch Herausreißen einiger Stücke.
; 3.45.; Gen. Dragendorf, Abt. VII, meldet:
Nach seinem Streifengang meldete der VP-Owm. Nagel vom VPR 287 VPI-Weißensee, daß er mit einem Taxichauffeur, Name nicht bekannt, auf der Straße einige Worte wechselte. Dieser Taxichauffeur, der Feierabend hatte und sich auf dem Wege nach Hause befand, teilte ihm mit, daß er von einem Gast erfahren habe, die Reichsbahn wolle streiken. Weitere Angaben sind nicht bekannt.;
- Gen. Hüttner verständigt
- Chefdienst des MfS informiert
- Gen. Dragendorf beauftragt, daß der VP-Angeh. darüber ausführlich gehört wird und Bericht fertigt
- Gen. Otto inform.
[Handschriftliche Ergänzung: [unleserlich]]
; 4.00; Gen. Dragendorf, Abt. VII, meldet:
Gegen 3.55 Uhr wurde durch VP der [anonymisiert] geb. [anonymisiert], wh. Bln.-Mitte, [anonymisiert] der VPI-Mitte zugeführt, da er vermutlich die Verordnung vom 21.06. in seinem Hausflur beschädigte. Dies wurde durch den zuständigen ABV bekannt, der bei seinem Kontrollgang feststellte, daß nach Betreten des Hauses durch den [anonymisiert] das betreffende Plakat beschädigt war. Das Plakat war nach Angaben des ABV kurz vorher noch unbeschädigt.;
Gen. Hähnel hat Kenntnis.
Linie VII (Ministerium des Innern, Deutsche Volkspolizei)
Die Hauptabteilung VII und die ihr zugeordnete Linie VII waren für das Ministerium des Innern (MdI) und die ihm nachgeordneten Bereiche zuständig, d.h. für die Kriminalpolizei (insbesondere deren Arbeitsrichtung I/K I), die Schutz-, Verkehrs- und Bereitschaftspolizei, die Kampfgruppen, den Betriebsschutz, den Strafvollzug, das Pass- und Meldewesen, die Feuerwehr, das Deutsche Rote Kreuz, das Zentrale Aufnahmeheim in Röntgental, das Archivwesen, Geodäsie und Kartographie sowie die Politische Verwaltung des MdI, die medizinischen Einrichtungen der Volkspolizei und die Bereiche Innere Angelegenheiten der staatlichen Verwaltungen.
Zum Teil reichte der Verantwortungsbereich der Hauptabteilung bzw. Linie VII über das MdI hinaus, so etwa gegenüber der Zivilverteidigung, die seit 1977 dem MfNV unterstand. Andere nachgeordnete Bereiche des MdI wurden indes aus fachlichen Gründen von anderen Diensteinheiten der Staatssicherheit abgesichert, so etwa die Arbeitsrichtung Observation der Kriminalpolizei (I/U) (durch die Hauptabteilung VIII), das Wachkommando Missionsschutz (durch die HA II) oder die Transport- und Wasserschutzpolizei (durch die HA XIX).
Gegenüber den Kampfgruppen sowie den lokalen Abteilungen Innere Angelegenheiten teilte sich die Linie VII die Zuständigkeit mit anderen Diensteinheiten. Die Abteilung VII der Verwaltung Groß-Berlin war zeitweise auch für die "Bearbeitung" der Polizei von Westberlin zuständig.
Gleichwohl fungierte die Linie VII als Generalbevollmächtigter des Mielke-Imperiums gegenüber der Volkspolizei. Hatte sie in den 50er Jahren vor allem gegen auffällige Volkspolizisten ermittelt sowie vermutete Spionage aufgedeckt, durchleuchtete sie die Polizei in den späteren Jahren immer stärker prophylaktisch, knüpfte ein weites Netz von Zuträgern im dienstlichen wie im privaten Bereich der Volkspolizisten und beeinflusste auch zunehmend die fachlichen Entscheidungen auf Leitungsebene.
Verfügte die Abteilungen VII im MfS 1958 über 38 Mitarbeiter in drei Referaten, so wurde sie im Folgejahr zur HA aufgewertet und wuchs bis 1989 auf 319 hauptamtliche Geheimpolizisten in acht Abteilungen an. Hinzu kamen 510 Mitarbeiter in den Abteilungen VII der BV sowie 264 sogenannte Abwehroffiziere Volkspolizei, seit 1981 der verlängerte Arm der Linie VII in den KD.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
1956 entstanden durch Umbenennung der Abteilung Allgemeines. Aufgaben des Büros der Leitung waren unter anderem
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
Meldefilm zur Durchführung der Aktion "Licht" Dokument, 24 Seiten
Meldung der KD Pankow über eine Unterschriftensammlung in der EOS "Carl von Ossietzky" Dokument, 1 Seite
Bericht über die Vervielfältigung der Gründungserklärung des Neuen Forums vom 10. Oktober 1989 Dokument, 2 Seiten
Information über den Besuch Kennedys in der Bundesrepublik und West-Berlin Dokument, 8 Seiten