Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. II, Nr. 255, Bl. 76-79
Eine unbekannte Quelle berichtete der Stasi Ende 1960 über "Verhältnisse innerhalb der Polizeidirektion Augsburg". Die Darstellungen sind deutlich von der persönlichen Meinung des Informanten gefärbt.
In den 1950er und 60er Jahren setzte die Stasi in Augsburg Geheime Informatoren (GI) ein, die später Inoffizielle Mitarbeiter (IM) genannt wurden. Der GI "Gerd Löffler" etwa lieferte Informationen zur Gebäudestruktur, Organisation und Bewachung des Rathauses Augsburg, außerdem beobachtete er Besucher und Angestellte. Eine weitere Quelle lieferte Details zur Polizeidirektion Augsburg und fertigte Beschreibungen zu einzelnen Polizeirevieren an. Er informierte die Stasi auch über die politischen Einstellungen und Gewohnheiten der Mitarbeiter.
Eine Quelle berichtete dem MfS 1960 ausführlich über die Struktur der Polizeidirektion Augsburg, über die Organisation der Arbeit und die dort Beschäftigten. Zudem lieferte er Informationen über einzelne Reviere. In einem weiterführenden Bericht nahm er ausführlich Stellung zu den einzelnen Personen, deren Privatleben und politischen Einstellungen.
- Abschrift –
Karl-Marx-Stadt, den 19.11.60
Bericht
Betr.: Verhältnisse innerhalb der Polizeidirektion Augsburg
[geschwärzt]
[geschwärzt] ist Mitinhaber des Luxushotels "Drei Mohren" (Aktienmehrheit) in der Maxstraße. Des Weiteren ist mir bekannt, daß [geschwärzt] enge freundschaftliche Beziehungen zu führenden Finanzleuten der "Deutschen Bank" hat. So z.B. hat er bei der Eröffnung der D. Bank teilgenommen. Als Ausdruck seiner Verbundenheit zu diesen Kreisen, ließ er vor der Bank, den mit Parkuhren ausgestatteten Parkplatz für die finanzgewaltigen der D. Bank sperren. Polizeibeamte des 1. Reviers wurden auf Weisung des Polizeidirektors dazu abgeordnet. Diese Maßnahme verstieß gegen das Grundgesetz der Bayer. Verfassung, sowie gegen den § 16 der Straßenverkehrsordnung StVO.
Zu dieser Verbindung mit der Wirtschaft kommt noch eine enge Verbindung mit der katholischen Kirche. Das drückt sich z.B. so aus, daß gegen jedes Recht und Gesetz alle Polizeibeamten an der Fronleichnamprozedur teilnehmen müssen ungeachtet ihrer Weltanschauung oder ihrer Konfession. Z.B. besteht weiterhin die Anweisung, daß dem Bischof von Augsburg polizeilicher Schutz im Sinne der Repräsentation zuteil wird. So muß die Straße gesperrt werden, wenn er diese überquert.
(Moralische Verfehlung, unmittelbare Belastungen sind nicht bekannt).
[geschwärzt] gehört der internationalen kapitalistischen Vereinigung der Rotarier an. In seinem Hotel fand 1958 od. 1959 eine Sitzung der Vereinigung statt. Er setzte dabei sogar Polizeikräfte zur Absicherung ein.
[geschwärzt]
[geschwärzt] in Augsburg. Er hat seinen Sitz in der Direktion am Prinzregentenplatz. [geschwärzt] ist ca. [geschwärzt] Jahre alt [geschwärzt]. Er ist Mitglied der [geschwärzt]. Seine Vergangenheit ist mir nicht bekannt. Er stammt aus [geschwärzt] und war vermutl. Offizier der faschistischen Wehrmacht. Seinem Charakter nach zu urteilen hängt er, was die politische Einstellung betrifft, die "Die Fahne nach dem Wind". Es wird erzählt unter den Kollegen, daß er früher Faschist war und von der Kirche nichts wissen wollte und hingegen jetzt der [geschwärzt] angehört. Er nutzt seine Position aus um sich finanzielle Vorteile zu verschaffen. Das drückt sich aus in dem er z.B. seine Waren in bekannten
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Von 1950 bis 1968 geltende Bezeichnung für die gewöhnlichen inoffiziellen Mitarbeiter, in den ersten Jahren auch nur Informatoren genannt. 1968 wurden die GI überwiegend zu IMS. GI dienten vor allem der allgemeinen Informationsbeschaffung. Sie wurden dabei auch zunehmend zur Sicherung von Institutionen, zur Feststellung der Bevölkerungsstimmung, zur Überprüfung verdächtiger Personen, zur Verhinderung von Republikfluchten oder auch bei Ermittlungen und Fahndungen eingesetzt.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Mit Operationsgebiet bezeichnete das MfS zusammenfassend alle Länder, in denen bzw. gegen die es geheimdienstliche Aktionen durchführte. Zumeist waren damit die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin gemeint, der Begriff konnte aber auch jedes andere westliche oder neutrale Land einschließen. Aufgrund besonderer innenpolitischer Entwicklungen galten 1968/69 auch die Tschechoslowakei, spätestens seit den 70er Jahren faktisch Rumänien und in den 80er Jahren auch Polen als Operationsgebiet.
Quelle war eine zentrale IM-Kategorie der Hauptverwaltung A. Als Quelle wurden im sogenannten Operationsgebiet tätige inoffizielle Mitarbeiter bezeichnet, die in der Lage waren, an geheime Informationen über Aktivitäten und Absichten sowie Ressourcen und interne Lagebedingungen gegnerischer Einrichtungen zu gelangen.
Es wurden zwei Typen von Quellen unterschieden:
Zuletzt besaß die HV A (einschließlich der ihr nachgeordneten Abteilungen XV der BV) in der Bundesrepublik und Westberlin 133 A-Quellen und 449 O-Quellen.
aktuelle Seite 1
Zur Seite 2 wechseln
Zur Seite 3 wechseln
Zur Seite 4 wechseln
Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. II, Nr. 255, Bl. 76-79
Eine unbekannte Quelle berichtete der Stasi Ende 1960 über "Verhältnisse innerhalb der Polizeidirektion Augsburg". Die Darstellungen sind deutlich von der persönlichen Meinung des Informanten gefärbt.
In den 1950er und 60er Jahren setzte die Stasi in Augsburg Geheime Informatoren (GI) ein, die später Inoffizielle Mitarbeiter (IM) genannt wurden. Der GI "Gerd Löffler" etwa lieferte Informationen zur Gebäudestruktur, Organisation und Bewachung des Rathauses Augsburg, außerdem beobachtete er Besucher und Angestellte. Eine weitere Quelle lieferte Details zur Polizeidirektion Augsburg und fertigte Beschreibungen zu einzelnen Polizeirevieren an. Er informierte die Stasi auch über die politischen Einstellungen und Gewohnheiten der Mitarbeiter.
Eine Quelle berichtete dem MfS 1960 ausführlich über die Struktur der Polizeidirektion Augsburg, über die Organisation der Arbeit und die dort Beschäftigten. Zudem lieferte er Informationen über einzelne Reviere. In einem weiterführenden Bericht nahm er ausführlich Stellung zu den einzelnen Personen, deren Privatleben und politischen Einstellungen.
Geschäftsleuten zum Selbstkostenpreis aufkauft, verschiedene Gaststätten und Bars kostenlos besucht. Hinzu kommen natürlich die Zuwendungen der Geschäftsleute, wie das zur Weihnachtszeit bei allen Polizisten üblich ist. [geschwärzt] drückt sich oft in verschiedenen Bars herum, so insbesondere in den Tanz-Bars "Atlantik und Oase" (geht in Zivil). Er wurde desöfteren mit [geschwärzt] gesehen. Sein moralisches Verhalten ist allgemein bei den Angehörigen der Polizei bekannt, dürfte aber kaum in der Öffentlichkeit gedrungen sein.
[geschwärzt]
Leiter des Unfallkom. Etwa [geschwärzt] Jahre alt, [geschwärzt] Sitz des Unfallkommandos ist die Wertachstr. 29. [geschwärzt] vertritt in Diskussionen mit den Polizisten eine politische Linie, die gegen das Adenauerregime gerichtet ist. So ist er gegen die Atombewaffnung, gegen die enge Anlehnung an den Westen und für die Neutralisierung Deutschlands. Ansonsten vertritt er die Linie der SPD. Er setzt sich sehr für die Belange dein einfachen Polizisten ein. Aus diesem Grunde ist bei seinen übergeordneten Vorgesetzten schlecht angesehen und man ist allgemein der Meinung, daß er seinen höchsten Dienstgrad erreicht hat.
Zur DDR hat er sich – soweit mir bekannt ist – nicht geäußert. Er vertritt den Standpunkt, daß er in Westdeutschland lebt und sich in erster Linie mit den dortigen Verhältnissen auseinandersetzen muß. Politisch ist er sehr interessiert. Ob er direkt organisiert ist, weiß ich nicht. Ich schätze ihn als Menschen ein, der seine Meinung durchsetzt und weiß was er will und hinter seinen Worten steht, auch gegenüber Vorgesetzten. In moralischer Hinsicht gilt er als einwandfrei, es wird jedoch gemunkelt, daß er schon Verhältnisse mit anderen Frauen hatte, obwohl sein Verhalten allgemein korrekt ist. Die fami-
liären Verhältnisse sind geordnet.
[geschwärzt]
Zeichenstelle Wertachstr. 29, [geschwärzt] Jahre alt, [geschwärzt] ist ein ausgesprochener [geschwärzt], sogar [geschwärzt] [geschwärzt] wurde er disziplinarisch bestraft. [geschwärzt] [geschwärzt]. Sein Stammlokal ist der Schnapperbräu in der Karolinenstraße. [geschwärzt] ist ca. [geschwärzt] groß, [geschwärzt] [geschwärzt] stehen. Er fährt ein eigenes Auto, scheinbar [geschwärzt] [geschwärzt].
Politisch ist er völlig uninteressiert.
[geschwärzt]
ca. [geschwärzt] Jahre alt, [geschwärzt] Dienststelle Unfallkom. [geschwärzt] ist fanatischer Sozialdemokrat, lehnt die derzeitige Außenpolitik, der die SPD zugestimmt hat, sowie die Atombewaffnung ab. Er äußerte die Meinung: Wenn die DDR einen höheren Lebensstandard hat wie Westdeutschland, so ist es ihm egal wo er lebt. Ich schätze
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Von 1950 bis 1968 geltende Bezeichnung für die gewöhnlichen inoffiziellen Mitarbeiter, in den ersten Jahren auch nur Informatoren genannt. 1968 wurden die GI überwiegend zu IMS. GI dienten vor allem der allgemeinen Informationsbeschaffung. Sie wurden dabei auch zunehmend zur Sicherung von Institutionen, zur Feststellung der Bevölkerungsstimmung, zur Überprüfung verdächtiger Personen, zur Verhinderung von Republikfluchten oder auch bei Ermittlungen und Fahndungen eingesetzt.
Inoffizielle Mitarbeiter (IM) waren das wichtigste Instrument des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), um primär Informationen über Bürger, die Gesellschaft, ihre Institutionen und Organisationen der DDR oder im Ausland zu gewinnen. Unter Umständen hatten IM auf Personen oder Ereignisse in der DDR steuernden Einfluss zu nehmen.
In der DDR-Gesellschaft hießen sie "Spitzel", "Denunzianten" oder "Kundschafter". Mit der deutschen Einheit hat sich die Bezeichnung Inoffizieller Mitarbeiter des MfS für die heimlichen Zuträger etabliert. Sie lieferten u. a. Informationen über Stimmungen und Meinungen in der Bevölkerung.
Die SED-Führung wollte stets über die konkrete Situation und Lage in der DDR unterrichtet sein. Die IM hatten den Auftrag, "staatsgefährdende" Bestrebungen zu ermitteln, was beim MfS "politisch ideologische Diversion" bzw. "politische Untergrundtätigkeit" hieß. Der Bogen hierfür war weit gespannt und reichte von einer privaten Meinungsäußerung bis hin zu politischen Aktivitäten. Überdies sollten sie, wenn auch selten, direkt auf gesellschaftliche Entwicklungen oder einzelne Personen einwirken.
Die IM waren das wichtigste Repressionsinstrument in der DDR. IM wurden auf bestimmte Schwerpunkte angesetzt, von denen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren ausgehen konnten. Diese Objekte und Territorien, Bereiche oder Personen waren so zahlreich, dass die geheimpolizeiliche Durchdringung tendenziell den Charakter einer flächendeckenden Überwachung annahm.
Die Anzahl der vom MfS geführten inoffiziellen Mitarbeiter umfasste im Jahre 1989 ungefähr 189.000 IM, darunter 173.000 IM der Abwehrdiensteinheiten, ferner 13.400 IM in der DDR und 1.550 IM in der Bundesrepublik, die von der Hauptverwaltung A geführt wurden, sowie diverse andere wie Zelleninformatoren usw. Auf 89 DDR-Bürger kam somit ein IM. In der Zeit von 1950 bis 1989 gab es insgesamt ca. 620.000 IM.
Die Entwicklung des IM-Netzes ist nicht allein von einem kontinuierlichen Anstieg geprägt, sondern verweist auf besondere Wachstumsphasen in Zeiten innergesellschaftlicher Krisen wie dem 17. Juni 1953 oder am Vorabend des Mauerbaus. Im Zuge der deutsch-deutschen Entspannungspolitik wurde das IM-Netz ebenfalls erweitert. So umfasste es Mitte der 70er Jahre – hochgerechnet – über 200.000 IM. Angesichts wachsender oppositioneller Bewegungen hatte es in den 80er Jahren gleichfalls ein hohes Niveau.
Die flächendeckende Überwachung der Gesellschaft fiel regional recht unterschiedlich aus. Im Land Brandenburg, das die Bezirke Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam vereint, war sie stärker als in Thüringen. Die höchste IM-Dichte wies der ehemalige Bezirk Cottbus auf.
Das MfS operierte formal nach territorialen Gesichtspunkten und Sicherungsbereichen, setzte jedoch operative Schwerpunkte in der geheimpolizeilichen Arbeit. Bezogen auf das Gesamtministerium lagen diese – sowohl auf Kreis-, als auch auf Bezirks- und Hauptabteilungsebene – bei der Volkswirtschaft, der Spionageabwehr und auf der "politischen Untergrundtätigkeit", der "Bearbeitung " von oppositionellen Milieus und den Kirchen.
Die Motive zur Kooperation mit dem MfS waren überwiegend ideeller, seltener materieller Natur, noch seltener war Erpressung der Grund. Die Kooperation währte durchschnittlich sechs bis zehn Jahre oder länger. Augenfällig ist, dass darunter nicht wenige soziale Aufsteiger waren. Der Anteil von weiblichen IM lag in der DDR bei 17 Prozent, in der Bundesrepublik bei 28 Prozent. Über die Hälfte der IM war Mitglied der SED. Von den 2,3 Mio. Mitgliedern der Partei ausgehend, waren 4 bis 5 Prozent zuletzt inoffiziell aktiv, d. h. jedes zwanzigste SED-Mitglied.
Das MfS differenzierte IM nach Kategorien: Gesellschaftliche Mitarbeiter für Sicherheit, IM zur Sicherung und Durchdringung des Verantwortungsbereichs, IM im besonderen Einsatz, Führungs-IM und IM zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens. Die wichtigste Kategorie waren IM mit "Feindverbindungen" bzw. solche, die Personen zu "bearbeiten" hatten, die "im Verdacht der Feindtätigkeit" standen. Im Laufe der 80er Jahre nahm der Anteil von IM in der Kategorie IMB bis Dezember 1988 auf rund 3.900 zu.
Der Anteil von Bundesbürgern oder Ausländern unter den IM des MfS betrug nicht einmal 2 Prozent. 1989 waren mindestens 3.000 Bundesbürger inoffiziell im Dienste des MfS, zusätzlich mehrere Hundert Ausländer. In der Zeit von 1949 bis 1989 waren insgesamt mindestens 12.000 Bundesbürger und Westberliner IM.
Die operativen Ziele des MfS waren über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt. Darüber hinaus gab es Schwerpunkte in Europa, im Nahen Osten und Asien, nachgeordnet auch in Afrika und Lateinamerika. Nachrichtendienstliche Schwerpunkte waren vor allem die Wissenschafts- und Technikspionage, erst danach die politische und mit etwas Abstand die Militärspionage. Die Bundesrepublik Deutschland wurde folglich vor allem als Ressource zur Systemstabilisierung genutzt.
Die politische Spionage diente vornehmlich dazu, die politische Gefährdungslage des herrschenden Systems in der DDR bestimmen zu können. Dieses Profil deutet an, dass die Spionage der Bewahrung des Status quo dienen sollte. Von einer Unterwanderung der Bundesrepublik war die Geheimpolizei zahlenmäßig weit entfernt. Vielmehr waren ihre inoffiziellen Mitarbeiter damit beschäftigt, das DDR-System zu stabilisieren.
Mit Operationsgebiet bezeichnete das MfS zusammenfassend alle Länder, in denen bzw. gegen die es geheimdienstliche Aktionen durchführte. Zumeist waren damit die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin gemeint, der Begriff konnte aber auch jedes andere westliche oder neutrale Land einschließen. Aufgrund besonderer innenpolitischer Entwicklungen galten 1968/69 auch die Tschechoslowakei, spätestens seit den 70er Jahren faktisch Rumänien und in den 80er Jahren auch Polen als Operationsgebiet.
Quelle war eine zentrale IM-Kategorie der Hauptverwaltung A. Als Quelle wurden im sogenannten Operationsgebiet tätige inoffizielle Mitarbeiter bezeichnet, die in der Lage waren, an geheime Informationen über Aktivitäten und Absichten sowie Ressourcen und interne Lagebedingungen gegnerischer Einrichtungen zu gelangen.
Es wurden zwei Typen von Quellen unterschieden:
Zuletzt besaß die HV A (einschließlich der ihr nachgeordneten Abteilungen XV der BV) in der Bundesrepublik und Westberlin 133 A-Quellen und 449 O-Quellen.
Zur Seite 1 wechseln
aktuelle Seite 2
Zur Seite 3 wechseln
Zur Seite 4 wechseln