Signatur: BStU, MfS, BV Erfurt, AIM, Nr. 768/69, Bl. 144
Von 1953 bis 1969 lieferte der Geheime Informator Richard Fiolka zu über 5.000 Erfurter Bürgern Informationen an die Staatssicherheit. Dafür wurde er im Februar 1965 mit der Medaille "für treue Dienste der Nationalen Volksarmee" in Silber ausgezeichnet.
Der Geheime Informator "Richard", alias Richard Fiolka, arbeitete von 1953 bis 1969 inoffiziell mit dem Ministerium für Staatssicherheit zusammen. Während dieser Zeit lieferte Fiolka zu über 5.000 Erfurter Bürgerinnen und Bürgern Informationen an die Stasi. Zuvor war er bereits als Hauptamtlicher Mitarbeiter für die Geheimpolizei tätig.
Das Ende dieser ersten Stasi-Karriere hängt eng mit der Flucht seines Sohnes nach West-Berlin im Mai 1953 zusammen. Die Staatssicherheit verlangte auch von den Familien ihrer Mitarbeiter absolute Linientreue.
Für seine langjährige Spitzeltätigkeit zeichnete ihn Stasi-Minister Erich Mielke im Februar 1965 mit der Medaille "für treue Dienste der Nationalen Volksarmee" in Silber aus. Formal geschah dies mit dem vorliegenden Befehl Nr. 92/65.
Ministerrat der
Deutschen Demokratischen Republik
Ministerium für Staatssicherheit
Der Minister
Berlin, den 08.02.1965
Befehl Nr. 92 / 65
Für ehrliche , gewissenhafte und langjährige treue Zusammenarbeit mit den Organen des Ministeriums für Staatssicherheit, beim Aufbau des Sozialismus und im Kampf gegen die Feinde der Deutschen Demokratischen Republik
zeichne ich
im Namen des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik
GM " Richard "
mit der
Medaille für treue Dienste der Nationalen Volksarmee in Silber
aus.
Generaloberst [handschriftlich] Mielke
- Ex. gefertigt:
67 .Ex.
- .Ex. Dok.-Aufbew.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Von 1950 bis 1968 geltende Bezeichnung für die gewöhnlichen inoffiziellen Mitarbeiter, in den ersten Jahren auch nur Informatoren genannt. 1968 wurden die GI überwiegend zu IMS. GI dienten vor allem der allgemeinen Informationsbeschaffung. Sie wurden dabei auch zunehmend zur Sicherung von Institutionen, zur Feststellung der Bevölkerungsstimmung, zur Überprüfung verdächtiger Personen, zur Verhinderung von Republikfluchten oder auch bei Ermittlungen und Fahndungen eingesetzt.
Von 1950 bis 1968 geltende Bezeichnung für inoffizielle Mitarbeiter mit tatsächlichem oder potenziellem Zugang zu Personen oder Organisationen, die vom MfS als feindlich eingestuft wurden. Vor allem in den 50er Jahren kamen GM häufig auch im Westen zum Einsatz. Sie sollten "wertvolle Angaben" über Spionage und "illegale, antidemokratische" Aktivitäten beschaffen, gegen "feindliche Zentralen" und "Untergrundgruppen" wirken, bei der direkten "Bearbeitung" von verdächtigen Personen eingesetzt werden, "Feinde" beobachten, ferner Beweise für "Feindtätigkeit" gewinnen und zur "Zersetzung", "Zerschlagung von feindlichen Gruppierungen" beitragen. 1968 wurde diese Kategorie in IMV und IMF gesplittet.
Die hauptamtlichen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit bildeten die personelle Basis des Geheimpolizeiapparates. Sie verstanden sich in der Tradition der sowjetischen Geheimpolizei als "Tschekisten" und Parteisoldaten an der "unsichtbaren Front". Jenseits dieser Selbstmystifizierung repräsentierten sie den gewaltsamen Kern kommunistischer Machtausübung. In der staatssozialistischen Gesellschaft waren sie Teil der staatsloyalen Dienstklasse und pflegten den Korpsgeist einer Elite von "Genossen erster Kategorie" (Wilhelm Zaisser).
Der hauptamtliche Apparat des Ministeriums für Staatssicherheit hatte 1989 einen Umfang von 91.015 Mitarbeitern (Stichdatum: 31.10.1989) und war damit – gemessen an der Bevölkerungszahl – einer der größten geheimen Sicherheitsapparate der Welt.
In den 50er Jahren hatte sich das MfS als stalinistische Geheimpolizei etabliert und erreichte bereits 1956 eine Personalstärke von rund 16 000 Mitarbeitern. Am stärksten wuchs der Stasi-Apparat von 1968 bis 1982. Die Weichenstellungen hierfür gingen seit Mitte der 60er Jahre mit einer neokonservativen Renaissance des Sicherheitsdenkens in der sowjetischen und DDR-Parteiführung einher und wurden durch die Erfahrungen des Prager Frühlings und seiner Niederschlagung 1968 bestätigt.
Hinter der Expansion stand ein groß angelegtes Abwehrprogramm gegen die intensivierten Kontakte nach Westdeutschland im Zuge der Entspannungspolitik. Das ausufernde Aufgabenverständnis mit dem Ziel der Massenüberwachung und die Arbeitsteilung der Großbürokratie erforderten immer mehr Personal. Aufgrund der Krise der Staatsfinanzen in der DDR musste das MfS ab 1983 jedoch die Zuwachsraten beim hauptamtlichen Personal deutlich absenken.
Die hauptamtlichen Mitarbeiter galten als Teil der kommunistischen Parteiavantgarde, von der Stalin gesagt hatte: "Die Kader entscheiden alles." Diesem Verständnis gemäß wählte die Staatssicherheit ihr Personal nach strengen Kriterien aus, was die Linientreue und die Abschottung zum Westen anging. Allgemeinbildung und besondere fachliche Qualifikationen gewannen erst im Laufe der Jahre eine gewisse Bedeutung. Da es in der DDR keine Beamten gab, standen die MfS-Mitarbeiter im Dienstverhältnis eines Berufssoldaten. Ausnahmen waren neben wenigen Zivilbeschäftigten die Zeitsoldaten des Wachregiments "Feliks Dzierżyński" (sowie an einigen anderen Stellen im Apparat Unteroffiziere auf Zeit).
Die Initiative für die Aufnahme in den MfS-Dienst musste in aller Regel vom MfS ausgehen. Selbstbewerber wurden verdächtigt, feindliche Spione zu sein. Faktisch war die Mitgliedschaft in der SED vorgeschrieben; allerdings durfte bei jungen Einstellungskandidaten die Aufnahme in die Partei auch noch nach Dienstantritt erfolgen. Neben der ideologischen Linientreue stand das Verbot jeglicher Westkontakte im Zentrum der Rekrutierungsregeln: Aus Furcht vor dem Eindringen gegnerischer Geheimdienste durften die Mitarbeiter sowie ihre engere Familie keine persönlichen Verbindungen in den Westen unterhalten. Gab es Verwandte im Westen, so war der Kontakt zu ihnen abzubrechen.
Ehemalige Nationalsozialisten stellte die Stasi grundsätzlich nicht ein.
In den 50er Jahren erfolgte die Werbung häufig aus der Volkspolizei oder hauptamtlichen SED- und FDJ-Funktionen. Außerdem hielten die Offiziere in den Betrieben und Einrichtungen, die sie zu überwachen hatten, Ausschau nach geeigneten Kandidaten. Später suchte das MfS systematisch in den Musterungsjahrgängen. In den 80er Jahren ließ die Bereitschaft jugendlicher Einstellungskandidaten selbst aus dem SED-nahen Milieu nach, sich den Kontaktverboten und rigiden Verhaltensregeln des MfS zu unterwerfen. Ab 1981 beteiligte es sich deshalb mit festen Sollquoten an der militärischen Nachwuchswerbung ab der 7. Klasse der Polytechnischen Oberschule.
An der Spitze des Apparates stand seit 1950 ein harter Kern von erfahrenen kommunistischen Untergrundkadern mit langjährigen Erfahrungen in den Straßenkämpfen und Saalschlachten während der Weimarer Republik, dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus, der Haft in Zuchthaus und Konzentrationslager, der Emigration in die Sowjetunion, des Militärdienstes im Spanischen Bürgerkrieg sowie in Partisanen- und Agenteneinsätzen im Zweiten Weltkrieg. Nach 1945 hatten diese Kader die Polizei der Sowjetischen Besatzungszone nach kommunistischen Vorstellungen aufgebaut. Einige von ihnen prägten die Atmosphäre im Apparat bis in die späten Jahre, allen voran der seit 1957 amtierende Minister, Armeegeneral Mielke.
Da es nur einige Hundert solcher kommunistischer Polizei- und Militärkader gab, erfolgte der Personalausbau zunächst überwiegend mit jungen Männern, die vor 1945 durch die Hitlerjugend und den Krieg geprägt worden waren und nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches häufig über die Freie Deutsche Jugend (FDJ) zur Volkspolizei gekommen waren. Meist stammten sie aus unterprivilegierten Verhältnissen und hatten nur eine einfache Volksschulbildung.
Prägend für diese Generation waren neben den alten Kommunisten als Vorbilder die Indoktrination durch Stalins Lehre von der ständigen Verschärfung des Klassenkampfs sowie die alltäglichen Erlebnisse im Apparat: die Suche nach angeblichen oder tatsächlichen Agenten westlicher "Feindorganisationen", die Verhaftungen und nächtelangen Verhöre bis zum Geständnis, das Gefühl der schrankenlosen Macht.
Seit den 60er und 70er Jahren stillte das MfS seinen Personalhunger überwiegend aus Elternhäusern der sozialistischen Dienstklasse. Mehr als die Hälfte der eingestellten Nachwuchskräfte waren Funktionärskinder, vorwiegend aus den bewaffneten Organen (MfS, NVA, DVP) und dem SED-Parteiapparat.
Frauen waren im MfS-Apparat mit einem Anteil von ca. 16 bis 19 Prozent stets eine Minderheit und überwiegend auf typische Berufe wie Sekretärinnen usw. festgelegt. Für die eigentliche geheimdienstliche Arbeit spielten sie nur in der Informationsauswertung sowie bei der Postkontrolle eine gewisse Rolle. Weibliche Führungsoffiziere für inoffizielle Mitarbeiter oder Vernehmungsoffiziere gab es selten, weibliche Generäle gar nicht.
Die Besoldungsregeln der MfS-Mitarbeiter entsprachen formell weitgehend denen der anderen bewaffneten Organe (NVA, DVP). Die Eingruppierung erfolgte beim MfS jedoch bei vergleichbarem Qualifikationsniveau und Tätigkeitsprofil mehrere Dienststellungs- und Dienstgradstufen höher. Dadurch kam eine erheblich höhere Bezahlung zustande.
Nach den Beschlüssen zur Auflösung des MfS wurden die hauptamtlichen Mitarbeiter bis zum 31.3.1990 aus dem militärischen Dienstverhältnis entlassen. In der vereinigten Bundesrepublik sind sie häufig in privaten Sicherheitsunternehmen, Detekteien, Versicherungen sowie im Bereich der öffentlichen Beschäftigungsförderung tätig geworden. Etwa 1 500 hauptamtliche Mitarbeiter sind in den Polizeidienst des Bundes und der neuen Länder übernommen worden. Die Gesamtzahl der MfS-Mitarbeiter im öffentlichen Dienst ist nicht bekannt. Strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen wurden nach 1990 nur wenige Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit.