Signatur: BStU, MfS, SED-Kreisleitung, Nr. 4582, Bl. 11-69
In einem Bericht vom Februar 1989 geht die Parteikontrollkommission der Frage nach, warum selbst im MfS die Bereitschaft zu bedingungsloser Unterordnung geringer wurde.
Fast alle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) waren auch Mitglieder der Staatspartei SED. Die Parteiführung ging aber Ende der 1980er Jahre immer mehr auf Distanz zur sowjetischen "Bruderpartei" und deren Reformkurs. Das schuf gerade für die Stasi-Offiziere eine höchst problematische Situation, weil sie ein besonders enges Verhältnis zu den sowjetischen "Freunden" pflegten, sich sogar - nach sowjetischem Vorbild - selbst als "Tschekisten" bezeichneten.
Auf der 7. Tagung des Zentralkomitees der SED im Dezember 1988 hatte SED-Generalsekretär Erich Honecker der Partei einen scharfen Abgrenzungskurs von der sowjetischen Reformpolitik verordnet. Das stieß selbst bei der Stasi verschiedentlich auf verhaltenen Unmut. Der Frage, warum selbst im MfS die Bereitschaft zu bedingungsloser Unterordnung geringer wurde und erste Zweifel an der Weisheit der Parteiführung laut wurden, ging die Parteikontrollkommission in einem Bericht vom Februar 1989 nach. Darin wurden zum einen die "Einheit und Geschlossenheit der Partei" beschworen, zum anderen aber auch mögliche Ursachen für nachlassende Disziplin und "ideologische Abweichungen" benannt.
Wir gehen davon aus, daß wir alle die Dokumente der 7. Tagung, insbesondere die Rede des Generalsekretärs, gründlich studiert und hinsichtlich der Anforderungen an die eigene Arbeit durchdacht haben.
Genossen!
Mit der 7. Tagung sind wir bekanntlich in einen neuen Abschnitt der Entwicklung der Deutschen Demokratischen Republik, in die intensive Vorbereitung des XII. Parteitages eingetreten.
Damit verbindet sich für alle Parteiorganisationen die Forderung, ihre politische und organisatorische Kampfkraft voll auf dieses bedeutsame Ereignis im Leben unserer Partei und des ganzen Volkes einzustellen.
Mit der Rede des Generalsekretärs, Genossen Honecker, auf der 7. Tagung und dem Beschluß des Politbüros vom 10.01.1989 "Zur weiteren Erhöhung des Niveaus der politisch-ideologischen Arbeit der Partei" sind die Aufgaben zur qualitativen Stärkung der Partei und zum Schutze ihrer Einheit und Geschlossenheit gestellt.
Sie tragen der Tatsache Rechnung, daß wir uns in einer sehr bewegten Zeit befinden, in der gegenläufige Erscheinungen auftreten.
Signatur: BStU, MfS, SED-Kreisleitung, Nr. 4582, Bl. 11-69
In einem Bericht vom Februar 1989 geht die Parteikontrollkommission der Frage nach, warum selbst im MfS die Bereitschaft zu bedingungsloser Unterordnung geringer wurde.
Fast alle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) waren auch Mitglieder der Staatspartei SED. Die Parteiführung ging aber Ende der 1980er Jahre immer mehr auf Distanz zur sowjetischen "Bruderpartei" und deren Reformkurs. Das schuf gerade für die Stasi-Offiziere eine höchst problematische Situation, weil sie ein besonders enges Verhältnis zu den sowjetischen "Freunden" pflegten, sich sogar - nach sowjetischem Vorbild - selbst als "Tschekisten" bezeichneten.
Auf der 7. Tagung des Zentralkomitees der SED im Dezember 1988 hatte SED-Generalsekretär Erich Honecker der Partei einen scharfen Abgrenzungskurs von der sowjetischen Reformpolitik verordnet. Das stieß selbst bei der Stasi verschiedentlich auf verhaltenen Unmut. Der Frage, warum selbst im MfS die Bereitschaft zu bedingungsloser Unterordnung geringer wurde und erste Zweifel an der Weisheit der Parteiführung laut wurden, ging die Parteikontrollkommission in einem Bericht vom Februar 1989 nach. Darin wurden zum einen die "Einheit und Geschlossenheit der Partei" beschworen, zum anderen aber auch mögliche Ursachen für nachlassende Disziplin und "ideologische Abweichungen" benannt.
Einerseits setzt sich die Politik des Dialogs und des Kampfes um Sicherung des Friedens, für die Reduzierung der Streitkräfte und Rüstungen durch, zu der unsere Partei einen bedeutsamen Beitrag leistet.
Andererseits zeigen die letzten Wochen und Monate, daß die Angriffe des Gegners auf unsere Partei an Schärfe und Umfang zunehmen.
Diese Angriffe richten sich insbesondere gegen den Marxismus-Leninismus, gegen die allgemeingültigen Gesetzmäßigkeiten beim Aufbau des Sozialismus, die führende Rolle der Partei, gegen die sozialistische Staatsmacht, den demokratischen Zentralismus und, wie immer wenn es um die Fragen der Macht geht, auch gegen die Schutz- und Sicherheitsorgane.
Hinzu kommt, daß die Entwicklung in einigen sozialistischen Ländern kompliziert verläuft und viele Fragen aufwirft.
[Absatz wurde durchgestrichen]
Viele Menschen, darunter auch nicht wenige Parteimitglieder, geraten in Verwirrung, Zweifeln am Marxismus-Leninismus und an der Perspektive des Sozialismus.
Manche zweifeln die Beschlüsse unserer Partei an oder sehen die Zeit für gekommen, solche lange gehegten Zweifel und Widersprüche nunmehr unter Berufung auf diese Entwicklung offen auszusprechen und auch mit Angriffen auf unsere Partei und die vom Parteitag beschlossene Politik vorzutragen.
[Absatz wurde seitlich markiert]
Signatur: BStU, MfS, SED-Kreisleitung, Nr. 4582, Bl. 11-69
In einem Bericht vom Februar 1989 geht die Parteikontrollkommission der Frage nach, warum selbst im MfS die Bereitschaft zu bedingungsloser Unterordnung geringer wurde.
Fast alle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) waren auch Mitglieder der Staatspartei SED. Die Parteiführung ging aber Ende der 1980er Jahre immer mehr auf Distanz zur sowjetischen "Bruderpartei" und deren Reformkurs. Das schuf gerade für die Stasi-Offiziere eine höchst problematische Situation, weil sie ein besonders enges Verhältnis zu den sowjetischen "Freunden" pflegten, sich sogar - nach sowjetischem Vorbild - selbst als "Tschekisten" bezeichneten.
Auf der 7. Tagung des Zentralkomitees der SED im Dezember 1988 hatte SED-Generalsekretär Erich Honecker der Partei einen scharfen Abgrenzungskurs von der sowjetischen Reformpolitik verordnet. Das stieß selbst bei der Stasi verschiedentlich auf verhaltenen Unmut. Der Frage, warum selbst im MfS die Bereitschaft zu bedingungsloser Unterordnung geringer wurde und erste Zweifel an der Weisheit der Parteiführung laut wurden, ging die Parteikontrollkommission in einem Bericht vom Februar 1989 nach. Darin wurden zum einen die "Einheit und Geschlossenheit der Partei" beschworen, zum anderen aber auch mögliche Ursachen für nachlassende Disziplin und "ideologische Abweichungen" benannt.
Den bewährten Kurs unserer Partei unter diesen Bedingungen unbeirrbar und erfolgreich fortzusetzen, stellt hohe Anforderungen an die Partei als Ganzes und an jedes ihrer Mitglieder, besonders hinsichtlich klarer marxistisch-leninistischer Positionen, der Treue zur Partei und deren Beschlüsse.
Notwendiger denn je ist ein klares Feindbild, Ansprüche also, die gerade in diesem Abschnitt des Kampfes stehen.
Genossen!
Wie die Partei angegriffen wird, weiche Anstrengungen zur qualitativen Stärkung der Partei und ihrem Schutz vor parteischädigenden und parteifeindlichen Kräften notwendig waren, wird durch die Analyse der Parteiverfahren sichtbar, die die ZPKK dem Sekretariat des ZK vorlegte und dort am 18.01.1989 beraten wurde.
[Absatz wurde seitlich markiert]
In diesem Zusammenhang wurde eingeschätzt, daß nicht alle Parteimitglieder die sich aus der weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft in der DDR und der Klassenauseinandersetzung mit dem Imperialismus ergebenden Anforderungen erfüllen. Die Angriffe des Gegners, in welcher Form und Gestalt auch immer vorgetragen, bleiben bei manchem Parteimitglied und Kandidaten nicht ohne Wirkung.
Referat über Arbeit der Parteikontrollkommissionen der SED bei der Durchführung von Parteiverfahren Dokument, 57 Seiten
Sitzungsprotokoll der Parteikontrollkommission der SED-Kreisleitung im MfS Dokument, 7 Seiten
Protokoll der Delegiertenkonferenz aller Grundorganisationen der SED in der Zentrale des AfNS Dokument, 70 Seiten
Eingaben MfS-Angehöriger gegen das "Sputnik"-Verbot Dokument, 6 Seiten