Signatur: BArch, MfS, BV Suhl, KD Bad Salzungen, Nr. 17, Bl. 19-22
Die mit der Aktion "Ungeziefer" geplante Zwangsaussiedlung tausender Menschen aus dem Grenzgebiet traf auf Widerstand. In mehreren Orten wehrte sich die Bevölkerung und organisierte Demonstrationen. Viele kamen ihrer Vertreibung mit einer Flucht in den Westen zuvor.
Schon kurz nach ihrer Gründung musste die DDR eine zunehmende Abwanderung ihrer Bürgerinnen und Bürger in die Bundesrepublik verzeichnen. Die Zwangsenteignung vieler Bauern, der im Vergleich zum Westen bereits geringere Lebensstandard, Ablehnung des politischen Systems und andere Faktoren bewegten immer mehr Menschen dazu, das Land zu verlassen.
Die SED-Führung reagierte darauf mit einer Verschärfung des Grenzregimes. Auf Geheiß der Sowjetunion erließ die Regierung am 26. Mai 1952 eine "Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und den westlichen Besatzungszonen Deutschlands". Der Minister für Staatssicherheit, Wilhelm Zaisser, legte die genaue Ausgestaltung nur einen Tag später in einer Polizeiverordnung fest.
Diese sah einen besonders geschützten Bereich von fünf Kilometern Breite vor der Grenze vor. Noch strengere Regeln galten für den Schutzstreifen von 500 Metern vor der Grenze. Ein zehn Meter breiter Kontrollstreifen unmittelbar an der Grenze war für normale Bürgerinnen und Bürger vollständig gesperrt.
Begleitet wurden diese Maßnahmen von Zwangsumsiedlungen aus dem Grenzgebiet. Unter dem Decknamen "Aktion 'Ungeziefer'" bereitete das MfS die Umsiedlung von "politisch unzuverlässigen" Personen vor. Die Deutsche Volkspolizei (DVP) vertrieb zwischen Mai und Juni 1952 tausende Personen aus dem Grenzgebiet und wies ihnen eine neue Bleibe im Landesinneren zu.
Alle im Grenzgebiet lebenden Bewohnerinnen und Bewohner wurden zuvor durch die Volkspolizei überprüft und in ihrer Grundhaltung zur DDR eingeschätzt. Dabei kam es zu willkürlichen Entscheidungen und Denunziationen durch Nachbarinnen und Nachbarn. Zur Aussiedlung vorgesehen waren u. a. Bürgerinnen und Bürger mit Westkontakten und ehemalige Angehörige der NSDAP. Auch Bäuerinnen und Bauern, die ihr Ablieferungssoll an den Staat nicht erfüllten, und Menschen, die sich in irgendeiner Form negativ über den Staat geäußert hatten, landeten auf den Listen.
Die Durchführung der Zwangsaussiedlungen war generalstabsmäßig geplant. Mit den Listen der Auszuweisenden durchkämmte die Volkspolizei Dörfer und Städte. Die Betroffenen mussten in aller Eile ihre Häuser verlassen und wurden mit ihrem Hab und Gut in Lastwagen und Zügen zu ihren neuen Wohnorten im Landesinneren verbracht.
Ein abschließender Bericht der MfS-Kreisverwaltung Bad Salzungen an die MfS-Landesverwaltung Thüringen vom 9. Juni 1952 nennt 307 Familien bzw. 989 Personen, die ausgesiedelt werden sollten. Darunter befanden sich Landwirte, Geschäftsleute, Hausfrauen, Handwerker, Angestellte, Arbeiterinnen und Rentner. Die meisten waren im Alter zwischen 40 und 60 Jahren und wurden überwiegend als kriminell oder "reaktionär-antidemokratisch" abgestempelt.
Nicht immer jedoch lief die Zwangsaussiedlung ohne Komplikationen ab. Proteste, Demonstrationen, Widerstände gegen die Ausweisung und Fluchten über die Grenze verzögerten und störten den Ablauf der Aktion zum Teil erheblich. Der Bericht kritisiert eine mangelhafte Aufklärung "über den Zweck und das Ziel der Aussiedlung" vorab. In der Bevölkerung hätte allgemein eine "ablehnende Stimmung" gegenüber der Aktion "Ungeziefer" geherrscht. Auch nicht betroffene Personen hätten daraufhin die DDR verlassen.
Davon waren:
a) Ausländer 1
b) Staatenlose 2
c) Ohne jede Papiere keine
d) kriminelle Elemente 89
e) wegen reaktionärer,antidemokratischer Einstellung und sonstige [geschweifte Klammer] 218
V.) Altersaufgliederung nach Geschlechtern:
a) Männer:
Jugendliche bis 15 Jahre = 1
bis 18 Jahre = 5
bis 24 Jahre = 23
bis 30 Jahre = 37
bis 40 Jahre = 74
bis 50 Jahre = 69
bis 60 Jahre = 41
über 60 Jahre = 9
b) Frauen:
Jugendliche bis 15 Jahre = -
bis 20 Jahre = 1
bis 24 Jahre = 11
bis 30 Jahre = 7
bis 40 Jahre = 6
bis 50 Jahre = 13
über 50 Jahre = 10
VI.) Parteipolitische Zusammensetzung der Ausgesiedelten:
Eine genaue parteipolitische Aufgliederung über die auszusiedelnden bzw. ausgesiedelten Personen kann erst gegeben werden wenn die genauen Namen festliegen.
VII. Personen, die öffentliche Ämter bekleideten bzw. als Staatsangsstellte oder Verwaltungsangestellte eingesetzt sind.
4 Ärzte
2 Ingenieure
2 Angehörige der Intelligenz
3 Pfarrer
Diese Personen sind in einer Sonderliste der Intelligenz erfaßt und sind nicht mit ausgesiedelt worden. Sie sollen umbesetzt und versetzt werden.
VIII. Abschluß der Aktion.
Die Aktion war 08.06.1952 restlos abgeschlossen.
Hauptabteilung VI (Passkontrolle, Tourismus, Interhotel)
Die Hauptabteilung VI befasste sich mit dem grenzüberschreitenden Reiseverkehr. Sie wurde 1970 durch Fusion der Arbeitsgruppen "Passkontrolle und Fahndung" und "Sicherung des Reiseverkehrs" sowie der Zoll-Abwehr (Überwachung der Zoll-Mitarbeiter) gebildet. Die Hauptabteilung VI hatte an den Grenzübergängen der DDR die Reisenden zu kontrollieren und abzufertigen. Deshalb waren die DDR-Passkontrolleure hauptamtliche Mitarbeiter der Hauptabteilung VI. Zur Tarnung trugen sie Uniformen der Grenztruppen. Zunächst war 1950 die Grenzpolizei mit der Grenzabfertigung beauftragt worden.
Bei der Hauptabteilung VI wurden die Daten der Einreisenden einer ersten Analyse unterzogen, um politisch-operativ interessante Personen herauszufiltern. Die Grenzkontrolle umfasste für die Hauptabteilung VI auch die Überwachung der westlichen Grenzkontrollstellen, in Westberlin auch die der Flughäfen Tegel und Tempelhof sowie der Polizei und des Grenzzolldienstes. Zum Verantwortungsbereich der Hauptabteilung VI gehörte die lückenlose Überwachung der Transitstrecken von und nach Westberlin. Bei ihr liefen Avisierungen für bevorzugte Grenzabfertigungen zusammen.
1970 übernahm sie von der Hauptabteilung XX/5 die Aufgabe, Fluchtversuche zu unterbinden und Fluchthelfer im Westen zu verfolgen, was 1975/76 zu Teilen an die Zentrale Koordinierungsgruppe überging (Republikflucht). Die Hauptabteilung VI überwachte touristische Einrichtungen in der DDR, darunter die Reisebüros und die Interhotels. Ebenso kontrollierte sie DDR-Bürger bei ihren Reisen ins sozialistische Ausland, um Kontakte zu westlichen Staatsbürgern und Fluchtversuche ggf. zu unterbinden.
Die Operativgruppen des MfS in der ČSSR, Ungarn und Bulgarien waren ihr von 1970 bis 1989 unterstellt. 1989 gab sie deren Leitung an die Hauptabteilung II (HA II) ab. Im Verantwortungsbereich der Hauptabteilung VI wurden 1979–1981 drei Mordanschläge auf den Fluchthelfer Wolfgang Welsch durchgeführt, die dieser nur knapp überlebte.
Charakteristisch für die Hauptabteilung VI war die enge Kooperation mit vielen MfS-Diensteinheiten und anderen Institutionen wie Grenztruppen und Zoll, da im Bereich der Hauptabteilung VI eine Vielzahl von relevanten Erstinformationen und Daten zusammenkam. 1985 führte die Hauptabteilung VI 1.064 IM, darunter 67 West-IM, von denen 62 in Westberlin lebten.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
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Signatur: BArch, MfS, BV Suhl, KD Bad Salzungen, Nr. 17, Bl. 19-22
Die mit der Aktion "Ungeziefer" geplante Zwangsaussiedlung tausender Menschen aus dem Grenzgebiet traf auf Widerstand. In mehreren Orten wehrte sich die Bevölkerung und organisierte Demonstrationen. Viele kamen ihrer Vertreibung mit einer Flucht in den Westen zuvor.
Schon kurz nach ihrer Gründung musste die DDR eine zunehmende Abwanderung ihrer Bürgerinnen und Bürger in die Bundesrepublik verzeichnen. Die Zwangsenteignung vieler Bauern, der im Vergleich zum Westen bereits geringere Lebensstandard, Ablehnung des politischen Systems und andere Faktoren bewegten immer mehr Menschen dazu, das Land zu verlassen.
Die SED-Führung reagierte darauf mit einer Verschärfung des Grenzregimes. Auf Geheiß der Sowjetunion erließ die Regierung am 26. Mai 1952 eine "Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und den westlichen Besatzungszonen Deutschlands". Der Minister für Staatssicherheit, Wilhelm Zaisser, legte die genaue Ausgestaltung nur einen Tag später in einer Polizeiverordnung fest.
Diese sah einen besonders geschützten Bereich von fünf Kilometern Breite vor der Grenze vor. Noch strengere Regeln galten für den Schutzstreifen von 500 Metern vor der Grenze. Ein zehn Meter breiter Kontrollstreifen unmittelbar an der Grenze war für normale Bürgerinnen und Bürger vollständig gesperrt.
Begleitet wurden diese Maßnahmen von Zwangsumsiedlungen aus dem Grenzgebiet. Unter dem Decknamen "Aktion 'Ungeziefer'" bereitete das MfS die Umsiedlung von "politisch unzuverlässigen" Personen vor. Die Deutsche Volkspolizei (DVP) vertrieb zwischen Mai und Juni 1952 tausende Personen aus dem Grenzgebiet und wies ihnen eine neue Bleibe im Landesinneren zu.
Alle im Grenzgebiet lebenden Bewohnerinnen und Bewohner wurden zuvor durch die Volkspolizei überprüft und in ihrer Grundhaltung zur DDR eingeschätzt. Dabei kam es zu willkürlichen Entscheidungen und Denunziationen durch Nachbarinnen und Nachbarn. Zur Aussiedlung vorgesehen waren u. a. Bürgerinnen und Bürger mit Westkontakten und ehemalige Angehörige der NSDAP. Auch Bäuerinnen und Bauern, die ihr Ablieferungssoll an den Staat nicht erfüllten, und Menschen, die sich in irgendeiner Form negativ über den Staat geäußert hatten, landeten auf den Listen.
Die Durchführung der Zwangsaussiedlungen war generalstabsmäßig geplant. Mit den Listen der Auszuweisenden durchkämmte die Volkspolizei Dörfer und Städte. Die Betroffenen mussten in aller Eile ihre Häuser verlassen und wurden mit ihrem Hab und Gut in Lastwagen und Zügen zu ihren neuen Wohnorten im Landesinneren verbracht.
Ein abschließender Bericht der MfS-Kreisverwaltung Bad Salzungen an die MfS-Landesverwaltung Thüringen vom 9. Juni 1952 nennt 307 Familien bzw. 989 Personen, die ausgesiedelt werden sollten. Darunter befanden sich Landwirte, Geschäftsleute, Hausfrauen, Handwerker, Angestellte, Arbeiterinnen und Rentner. Die meisten waren im Alter zwischen 40 und 60 Jahren und wurden überwiegend als kriminell oder "reaktionär-antidemokratisch" abgestempelt.
Nicht immer jedoch lief die Zwangsaussiedlung ohne Komplikationen ab. Proteste, Demonstrationen, Widerstände gegen die Ausweisung und Fluchten über die Grenze verzögerten und störten den Ablauf der Aktion zum Teil erheblich. Der Bericht kritisiert eine mangelhafte Aufklärung "über den Zweck und das Ziel der Aussiedlung" vorab. In der Bevölkerung hätte allgemein eine "ablehnende Stimmung" gegenüber der Aktion "Ungeziefer" geherrscht. Auch nicht betroffene Personen hätten daraufhin die DDR verlassen.
IX.) Schwierigkeiten besonderer Art bei der Durchführung.
1.) Die Aktion "Ungeziefer" erstreckte sich auf Grund der langen D-Linie auf 43 Ortschaften des Kreisgebietes. Dadurch konnte keine kurzfristige Benachrichtigung an die auszusiedelnden Personen erfolgen, so daß die Möglichkeiten zur Flucht und zum organisierten Widerstand bestande.
2.) Die Durchführung wurde zum Teil erschwert durch den Widerstand der Bevölkerung. In Dorndorf kam es am 06.06.1952 zu einer Demonstration, die mit den Einsatzkräften der VP bis in die Nachtstunden der VP nicht aufgelöst werden konnte. Diese Demonstration ist organisiert worden, zum Teil von den zur Aussiedlung vorgesehenen Personen. Die Ursache der Demonstration ist zum Teil darin zu suchen, daß die Bevölkerung zu wenig bzw. gar keine Aufklärung über die Gründe der Aussiedlung erhalten hat.
3.) Die Widerstände, die in den anderen Orten des Kreisgebietes wie Zella, Dermbach, Kaltennordheim, Kaltenwestheim, Schafhausen und Kaltensundheim gezeigt wurden sind bis auf Kaltennordheim und Schafhausen, wo der Widerstand organisiert wurde von reaktionären Elementen, gleichfalls auf die mangelhafte Aufklärung über die Gründe der Aussiedlung zurückzuführen. Besonders hat sich gezeigt, daß die Bevölkerung ähnlich wie in dem Film "Das verurteilte Dorf" gehandelt hat und den Widerstand gegen die eingesetzten Kommissionen oder VP-Kräfte erreichte, in dem sie die Bevölkerung durch Glockenläuten und Sirenengeheul mobilisierte.
X.) Bis zum 08.06.1952 herrschte unter der übrigen Bevölkerung eine ablehnende Stimmung gegenüber der Aktion "Ungeziefer". Zurückzuführen ist diese schlechte Stimmung auf die mangelnde zum Teil auch falsche Aufklärung durch die eingesetzten Agitatoren und verantwortlichen Beauftragten der Kommissionen, in dem die Gründe der Aussiedlung und die Orte, wo die ausgesiedelten Personen hinkommen sollten der Bevölkerung nicht gesagt wurde als danach gefragt wurde. Dadurch entstand im großen Teil der Bevölkerung schlechte Stimmung, weil sie den Riasargumenten Glauben schenkten und es wurden Diskussionen laut, daß die Ausgesiedelten nach Polen oder nach Sibirien und daß es nur die erste Welle der Aussiedlung sei, daß die 5 km Zone ganz geräumt werde und dergleichen mehr.
Der größere Teil der Bevölkerung lehnte die Aussiedlung nicht ab, sondern verlangte nur klare Auskunft über die Gründe, die Ziele und den Abschluß der Aussiedlung.
Nachdem am 08.06.1952 die ersten Berichte von den Ausgesiedelten Personen aus dem Kreis Sondershausen eintrafen, die zum Ausdruck bringen, daß die Ausgesiedelten gut untergebracht sind, Arbeitsmöglichkeiten und soziale Betreuung erhalten haben hat sich die Stimmung schon wesentlich gebessert.
XI.) Am 07.06.1952 erfolgten in Dorndorf 6 Verhaftungen als die Aussiedlung mit Polizeigewalt durchgeführt wurde. Von den verhafteten Personen leisteten 5 der Anordnung der Volkspolizei keine Folge und räumten die Straße nicht sofort. Eine Person griff die VP an und verblieb in Haft, gegen ihn wird ein Verfahren eröffnet. Die anderen 5 Personen wurden nach Untersuchung innerhalb von 24 Stunden wieder entlassen.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
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Signatur: BArch, MfS, BV Suhl, KD Bad Salzungen, Nr. 17, Bl. 19-22
Die mit der Aktion "Ungeziefer" geplante Zwangsaussiedlung tausender Menschen aus dem Grenzgebiet traf auf Widerstand. In mehreren Orten wehrte sich die Bevölkerung und organisierte Demonstrationen. Viele kamen ihrer Vertreibung mit einer Flucht in den Westen zuvor.
Schon kurz nach ihrer Gründung musste die DDR eine zunehmende Abwanderung ihrer Bürgerinnen und Bürger in die Bundesrepublik verzeichnen. Die Zwangsenteignung vieler Bauern, der im Vergleich zum Westen bereits geringere Lebensstandard, Ablehnung des politischen Systems und andere Faktoren bewegten immer mehr Menschen dazu, das Land zu verlassen.
Die SED-Führung reagierte darauf mit einer Verschärfung des Grenzregimes. Auf Geheiß der Sowjetunion erließ die Regierung am 26. Mai 1952 eine "Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und den westlichen Besatzungszonen Deutschlands". Der Minister für Staatssicherheit, Wilhelm Zaisser, legte die genaue Ausgestaltung nur einen Tag später in einer Polizeiverordnung fest.
Diese sah einen besonders geschützten Bereich von fünf Kilometern Breite vor der Grenze vor. Noch strengere Regeln galten für den Schutzstreifen von 500 Metern vor der Grenze. Ein zehn Meter breiter Kontrollstreifen unmittelbar an der Grenze war für normale Bürgerinnen und Bürger vollständig gesperrt.
Begleitet wurden diese Maßnahmen von Zwangsumsiedlungen aus dem Grenzgebiet. Unter dem Decknamen "Aktion 'Ungeziefer'" bereitete das MfS die Umsiedlung von "politisch unzuverlässigen" Personen vor. Die Deutsche Volkspolizei (DVP) vertrieb zwischen Mai und Juni 1952 tausende Personen aus dem Grenzgebiet und wies ihnen eine neue Bleibe im Landesinneren zu.
Alle im Grenzgebiet lebenden Bewohnerinnen und Bewohner wurden zuvor durch die Volkspolizei überprüft und in ihrer Grundhaltung zur DDR eingeschätzt. Dabei kam es zu willkürlichen Entscheidungen und Denunziationen durch Nachbarinnen und Nachbarn. Zur Aussiedlung vorgesehen waren u. a. Bürgerinnen und Bürger mit Westkontakten und ehemalige Angehörige der NSDAP. Auch Bäuerinnen und Bauern, die ihr Ablieferungssoll an den Staat nicht erfüllten, und Menschen, die sich in irgendeiner Form negativ über den Staat geäußert hatten, landeten auf den Listen.
Die Durchführung der Zwangsaussiedlungen war generalstabsmäßig geplant. Mit den Listen der Auszuweisenden durchkämmte die Volkspolizei Dörfer und Städte. Die Betroffenen mussten in aller Eile ihre Häuser verlassen und wurden mit ihrem Hab und Gut in Lastwagen und Zügen zu ihren neuen Wohnorten im Landesinneren verbracht.
Ein abschließender Bericht der MfS-Kreisverwaltung Bad Salzungen an die MfS-Landesverwaltung Thüringen vom 9. Juni 1952 nennt 307 Familien bzw. 989 Personen, die ausgesiedelt werden sollten. Darunter befanden sich Landwirte, Geschäftsleute, Hausfrauen, Handwerker, Angestellte, Arbeiterinnen und Rentner. Die meisten waren im Alter zwischen 40 und 60 Jahren und wurden überwiegend als kriminell oder "reaktionär-antidemokratisch" abgestempelt.
Nicht immer jedoch lief die Zwangsaussiedlung ohne Komplikationen ab. Proteste, Demonstrationen, Widerstände gegen die Ausweisung und Fluchten über die Grenze verzögerten und störten den Ablauf der Aktion zum Teil erheblich. Der Bericht kritisiert eine mangelhafte Aufklärung "über den Zweck und das Ziel der Aussiedlung" vorab. In der Bevölkerung hätte allgemein eine "ablehnende Stimmung" gegenüber der Aktion "Ungeziefer" geherrscht. Auch nicht betroffene Personen hätten daraufhin die DDR verlassen.
In Kaltennordheim wurden am 07.06.1952 [Unkenntlich] 5 Personen durch die VP festgenommen, weil sie der Aufforderung die Straßen zu räumen nicht Folge leisteten. Sämtliche Personen wurden nach Überprüfung wieder aus der Haft entlassen.
XII. Einschätzung über die Durchführung der Aktion.
1.) Die Aktion hätte politisch besser vorbereitet werden müssen, das heißt ähnlich wie bei der Durchführung der Polizeiverordnung hätte man vorher Stimmungsberichte und Resulutionen von den Werktätigen und der Landbevölkerung erhalten müssen, die zum Ausdruck bringen konnten, daß die Regierung aufgefordert wird entlang der Demarkationslinie bis in die Sperrzone bekannte Agentenzentralen zu liquidieren und unsichere Elemente zu entfernen. Dadurch wäre ein größeres Verständnis und eine bessere Mithilfe durch die Bevölkerung erfolgt.
2.) Die Benachrichtigung hätte nicht 24 Stunden vorher erfolgen sollen, sondern kurzfristig geschehen müssen und den auszusiedelten Personen von der Stunde der Benachrichtigung an der Verladeraum, die Arbeitskräfte und der Schutz der VP zur Verfügung stehen müssen. Dadurch wäre die große Zahl der Flüchtigen vermieden worden und der Widerstand, der zum Teil organisiert wurde, nicht möglich gewesen. Die Aktion hätte dann schwerpunkt- oder ortsmäßig durchgeführt werden müssen und nicht zugleich in allen 43 Ortschaften begonnen werden müssen.
3.) Vor der Durchführung der Aktion hätte man die reaktionären Elemente unter den auszusiedelten Personen durch Festnahmen von der Masse isolieren müssen und direkt als Zwangsevakuierung behandeln müssen. Gerade in Dorndorf hat sich gezeigt, daß die Elemente den Widerstand organisiert haben.
4.) Die VP-Kräfte in den 43 Ortschaften, wo Aussiedlungen vorgenommen werden sollten, hätten gleich verstärkt werden müssen, so daß es nicht nur einen VP-Posten in den einzelnen Ortschaften geben konnte.
Bei der Aktion hat sich gezeigt, daß dieselbe nicht genügend politisch und organisatorisch entsprechend der Struktur des Kreisgebietes vorbereitet wurde. Vor allem, daß zu wenig konkrete Aufklärung gegenüber der gesamten Bevölkerung erfolgte über den Zweck und das Ziel der Aussiedlung wodurch auch keine Mithilfe, oder nur in ungenügendem Maße von seitens der Bevölkerung erfolgte. Das zeigt sich darin, daß die Bevölkerung die Auswahl der ausgesiedelten Personen zum Teil nicht anerkannte und das gar keine Hinweise von seitens der Bevölkerung gekommen sind, um weitere Personen auszusiedeln, die als reaktionär oder verbrecherisch bekannt waren. Bei der Durchfürhung der Aktion hat sich gezeigt, daß die Agitation nicht durchgreifend genug war und keine restlose Überzeugung erreicht wurde und die Bevölkerung den gegnerischen Argumenten, welcher durch den Rias verbreitet wurden, mehr Glauben schenkten, was zum Teil dazu führte, daß von der Aussiedlung nicht betroffenen Personen, vor allem Landwirte, gleichfalls die DDR verlassen haben.
[Unterschrift]
(Rothe)
VP.- Oberrat
Leiter der Kreisverwaltung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Bevor sich Anfang der 80er Jahre der Begriff Öffentlichkeitsarbeit, zumeist als Begriffspaar Öffentlichkeits- und Traditionsarbeit (ÖTA), durchsetzte, wurde dieses Tätigkeitsfeld im MfS als Agitation bezeichnet. Im Verlauf der MfS-Geschichte nahm sie unterschiedliche Ausprägungen an. Ihren Höhepunkt erlebte sie in den 50er und 60er Jahren, später reduzierte sich ihre Bedeutung deutlich.
Schon die Gründung des MfS wurde von einer Medienkampagne gegen westliche "Saboteure und Agenten" begleitet. 1954 wurde für die Öffentlichkeitsarbeit ein eigenes Referat in der für Verwaltungsaufgaben zuständigen Abteilung Allgemeines eingerichtet, das 1955 als selbständige Abteilung Agitation ausgelagert wurde. Der Bereich wurde nach außen als Pressestelle oder Presseabteilung bezeichnet, seine Leiter traten in den 50er und 60er Jahren auch als Pressesprecher des MfS auf. 1985 wurde der Bereich umorganisiert und als Bereich 6 in die ZAIG eingegliedert. In den Bezirksverwaltungen und Hauptabteilungen des Ministeriums lag die Zuständigkeit für die Öffentlichkeitsarbeit bei einzelnen Stabsoffizieren, die nach Einrichtung der AKG 1978/79 diesem Bereich zugeordnet waren. Aufgaben einer wirklichen Pressestelle erfüllte der Agitationsbereich nur begrenzt. Die Medien wurden vom MfS nur sehr restriktiv informiert, aber umso intensiver instrumentalisiert. Es ging primär um Popularisierung der Arbeit der Staatssicherheit; die Abwehr gegnerischer Angriffe stand thematisch im Zentrum der Öffentlichkeitsarbeit Konkrete Angaben zum eigenen Apparat, etwa zu Mitarbeiterzahlen, Aufbau und Arbeitsweise wurden grundsätzlich nicht in die Öffentlichkeit gegeben.
Wie kaum ein anderes Tätigkeitsfeld der Staatssicherheit war die Öffentlichkeitsarbeit in der Ulbricht-Ära unmittelbar in die entsprechenden Aktivitäten des zentralen Parteiapparates der SED (Abteilungen Agitation und Propaganda des ZK, Agitationskommission des ZK) eingebunden. Auch die Beziehungen zu anderen staatlichen Akteuren, etwa dem Amt für Information oder der Generalstaatsanwaltschaft, waren vorrangig offizieller Natur. Der Einsatz von IM oder OibE spielte in diesem Bereich eine untergeordnete Rolle. Eine prominente Ausnahme war der Publizist Julius Mader, der von 1962 bis 1989 OibE des MfS-Agitationsbereichs war und mit seinen geheimdienstspezifischen Büchern (z. B. Nicht länger geheim, 1966; Who’s who in CIA, 1968) durchaus Breitenwirkung erzielte. In den 50er Jahren konzentrierte sich die MfS-Agitation darauf, "Diversanten", "Spione" und ihre westlichen "Hintermänner" anzuprangern. Die Öffentlichkeitsarbeit wurde ab 1953 im Rahmen der Strategie der "Konzentrierten Schläge" erheblich intensiviert. Große Verhaftungsaktionen mit den Codenamen "Feuerwerk" (1953), "Pfeil" (1954) und "Blitz" (1955), die jeweils zu Hunderten von Festnahmen führten, wurden mit Pressekonferenzen beendet. Hierbei wurden auch "reumütige" Agenten vorgeführt, bei denen es sich zumeist um abgezogene IM der Staatssicherheit handelte. Außerdem gehörten Beiträge in Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und der Kino-Wochenschau ebenso dazu wie Ausstellungen und Vorträge von hohen MfS-Kadern in Betriebsversammlungen.
Ab Ende der 50er Jahre konzentrierten sich die Öffentlichkeitsarbeit des MfS auf die elektronischen Medien und den Film. Besonders erfolgreich war der vom MfS inspirierte und 1963 gedrehte Spielfilm "For eyes only" über die spektakuläre Entwendung einer Agentenkartei aus der Würzburger Dienststelle des amerikanischen Militärgeheimdienstes MID durch den "Kundschafter" Horst Hesse. In den 60er Jahren hatte die Öffentlichkeitsarbeit des MfS in erster Linie Westdeutschland im Blick und arbeitete hierbei mit dem Agitationsapparat des ZK der SED zusammen. In Publikationen und auf internationalen Pressekonferenzen unter dem Vorsitz von Politbüromitglied Albert Norden wurden Themen wie die Aufrüstung der Bundeswehr oder die Nazivergangenheit bundesdeutscher Funktionsträger angeprangert. Diese Kampagnen waren vor allem dann wirkungsvoll, wenn es gelang, auf konspirativem Wege einschlägige Nachrichten in westlichen Medien zu platzieren. Außerdem organisierte das MfS zu dieser Zeit die massenhafte Einschleusung von Propagandaschriften in die Bundesrepublik. Als sich die DDR-Führung mit dem SED-Parteitag 1967 auch offiziell von der gesamtdeutschen Perspektive verabschiedete, wandte sich auch die MfS-Agitation mehr DDR-internen Themen zu. Vorrangige Ziele waren jetzt die Stärkung der "Massenwachsamkeit" und die Pflege des "Vertrauensverhältnisses" zwischen Bevölkerung und MfS.
In der Phase der Entspannungspolitik veränderte sich der Charakter der Öffentlichkeitsarbeit beträchtlich. Mediale Angriffe auf die Bundesrepublik ließen stark nach. Künstlerische und journalistische Projekte des Agitationsbereichs, etwa zur "BRD-Menschenrechtsdemagogie" oder zur Übersiedlungsproblematik, erhielten von der politischen Führung kein grünes Licht mehr, weil sie nicht in die Politik der internationalen Normalisierung passten oder an tabuisierten innenpolitischen Problemen rührten. Die Medienpräsenz von MfS-Themen ging stark zurück. Ausnahmen blieben in den 70er Jahren die beiden großen, vom MfS inspirierten Fernsehfilmserien "Das unsichtbare Visier" (mit Armin Mueller-Stahl in der Hauptrolle) und "Rendezvous mit Unbekannt", die sich mit politisch unbedenklichen Sujets, der Auslandsspionage und der Frühzeit des MfS, befassten. Die Öffentlichkeitsarbeit beschränkte sich ansonsten auf ADN-Meldungen zu Kleinereignissen, wie z. B. dem "Missbrauch von Transitwegen" durch Fluchthelfer. Ab Mitte der 80er Jahre beklagten die Verantwortlichen der Öffentlichkeitsarbeit im MfS die mangelnde Verwertbarkeit von internen Ermittlungsergebnissen und die abnehmende Bereitschaft von Autoren, mit der Staatssicherheit zusammenzuarbeiten.
Die Öffentlichkeitsarbeit konzentrierte sich ab Mitte der 70er Jahre vorrangig auf die Traditions- und Patenschaftsarbeit im direkten Kontakt mit Arbeitskollektiven und Schulen. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Traditionspflege war aber auch nach innen, auf den eigenen Apparat, und auf andere bewaffnete Organe ausgerichtet. Diese sehr begrenzten Personenkreise erhielten Zugang zu Ausstellungen im sog. Informationszentrum des MfS in Berlin-Mitte und zu Broschüren mit den klassischen Geheimdienstthemen wie "CIA und BND", "Zersetzung der DDR-Jugend" oder "Tätigkeit des MfS gegen innere und äußere Feinde". Wie selbst eine interne Forschungsarbeit von 1989 bilanziert, scheiterte die Staatssicherheit in den 80er Jahren mit ihrem Ziel, durch Öffentlichkeitsarbeit die Verbundenheit der Bevölkerung mit dem MfS zu fördern.
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