Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 30400, Bl. 1-8
Das MfS beobachtete die westdeutschen Medien und sammelte Artikel und Beiträge, die sich kritisch mit der Umsetzung der Vereinbarungen der KSZE-Schlussakte in der DDR auseinandersetzten.
Im August 1975 unterzeichnete die DDR die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). Auf dem Papier verpflichtete sie sich damit zur Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Land. Nach der Unterschrift unter das Vertragswerk beauftragte jedoch die SED ihre Geheimpolizei, unerwünschte Nebenwirkungen, wie das Beharren der Menschen auf Ausreise oder zunehmende Westkontakte, zu bekämpfen – den Bürgern der DDR also weiterhin ihre Menschenrechte vorzuenthalten.
Medienberichte aus der Bundesrepublik waren für die Staatssicherheit von großem Interesse. Sie wurden ausgewertet, um die Sicht des "Gegners" auf aktuelle politische Entwicklungen zu ergründen. Vor allem kritische Artikel wurden dokumentiert, gesammelt und ausgewertet. Bei der vorliegenden Zusammenstellung handelt es sich um westdeutsche Pressestimmen, welche die fehlende Umsetzung der KSZE-Beschlüsse in der DDR anprangerten.
- die "Wiederfreigabe von Reisen nach Polen, in die CSSR und nach Ungarn reiche nicht aus, um die Sehnsüchte zu stillen";
- die DDR sollte der CSSR nacheifern, ... "denn seit Jahren sehe man das Nationalitäts-Zeichen CS an Urlaubsautos in Jugoslawien, das bisher vergebens auf Feriengäste aus der DDR wartet". (DLF 14.8., 16.8., 18.8., 19.8., NRZ 16.8., Die Welt 9.8.1975)
Als direkte und indirekte Aufrufe im Sinne der vom Gegner angestrebten Aktivitäten bzw. sogen. Drucksituationen in der DDR sind vor allem folgende - z.T. wiederholt - verbreitete Behauptungen bzw. Aufforderungen zu werten:
- In der DDR seien "die ersten Anfragen nach Familienzusammenführung und Heiratserlaubnis unter Vorlage der noch druckfeuchten Zeitungen ... bereits einen Tag nach dem Schlußgipfel in der finnischen Hauptstadt registriert worden".
- Jetzt gelte es, "die eigene Regierung beim Wort zu nehmen", insbesonders durch "Forderungen nach Herabsetzung des Reisealters, einem umfassenden Programm der Familieneueammenführung und nach Ausdehnung dee Nachbarschafteverkehrs" (CDU-Forderungen).
- Da "kein anderer Signatarstaat der Schlußakte die Bewegungsfreiheit seiner Bürger im arbeitsfähigen Alter so beschränkt", wie die DDR, beginne die politisch aufgeschlossene und ständig zu politischen Denken angehaltene Generation unter 65 bzw. des 60. Lebensjahres die Versicherung des sowjetischen Generalsekretärs Breshnew für bare Münze zu nehmen, daß sich der Wert des Helsinki-Dokuments an seiner Materialisierung ablesen lasse".
- Das Verlassen der DDR und die Bereitschaft von DDR-Bürgern, sich ausschleusen zu lassen, sei nur "Wahrnehmung des vorenthaltenen Rechtes der Freizügigkeit". (DLF 18.8., 19.8., 20.8., NRZ 7.8.1975)
Außerdem wurde darauf verwiesen, daß der bereits genannte Auftrag Genschers an die Massenmedien, über die Erfüllung der "Regeln der Schlußakte von Helsinki zu wachen" indirekt auch an die Bevölkerung der DDR adressiert ist, um der BRD davon Kenntnis zu geben, wenn sich die DDR nicht an diese "Regeln" halte. (FS 30.7. und 4.8.1975)
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
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Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 30400, Bl. 1-8
Das MfS beobachtete die westdeutschen Medien und sammelte Artikel und Beiträge, die sich kritisch mit der Umsetzung der Vereinbarungen der KSZE-Schlussakte in der DDR auseinandersetzten.
Im August 1975 unterzeichnete die DDR die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). Auf dem Papier verpflichtete sie sich damit zur Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Land. Nach der Unterschrift unter das Vertragswerk beauftragte jedoch die SED ihre Geheimpolizei, unerwünschte Nebenwirkungen, wie das Beharren der Menschen auf Ausreise oder zunehmende Westkontakte, zu bekämpfen – den Bürgern der DDR also weiterhin ihre Menschenrechte vorzuenthalten.
Medienberichte aus der Bundesrepublik waren für die Staatssicherheit von großem Interesse. Sie wurden ausgewertet, um die Sicht des "Gegners" auf aktuelle politische Entwicklungen zu ergründen. Vor allem kritische Artikel wurden dokumentiert, gesammelt und ausgewertet. Bei der vorliegenden Zusammenstellung handelt es sich um westdeutsche Pressestimmen, welche die fehlende Umsetzung der KSZE-Beschlüsse in der DDR anprangerten.
Das massierte Hervorheben des "freien Austausches" von Ideen und Informationen versuchten die gegnerischen Massenmedien, besonders Rundfunk und Fernsehen, damit zu begründen, daß dieses Thema wegen des bestehenden Bezugsverbots" für westliche Zeitschriften viele Einwohner der DDR besonders interessieren" würde.
Außerdem wurden die seitens der DDR erfolgten Zurückweisungen der Einmischung der westlichen Massenmedien in innere Angelegenheiten der DDR jeweils zum Anlaß genommen, um in Verbindung mit der "Abwehr der DDR-Beschwerden" die vorgenannten Probleme umfassend zu behandeln.
Für die Versuche der Entkräftung der DDR-Beschweden und die Rechtfertigung der Berichterstattungspraxis westlicher Massenmedien sind - neben dem Anführen der angeblichen Überwachungsfunktion (DLF 17.8.1975) und der Leugnung "gelenkter und gesteuerter subversiver Kampagnen von Nachrichtenzentralen und Ideologieproduzenten" - folgende Argumente charakteristisch:
- Wenn kritisiert wird, daß in der DDR das Menschenrecht auf Freizügigkeit nicht gewährleistet" werde, handele es sich "um keinen Eingriff in staatliche Funktionen", sondern es werde "vielmehr ein Zustand kritisiert und Worte sind frei", (unter dem völkerrechtlichen Begriff der Einmischung werde ein "Eingriff in staatliche Funktionen verstanden").
- Der Umgang mit den Menschenrechten in der DDR" ist "keine innere Angelegenheit ..., sondern eine internationale". Die DDR habe "sich gerade jetzt erst wieder in der Schlußakte von Helsinki international verpflichtet, die Menschenrechte und Grundfreiheiten zu achten".
Unter Berufung auf die in der Schlußakte formulierte Ahsicht, hinsichtlich der Erleichterungen der Verbreitung von Zeitungen usw. wurde der DDR unterstellt, sie versuche, der "Verheißung auf mehr Information und Schutz vor Einmischung ... durch eine extensive Interpretation des Zweiten, den Verpflichtungen des Ersten zu begegnen". In der DDR sei mit der Veröffentlichung des vollen Wortlauts der Helsinki-Dokumente zugleich eine umfangreiche Belehrung gestartet worden, wie diese Texte ausgelegt werden sollen".
Im Rahmen dieser Belehrung würden die Publikationsorgane der DDR "eine selektive Informationsauswahl, das Verschweigen von Tatsachen, eine falsche Bewertung und.. Einordnung von Ereignissen" sowie einen "Mißbrauch von
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
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Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 30400, Bl. 1-8
Das MfS beobachtete die westdeutschen Medien und sammelte Artikel und Beiträge, die sich kritisch mit der Umsetzung der Vereinbarungen der KSZE-Schlussakte in der DDR auseinandersetzten.
Im August 1975 unterzeichnete die DDR die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). Auf dem Papier verpflichtete sie sich damit zur Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Land. Nach der Unterschrift unter das Vertragswerk beauftragte jedoch die SED ihre Geheimpolizei, unerwünschte Nebenwirkungen, wie das Beharren der Menschen auf Ausreise oder zunehmende Westkontakte, zu bekämpfen – den Bürgern der DDR also weiterhin ihre Menschenrechte vorzuenthalten.
Medienberichte aus der Bundesrepublik waren für die Staatssicherheit von großem Interesse. Sie wurden ausgewertet, um die Sicht des "Gegners" auf aktuelle politische Entwicklungen zu ergründen. Vor allem kritische Artikel wurden dokumentiert, gesammelt und ausgewertet. Bei der vorliegenden Zusammenstellung handelt es sich um westdeutsche Pressestimmen, welche die fehlende Umsetzung der KSZE-Beschlüsse in der DDR anprangerten.
Wörtern" praktizieren. (DLF 17.8.1975) So stünde z.B. die "zurückhaltende, ja mehr noch restriktive Interpretation der Vereinbarungen über einen freieren Verkehr von Menschen und Informationen...im Gegensatz zu der ausführlichen Darlegung und hohen Bewertung, die die SED den KSZE Grundprinzipien widmet". (SFB 23.8.1975)
In diesem Zusammenhang wurden die seitens der DDR erfolgten Zurückweisungen westlicher Einmischungsversuche als "Kostprobe" bzw. "statuierte Exempel" zu diffamieren versucht. Sie würden zeigen, wie die DDR gedenke "den sogenannten Korb III des Helsinki-Papiers anzuwenden". (DLF 17.8., Bayernkurier 16.8., Der Spiegel 18.8.75)
Die gegnerischen Bestrebungen, in Fragen des "erweiterten Ideen- und Informationsaustausches" in der DDR bestimmte Diskussionen auszulösen, die auf eine Aushöhlung bestehender gesetzlicher Vorschriften (z.B. das Einfuhrverbot von Westzeitungen) hinauslaufen, werden durch z.T. ale indirekte Aufrufe zu wertende "Argumente" verdeutlicht wie z. B.:
- Es bleibe zu "fragen, wie 'Der Spiegel' zwischen DDR-Führung und DDR-Volk Keile treiben kann, solange das DDR-Volk den 'Spiegel' nicht lesen kann". (RIAS 19.8. Der Spiegel 18.8.1975)
- "... erreichen, daß die SED-Führung jetzt einen echten Informationsaustausch zuläßt, also z. B. gestattet, nichtkommunistische Tageszeitungen aus der BRD an den Zeitungskiosken der DDR zu verkaufen oder wenigstens im Reiseverkehr als Geschenke in die DDR einzuführen". (DLF 17.8.1975)
- "... auf Beweise bestehen, daß die KSZE dem einzelnen Menschen tatsächlich Vorteile bringt." (DLF 18.8.1975)
- zur "Weltoffenheit eines Staates" gehöre, "daß man nicht nur selektiv importierte Filme, sondern auch jedes gewünschte Buch und jede beliebige Zeitung zu sehen bekommt". (SLF 22.8.1975)
Von der in diesem Zusammenhang deutlich gewordenen Absicht, durch Vortäuschen eines angeblich "neutralen" Standpunktes eine größere Wirksamkeit zu erreichen, zeugt die Parole, wonach "keiner ein Monopol auf die Wahrheit" habe, "weder innerhalb einer Partei noch beim Wettstreit zwieschen den Weltanschauungen und politischen Richtungen".
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
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Kritische Reaktionen von SED-Mitgliedern, auf die Umsetzung der KSZE-Beschlüsse von Helsinki Dokument, 3 Seiten
"Feindliche Ausnutzung" der KSZE-Beschlüsse durch die Bundesrepublik Deutschland, die USA und Frankreich Dokument, 7 Seiten
Reaktionen katholischer Geistlicher auf die Beschlüsse der KSZE-Konferenz Dokument, 2 Seiten
Vorschläge für mehr Postkontrollen als Folge der KSZE-Beschlüsse Dokument, 6 Seiten