Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 30400, Bl. 1-8
Das MfS beobachtete die westdeutschen Medien und sammelte Artikel und Beiträge, die sich kritisch mit der Umsetzung der Vereinbarungen der KSZE-Schlussakte in der DDR auseinandersetzten.
Im August 1975 unterzeichnete die DDR die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). Auf dem Papier verpflichtete sie sich damit zur Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Land. Nach der Unterschrift unter das Vertragswerk beauftragte jedoch die SED ihre Geheimpolizei, unerwünschte Nebenwirkungen, wie das Beharren der Menschen auf Ausreise oder zunehmende Westkontakte, zu bekämpfen – den Bürgern der DDR also weiterhin ihre Menschenrechte vorzuenthalten.
Medienberichte aus der Bundesrepublik waren für die Staatssicherheit von großem Interesse. Sie wurden ausgewertet, um die Sicht des "Gegners" auf aktuelle politische Entwicklungen zu ergründen. Vor allem kritische Artikel wurden dokumentiert, gesammelt und ausgewertet. Bei der vorliegenden Zusammenstellung handelt es sich um westdeutsche Pressestimmen, welche die fehlende Umsetzung der KSZE-Beschlüsse in der DDR anprangerten.
Daran anknüpfend wurde "argumentiert", "weil das so ist, brauchen Menschen den Austausch von Informationen und Meinungen, nützten den in kommunistisch regierten'Staaten lebenden Bürgern Schriften, die sich gegen den Kommunismus richten, genauso wie man im Westen antikapitalistische Schriften benötigt und hat". (DLF 17.8.1975)
Den gleichen Absichten entspricht die Behauptung, "politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit kann nur gedeihen, wenn sich die Menschen auf beiden Seiten miteinander verständigen" könnten. Dazu müsten "sie auch die Meinungen kennen, die sie selbst möglicherweise nicht billigen". (DLF 8.8.1975)
Über die für die Organisierung der politisch-ideologischen Diversion im allgemeinen typischen Praktiken hinausgehend waren in der letzten Zeit verstärkte Aktivitäten von Vertretern gegnerischer Massenmedien festzustellen, die offensichtlich darauf gerichtet waren, die Wirksamkeit der gegnerischen Beeinflussungsversuche zu testen und gleichzeitig zu erhöhen.
Der in der DDR akkreditierte Korrespondent der "Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands" (ARD), Löwe, erforschte z. B. in einer Straßenumfrage in Berlin, an welchen Problemen aus dem veröffentlichten Text der Schlußakte von Helsinki die Bürger der DDR am meisten interessiert seien. In der "Wiedergabe dieser Antworten" wurde das Interesse der DDR-Bürger vor allem an solchen Fragen hervorgehoben wie
- der beabsichtigten Förderung der Familienzusammenführung,
- der humanitären Zusammenarbeit und den freien Reisemöglichkeiten "überall hin, wo man will" (FS 7.8., DLF 18.8.1975)
Die Ergebnisse dieser Fernseh-Umfrage wurden auch im Hörfunk verbreitet.
Die Sender. "RFE", "Radio Liberty", "BBC"/London und "Deutsche Welle" führten - wie der DLF am 10.8.1975 berichtete - nach der Konferenz von Helsinki unter 6 000 Besuchern aus sozialistischen Staaten in westlichen Staaten eine gemeinsame Testumfrage durch. Mit dieser Umfrage sollte getestet werden, "welche Art" der "Informationsübermittlungen größte Wirkung erreicht." Von den Befragten sollte zu einem in fünf verschiedenen Varianten abgefaßten Text über das letzte Wahlergebnis
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
Zur Seite 1 wechseln
Zur Seite 2 wechseln
Zur Seite 3 wechseln
Zur Seite 4 wechseln
Zur Seite 5 wechseln
Zur Seite 6 wechseln
aktuelle Seite 7
Zur Seite 8 wechseln
Signatur: BStU, MfS, ZAIG, Nr. 30400, Bl. 1-8
Das MfS beobachtete die westdeutschen Medien und sammelte Artikel und Beiträge, die sich kritisch mit der Umsetzung der Vereinbarungen der KSZE-Schlussakte in der DDR auseinandersetzten.
Im August 1975 unterzeichnete die DDR die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). Auf dem Papier verpflichtete sie sich damit zur Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Land. Nach der Unterschrift unter das Vertragswerk beauftragte jedoch die SED ihre Geheimpolizei, unerwünschte Nebenwirkungen, wie das Beharren der Menschen auf Ausreise oder zunehmende Westkontakte, zu bekämpfen – den Bürgern der DDR also weiterhin ihre Menschenrechte vorzuenthalten.
Medienberichte aus der Bundesrepublik waren für die Staatssicherheit von großem Interesse. Sie wurden ausgewertet, um die Sicht des "Gegners" auf aktuelle politische Entwicklungen zu ergründen. Vor allem kritische Artikel wurden dokumentiert, gesammelt und ausgewertet. Bei der vorliegenden Zusammenstellung handelt es sich um westdeutsche Pressestimmen, welche die fehlende Umsetzung der KSZE-Beschlüsse in der DDR anprangerten.
in ihren Heimatländern Stellung genommen werden. Im Ergebnis der Umfrage hätten die Textfassungen im "Tonfall des kalten Krieges" sowie der "sachlich kritischen Darstellung" die meiste Zustimmung gefunden. Dies wurde als "Beweis" und "Bestätigung" dafür gewertet,
- daß "sich die sozialistischen, Staaten bei einer Verwirklichung der in Korb III der KSZE verabschiedeten Ziele...auf ein Risiko einlassen" würden, sowie für
- den unvermindert bestehenden Wunsch der Bevölkerung, durch westliche Rundfunkanstalten weiter informiert und nicht agitiert zu werden".
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
Zur Seite 1 wechseln
Zur Seite 2 wechseln
Zur Seite 3 wechseln
Zur Seite 4 wechseln
Zur Seite 5 wechseln
Zur Seite 6 wechseln
Zur Seite 7 wechseln
aktuelle Seite 8
Kritische Reaktionen von SED-Mitgliedern, auf die Umsetzung der KSZE-Beschlüsse von Helsinki Dokument, 3 Seiten
"Feindliche Ausnutzung" der KSZE-Beschlüsse durch die Bundesrepublik Deutschland, die USA und Frankreich Dokument, 7 Seiten
Reaktionen katholischer Geistlicher auf die Beschlüsse der KSZE-Konferenz Dokument, 2 Seiten
Vorschläge für mehr Postkontrollen als Folge der KSZE-Beschlüsse Dokument, 6 Seiten