Signatur: BStU, MfS, AOP, Nr. 2687/85, Bl. 216-220
Anfang des Jahres 1984 durchsuchte die Staatssicherheit die Wohnung eines Mannes, der versucht hatte in der Bundesrepublik Gedichte, Kurzgeschichten und einen Roman zu veröffentlichen.
Im Jahr 1984 wurde die Stasi auf einen Mann aufmerksam, der über Jahre Gedichte, Kurzgeschichten und einen utopischen Roman geschrieben, aber keines dieser Werke veröffentlicht hatte. Als er einen westdeutschen Journalisten um Hilfe bei der Suche nach einem Verlag in der Bundesrepublik bat, geriet er ins Visier des MfS. Die Geheimpolizei verfolgte ihn fortan unter dem Operativen Vorgang "Revisor".
Der Bericht zur geheimen Durchsuchung der Wohnung von "Revisor" dokumentiert die aufwändigen Maßnahmen der Stasi rund um eine Wohnungsdurchsuchung. Das Dokument gibt Einblicke in die Arbeitswirklichkeit der MfS-Offiziere und zeigt, wofür sie sich interessierten. Eindrucksvoll belegt der Bericht, welche privaten Daten des Opfers in die Hände der Geheimpolizei fielen.
Die Staatssicherheit dokumentierte den gesamten Fall aufwändig und produzierte schließlich einen Schulungsfilm über ihre Vorgehensweise.
Hauptabteilung II/1/T
Berlin, 05.01.1984
meth- ol
Bericht
Ober die durchgeführte konspirative Wohnungsdurchsuchung zum Vorg. "Revisor" am 05.01.1984 in Berlin
Am 05.01.1984 wurde in der Zeit von 9.10 bis 12.40 Uhr entsprechend einem vom Leiter der HA II/13 bestätigten Sicherungsplan die Wohnung des Bürgers der DDR
[anonymisiert]
geb. am [anonymisiert]
wohnhaft:[anonymisiert]
nachstehend als "Revisor" bezeichnet
durch die Mitarbeiter der HA II/l, Major Methling und Oberleutnant Möbius nach vorgegebenen operativen Schwerpunkten konspirativ durchsucht.
Die Absicherung des "Revisor" sowie seiner Nachbarn erfolgte durch Mitarbeiter der HA II/13 und HA II/17. Der Schließprozeß wurde durch den Genossen Oberleutnant Möller, HA II/16, realisiert.
Nachdem am 05.01.1984 um 9.10 Uhr "Revisor" sowie seine Nachbarn unter Kontrolle waren, begaben sich die Genossen Oberleutnant Möller und Oberleutnant Möbius in das Wohnhaus von "Revisor".
Genosse Oberleutnant Möller öffnete mittels Sperrzeug das Buntbartschloß in der Korridortür von "Revisor", wobei er durch den Genossen Oberleutnant Möbius abgesichert wurde.
Da das obere Sicherheitsschloß nicht verschlossen war, verlief der Schließprozeß schnell und ohne Komplikationen.
Beide Genossen betraten unter Beachtung aller Vorsichtsmaßnahmen die Wohnung von "Revisor" und stellten zum Unterzeichneten die Sprechfunkverbindung her. Daraufhin suchte der Genosse Unterleutnant Gaede, HA II/16 und Unterzeichneter ebenfalls die Wohnung von "Revisor" auf.
Genosse Unterleutnant Gaede begann mit der Installierung der B-Maßnahme und Genosse Oberleutnant Möller sicherte die Korridortür von innen ab.
Genosse Oberleutnant Möbius und Unterzeichneter begannen mit der konspirativen Durchsuchung.
Die Wohnung von "Revisor" besteht aus einem kleinen Wohnzimmer, einem Schlafzimmer, einer Küche, einem Bad, einem Korridor und [unleserlich]le Abstellkammer.
Zum Zeitpunkt der Kontrolle befand sich die Wohnung in einem aufgeräumten, jedoch verschmutzten Zustand.
Die sich in der Wohnung befindlichen Möbel stammen aus der DDR-Produktion der 50- und 60-iger Jahre.
(Sh. Bildanlage)
Auf dem Tisch im Wohnzimmer ist ein Zettel mit der handschriftlichen Notiz
Hauptabteilung II (Spionageabwehr)
Die Hauptabteilung II wurde 1953 durch Fusion der Abteilungen II (Spionage) und IV (Spionageabwehr) gebildet. Sie deckte klassische Bereiche der Spionageabwehr ab. Dazu zählte auch die interne Abwehrarbeit im MfS, etwa die Überwachung aktiver und ehemaliger MfS-Mitarbeiter, von Einrichtungen der KGB-Dienststelle Berlin-Karlshorst sowie von Objekten der sowjetischen Streitkräfte und der Sektion Kriminalistik an der Ostberliner Humboldt-Universität. Darüber hinaus betrieb die Hauptabteilung II im Rahmen der "offensiven Spionageabwehr" aktive Spionage in der Bundesrepublik; diese zielte auf westliche Geheimdienste, auf Bundeswehr, Polizei, Massenmedien, Emigrantenverbände u. a.
Die Hauptabteilung II überwachte, sicherte und kontrollierte die DDR-Botschaften im Ausland, die ausländischen diplomatischen Vertretungen in der DDR sowie das Außenministerium der DDR. DDR-Bürger, die westliche Botschaften bzw. die Ständige Vertretung der Bundesrepublik in Ostberlin aufsuchten, wurden systematisch erfasst. In den Zuständigkeitsbereich der Hauptabteilung II fielen auch die Überwachung der in der DDR lebenden Ausländer sowie die Betreuung von Funktionären und Mitgliedern illegaler, verfolgter kommunistischer Parteien, die in der DDR Aufnahme fanden.
Besondere Brisanz beinhaltete die politisch-operative Sicherung der Westkontakte von SED und FDGB. So kümmerte sich die Hauptabteilung II um die Militärorganisation der DKP ("Gruppe Ralf Forster", eine ca. 220 Bundesbürger umfassende Sabotage- und Bürgerkriegstruppe), organisierte in Absprache mit der NVA deren militärische Ausbildung, finanzierte die Gruppe und stattete sie mit Falschpapieren aus.
Die Hauptabteilung II sicherte (bis 1961 und wieder ab 1980; zwischenzeitlich gab es hierfür die Abteilung BdL II) die Abteilung Verkehr des ZK der SED ab, die kommunistische Organisationen im Westen unterstützte und dort SED-Tarnfirmen betrieb. Die Hauptabteilung II versuchte, Aktivitäten bundesdeutscher Behörden gegen DKP, SEW und SED-Tarnfirmen festzustellen und zu verhindern.
Im Ergebnis der Entspannungspolitik nahmen Begegnungen zwischen Ost- und Westdeutschen zu, westliche Medienvertreter konnten sich in der DDR akkreditieren. Das veranlasste den beträchtlichen personellen Ausbau der Hauptabteilung II. Sie war nun auch zuständig für die Überwachung westlicher Journalisten in der DDR. Ziel war es, unerwünschten Informationsabfluss und unbequeme, kritische Berichterstattung zu verhindern. 1987 übertrug Erich Mielke in der Dienstanweisung 1/87 der Hauptabteilung II die Führung der Spionageabwehr, um ein unkoordiniertes Nebeneinander verschiedener Diensteinheiten zu vermeiden.
Die Hauptabteilung II leitete von Beginn an die Operativgruppen des MfS in der Sowjetunion und Polen, seit 1989 auch in der ČSSR, Ungarn und Bulgarien. Mit den entsprechenden Spionageabwehr-Abteilungen in diesen Ländern gab es eine ausgeprägte bi- und multilaterale Zusammenarbeit, die aber erst in den frühen 80er Jahren vertraglich fixiert wurde (kommunistischer Geheimdienst). Im Dezember 1981 übernahm die Hauptabteilung II innerhalb des MfS die Federführung bei der Bekämpfung der unabhängigen polnischen Gewerkschaft "Solidarność". Schließlich unterstützte die Hauptabteilung II Sicherheitsorgane in (pro)sozialistischen Entwicklungsländern, entsandte Berater und bildete deren Geheimdienstmitarbeiter in der DDR aus.
Die Hauptabteilung II verfügte über eigene Abteilungen für Fahndung, Logistik, operative Technik und Beobachtung und war in dieser Hinsicht nicht auf andere Abteilungen angewiesen. Zum unmittelbaren Anleitungsbereich des Leiters der Hauptabteilung II gehörte die Abteilung M (Postkontrolle).
1989 zählte die Hauptabteilung II in der Ostberliner Zentrale 1.432 hauptamtliche Mitarbeiter, in den Bezirksverwaltungen (BV) auf der Linie II weitere 934. Hinzu kamen Mitarbeiter in den Kreisdienststellen (KD), die die Aufgaben der Linie II ausführten. Genaue Zahlen der Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) ließen sich bis heute nicht ermitteln. Die Hauptabteilung II hatte mindestens 3.000 IM, die Abt. II der BV etwa 4.000; hinzu kamen weitere IM der KD. 1976 führte die Hauptabteilung II im Westen 109 IM. Unter den West-IM befanden sich z. T. hochkarätige Agenten.
Konspirative Ermittlungsmethode, auch als "Maßnahme B" bezeichnet, wurde definiert als "akustische Überwachung in geschlossenen und von begrenzten freien Räumen". MfS-Techniker der Abteilung 26 bauten Abhöranlagen heimlich in Hotels, Haftanstalten, Wohn- und Geschäftsräumen ein. Raumüberwachungen wurden nicht nur in konkreten Verdachtsfällen veranlasst, sondern dienten teilweise auch der vorbeugenden Überwachung.
Die Durchsuchung von Wohnungen, Räumen oder Personen war eine strafprozessuale Maßnahme im Ermittlungsverfahren zum Zwecke der Festnahme oder Verhaftung Verdächtiger bzw. zum Auffinden von Beweismaterial (§§ 108–119 StPO/1968). Eine Durchsuchung musste vom Staatsanwalt bzw. konnte bei Gefahr im Verzuge auch von den Untersuchungsorganen angeordnet werden und bedurfte einer richterlichen Bestätigung binnen 48 Stunden (§ 121 StPO/1968). Die Durchsuchung oblag eigentlich den Untersuchungsorganen, formal im MfS also der Linie IX (Hauptabteilung IX). Tatsächlich wurden sie aber regulär von Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt.
Die Durchsuchung Verhafteter und vorläufig Festgenommener konnte ohne staatsanwaltliche Anordnung durchgeführt werden und bedurfte keiner richterlichen Bestätigung (§ 109 StPO/1968); sie wurde im MfS von den – formal nicht zuständigen – Mitarbeitern der Linie XIV (Abteilung XIV) durchgeführt. Außerhalb des Ermittlungsverfahrens war die Durchsuchung von Personen und Sachen durch Polizei und MfS polizeirechtlich geregelt (§ 13 VP-Gesetz). Vom MfS wurden die Möglichkeiten der Durchsuchung und Beschlagnahme auch außerhalb des jeweiligen strafprozessualen Ermittlungsverfahrens für geheimdienstliche Zwecke genutzt. Jenseits jeglicher rechtlicher Regelungen führten operative Diensteinheiten des MfS, vor allem die Linie VIII (Hauptabteilung VIII), auch konspirative Wohnungsdurchsuchungen durch.
Konspiration war das Grundprinzip der nachrichtendienstlichen und geheimpolizeilichen Arbeit des MfS, das den Einsatz von inoffiziellen Kräften und anderen verdeckten Mitteln und Methoden sowie die weitgehende Geheimhaltung der eigenen Tätigkeit auch gegenüber anderen DDR-Organen und dem SED-Parteiapparat beinhaltet. Eine besondere Rolle spielt die Konspiration bei den Verhaltensregeln für IM, GMS, HIM, OibE und Führungsoffiziere, welche über die inoffiziellen Beziehungen zum MfS zu schweigen bzw. inoffizielle Handlungen für das MfS geheimzuhalten, zu tarnen oder zu verschleiern hatten.
Der Operative Vorgang (OV) war ein registrierpflichtiger Vorgang und Sammelbegriff für Einzel- bzw. Gruppenvorgänge (Registrierung, TV und ZOV). Er wurde angelegt, um im Rahmen von verdeckten, aber zum Teil auch offenen Ermittlungen gegen missliebige Personen vorgehen zu können (Anweisung 14/52 vom 10.9.1952: Vorgangsordnung; 1976 durch Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" neu geregelt).
Ausgangspunkt des OV waren zumeist Hinweise auf, aus MfS-Sicht, strafrechtlich relevante Tatbestände (in der Regel Verstöße gegen die in der DDR geltenden politischen Normen), die es zu überprüfen galt. Bestandteil der nach einem klaren Abfolgeprinzip zu erstellenden OV waren "Maßnahmepläne" und ggf. in ihnen enthaltene Maßnahmen der Zersetzung, die vor allem dann zur Anwendung gelangten, wenn eine Inhaftierung aus taktischen Erwägungen als nicht opportun galt.
Im OV ermittelte das MfS nicht nur gegen die betreffende Person, es wurden auch Erkundigungen zum familiären Umfeld, zum Freundes- und Kollegenkreis u. ä. eingeholt. Konnten Delikte keinen Personen unmittelbar zugeordnet werden (z. B. Flugblätter, Losungen, anonyme Briefe), wurde ein OV gegen unbekannt eröffnet. Darin wurden die nach den Vorstellungen des MfS potenziell als Urheber in Frage kommenden Personen dahingehend überprüft, ob ihnen die "Tat" nachzuweisen war.
Häufig ging dem OV eine Operative Personenkontrolle (OPK) voraus. OV waren mit Vorschlägen zur Ahndung der nachgewiesenen Straftatverletzungen (z. B. Ermittlungsverfahren; Anwerbung; Zersetzungsmaßnahmen) bzw. bei Nicht-Bestätigung des Ausgangsverdachts durch Einstellen der Bearbeitung abzuschließen.
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Signatur: BStU, MfS, AOP, Nr. 2687/85, Bl. 216-220
Anfang des Jahres 1984 durchsuchte die Staatssicherheit die Wohnung eines Mannes, der versucht hatte in der Bundesrepublik Gedichte, Kurzgeschichten und einen Roman zu veröffentlichen.
Im Jahr 1984 wurde die Stasi auf einen Mann aufmerksam, der über Jahre Gedichte, Kurzgeschichten und einen utopischen Roman geschrieben, aber keines dieser Werke veröffentlicht hatte. Als er einen westdeutschen Journalisten um Hilfe bei der Suche nach einem Verlag in der Bundesrepublik bat, geriet er ins Visier des MfS. Die Geheimpolizei verfolgte ihn fortan unter dem Operativen Vorgang "Revisor".
Der Bericht zur geheimen Durchsuchung der Wohnung von "Revisor" dokumentiert die aufwändigen Maßnahmen der Stasi rund um eine Wohnungsdurchsuchung. Das Dokument gibt Einblicke in die Arbeitswirklichkeit der MfS-Offiziere und zeigt, wofür sie sich interessierten. Eindrucksvoll belegt der Bericht, welche privaten Daten des Opfers in die Hände der Geheimpolizei fielen.
Die Staatssicherheit dokumentierte den gesamten Fall aufwändig und produzierte schließlich einen Schulungsfilm über ihre Vorgehensweise.
Sonnabend, 7. Januar 1984
9.30 Uhr Herr [anonymisiert]
abgelegt.
Auf der Rückseite des Zettels sind folgende Namen und Telefon- Nr. notiert:
[anonymisiert]
[anonymisiert]
[anonymisiert]
Zentrale 92/9
Sh. Dokumentation
Des weiteren sind auf diesem Tisch u.a.
- 1 Klemm-Mappe mit ca. 200 Blatt DIN-A-4 mit der Schreibmaschine beschriebene Blätter mit Gedichten unter dem Motto
"Allerlei Gereimtes" Teil IV 1971-1976
- 1 grüne Mappe mit der Aufschrift Außenhandel Frankreich Pa.
In dieser Mappe sind diverse beschriebene Kalenderblätter mit Versen u. DIN-A-5 Blätter mit handschriftlichen Aufzeichnungen über getroffene Feststellungen u.a. zum Regierungs- und VP-Krankenhaus sowie zu anderen staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen mit Orts- und Tag - Angabe,
abgelegt. (Sh. Anlage Bild 2)
Der Inhalt der Klemmappe sowie der grünen Mappe wurde fotografisch gesichert.
Im unteren Fach des rechten Bücherregals des Wohnzimmers wurden unter diversen Programmheften von Theaterstücken ca. 25 DIN-A 5 Blätter gefunden, auf denen handschriftliche Aufzeichnungen über von "Revisor" getroffene Feststellungen zu staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen in der Hauptstadt der DDR - Berlin, sowie zu leitenden Kadern von Partei und Staatsapparat sind
Solche Aufzeichnungen vom gleichen Charakter wurden auch im rechten unteren Teil der Frisiertoilette vorgefunden.
Auf der Hutablage des linken Kleiderschrankes im Schlafzimmer wird eine schwarze Lederaktentasche aufbewahrt, die folgende Dokumente beinhaltet:
- 1 Sparkassenbuch auf den Namen von "Revisor" bei der Sparkasse [anonymisiert]
Konto-Nr. [anonymisiert]
letzter Stand vom [anonymisiert] = [anonymisiert]
- 1 Mappe mit Durchschriften von Eingaben an den Staatsrat der DDR, die Volkskammer und das Oberste Gericht der DDR.
- 1 Mappe mit persönlichen Zeugnissen u.a. über den Besuch der Parteihochschule der SED 1951-1954, Führungszeugnis der Wehrmacht, aus dem hervorgeht, daß "Revisor" vom 04.04.1940
Die Durchsuchung von Wohnungen, Räumen oder Personen war eine strafprozessuale Maßnahme im Ermittlungsverfahren zum Zwecke der Festnahme oder Verhaftung Verdächtiger bzw. zum Auffinden von Beweismaterial (§§ 108–119 StPO/1968). Eine Durchsuchung musste vom Staatsanwalt bzw. konnte bei Gefahr im Verzuge auch von den Untersuchungsorganen angeordnet werden und bedurfte einer richterlichen Bestätigung binnen 48 Stunden (§ 121 StPO/1968). Die Durchsuchung oblag eigentlich den Untersuchungsorganen, formal im MfS also der Linie IX (Hauptabteilung IX). Tatsächlich wurden sie aber regulär von Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt.
Die Durchsuchung Verhafteter und vorläufig Festgenommener konnte ohne staatsanwaltliche Anordnung durchgeführt werden und bedurfte keiner richterlichen Bestätigung (§ 109 StPO/1968); sie wurde im MfS von den – formal nicht zuständigen – Mitarbeitern der Linie XIV (Abteilung XIV) durchgeführt. Außerhalb des Ermittlungsverfahrens war die Durchsuchung von Personen und Sachen durch Polizei und MfS polizeirechtlich geregelt (§ 13 VP-Gesetz). Vom MfS wurden die Möglichkeiten der Durchsuchung und Beschlagnahme auch außerhalb des jeweiligen strafprozessualen Ermittlungsverfahrens für geheimdienstliche Zwecke genutzt. Jenseits jeglicher rechtlicher Regelungen führten operative Diensteinheiten des MfS, vor allem die Linie VIII (Hauptabteilung VIII), auch konspirative Wohnungsdurchsuchungen durch.
Der Operative Vorgang (OV) war ein registrierpflichtiger Vorgang und Sammelbegriff für Einzel- bzw. Gruppenvorgänge (Registrierung, TV und ZOV). Er wurde angelegt, um im Rahmen von verdeckten, aber zum Teil auch offenen Ermittlungen gegen missliebige Personen vorgehen zu können (Anweisung 14/52 vom 10.9.1952: Vorgangsordnung; 1976 durch Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" neu geregelt).
Ausgangspunkt des OV waren zumeist Hinweise auf, aus MfS-Sicht, strafrechtlich relevante Tatbestände (in der Regel Verstöße gegen die in der DDR geltenden politischen Normen), die es zu überprüfen galt. Bestandteil der nach einem klaren Abfolgeprinzip zu erstellenden OV waren "Maßnahmepläne" und ggf. in ihnen enthaltene Maßnahmen der Zersetzung, die vor allem dann zur Anwendung gelangten, wenn eine Inhaftierung aus taktischen Erwägungen als nicht opportun galt.
Im OV ermittelte das MfS nicht nur gegen die betreffende Person, es wurden auch Erkundigungen zum familiären Umfeld, zum Freundes- und Kollegenkreis u. ä. eingeholt. Konnten Delikte keinen Personen unmittelbar zugeordnet werden (z. B. Flugblätter, Losungen, anonyme Briefe), wurde ein OV gegen unbekannt eröffnet. Darin wurden die nach den Vorstellungen des MfS potenziell als Urheber in Frage kommenden Personen dahingehend überprüft, ob ihnen die "Tat" nachzuweisen war.
Häufig ging dem OV eine Operative Personenkontrolle (OPK) voraus. OV waren mit Vorschlägen zur Ahndung der nachgewiesenen Straftatverletzungen (z. B. Ermittlungsverfahren; Anwerbung; Zersetzungsmaßnahmen) bzw. bei Nicht-Bestätigung des Ausgangsverdachts durch Einstellen der Bearbeitung abzuschließen.
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Signatur: BStU, MfS, AOP, Nr. 2687/85, Bl. 216-220
Anfang des Jahres 1984 durchsuchte die Staatssicherheit die Wohnung eines Mannes, der versucht hatte in der Bundesrepublik Gedichte, Kurzgeschichten und einen Roman zu veröffentlichen.
Im Jahr 1984 wurde die Stasi auf einen Mann aufmerksam, der über Jahre Gedichte, Kurzgeschichten und einen utopischen Roman geschrieben, aber keines dieser Werke veröffentlicht hatte. Als er einen westdeutschen Journalisten um Hilfe bei der Suche nach einem Verlag in der Bundesrepublik bat, geriet er ins Visier des MfS. Die Geheimpolizei verfolgte ihn fortan unter dem Operativen Vorgang "Revisor".
Der Bericht zur geheimen Durchsuchung der Wohnung von "Revisor" dokumentiert die aufwändigen Maßnahmen der Stasi rund um eine Wohnungsdurchsuchung. Das Dokument gibt Einblicke in die Arbeitswirklichkeit der MfS-Offiziere und zeigt, wofür sie sich interessierten. Eindrucksvoll belegt der Bericht, welche privaten Daten des Opfers in die Hände der Geheimpolizei fielen.
Die Staatssicherheit dokumentierte den gesamten Fall aufwändig und produzierte schließlich einen Schulungsfilm über ihre Vorgehensweise.
bis 21.07.1944 in der 1. Flugmelde-Kompanie Pillau als M.A. Obermaat diente und bei sehr guter Führung am 21.07.1944 entlassen wurde.
- 1 Wehrpaß des "Revisor", der die Laufbahn von ihm bei der faschistischen Wehrmacht nachweist.
- 1 Reisepaß der DDR auf den Namen von "Revisor"
Nr. 095650
Ausgestellt am [anonymisiert], gültig bis [anonymisiert]
- 1 Anerkennung über den 1. Rang bei den Gauwettkämpfen im Jahre 1939 in Altdamm.
Der gleiche Kleiderschrank enthält weiterhin eine braune Lederaktentasche, in der
1 Buch mit dem Titel [anonymisiert]
von Dipl. Wirtschaftler [anonymisiert]
von " " [anonymisiert]
[anonymisiert]
[anonymisiert]
1 Buch mit dem Titel [anonymisiert] von Diplom-Wirtschaftler [anonymisiert]
[anonymisiert]
[anonymisiert]
1 Buch mit dem Titel [anonymisiert]
von Diplom-Wirtschaftler [anonymisiert]
[anonymisiert]
[anonymisiert]
1 grüne Mappe mit Durchschlägen von Eingaben an den Staatsrat, die Volkskammer und das Oberste Gericht
enthalten ist.
Die Schubfächer dieses Kleiderschrankes beinhalten den SVK-Ausweis von "Revisor" sowie seine Wohnungsschlüssel. Der SVK-Ausweis wurde fotografisch gesichert und von den Wohnungsschlüsseln wurden Abdrücke angefertigt.
Außerdem befanden sich 225,- M Bargeld, das Scheidungsurteil von "Revisor" sowie ein handgeschriebener Zettel von [anonymisiert] im unteren Schubfach.
(Sh. Anlage Bild 5 bis 10 sowie Dokumentationen)
Die Durchsuchung von Wohnungen, Räumen oder Personen war eine strafprozessuale Maßnahme im Ermittlungsverfahren zum Zwecke der Festnahme oder Verhaftung Verdächtiger bzw. zum Auffinden von Beweismaterial (§§ 108–119 StPO/1968). Eine Durchsuchung musste vom Staatsanwalt bzw. konnte bei Gefahr im Verzuge auch von den Untersuchungsorganen angeordnet werden und bedurfte einer richterlichen Bestätigung binnen 48 Stunden (§ 121 StPO/1968). Die Durchsuchung oblag eigentlich den Untersuchungsorganen, formal im MfS also der Linie IX (Hauptabteilung IX). Tatsächlich wurden sie aber regulär von Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt.
Die Durchsuchung Verhafteter und vorläufig Festgenommener konnte ohne staatsanwaltliche Anordnung durchgeführt werden und bedurfte keiner richterlichen Bestätigung (§ 109 StPO/1968); sie wurde im MfS von den – formal nicht zuständigen – Mitarbeitern der Linie XIV (Abteilung XIV) durchgeführt. Außerhalb des Ermittlungsverfahrens war die Durchsuchung von Personen und Sachen durch Polizei und MfS polizeirechtlich geregelt (§ 13 VP-Gesetz). Vom MfS wurden die Möglichkeiten der Durchsuchung und Beschlagnahme auch außerhalb des jeweiligen strafprozessualen Ermittlungsverfahrens für geheimdienstliche Zwecke genutzt. Jenseits jeglicher rechtlicher Regelungen führten operative Diensteinheiten des MfS, vor allem die Linie VIII (Hauptabteilung VIII), auch konspirative Wohnungsdurchsuchungen durch.
Der Operative Vorgang (OV) war ein registrierpflichtiger Vorgang und Sammelbegriff für Einzel- bzw. Gruppenvorgänge (Registrierung, TV und ZOV). Er wurde angelegt, um im Rahmen von verdeckten, aber zum Teil auch offenen Ermittlungen gegen missliebige Personen vorgehen zu können (Anweisung 14/52 vom 10.9.1952: Vorgangsordnung; 1976 durch Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" neu geregelt).
Ausgangspunkt des OV waren zumeist Hinweise auf, aus MfS-Sicht, strafrechtlich relevante Tatbestände (in der Regel Verstöße gegen die in der DDR geltenden politischen Normen), die es zu überprüfen galt. Bestandteil der nach einem klaren Abfolgeprinzip zu erstellenden OV waren "Maßnahmepläne" und ggf. in ihnen enthaltene Maßnahmen der Zersetzung, die vor allem dann zur Anwendung gelangten, wenn eine Inhaftierung aus taktischen Erwägungen als nicht opportun galt.
Im OV ermittelte das MfS nicht nur gegen die betreffende Person, es wurden auch Erkundigungen zum familiären Umfeld, zum Freundes- und Kollegenkreis u. ä. eingeholt. Konnten Delikte keinen Personen unmittelbar zugeordnet werden (z. B. Flugblätter, Losungen, anonyme Briefe), wurde ein OV gegen unbekannt eröffnet. Darin wurden die nach den Vorstellungen des MfS potenziell als Urheber in Frage kommenden Personen dahingehend überprüft, ob ihnen die "Tat" nachzuweisen war.
Häufig ging dem OV eine Operative Personenkontrolle (OPK) voraus. OV waren mit Vorschlägen zur Ahndung der nachgewiesenen Straftatverletzungen (z. B. Ermittlungsverfahren; Anwerbung; Zersetzungsmaßnahmen) bzw. bei Nicht-Bestätigung des Ausgangsverdachts durch Einstellen der Bearbeitung abzuschließen.
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MfS-Schulungsfilm "Revisor – ungesetzliche Verbindungsaufnahme" Video, 33 Minuten, 24 Sekunden
Arbeitsmaterial für die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von konspirativen Durchsuchungen Dokument, 73 Seiten
Bildbericht der Wohnungsdurchsuchung bei Werner Teske Dokument, 42 Seiten
Bericht zur konspirativen Durchsuchung eines Dienstzimmers im Ost-Berliner Tierpark Dokument, 2 Seiten