Signatur: BStU, MfS, SdM, Nr. 249, Bl. 267-281
Zusammenfassender Bericht vom 17. Juni 1953 über die Ereignisse in Berlin und den übrigen Bezirken in der DDR. Die Stasi schilderte darin den Verlauf der Entwicklungen des Aufstandes. Außerdem informierte sie über die Erstürmung von öffentlichen Gebäuden, wie Gefängnissen, SED-Bezirksleitungen und MfS-Kreisdienststellen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi deuteten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Tatsächlich war der 17. Juni 1953 Ausdruck der Unzufriedenheit weiter Teile der DDR-Bevölkerung. Zunächst entzündeten sich die Proteste an sozialen Fragen. Die Menschen stellten Forderungen, die ihren Arbeits- und Lebensalltag betrafen, wie "Senkung der Arbeitsnormen und der HO-Preise". Bald forderten die Demonstranten im ganzen Land jedoch den Rücktritt der Regierung, freie Wahlen, Pressefreiheit, die Freilassung aller politischen Gefangenen und schließlich auch die deutsche Wiedervereinigung.
Im vorliegenden Dokument fasste Stasi die Ereignisse des 17. Juni 1953 in einer Übersicht zusammen. Der Bericht schilderte zunächst die Entwicklungen in Berlin. In einem zweiten Teil trugen MfS-Mitarbeiter Meldungen aus den übrigen Bezirken zusammen. Darin machten sie auch auf die Erstürmung von öffentlichen Gebäuden, wie Gefängnisse, SED-Bezirksleitungen und MfS-Kreisdienststellen aufmerksam.
Um 11.25 Uhr wurde gemeldet, daß die Bezirksleitung der Partei demoliert wird.
11.50 Uhr: Die Demonstranten sind ins Gefängnis eingedrungen.
12.50 Uhr: Das Tor unserer Haftanstalt wurde in Brand gesetzt. Die Aufständigen verfügen über 14 Karabiner.
13-45 Uhr wurde gemeldet, daß in Magdeburg-Sudenburg ein VP-Angehöriger und ein Angehöriger des Ministeriums erschossen wurden.
Weitere Meldungen sind von Magdeburg bis 20.30 Uhr nicht eingegangen.
Bezirk Potsdam:
In folgenden Betrieben wurde die Arbeit niedergelegt: ELW, Walzwerk Brandenburg, Optisches Werk Rathenow, Stahlwerk Henningsdorf (7000 Arbeiter) Bauunion Henningsdorf und Bauunion Hohenschöpping, Kreuzungsbauwerk Karow
In Bremmnitz streikt die gesamte Belegschaft des Kunstseidenwerkes mit Ausnahme der Arbeiter des Kraftwerkes und der Mitglieder der SED. Streikosungen: Freilassung der politischen Häfltinge, Sturz der Regierung, Pressenkung der HO.
Nach einer Meldung 13.20 Uhr marschierten 4000 Demonstranten des LEW Henningsdorf nach Westberlin über Heiligensee. Gegen 9.00 Uhr schlossen sich weitere 3000 Mann von der Reichsbahn - Bauunion Naumburg den Demonstrationszügen an und überschritten die Sektorengrenze.
Einer Meldung von 11.35 Uhr zufolge wurde die Arbeit im Stahl- und Walzwerk Brandenburg wieder aufgenommen.
In Brandenburg wurde laut einer Meldung von 13.50 Uhr von dem Demonstrationszug das FDGB-Gebäude und das Parteihaus sowie das Gericht gestürmt. Die Gefangenen wurden freigelassen.
Bezirk Halle:
Im Bezirk Halle legten insbesondere in den Großbetrieben die Arbeiter die Arbeit nieder, so zum Beispiel in der Filmfabrik Wolffen, ebenfalls im Elektrokombinat Bitterfeld.
In Roßlau war die Schiffswerft in Streik getreten. Einer späteren Meldung zufolge vereinigten sich die Arbeiter der Filmfabrik Wolffen mit der Farbenfabrik zu etwa 10000 Demonstranten.
In Bitterfeld wurden auch HO-Läden gestürmt, Losungen heruntergerissen usw. Auch in Leuna kam es zu Demonstrationen. Hier sangen die Arbeiter das Deutschlandlied und schlugen Funktionäre demokratischer Organisationen. In Buna und in Thale wurde ebenfalls gestreikt. Die Arbeiter des Otto-Rossowki-Schachtes weigerten sich, die Arbeiter einzufähren. In einer Meldung um 12.45 Uhr teilte die HA. Transport mit, daß im Elektrokombinat Bitterfeld einzelne Arbeiter und auch Gruppen die Arbeit wieder aufnahmen. Im Bezirk Halle bewegten sich um 12.45 Uhr ein Demonstrationszug in Richtung Geiseltal, um dort die Bergarbeiter zum Streik zu bringen.
In Rosslau demonstrierten 6000 Menschen, insbesondere Arbeiter der Elbe-Werft. Bei Demonstrationen und Überfällen auf öffentliche Instutionen hatte man es insbesondere auf die Kreisdienststellen unseres Ministeriums abgesehen.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
1971 hervorgegangen aus dem Büro der Leitung. Seine Aufgaben waren
Signatur: BStU, MfS, SdM, Nr. 249, Bl. 267-281
Zusammenfassender Bericht vom 17. Juni 1953 über die Ereignisse in Berlin und den übrigen Bezirken in der DDR. Die Stasi schilderte darin den Verlauf der Entwicklungen des Aufstandes. Außerdem informierte sie über die Erstürmung von öffentlichen Gebäuden, wie Gefängnissen, SED-Bezirksleitungen und MfS-Kreisdienststellen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi deuteten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Tatsächlich war der 17. Juni 1953 Ausdruck der Unzufriedenheit weiter Teile der DDR-Bevölkerung. Zunächst entzündeten sich die Proteste an sozialen Fragen. Die Menschen stellten Forderungen, die ihren Arbeits- und Lebensalltag betrafen, wie "Senkung der Arbeitsnormen und der HO-Preise". Bald forderten die Demonstranten im ganzen Land jedoch den Rücktritt der Regierung, freie Wahlen, Pressefreiheit, die Freilassung aller politischen Gefangenen und schließlich auch die deutsche Wiedervereinigung.
Im vorliegenden Dokument fasste Stasi die Ereignisse des 17. Juni 1953 in einer Übersicht zusammen. Der Bericht schilderte zunächst die Entwicklungen in Berlin. In einem zweiten Teil trugen MfS-Mitarbeiter Meldungen aus den übrigen Bezirken zusammen. Darin machten sie auch auf die Erstürmung von öffentlichen Gebäuden, wie Gefängnisse, SED-Bezirksleitungen und MfS-Kreisdienststellen aufmerksam.
In Bitterfeld wurde die Kreisdienststelle gestürmt.
Lesungen und Bilder wurden abgerissen, Demonstranten verließen denn wieder das Gebäude. Ebenso wurde die Kreisdienststelle Merseburg gestürmt und der Dienststellenleiter mitgeschleppt. In einer Meldung von 14.00 Uhr wurde mitgeteilt, daß sämtliche Unterlagen der Dienststelle wegebracht wurden. (Es geht nicht hervor, durch wen und wohin)
Häftlinge wurden hier befreit, und zwar Häftlinge des VPKA. Unsere Bezirksverwaltung in Halle wurde belagert. Es wurde ein Gefangenentransportwagen der Dienststelle Halle umgekippt, Der zu einem Termin gefahren war. Man hat Mitarbeiter einiger Kreisdienststellen zusammengeschlagen. Das Parteihaus in Halle wurde gegen 12.30 Uhr gestürmt. Die Räume für unsere Sonderverbindung blieben unversehrt. In Halle wurde außerdem eine Gefangenenbefreiung durchgeführt, wobei die Justiz entwaffnet wurde.
Bezirk Cottbus
600 Arbeiter des Tewa-Drahtwerkes legten um 6.30 Uhr die Arbeit nieder. Ebenso die Baustelle Kraftwerk Sonne im Kreis Spremberg. Auch im RAW Cottbus brach der Streik aus und die Arbeiter demonstrierten. Die Bauarbeiter des Kreises Laben erklärten sich mit den Bauarbeitern Berlins solidarisch, traten jedoch nicht in den Streik. In Jessen bildeten sich Gruppen von Großbauern, die die Arbeiter der MTS aufforderten, die Arbeit niederzulegen. Nur 6 bis 8 Personen der MTS folgten dieser Aufforderung.
In der Großkokerei Lauchhammer wurde das Verwaltungsgebäude demoliert.
Demonstrationen wurden bisher nicht gemeldet.
Bezirk Jena Gera
Bezirk
In Gera streikten die Betriebe Zeiß, Schott und Jena-Farben. um 11.00 Uhr legten die Arbeiter des RAW Jena die Arbeit nieder und schlossen sich den Demonstrierten von Zeiß und Schott an. Laut einem Anruf aus Jena hat sich ein gewisser [geschwärzt] von den Zeiß-Werken an Erfurt gewendet mit der Aufforderung, sich dem Streik anzuschließen.
Im RAW Jena wurde ein Streikkomitee von 10 Mann gebildet, welches beschloß, daß die Arbeit am Donnerstag, dem 18. 6. 5.15 Uhr wieder aufgenommen wird. Die Betriebe EKM und "Roter Rekord" streiken ebenfalls. Streikposten wurden aufgestellt. 700 Mann dieser Betriebe marschierten zur Bau-Union Gera. In Gera demonstrierten vor dem Bezirksrat 600 Personen. 30 Kraftwagen der Wismut sind vollgeladen aus Berga Kreis Rudelstadt gekommen. Diene demonstrierten ebenfalls vor dem Bezirksrat. Ein Wagen der KVP wurde entwaffnet. Die Waffen von der Masse zerschlagen.
12.30 Uhr wurde gemeldet, daß die Dienststelle in Jena zerschlagen ist und versucht wird, daß VPKA zu stürmen. In Jena sind die Demonstranten in die Haftanstalt eingedrungen. 2 Volkspolizisten wurden verletzt, 6 Pistolen gelangten in die Hände der Demonstranten. Das Haus der Nationalen Front wurde gestürmt und das Gebäude der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft wurde in den Vormittagsstunden angegriffen.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
1971 hervorgegangen aus dem Büro der Leitung. Seine Aufgaben waren
Signatur: BStU, MfS, SdM, Nr. 249, Bl. 267-281
Zusammenfassender Bericht vom 17. Juni 1953 über die Ereignisse in Berlin und den übrigen Bezirken in der DDR. Die Stasi schilderte darin den Verlauf der Entwicklungen des Aufstandes. Außerdem informierte sie über die Erstürmung von öffentlichen Gebäuden, wie Gefängnissen, SED-Bezirksleitungen und MfS-Kreisdienststellen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi deuteten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Tatsächlich war der 17. Juni 1953 Ausdruck der Unzufriedenheit weiter Teile der DDR-Bevölkerung. Zunächst entzündeten sich die Proteste an sozialen Fragen. Die Menschen stellten Forderungen, die ihren Arbeits- und Lebensalltag betrafen, wie "Senkung der Arbeitsnormen und der HO-Preise". Bald forderten die Demonstranten im ganzen Land jedoch den Rücktritt der Regierung, freie Wahlen, Pressefreiheit, die Freilassung aller politischen Gefangenen und schließlich auch die deutsche Wiedervereinigung.
Im vorliegenden Dokument fasste Stasi die Ereignisse des 17. Juni 1953 in einer Übersicht zusammen. Der Bericht schilderte zunächst die Entwicklungen in Berlin. In einem zweiten Teil trugen MfS-Mitarbeiter Meldungen aus den übrigen Bezirken zusammen. Darin machten sie auch auf die Erstürmung von öffentlichen Gebäuden, wie Gefängnisse, SED-Bezirksleitungen und MfS-Kreisdienststellen aufmerksam.
Bezirk Leipzig:
Trotzdem aus dem Bezirk Leipzig keine allzu großen Streiks gemeldet wurden, kam es auch hier zu beträchtlichen Ausschreitungen. Im VEB "Sowar" Roßwein, Refolverdreherei und Montage streigten am 15. 6. 53 bereits 40 Personen eine Stunde. Am 16. 6. streikten 300 Personen im VEB "Hammerschuh" in Döbeln, alle wegen der Frage der Normenerhöhung. Im RAW "Einheit" Leipzig wurde gestreikt. Die Demonstranten belagerten zunächst das Polizeipräsidium. Dann kam es zu Zusammenrottungen vor dem Ernst-Thälmann-Haus.
In Delitzsch kam es zu Schießereien unter den Arbeitern, die in Bitterfeld zu einer Demonstration waren und wieder zurückkamen. Sie wollten dann das VPKA stürmen, wobei sich die VP entschieden zur Wehr setze. In Leipzig drangen um 12.30 Uhr Demonstranten in des Rundfunk-Gebäude ein. Das VPA (T) Leipzig wurde von 1000 Mann gestürmt und besetzt. Die Waffen befanden sich im Panzerschrank, der von den Transportpolitzisten verschlossen wurde. Die Bezirksleitung der FDJ wurde besetzt.
16.40 Uhr wurde gemeldet, daß auf dem Hauptbahnhof in Leipzig ein LKW von den Demonstranten in Beschlag genommen wurde, in dem sich Waffen befanden. Es gelang durch unsere Mitarbeiter, die Waffen sicherzustellen und die Demonstranten wieder zu entwaffnen. Ein Demonstrationszug bewegte sich von Schkeuditz nach Leipzig mit ca 10 000 Mann.
Dies wer gegen 13.15 Uhr der Fall.
Bezirk Dresden:
Die 6000 Mann zählende Belegschaft der Lowa-Waggonwerke Görlitz streikten und gingen zur Demonstration über. Dem schlossen sich 2000 Mann des EKM-Maschinenbaues und 1000 Mann der Nagema-Werke an. Die Belegschaft des Sechsenwerkes Niedersedlitz trat in den Streik und demonstrierte. Die Hillewerke schlossen sich an. Die Schuhfabrik sowie die Preß- und Spritzengießerei Heidenau legten die Arbeit nieder. Ca 1000 Arbeiter demonstrierten.
Die Dienststelle in Görlitz wurde gestürmt, unsere Mitarbeiter und der 1. Kreissekretär wurden verschleppt. Um 12.30 Uhr wurde in Görlitz die Haftanstalt der Dienststelle gestürmt. Die Häftlinge wurden befreit. Im Rathaus wurde eingedrungen. Um 12.55 Uhr wurde gemeldet, daßmit der Kommandantur keine Verbindung mehr besteht. Die Dienststelle Niesky wurde besetzt. Der Dienststellenleiter und 2 Mitarbeiter wurden im Keller eingesperrt.
In einem Nachtrag zur Meldung Niesky um 18.35 Uhr wurde mitgeteilt, daß durch Angehörige der Grenzkommandentur Warnschüsse über die Köpfe der Menge abgegeben wurden, die sich daraufhin zurückzog.
Bezirk Erfurt:
Im Bezirk Erfurt ist es zu keinerlei größeren Ausschreitungen gekommen. Nach einer Meldung um 9.30 Uhr haben die Arbeiter der Rheinmetallwerke Sömmerda die Arbeit nicht aufgenommen. Diesem Streik haben sich noch 2 kleinere Betriebe angeschlossen. 12.15 Uhr wurde mitgeteilt, daß die Menschen in die Betriebe zurückgegangen sind und dort in einen Sitzstreik traten- Um 16.00 Uhr wurde gemeldet, daß es im Funkwer Erfurt eine Kurzversammlung gab. Danach wurde weitergearbeitet.
Die Kreisdienststellen waren neben den Objektdienststellen die territorial zuständigen Diensteinheiten. Sie waren entsprechend den regionalen Gegebenheiten unterschiedlich strukturiert und personell ausgestattet. Einige verfügten über ein Referat zur komplexen Spionageabwehr oder zur Sicherung der Volkswirtschaft und andere nur über spezialisierte Mitarbeiter in diesen Bereichen. Ihre Aufgaben waren die Kontrolle der Wirtschaft, des Verkehrswesens, des Staatsapparates, des Gesundheitswesens, der kulturellen Einrichtungen, der Volksbildung, ggf. von Einrichtungen des Hoch- und Fachschulwesens, wissenschaftlich-technischer Einrichtungen sowie die Überwachung besonders interessierender Personenkreise.
Die Kreisdienststellen waren maßgeblich an den Genehmigungsverfahren für dienstliche bzw. private Auslandsreisen beteiligt, führten Sicherheitsüberprüfungen durch und erstellten Stimmungs- und Lageberichte. Zur Realisierung der Aufgaben bedurfte es einer engen Zusammenarbeit mit den Partnern des POZW, insbesondere mit der Volkspolizei, den Räten und anderen Einrichtungen der Kreise. Die Kreisdienststellen unterhielten ständige Verbindungen zu den SED Kreisleitungen. Zwei Drittel der hauptamtlichen Mitarbeiter der Kreisdienststellen waren operativ tätig. Die Kreisdienststellen führten 50 Prozent der IM und bearbeiteten etwa 60 Prozent der OV zu einzelnen Personen oder Gruppen.
Die Kreisdienststellen gliederten sich in 2 bis 16 Fachreferate sowie das Referat Auswertung und Information (ZAIG) und die Wache/Militärische Sicherungsgruppe. In jeder Kreisdienststelle gab es einen Offizier, der teilweise oder ganz (IM-führender Mitarbeiter/XV) für die Belange der HV A vor Ort zuständig war.
1971 hervorgegangen aus dem Büro der Leitung. Seine Aufgaben waren
Die Gründung der Transportpolizei (Trapo) in der DDR ging auf eine Anordnung des Alliierten Kontrollrats vom 10.5.1946 zurück, in Deutschland zur Kontrolle des Bahnverkehrs spezielle Polizeieinheiten aufzustellen. In der SBZ war ab Juli 1946 die Deutsche Verwaltung des Innern (Gründung des MfS) für diese Aufgabe zuständig. Sie verfügte 1947 die Gründung einer Eisenbahnschutz- wie einer Eisenbahnkriminalpolizei und ließ acht Bahnpolizeiämter mit zusammen 5470 Beschäftigten einrichten. Kompetenzabgrenzungen zur Deutschen Reichsbahn (DR) führten im Betriebsalltag häufig zu Konflikten. Die ihr zugewiesene Aufgabe war es, für Ruhe, Ordnung und Disziplin auf dem Bahngelände zu sorgen sowie Diebstahl und Zerstörung zu verhindern. Im Mai 1949 wurde die Sollstärke der Bahnpolizei auf 7400 Bedienstete angehoben. Gebremst wurde der Aufbau durch die zeitgleich einsetzenden politischen Säuberungen im öffentlichen Dienst. Umstritten blieben die Befugnisse der östlichen Bahnpolizei in Westberlin. Aufgrund der Vereinbarungen der Siegermächte war sie auch für die Überwachung des Betriebsgeländes dort zuständig. Immer wieder kam es zu Konflikten mit der westlichen Schutzpolizei. Eine deutliche organisatorische Aufwertung erfuhr die Bahnpolizei, als Kurt Fischer, der Präsident der DVdI, 1949 im Rahmen der Hauptverwaltung Deutsche Volkspolizei die Bildung einer HA Transportpolizei anordnete, die mit der Bildung des MdI im Oktober 1949 weiterbestand. Die wichtigsten Aufgaben der Trapo waren anfangs, für die sichere Weiterleitung der Reparationsgüter in die Sowjetunion zu sorgen und gegen Schwarzhändler vorzugehen. Darüber hinaus überwachte sie den gesamten Personenverkehr auf der Schiene und war in diesem Zusammenhang zunehmend in die Bekämpfung der Republikflucht eingebunden. Die Trapo stand von 1950 bis 1957 unter dem Kommando von Otto Auerswald. Zur Jahreswende 1952/53 wurde sie dem MfS unterstellt, wo sie weiterhin eine eigene HA bildete. Die Zahl der Trapobediensteten stieg rasch an und erreichte 1954 mit 8900 einen vorläufigen Höchststand. Ab Mitte der 50er Jahre konnte die Trapo auf ehrenamtliche Unterstützungskräfte zurückgreifen, die freiwilligen Helfer der Transportpolizei und die Kampfgruppen. Nach dem 17. Juni 1953 durchlief der Polizeiapparat der DDR einen Militarisierungsprozess, von dem auch die Transportpolizei betroffen war. Zu ihrer Ausrüstung gehörten nun neben Pistolen auch Karabiner und Maschinengewehre. Im Herbst 1956 wurde die HA Transportpolizei mit der Grenz- und Bereitschaftspolizei zur Hauptverwaltung Innere Sicherheit im MfS zusammengefasst. Schon im Februar 1957 änderte sich das Unterstellungsverhältnis wieder. Die Trapo wurde jetzt zusammen mit den beiden anderen Polizeiverbänden der HV Innere Sicherheit wieder dem MdI zugeordnet. Doch blieb das MfS durch eine Vielzahl von OibE und IM präsent. Verschoben hatten sich die Aufgabenschwerpunkte. Sie sollte die Auf- und Durchmarschwege des Warschauer Pakts in der DDR sichern und befasste sich überwiegend mit Objektschutz. Nur im Transitverkehr wurden noch Zugbegleitkommandos eingesetzt. Der Personalbestand ging in den 60er Jahren leicht zurück und belief sich 1967 auf 6900 Bedienstete. Nach Einführung der Wehrpflicht 1962 wurde der Dienst bei der Trapo als Wehrersatzdienst anerkannt. Bei ihrer Auflösung am 30.9.1990 zählte sie 6400 Mitarbeiter, von denen 1700 in den Dienst der Deutschen Bundesbahn übernommen wurden. Diese beschäftigte – zum Vergleich – bis zu diesem Zeitpunkt nur 2700 Bahnpolizisten.
Der Volksaufstand im Kreis Rathenow 5 Fotografien
Haftbefehl gegen einen Mann, der Fotos des Volksaufstandes in Rathenow gemacht hatte Dokument, 1 Seite
Gesamtübersicht über die Ereignisse in den Tagen um den 17. Juni 1953 im Bezirk Dresden Dokument, 26 Seiten
Meldung zu Streiks im Bezirk Karl-Marx-Stadt Dokument, 2 Seiten