Signatur: BStU, MfS, SdM, Nr. 2613, Bl. 78-80
Nachdem die Nachrichten über den Ungarischen Volksaufstand bis zur DDR-Bevölkerung vordrangen, gab es, vor allem an Universitäten und Hochschulen, Diskussionen über die Berichterstattung der DDR-Presse und über das Eingreifen der Sowjetarmee. Das MfS dokumentierte diese Diskussionen.
Am 23. Oktober 1956 forderten Studenten der Budapester Universitäten auf einer Großdemonstration bürgerliche Freiheitsrechte, ein parlamentarisches Regierungssystem und nationale Unabhängigkeit. Sie bekundeten damit ihre Sympathie für einen Arbeiteraufstand in Polen drei Monate zuvor. Zudem verlangten die Demonstranten die Rückkehr von Imre Nagy als Ministerpräsident. Er hatte das Land von 1953 bis 1955 regiert und dabei einige Reformen angestoßen.
Dieser Volksaufstand in Ungarn vom Herbst 1956 löste beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS) Unruhe aus. Die Erinnerungen an den Volksaufstand in der DDR vom 17. Juni 1953 waren noch frisch und die ostdeutsche Geheimpolizei wollte um jeden Preis verhindern, dass die explosive Stimmung auf das eigene Land übersprang. Die SED-Parteizeitung "Neues Deutschland" sprach schon am 25. Oktober von einem "Putsch konterrevolutionärer Elemente". Die DDR-Führung versuchte die Bevölkerung durch sozialpolitisches Entgegenkommen zu beruhigen und das MfS wollte die Bürger durch Abschreckung disziplinieren.
Welche Diskussionen in der DDR über den Verlauf des Volksaufstandes geführt wurden, zeigt beispielhaft ein Bericht über entsprechende Diskussionen an der Technischen Hochschule Dresden. Daraus wird deutlich, dass sich die ostdeutschen Studenten mit ihren polnischen und ungarischen Kommilitonen solidarisch zeigten. Dabei ging es vor allem um die Fragen, mit welchem Recht die Sowjettruppen eingegriffen hatten oder warum das Eingreifen notwendig war. Da sich in den Diskussionen vor allem die Evangelische Studentengemeinde (ESG) hervortat, rückte diese in der Folge verstärkt in den Fokus der Bezirksverwaltung Dresden.
Organisieren einer Schweigeminute für die Konterrevolutionäre in Ungarn sowie Schmierereien von hetzerischen Losungen.
In der Zeit der Oktoberereignisse wurden von den Studenten verstärkt die westlichen Sender gehört. Selbst in den Studentenheimen wurden in den Wohnstuben Feindsendungen abgehört und diese dann unter den Studenten verbreitet. In Unterhaltungen wurde sich sehr oft auf westliche Informationen gestützt. Besonders aggressiv und feindlich in ihren Diskussionen traten die Studenten der anorganischen Chemie auf.
Im wesentlichen gingen die geführten Diskussionen unter den Studenten dahin, sich gegenüber den ungarischen und 'polischen Studenten " solidarisch " zu erklären. Die Abschaffung des gesellschaftswissenschaftlichen sowie des Russischunterrichtes war ebenfalls eine Forderung an der TH mit dem Ziel, diese überall durchzusetzen. Es gab u. a. unter den Studenten Diskussionen "wo dienen wir dem Sozialismus mehr, wo wir gut russisch können oder gute Techniker sind".
Desweiteren wurden Forderungen erhoben, um eine unabhängige Studentenorganisation - Freier Studentenbund - an allen Hochschulen der DDR zu bilden.
Die Haltung der Professoren sowie des Lehrkörpers war in diesen Wochen unterschiedlich, schwankend und wenig offensiv. Es gab auch Beispiele von Genossen Assistenten die während dieser Ereignisse mit den Zielen der. SED nicht mehr einverstanden waren und ihren Austritt aus der Partei erklärten. Die JDJ trat in dieser Zeit zu schwach in Erscheinung und die Leitung des Jugendverbandes konnte die gegnerische Arbeit nicht immer rechtzeitig zerschlagen und die FDJ mobilisieren.
Eine besonders feindliche Haltung nahmen die Studenten der anorganischen Chemie ein, als sie eine Schweigeminute für die Konterrevolutionäre in Ungarn am 6.11.1956 um 12.00 Uhr bis 12.03 Uhr durchführten. Diese Schweigeminute wurde vor allem durch Flüsterpropaganda organisiert, wobei zu sagen ist, daß die Studenten dagegen keinen Widerstand leisteten. ( 30 Studenten nahmen daran teil). Einer der
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
1971 hervorgegangen aus dem Büro der Leitung. Seine Aufgaben waren
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Signatur: BStU, MfS, SdM, Nr. 2613, Bl. 78-80
Nachdem die Nachrichten über den Ungarischen Volksaufstand bis zur DDR-Bevölkerung vordrangen, gab es, vor allem an Universitäten und Hochschulen, Diskussionen über die Berichterstattung der DDR-Presse und über das Eingreifen der Sowjetarmee. Das MfS dokumentierte diese Diskussionen.
Am 23. Oktober 1956 forderten Studenten der Budapester Universitäten auf einer Großdemonstration bürgerliche Freiheitsrechte, ein parlamentarisches Regierungssystem und nationale Unabhängigkeit. Sie bekundeten damit ihre Sympathie für einen Arbeiteraufstand in Polen drei Monate zuvor. Zudem verlangten die Demonstranten die Rückkehr von Imre Nagy als Ministerpräsident. Er hatte das Land von 1953 bis 1955 regiert und dabei einige Reformen angestoßen.
Dieser Volksaufstand in Ungarn vom Herbst 1956 löste beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS) Unruhe aus. Die Erinnerungen an den Volksaufstand in der DDR vom 17. Juni 1953 waren noch frisch und die ostdeutsche Geheimpolizei wollte um jeden Preis verhindern, dass die explosive Stimmung auf das eigene Land übersprang. Die SED-Parteizeitung "Neues Deutschland" sprach schon am 25. Oktober von einem "Putsch konterrevolutionärer Elemente". Die DDR-Führung versuchte die Bevölkerung durch sozialpolitisches Entgegenkommen zu beruhigen und das MfS wollte die Bürger durch Abschreckung disziplinieren.
Welche Diskussionen in der DDR über den Verlauf des Volksaufstandes geführt wurden, zeigt beispielhaft ein Bericht über entsprechende Diskussionen an der Technischen Hochschule Dresden. Daraus wird deutlich, dass sich die ostdeutschen Studenten mit ihren polnischen und ungarischen Kommilitonen solidarisch zeigten. Dabei ging es vor allem um die Fragen, mit welchem Recht die Sowjettruppen eingegriffen hatten oder warum das Eingreifen notwendig war. Da sich in den Diskussionen vor allem die Evangelische Studentengemeinde (ESG) hervortat, rückte diese in der Folge verstärkt in den Fokus der Bezirksverwaltung Dresden.
Haupträdelsführer an diesen Ereignissen war [anonymisiert], dieser wurde inzwischen von der TH exmatrikuliert. (die Schweigeminute wird operativ bearbeitet).
Während der Oktoberereignisse des vergangenen Jahres war vor allem die ESG - Evangelische Studentengemeinde - eine treibende Kraft bei der Organisierung von Hetze und Unruhe.
Der Einfluß der ESG an der TH ist sehr stark und steht unter dem Einfluß der westdeutschen Studentengemeinden (ca. 500 Mitglieder an der TH).
Es gab in Dresden Anzeichen dafür, daß Hetzlosungen, Schmierereien von Mitgliedern der ESG während dieser Zeit vorgenommen wurden. Im Dresdener Ortsteil – Plauen - wurden gemalte Losungen mit Schlemmkreide festgestellt, z.B. "Nieder mit der SED! Arbeiter erwacht." "Die Presse schreibt nicht die Wahrheit über Polen und Ungarn". Ebenfalls wurde am Institut für Bauwesen am 8. 11. 56 eine Hetzlosung von der Wandzeitung entfernt, die sich gegen die Arbeiter-und Bauernmacht richtete.
Die Bearbeitung der ESG wird von der Bezirksverwaltung Dresden mit als Schwerpunkt betrachtet.
[Unterschrift Prüfer]
(Prüfer)
Oberfeldwebel
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
1971 hervorgegangen aus dem Büro der Leitung. Seine Aufgaben waren
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