Signatur: BStU, MfS, ZKG, Nr. 3791, Bl. 247-248
Bei einem Treffen mit staatlichen Funktionären schilderte ein Rückkehrer seine Erfahrungen im Westen. Die Stasi bereitete ihn auf den Termin vor und beurteilte seine Auftritte.
1985 riefen SED und Stasi eine Kampagne mit ehemaligen DDR-Bürgern ins Leben, die von der Bundesrepublik in die DDR zurückkehren wollten. So druckte die Partei-Zeitung "Neues Deutschland" unter der Überschrift "Über 20.000 Ehemalige wollen zurück" Aussagen ehemaliger DDR-Bürger: Angesichts von Arbeitslosigkeit und "sozialer Kälte" im Westen würden sie lieber wieder in die DDR zurückkehren. Hatte Ost-Berlin in den 50er Jahren mit ähnlichen Kampagnen noch offensiv für die Zu- und Rückwanderung geworben, sollten nun vor allem Ausreisewillige frühzeitig umgestimmt werden. Zu diesem Zweck wurden in dem Artikel die Zahlen der Rückkehrwilligen weit übertrieben und ihre Lebenswege und Motive teilweise konstruiert. Die Kampagne war eine Reaktion auf den sprunghaft wachsenden Strom von Ausreisewilligen: 1984 hatte die SED in Zusammenhang mit dem Milliardenkredit aus der Bundesrepublik etwa 30.000 Menschen ausreisen lassen.
Bei ihrer Wiederaufnahme überprüfte die Stasi die politische Zuverlässigkeit der West-Ost-Migranten vor wie auch nach der Ankunft, entschied über die Aufnahme und bereitete die Rückkehrer auf öffentliche Auftritte und Interviews vor. Auch ein 1984 in die BRD übergesiedelter ehemaliger DDR-Bürger war unter diesen Rückkehrern.
Etwa ein Jahr lang nach seiner Wiederaufnahme nahm der Rückkehrer an Veranstaltungen teil, bei denen es um die Verhinderung von Übersiedlungsanträgen ging. Seine Berichte über das Leben im Westen sollte den anwesenden Funktionären helfen, ihrerseits Ausreisewillige in sogenannten "Rückdrängungsgesprächen" umzustimmen.
Die Stasi zeigte sich zufrieden mit dem Auftritt des Rückkehrers und wollte ihn auch zukünftig bei Veranstaltungen einsetzen. Von der Kooperation mit der Stasi erhoffte sich der Naturwissenschaftler wohl berufliche und persönliche Vorteile, denn als Rückwanderer hatte die Stasi ein besonders kritisches Auge auf ihn.
[Handschriftlich: G. Michel
SEK/3687/86
A2 [unleserlich] [geschwärzt] dann A1 z.K. u. Rückgabe an mich]
[geschwärzt], 27. April 1987
gei-fro
[Stempel: MfS
6 Mai 1987]
[Stempel: erfaßt: ausgewertet 20.5.87 registriert]
[handschriftlich: weiter an Abt. 1]
[Stempel: erfaßt 12.05.87]
[Stempel: Eingang: [unleserlich]
Datum: 7.5.
Tgb.-Nr. 3350
weiter [unleserlich]]
[Handschriftlich: unleserlich]
Bericht
über die Wirksamkeit des Einsatzes des Rückkehrers [geschwärzt] in den Stützpunktberatungen der Abt. IA des Rates des Bezirkes mit Mitgliedern der AG 0118
Am 22./23. April 1987that der Rückkehrer [geschwärzt] in 4 Stützpunktberatungen vor o.g. Personenkreis auf. Mit seinem Einsatz verband sich die Zielstellung der
- Erhöhung der Argumentationssicherheit der Mitarbeiter der Abt. IA der Räte der Kreise, Städte und Stadtbezirke bei der Durchführung von Rückdrängungsgesprächen,
- Herausarbeitung von Hinweisen aus der Sicht eines ehemaligen Ersuchenden über die Bedeutsamkeit der personenbezogenen, individuellen Arbeit mit ÜE.
Die Vorbereitung des [geschwärzt] auf dessen Einsatz in den Stützpunktberatungen erfolgte durch den Genossen Major Herzog, BKG, sowie den Genossen Hptm. Stephan, OD [geschwärzt].
Im Verlauf der Ausführungen des Rückkehrers [geschwärzt] wurden solche inhaltlichen Probleme behandelt wie:
- Gründe, die aus der Sicht des [geschwärzt] zum Übersiedlungsersuchen geführt haben,
- Maßnahmen der staatlichen Organe sowie des Betriebes zur Erreichung der Rücknahme des Ersuchens
- Umstände seiner Inhaftierung und Haftzeit,
- Übersiedlung und Aufnahmeverfahren in der BRD,
- Fragen des kapitalistischen Alltags wie
- Arbeitslosigkeit und damit verbundene soziale Probleme
- Stellung ehemaliger DDR-Bürger als Außenseiter der Gesellschaft
- Mieten und Tarife
- Probleme der Umstellung ehemaliger DDR-Bürger auf die kapitalistische Lebensweise
- sozialer Abstieg vom ehemals geachteten Fachmann in der DDR zum Arbeitslosen der kapitalistischen Gesellschaft in der BRD,
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder dessen Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten AG prägten Linien aus (z. B. Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz – ZAGG) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. AG XVII). Die monothematischen Zuständigkeiten konnten operative Verantwortung und Federführung einschließen. AG wird auch als Bezeichnung einer nichtstrukturellen Organisationsform oder unselbständigen Untergliederungsebene im MfS verwendet.
Die ersten Objektdienststellen wurden 1957 für die Chemiekombinate Buna und Leuna gegründet, die letzte 1981 für das Kernkraftwerk "Bruno Leuschner" bei Lubmin. 1989 existierten sieben Objektdienststellen, zwölf – darunter neun Objektdienststellen der Objektverwaltung "W" – sind bis 1982 aufgelöst worden. Erst 1969 erfolgte mit der 1. Durchführungsbestimmung zur Richtlinie 1/69 die Festlegung der normativen Grundorientierung für die Objektdienststellen. Sie besaßen einen den Kreisdienststellen (KD) vergleichbaren Status und waren in der Struktur der jeweiligen Bezirksverwaltung (BV) gemäß dem Linienprinzip eingeordnet und dem dortigen Stellvertreter Operativ unterstellt.
Die Objektdienststellen befanden sich in den zu sichernden Wirtschaftsobjekten oder zumindest in deren unmittelbarer räumlicher Nähe. Ihre Organisationsstruktur wies Referate und/oder Arbeitsgebiete sowie ggf. temporäre nichtstrukturelle Arbeitsgruppen (NSAG) auf, jedoch auch Einzelverantwortliche für bestimmte Arbeitsbereiche. Der Gesamtpersonalbestand betrug zuletzt 257 Mitarbeiter; er schwankte in den einzelnen Objektdienststellen zwischen 24 und 56. Ihnen standen ca. 2.000 IM aller Kategorien zur Verfügung. Entsprechend den Veränderungen in der Produktionsstruktur der Wirtschaftsobjekte waren Struktur- und Organisationsänderungen recht häufig.
Die Leiter der Objektdienststellen hatten die Informationsbeziehungen einschließlich offizieller Verbindungen zu den Leitungen der Betriebe und Einrichtungen zu organisieren. Die Sicherheitsstandards richteten sich nach dem Gefährdungs- und Bedeutungsstatus der jeweiligen Wirtschaftsobjekte. Entsprechend hoch war er für das Kernkraftwerk, das Kombinat Carl Zeiss Jena sowie für die drei großen Kombinate im Chemiedreieck Leuna, Buna und Bitterfeld.
Die Zentrale Koordinierungsgruppe (ZKG) entstand 1975 durch Übernahme von Aufgaben verschiedener Diensteinheiten, insbesondere von HA VI und HA XX/5. Aufgaben: zentrale Koordinierung des Vorgehens des MfS im Zusammenhang mit Übersiedlungen in die Bundesrepublik Deutschland, nach Westberlin bzw. das nichtsozialistische Ausland, einschließlich der Versuche des Zurückdrängens von Ausreiseanträgen bzw. zur Verhinderung des Verlassens der DDR und zur Bekämpfung des sog. staatsfeindlichen Menschenhandels bis hin zur Mitwirkung an den Entscheidungen in Ausreisefällen.
Signatur: BStU, MfS, ZKG, Nr. 3791, Bl. 247-248
Bei einem Treffen mit staatlichen Funktionären schilderte ein Rückkehrer seine Erfahrungen im Westen. Die Stasi bereitete ihn auf den Termin vor und beurteilte seine Auftritte.
1985 riefen SED und Stasi eine Kampagne mit ehemaligen DDR-Bürgern ins Leben, die von der Bundesrepublik in die DDR zurückkehren wollten. So druckte die Partei-Zeitung "Neues Deutschland" unter der Überschrift "Über 20.000 Ehemalige wollen zurück" Aussagen ehemaliger DDR-Bürger: Angesichts von Arbeitslosigkeit und "sozialer Kälte" im Westen würden sie lieber wieder in die DDR zurückkehren. Hatte Ost-Berlin in den 50er Jahren mit ähnlichen Kampagnen noch offensiv für die Zu- und Rückwanderung geworben, sollten nun vor allem Ausreisewillige frühzeitig umgestimmt werden. Zu diesem Zweck wurden in dem Artikel die Zahlen der Rückkehrwilligen weit übertrieben und ihre Lebenswege und Motive teilweise konstruiert. Die Kampagne war eine Reaktion auf den sprunghaft wachsenden Strom von Ausreisewilligen: 1984 hatte die SED in Zusammenhang mit dem Milliardenkredit aus der Bundesrepublik etwa 30.000 Menschen ausreisen lassen.
Bei ihrer Wiederaufnahme überprüfte die Stasi die politische Zuverlässigkeit der West-Ost-Migranten vor wie auch nach der Ankunft, entschied über die Aufnahme und bereitete die Rückkehrer auf öffentliche Auftritte und Interviews vor. Auch ein 1984 in die BRD übergesiedelter ehemaliger DDR-Bürger war unter diesen Rückkehrern.
Etwa ein Jahr lang nach seiner Wiederaufnahme nahm der Rückkehrer an Veranstaltungen teil, bei denen es um die Verhinderung von Übersiedlungsanträgen ging. Seine Berichte über das Leben im Westen sollte den anwesenden Funktionären helfen, ihrerseits Ausreisewillige in sogenannten "Rückdrängungsgesprächen" umzustimmen.
Die Stasi zeigte sich zufrieden mit dem Auftritt des Rückkehrers und wollte ihn auch zukünftig bei Veranstaltungen einsetzen. Von der Kooperation mit der Stasi erhoffte sich der Naturwissenschaftler wohl berufliche und persönliche Vorteile, denn als Rückwanderer hatte die Stasi ein besonders kritisches Auge auf ihn.
- Gründe und Antragsverfahren zur Wiederaufnahme
- Aufnahmeverfahren in der DDR
- Integrierung als vollwertige Arbeitskraft in die sozialistische Gesellschaft,
Durch die Mitglieder der AG 0118 wurde die Gelegenheit genutzt, mit Fragen an den [geschwärzt], heranzutreten, in deren Beantwortung die bereits umfangreichen Ausführungen weiter vertieft wurden.
Der Rückkehrer [geschwärzt] betonte nochmals, daß durch personenbezogene Arbeit seitens der Mitarbeiter der Abt. IA um jeden ÜE gekämpft werden soll, um diesen die nüchternen Erfahrungen über die gesellschaftlichen Verhältnisse in der BRD zu ersparen.
Das Auftreten des Rückkehrers [geschwärzt] hat bei dem Teilnehmerkreis einen positiven Anklang gefunden.
In Auswertung dieses Einsatzes kann eingeschätzt werden, daß für die weitere Arbeit, speziell für den Bereich IA, bei der Gestaltung des Rückdrängungsprozesses, gute Impulse gegeben wurden und die Zielstellung erreicht wurde.
Leiter der BKG
Gaudig
Oberstleutnant
Verteiler
Stellv. Op, OSL Hahn
ZKG
OD [geschwärzt]
BKG
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder dessen Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten AG prägten Linien aus (z. B. Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz – ZAGG) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. AG XVII). Die monothematischen Zuständigkeiten konnten operative Verantwortung und Federführung einschließen. AG wird auch als Bezeichnung einer nichtstrukturellen Organisationsform oder unselbständigen Untergliederungsebene im MfS verwendet.
Die ersten Objektdienststellen wurden 1957 für die Chemiekombinate Buna und Leuna gegründet, die letzte 1981 für das Kernkraftwerk "Bruno Leuschner" bei Lubmin. 1989 existierten sieben Objektdienststellen, zwölf – darunter neun Objektdienststellen der Objektverwaltung "W" – sind bis 1982 aufgelöst worden. Erst 1969 erfolgte mit der 1. Durchführungsbestimmung zur Richtlinie 1/69 die Festlegung der normativen Grundorientierung für die Objektdienststellen. Sie besaßen einen den Kreisdienststellen (KD) vergleichbaren Status und waren in der Struktur der jeweiligen Bezirksverwaltung (BV) gemäß dem Linienprinzip eingeordnet und dem dortigen Stellvertreter Operativ unterstellt.
Die Objektdienststellen befanden sich in den zu sichernden Wirtschaftsobjekten oder zumindest in deren unmittelbarer räumlicher Nähe. Ihre Organisationsstruktur wies Referate und/oder Arbeitsgebiete sowie ggf. temporäre nichtstrukturelle Arbeitsgruppen (NSAG) auf, jedoch auch Einzelverantwortliche für bestimmte Arbeitsbereiche. Der Gesamtpersonalbestand betrug zuletzt 257 Mitarbeiter; er schwankte in den einzelnen Objektdienststellen zwischen 24 und 56. Ihnen standen ca. 2.000 IM aller Kategorien zur Verfügung. Entsprechend den Veränderungen in der Produktionsstruktur der Wirtschaftsobjekte waren Struktur- und Organisationsänderungen recht häufig.
Die Leiter der Objektdienststellen hatten die Informationsbeziehungen einschließlich offizieller Verbindungen zu den Leitungen der Betriebe und Einrichtungen zu organisieren. Die Sicherheitsstandards richteten sich nach dem Gefährdungs- und Bedeutungsstatus der jeweiligen Wirtschaftsobjekte. Entsprechend hoch war er für das Kernkraftwerk, das Kombinat Carl Zeiss Jena sowie für die drei großen Kombinate im Chemiedreieck Leuna, Buna und Bitterfeld.
Die Zentrale Koordinierungsgruppe (ZKG) entstand 1975 durch Übernahme von Aufgaben verschiedener Diensteinheiten, insbesondere von HA VI und HA XX/5. Aufgaben: zentrale Koordinierung des Vorgehens des MfS im Zusammenhang mit Übersiedlungen in die Bundesrepublik Deutschland, nach Westberlin bzw. das nichtsozialistische Ausland, einschließlich der Versuche des Zurückdrängens von Ausreiseanträgen bzw. zur Verhinderung des Verlassens der DDR und zur Bekämpfung des sog. staatsfeindlichen Menschenhandels bis hin zur Mitwirkung an den Entscheidungen in Ausreisefällen.
Operativplan zur Wiederaufnahme eines Rückkehrers in die DDR Dokument, 4 Seiten
Auskunftsbericht zu einer in die DDR zurückgekehrten Person Dokument, 6 Seiten
Ergebnisbericht zur Durchführung der OPK "Einflug" Dokument, 5 Seiten
Aufhebung der Einreisesperre gegen einen ehemaligen DDR-Bürger Dokument, 1 Seite