Signatur: BStU, MfS, ZKG, Nr. 3791, Bl. 191-194
In einem Gespräch bereitete die Stasi einen Rückkehrer auf seine Wiederaufnahme in die DDR vor. Der Bericht verdeutlicht, dass der Rückkehrwillige dabei unter enormen Druck stand.
1985 riefen SED und Stasi eine Kampagne mit ehemaligen DDR-Bürgern ins Leben, die von der Bundesrepublik in die DDR zurückkehren wollten. So druckte die Partei-Zeitung "Neues Deutschland" unter der Überschrift "Über 20.000 Ehemalige wollen zurück" Aussagen ehemaliger DDR-Bürger: Angesichts von Arbeitslosigkeit und "sozialer Kälte" im Westen würden sie lieber wieder in die DDR zurückkehren. Hatte Ost-Berlin in den 50er Jahren mit ähnlichen Kampagnen noch offensiv für die Zu- und Rückwanderung geworben, sollten nun vor allem Ausreisewillige frühzeitig umgestimmt werden. Zu diesem Zweck wurden in dem Artikel die Zahlen der Rückkehrwilligen weit übertrieben und ihre Lebenswege und Motive teilweise konstruiert. Die Kampagne war eine Reaktion auf den sprunghaft wachsenden Strom von Ausreisewilligen: 1984 hatte die SED in Zusammenhang mit dem Milliardenkredit aus der Bundesrepublik etwa 30.000 Menschen ausreisen lassen.
Bei ihrer Wiederaufnahme überprüfte die Stasi die politische Zuverlässigkeit der West-Ost-Migranten vor wie auch nach der Ankunft, entschied über die Aufnahme und bereitete die Rückkehrer auf öffentliche Auftritte und Interviews vor. Auch ein 1984 in die BRD übergesiedelter ehemaliger DDR-Bürger war unter diesen Rückkehrern.
Im Januar 1986 durfte der Mann für ein paar Tage in die DDR einreisen, um der Beerdigung seiner Mutter beizuwohnen. Die Stasi nutzte dies, um mit dem Rückkehrwilligen über sein Leben im Westen und die gewünschte Wiederaufnahme in die DDR zu sprechen. Um seinen Sinneswandel wie gewünscht zu dokumentieren, erklärte sich der Mann bereit, sich öffentlich zu seinem "Fehler" zu bekennen und Ausreisewilligen von ihren Plänen abzuraten.
Objektdienststelle [geschwärzt]
[geschwärzt], den 30.01.1986
Bericht
über das geführte Gespräch mit der in die DDR rückkehrwilligen Person [geschwärzt] – [geschwärzt] in [geschwärzt]
Datum/Zeit: [geschwärzt] 86, 14.30-15.30 Uhr
Ort: [geschwärzt] [geschwärzt], [geschwärzt]
OM: Oltn. Stephan
Dem [geschwärzt] wurde aus operativen Gesichtspunkten, die im Zusammenhang stehen mit seiner Wiederaufnahme in die DDR im begründeten Einzelfall, durch die OD [geschwärzt] mit Zustimmung der ZKG und des Stellvertreter Operativ der BV [geschwärzt] eine Einreise in die DDR für den Zeitraum vom [geschwärzt] 86 anläßlich der Beerdigung seiner Mutter genehmigt.
In Koordinierung mit der BKG erfolgte das Gespräch mit dem [geschwärzt] mit der Zielstellung, die Ernsthaftigkeit der Rückkehrwilligkeit von [geschwärzt] zu prüfen sowie Motiv und Erwartungshaltung von [geschwärzt] bei der Wiederaufnahme in die DDR in Erfahrung zu bringen.
Entsprechend der Festlegung wurde das Gespräch aus operativen Gründen in der Wohnung seiner Verlobten
[geschwärzt]
[geschwärzt] in [geschwärzt]
geführt. Die [geschwärzt] wurde in das Gespräch nicht einbezogen.
Der Unterzeichner stellte sich [geschwärzt] als Mitarbeiter des GD des Kombinates [geschwärzt] vor, nachdem [geschwärzt] die Frage stellte, ob der Unterzeichner tatsächlich Kombinatsangehöriger ist.
Eine Legitimation verlangte [geschwärzt] nicht. Dem [geschwärzt] war, bezogen auf das kommende Gespräch, augenscheinlich eine große Erwartungshaltung anzumerken und er wirkte angespannt und nervös.
Um das Gespräch in einer gelösten Atmosphäre führen zu können, wurde dem [geschwärzt] anfangs des Gesprächs mitgeteilt, daß das Kombinat [geschwärzt] von den zuständigen staatlichen Organen der DDR in Kenntnis gesetzt wurde, daß seine Wiederaufnahme in die DDR positiv entschieden wird. Auf Grundlage dieser Entscheidung sieht sich das Kombinat [geschwärzt] veranlaßt, mit ihm ein persönliches Gespräch zu führen, um seine Wiederaufnahme in die DDR vorzubereiten.
Operative Mitarbeiter
Operative Mitarbeiter des MfS waren Hauptamtliche Mitarbeiter, die IM und OibE führten, in MfS-Dokumenten auch als vorgangsführende Mitarbeiter oder IM-führende Mitarbeiter (umgangssprachlich Führungsoffiziere) bezeichnet, von denen es im MfS zuletzt etwa 12.000 bis 13.000 gab. Sie waren für eine Region oder Institution, für bestimmte Personenkreise oder spezifische Sachfragen zuständig und hatten die Sicherheitslage in ihrem Verantwortungsbereich zu beurteilen.
Es wurde von ihnen erwartet, dass sie insbesondere durch Rekrutierung und Einsatz von IM die "staatliche Sicherheit und die gesellschaftliche Entwicklung" vorbeugend sicherten. Verdächtige Personen waren in Operativen Vorgängen oder Operativen Personenkontrollen zu "bearbeiten", Personengruppen mit besonderen Befugnissen mit Sicherheitsüberprüfungen unter Kontrolle zu halten. Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben sollten sie das politisch-operative Zusammenwirken mit anderen staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen nutzen.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Die ersten Objektdienststellen wurden 1957 für die Chemiekombinate Buna und Leuna gegründet, die letzte 1981 für das Kernkraftwerk "Bruno Leuschner" bei Lubmin. 1989 existierten sieben Objektdienststellen, zwölf – darunter neun Objektdienststellen der Objektverwaltung "W" – sind bis 1982 aufgelöst worden. Erst 1969 erfolgte mit der 1. Durchführungsbestimmung zur Richtlinie 1/69 die Festlegung der normativen Grundorientierung für die Objektdienststellen. Sie besaßen einen den Kreisdienststellen (KD) vergleichbaren Status und waren in der Struktur der jeweiligen Bezirksverwaltung (BV) gemäß dem Linienprinzip eingeordnet und dem dortigen Stellvertreter Operativ unterstellt.
Die Objektdienststellen befanden sich in den zu sichernden Wirtschaftsobjekten oder zumindest in deren unmittelbarer räumlicher Nähe. Ihre Organisationsstruktur wies Referate und/oder Arbeitsgebiete sowie ggf. temporäre nichtstrukturelle Arbeitsgruppen (NSAG) auf, jedoch auch Einzelverantwortliche für bestimmte Arbeitsbereiche. Der Gesamtpersonalbestand betrug zuletzt 257 Mitarbeiter; er schwankte in den einzelnen Objektdienststellen zwischen 24 und 56. Ihnen standen ca. 2.000 IM aller Kategorien zur Verfügung. Entsprechend den Veränderungen in der Produktionsstruktur der Wirtschaftsobjekte waren Struktur- und Organisationsänderungen recht häufig.
Die Leiter der Objektdienststellen hatten die Informationsbeziehungen einschließlich offizieller Verbindungen zu den Leitungen der Betriebe und Einrichtungen zu organisieren. Die Sicherheitsstandards richteten sich nach dem Gefährdungs- und Bedeutungsstatus der jeweiligen Wirtschaftsobjekte. Entsprechend hoch war er für das Kernkraftwerk, das Kombinat Carl Zeiss Jena sowie für die drei großen Kombinate im Chemiedreieck Leuna, Buna und Bitterfeld.
Die Zentrale Koordinierungsgruppe (ZKG) entstand 1975 durch Übernahme von Aufgaben verschiedener Diensteinheiten, insbesondere von HA VI und HA XX/5. Aufgaben: zentrale Koordinierung des Vorgehens des MfS im Zusammenhang mit Übersiedlungen in die Bundesrepublik Deutschland, nach Westberlin bzw. das nichtsozialistische Ausland, einschließlich der Versuche des Zurückdrängens von Ausreiseanträgen bzw. zur Verhinderung des Verlassens der DDR und zur Bekämpfung des sog. staatsfeindlichen Menschenhandels bis hin zur Mitwirkung an den Entscheidungen in Ausreisefällen.
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Signatur: BStU, MfS, ZKG, Nr. 3791, Bl. 191-194
In einem Gespräch bereitete die Stasi einen Rückkehrer auf seine Wiederaufnahme in die DDR vor. Der Bericht verdeutlicht, dass der Rückkehrwillige dabei unter enormen Druck stand.
1985 riefen SED und Stasi eine Kampagne mit ehemaligen DDR-Bürgern ins Leben, die von der Bundesrepublik in die DDR zurückkehren wollten. So druckte die Partei-Zeitung "Neues Deutschland" unter der Überschrift "Über 20.000 Ehemalige wollen zurück" Aussagen ehemaliger DDR-Bürger: Angesichts von Arbeitslosigkeit und "sozialer Kälte" im Westen würden sie lieber wieder in die DDR zurückkehren. Hatte Ost-Berlin in den 50er Jahren mit ähnlichen Kampagnen noch offensiv für die Zu- und Rückwanderung geworben, sollten nun vor allem Ausreisewillige frühzeitig umgestimmt werden. Zu diesem Zweck wurden in dem Artikel die Zahlen der Rückkehrwilligen weit übertrieben und ihre Lebenswege und Motive teilweise konstruiert. Die Kampagne war eine Reaktion auf den sprunghaft wachsenden Strom von Ausreisewilligen: 1984 hatte die SED in Zusammenhang mit dem Milliardenkredit aus der Bundesrepublik etwa 30.000 Menschen ausreisen lassen.
Bei ihrer Wiederaufnahme überprüfte die Stasi die politische Zuverlässigkeit der West-Ost-Migranten vor wie auch nach der Ankunft, entschied über die Aufnahme und bereitete die Rückkehrer auf öffentliche Auftritte und Interviews vor. Auch ein 1984 in die BRD übergesiedelter ehemaliger DDR-Bürger war unter diesen Rückkehrern.
Im Januar 1986 durfte der Mann für ein paar Tage in die DDR einreisen, um der Beerdigung seiner Mutter beizuwohnen. Die Stasi nutzte dies, um mit dem Rückkehrwilligen über sein Leben im Westen und die gewünschte Wiederaufnahme in die DDR zu sprechen. Um seinen Sinneswandel wie gewünscht zu dokumentieren, erklärte sich der Mann bereit, sich öffentlich zu seinem "Fehler" zu bekennen und Ausreisewilligen von ihren Plänen abzuraten.
Dem [geschwärzt] wurde das Beileid zum Ableben seiner Mutter ausgesprochen und in der Fortführung des Gesprächs erklärt, daß vorgesehen ist, daß er bei Wiederaufnahme in die DDR im Kombinat [geschwärzt] einen Arbeitsplatz erhalten wird.
Nach dieser Mitteilung löste sich bei [geschwärzt] offensichtlich die Anspannung und er erklärte spontan, daß er sich über diese positive Entscheidung in seiner Angelegenheit sehr freut und für sein weiteres Leben wieder eine Perspektive und einen Lebensinhalt sieht. Die bisherige Ungewißheit in dieser Angelegenheit habe ihn stark angegriffen und nervlich belastet, besonders da sich Verwandte und Bekannte in der BRD von ihm zurückgezogen haben, seitdem seine Rückkehrabsichten in die DDR bekannt geworden waren.
[Handschriftlich: angestrichen]
Er fragte an, ob die Entscheidung endgültig ist und er in den nächsten Monaten mit einer Rückkehr rechnen darf. Diese Frage wurde vom Unterzeichner bejaht.
Frau [geschwärzt], die zu diesem Zeitpunkt Kaffee anbot, reagierte ebenfalls sehr spontan und dankte dem Kombinat [geschwärzt] für dessen positive Position zur Wiederaufnahme von [geschwärzt] in die DDR.
[Handschriftlich: angestrichen]
Der Unterzeichner machte darauf die Anmerkung, daß das Kombinat [geschwärzt] in dieser Frage nicht entscheiden kann, aber bereit ist, dem [geschwärzt] erneut einen Arbeitsplatz bereitzustellen. [geschwärzt] antwortete darauf, daß er jede Arbeit annehmen wird und keine Forderungen stellt.
Dem [geschwärzt] wurde mitgeteilt, daß das Kombinat [geschwärzt] beabsichtigt, ihm einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, der seinen Fähigkeiten und seiner fachlichen Qualifikation entspricht. Dies wurde ebenfalls von [geschwärzt] erfreut aufgenommen.
Nach seinen Vorstellungen befragt äußerte [geschwärzt], daß er mit so einem Einsatz zufrieden ist. Er fühlt sich auf seinem Fachgebiet als Spezialist und sieht darin die Möglichkeit, seine politische Fehlentscheidung und den von ihm angerichteten Schaden wiedergutzumachen.
[Handschriftlich: unterstrichen]
Ihm ist bewußt, daß ihm von vielen seiner früheren Arbeitskollegen Mißtrauen entgegengebracht werden wird. Er macht sich da nichts vor und weiß, daß er sich bewähren muß und rechnet auch nicht damit, wieder eine Leitungsfunktion einnehmen au können.
Er hat die feste Absieht, sich wieder voll zu integrieren und auch öffentlich zu bekennen, daß er einen sehr großen Fehler gemacht hat, als er der DDR den Rücken kehrte. In diesem Zusammenhang bot er an, auch mit Leuten zu sprechen, die ein ÜE gestellt haben und sie anhand seiner Erfahrung von der Unsinnigkeit solcher Absichten zu überzeugen. Dem [geschwärzt] wurde mitgeteilt, daß der Unterzeichner dies zur Kenntnis nimmt.
Die Zentrale Koordinierungsgruppe (ZKG) entstand 1975 durch Übernahme von Aufgaben verschiedener Diensteinheiten, insbesondere von HA VI und HA XX/5. Aufgaben: zentrale Koordinierung des Vorgehens des MfS im Zusammenhang mit Übersiedlungen in die Bundesrepublik Deutschland, nach Westberlin bzw. das nichtsozialistische Ausland, einschließlich der Versuche des Zurückdrängens von Ausreiseanträgen bzw. zur Verhinderung des Verlassens der DDR und zur Bekämpfung des sog. staatsfeindlichen Menschenhandels bis hin zur Mitwirkung an den Entscheidungen in Ausreisefällen.
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Signatur: BStU, MfS, ZKG, Nr. 3791, Bl. 191-194
In einem Gespräch bereitete die Stasi einen Rückkehrer auf seine Wiederaufnahme in die DDR vor. Der Bericht verdeutlicht, dass der Rückkehrwillige dabei unter enormen Druck stand.
1985 riefen SED und Stasi eine Kampagne mit ehemaligen DDR-Bürgern ins Leben, die von der Bundesrepublik in die DDR zurückkehren wollten. So druckte die Partei-Zeitung "Neues Deutschland" unter der Überschrift "Über 20.000 Ehemalige wollen zurück" Aussagen ehemaliger DDR-Bürger: Angesichts von Arbeitslosigkeit und "sozialer Kälte" im Westen würden sie lieber wieder in die DDR zurückkehren. Hatte Ost-Berlin in den 50er Jahren mit ähnlichen Kampagnen noch offensiv für die Zu- und Rückwanderung geworben, sollten nun vor allem Ausreisewillige frühzeitig umgestimmt werden. Zu diesem Zweck wurden in dem Artikel die Zahlen der Rückkehrwilligen weit übertrieben und ihre Lebenswege und Motive teilweise konstruiert. Die Kampagne war eine Reaktion auf den sprunghaft wachsenden Strom von Ausreisewilligen: 1984 hatte die SED in Zusammenhang mit dem Milliardenkredit aus der Bundesrepublik etwa 30.000 Menschen ausreisen lassen.
Bei ihrer Wiederaufnahme überprüfte die Stasi die politische Zuverlässigkeit der West-Ost-Migranten vor wie auch nach der Ankunft, entschied über die Aufnahme und bereitete die Rückkehrer auf öffentliche Auftritte und Interviews vor. Auch ein 1984 in die BRD übergesiedelter ehemaliger DDR-Bürger war unter diesen Rückkehrern.
Im Januar 1986 durfte der Mann für ein paar Tage in die DDR einreisen, um der Beerdigung seiner Mutter beizuwohnen. Die Stasi nutzte dies, um mit dem Rückkehrwilligen über sein Leben im Westen und die gewünschte Wiederaufnahme in die DDR zu sprechen. Um seinen Sinneswandel wie gewünscht zu dokumentieren, erklärte sich der Mann bereit, sich öffentlich zu seinem "Fehler" zu bekennen und Ausreisewilligen von ihren Plänen abzuraten.
[geschwärzt] erklärte in diesem Zusammenhang, daß er aus persönlicher Verblendung und Verbohrtheit in die BRD übergesiedelt ist. Erst die Konfrontierung mit der Wirklichkeit des Lebens im kapitalistischen System brachten ihm die Ernüchterung und die Erkenntnis, einen völlig falschen Weg gegangen zu sein. Das einsehen zu müssen ist für einen Menschen mit [geschwärzt] Jahren nicht leicht.
[Handschriftlich: angestrichen]
Die Frage, wo er in der BRD gegenwärtig arbeitet und welche
Tätigkeit er ausübt, wurde von [geschwärzt] so beantwortet:
Seit seiner Übersiedlung in die BRD ist er arbeitslos. Seine Bemühungen, über das Arbeitsamt eine Stelle vermittelt zu bekommen, waren ergebnislos. Er erklärte, er hätte unter Umständen schon eine Stellung über Protektion erhalten können, was er aber nicht angestrebt habe, um anderen - so auch seinen Bruder - nicht ewig dankbar und verbunden sein zu müssen. Anders kann man aber derzeit in der BRD keine Arbeit erhalten und schon gar keine, die den eigenen Fähigkeiten und Qualifikationen entspricht.
Als Arbeitsloser ist man in der Gesellschaft im Abseits. Er lebt von der Arbeitslosenunterstützung. Da er keine Ansprüche damit stellen kann, muß er sparsam leben. Aber die Arbeitslosenunterstützung erhält man nicht ewig und von der Sozialhilfe, die dann folgt, ist es nicht mehr weit zum völligen sozialen Abstieg. Man muß das selbst gesehen und erlebt haben, um sich davon eine richtige Vorstellung machen zu können.
[geschwärzt] wurde dann befragt, selche Vorstellungen er betreffs Wohnsitznahme habe. Nach seinen Äußerungen hat er auch diesbezüglich keine Übersteigerten Erwartungen. Da er eine Familie mit Frau [geschwärzt] gründen möchte, würde er zu ihr ziehen. Er würde sich freuen, später einmal eine größere Wohnung zu erhalten, da Frau [geschwärzt] nur eine 2-Raum-Altbauwohnung bewohnt mit geringer Wohnfläche.
Dem [geschwärzt] wurde zu verstehen gegeben, daß ihm vorerst durch das Kombinat [geschwärzt] keine größere Wohnung zur Verfügung gestellt weiden kann.
[geschwärzt] entgegnete, daß ihm dies völlig klar sei. Er habe auch betreffs dessen keine Forderungen und er kann sich auch vorstellen, welche Reaktionen es hervorrufen würde, wenn er als Rückkehrer gegenüber anderen [geschwärzt]-Angehörigen bevorteilt würde.
Dem [geschwärzt] wurde mitgeteilt, daß er mit der Aufnahme einer Tätigkeit im Kombinat [geschwärzt] das Recht hat, sich für eine Wohnung anzumelden.
Die Zentrale Koordinierungsgruppe (ZKG) entstand 1975 durch Übernahme von Aufgaben verschiedener Diensteinheiten, insbesondere von HA VI und HA XX/5. Aufgaben: zentrale Koordinierung des Vorgehens des MfS im Zusammenhang mit Übersiedlungen in die Bundesrepublik Deutschland, nach Westberlin bzw. das nichtsozialistische Ausland, einschließlich der Versuche des Zurückdrängens von Ausreiseanträgen bzw. zur Verhinderung des Verlassens der DDR und zur Bekämpfung des sog. staatsfeindlichen Menschenhandels bis hin zur Mitwirkung an den Entscheidungen in Ausreisefällen.
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Ergebnisbericht zur Durchführung der OPK "Einflug" Dokument, 5 Seiten
Auskunftsbericht zu einer in die DDR zurückgekehrten Person Dokument, 6 Seiten
Gespräch mit einem ehemaligen DDR-Bürger im ZAH Röntgental Dokument, 2 Seiten
Vorschlag zur "Wiederaufnahme in die DDR im begründeten Einzelfall" Dokument, 5 Seiten