Signatur: BStU, MfS, AOP, Nr. 2687/85, Bl. 216-220
Anfang des Jahres 1984 durchsuchte die Staatssicherheit die Wohnung eines Mannes, der versucht hatte in der Bundesrepublik Gedichte, Kurzgeschichten und einen Roman zu veröffentlichen.
Im Jahr 1984 wurde die Stasi auf einen Mann aufmerksam, der über Jahre Gedichte, Kurzgeschichten und einen utopischen Roman geschrieben, aber keines dieser Werke veröffentlicht hatte. Als er einen westdeutschen Journalisten um Hilfe bei der Suche nach einem Verlag in der Bundesrepublik bat, geriet er ins Visier des MfS. Die Geheimpolizei verfolgte ihn fortan unter dem Operativen Vorgang "Revisor".
Der Bericht zur geheimen Durchsuchung der Wohnung von "Revisor" dokumentiert die aufwändigen Maßnahmen der Stasi rund um eine Wohnungsdurchsuchung. Das Dokument gibt Einblicke in die Arbeitswirklichkeit der MfS-Offiziere und zeigt, wofür sie sich interessierten. Eindrucksvoll belegt der Bericht, welche privaten Daten des Opfers in die Hände der Geheimpolizei fielen.
Die Staatssicherheit dokumentierte den gesamten Fall aufwändig und produzierte schließlich einen Schulungsfilm über ihre Vorgehensweise.
bis 21.07.1944 in der 1. Flugmelde-Kompanie Pillau als M.A. Obermaat diente und bei sehr guter Führung am 21.07.1944 entlassen wurde.
- 1 Wehrpaß des "Revisor", der die Laufbahn von ihm bei der faschistischen Wehrmacht nachweist.
- 1 Reisepaß der DDR auf den Namen von "Revisor"
Nr. 095650
Ausgestellt am [anonymisiert], gültig bis [anonymisiert]
- 1 Anerkennung über den 1. Rang bei den Gauwettkämpfen im Jahre 1939 in Altdamm.
Der gleiche Kleiderschrank enthält weiterhin eine braune Lederaktentasche, in der
1 Buch mit dem Titel [anonymisiert]
von Dipl. Wirtschaftler [anonymisiert]
von " " [anonymisiert]
[anonymisiert]
[anonymisiert]
1 Buch mit dem Titel [anonymisiert] von Diplom-Wirtschaftler [anonymisiert]
[anonymisiert]
[anonymisiert]
1 Buch mit dem Titel [anonymisiert]
von Diplom-Wirtschaftler [anonymisiert]
[anonymisiert]
[anonymisiert]
1 grüne Mappe mit Durchschlägen von Eingaben an den Staatsrat, die Volkskammer und das Oberste Gericht
enthalten ist.
Die Schubfächer dieses Kleiderschrankes beinhalten den SVK-Ausweis von "Revisor" sowie seine Wohnungsschlüssel. Der SVK-Ausweis wurde fotografisch gesichert und von den Wohnungsschlüsseln wurden Abdrücke angefertigt.
Außerdem befanden sich 225,- M Bargeld, das Scheidungsurteil von "Revisor" sowie ein handgeschriebener Zettel von [anonymisiert] im unteren Schubfach.
(Sh. Anlage Bild 5 bis 10 sowie Dokumentationen)
Die Durchsuchung von Wohnungen, Räumen oder Personen war eine strafprozessuale Maßnahme im Ermittlungsverfahren zum Zwecke der Festnahme oder Verhaftung Verdächtiger bzw. zum Auffinden von Beweismaterial (§§ 108–119 StPO/1968). Eine Durchsuchung musste vom Staatsanwalt bzw. konnte bei Gefahr im Verzuge auch von den Untersuchungsorganen angeordnet werden und bedurfte einer richterlichen Bestätigung binnen 48 Stunden (§ 121 StPO/1968). Die Durchsuchung oblag eigentlich den Untersuchungsorganen, formal im MfS also der Linie IX (Hauptabteilung IX). Tatsächlich wurden sie aber regulär von Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt.
Die Durchsuchung Verhafteter und vorläufig Festgenommener konnte ohne staatsanwaltliche Anordnung durchgeführt werden und bedurfte keiner richterlichen Bestätigung (§ 109 StPO/1968); sie wurde im MfS von den – formal nicht zuständigen – Mitarbeitern der Linie XIV (Abteilung XIV) durchgeführt. Außerhalb des Ermittlungsverfahrens war die Durchsuchung von Personen und Sachen durch Polizei und MfS polizeirechtlich geregelt (§ 13 VP-Gesetz). Vom MfS wurden die Möglichkeiten der Durchsuchung und Beschlagnahme auch außerhalb des jeweiligen strafprozessualen Ermittlungsverfahrens für geheimdienstliche Zwecke genutzt. Jenseits jeglicher rechtlicher Regelungen führten operative Diensteinheiten des MfS, vor allem die Linie VIII (Hauptabteilung VIII), auch konspirative Wohnungsdurchsuchungen durch.
Der Operative Vorgang (OV) war ein registrierpflichtiger Vorgang und Sammelbegriff für Einzel- bzw. Gruppenvorgänge (Registrierung, TV und ZOV). Er wurde angelegt, um im Rahmen von verdeckten, aber zum Teil auch offenen Ermittlungen gegen missliebige Personen vorgehen zu können (Anweisung 14/52 vom 10.9.1952: Vorgangsordnung; 1976 durch Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" neu geregelt).
Ausgangspunkt des OV waren zumeist Hinweise auf, aus MfS-Sicht, strafrechtlich relevante Tatbestände (in der Regel Verstöße gegen die in der DDR geltenden politischen Normen), die es zu überprüfen galt. Bestandteil der nach einem klaren Abfolgeprinzip zu erstellenden OV waren "Maßnahmepläne" und ggf. in ihnen enthaltene Maßnahmen der Zersetzung, die vor allem dann zur Anwendung gelangten, wenn eine Inhaftierung aus taktischen Erwägungen als nicht opportun galt.
Im OV ermittelte das MfS nicht nur gegen die betreffende Person, es wurden auch Erkundigungen zum familiären Umfeld, zum Freundes- und Kollegenkreis u. ä. eingeholt. Konnten Delikte keinen Personen unmittelbar zugeordnet werden (z. B. Flugblätter, Losungen, anonyme Briefe), wurde ein OV gegen unbekannt eröffnet. Darin wurden die nach den Vorstellungen des MfS potenziell als Urheber in Frage kommenden Personen dahingehend überprüft, ob ihnen die "Tat" nachzuweisen war.
Häufig ging dem OV eine Operative Personenkontrolle (OPK) voraus. OV waren mit Vorschlägen zur Ahndung der nachgewiesenen Straftatverletzungen (z. B. Ermittlungsverfahren; Anwerbung; Zersetzungsmaßnahmen) bzw. bei Nicht-Bestätigung des Ausgangsverdachts durch Einstellen der Bearbeitung abzuschließen.
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Signatur: BStU, MfS, AOP, Nr. 2687/85, Bl. 216-220
Anfang des Jahres 1984 durchsuchte die Staatssicherheit die Wohnung eines Mannes, der versucht hatte in der Bundesrepublik Gedichte, Kurzgeschichten und einen Roman zu veröffentlichen.
Im Jahr 1984 wurde die Stasi auf einen Mann aufmerksam, der über Jahre Gedichte, Kurzgeschichten und einen utopischen Roman geschrieben, aber keines dieser Werke veröffentlicht hatte. Als er einen westdeutschen Journalisten um Hilfe bei der Suche nach einem Verlag in der Bundesrepublik bat, geriet er ins Visier des MfS. Die Geheimpolizei verfolgte ihn fortan unter dem Operativen Vorgang "Revisor".
Der Bericht zur geheimen Durchsuchung der Wohnung von "Revisor" dokumentiert die aufwändigen Maßnahmen der Stasi rund um eine Wohnungsdurchsuchung. Das Dokument gibt Einblicke in die Arbeitswirklichkeit der MfS-Offiziere und zeigt, wofür sie sich interessierten. Eindrucksvoll belegt der Bericht, welche privaten Daten des Opfers in die Hände der Geheimpolizei fielen.
Die Staatssicherheit dokumentierte den gesamten Fall aufwändig und produzierte schließlich einen Schulungsfilm über ihre Vorgehensweise.
Der im Korridor abgestellte Schrank enthält u.a.
- 1 Schreibmaschine Optima "Elite"
- 5 Gedichtbände der Jahre 1966-1970
1976-1933
(Ein Gedichtband von 1971-1976, Band IV, befindet sich, wie bereits erwähnt, im Wohnzimmer)
Soweit es sich auf Grund eines kurzen Einblickes in diese Bände einschätzen läßt, ist ein großer Teil des Inhaltes dieser von "Revisor" abgefaßten Gedichte gegen die gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR teils offen und teils versteckt gerichtet.
Von allen Gedichtsbänden wurde das Inhaltsverzeichnis fotografisch gesichert und der Band VII aus dem Jahre 1983 wurde vollständig dokumentiert
- 1 Roman "Die Sommerferien" mit 292 Seiten
-1 Roman "Die Seemannskiste"
(Märchen- und Kurzgeschichten)
Teil I - 1966 mit 198 Seiten
Teil II mit 84 Seiten
1 Band mit Kurzgeschichten ca. 120 Seiten
- 1 utopischer Roman "Hokulano"
Teil 1; 1970
Teil 2; 1970/71 insgesamt 370 Seiten
Teil 3; 1971
- sowie diverse betriebliche und berufliche Unterlagen des "Revisor"
(Sh. Anlage Bild 12-14 sowie gefertigte Dokumentationen)
Die Durchsuchung der Küche, des Bades und der Abstellkammer ergab keine operativen Hinweise.
Während der Durchsuchung wurden keine Zahlungsmittel kapitalistischer sowie sozialistischer Währungen vorgefunden. Dieses trifft auch auf Kosmetika, Genußmittel sowie technischen Gegenständen aus dem NSA zu.
Hinweise auf nachrichtendienstliche Hilfsmittel konnten nicht erarbeitet werden.
Die sich im Wohnzimmer befindliche Literatur aus dem sozialistischen Verlagswesen ist stark verstaubt und wurde fast ausschließlich bis zum Jahre 1960 angeschafft.
Nachdem alle Räume, Schränke und Behältnisse einer gründlichen Kontrolle unterzogen werden konnten, wurde die Wohnung von "Revisor" nach gründlicher Prüfung, ob keine Spuren hinterlassen wurden, unter Absicherung der Sicherungskräfte gegen 12.40 Uhr durch die Einsatzgruppe wieder konspirativ verlassen.
Die Durchsuchung von Wohnungen, Räumen oder Personen war eine strafprozessuale Maßnahme im Ermittlungsverfahren zum Zwecke der Festnahme oder Verhaftung Verdächtiger bzw. zum Auffinden von Beweismaterial (§§ 108–119 StPO/1968). Eine Durchsuchung musste vom Staatsanwalt bzw. konnte bei Gefahr im Verzuge auch von den Untersuchungsorganen angeordnet werden und bedurfte einer richterlichen Bestätigung binnen 48 Stunden (§ 121 StPO/1968). Die Durchsuchung oblag eigentlich den Untersuchungsorganen, formal im MfS also der Linie IX (Hauptabteilung IX). Tatsächlich wurden sie aber regulär von Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt.
Die Durchsuchung Verhafteter und vorläufig Festgenommener konnte ohne staatsanwaltliche Anordnung durchgeführt werden und bedurfte keiner richterlichen Bestätigung (§ 109 StPO/1968); sie wurde im MfS von den – formal nicht zuständigen – Mitarbeitern der Linie XIV (Abteilung XIV) durchgeführt. Außerhalb des Ermittlungsverfahrens war die Durchsuchung von Personen und Sachen durch Polizei und MfS polizeirechtlich geregelt (§ 13 VP-Gesetz). Vom MfS wurden die Möglichkeiten der Durchsuchung und Beschlagnahme auch außerhalb des jeweiligen strafprozessualen Ermittlungsverfahrens für geheimdienstliche Zwecke genutzt. Jenseits jeglicher rechtlicher Regelungen führten operative Diensteinheiten des MfS, vor allem die Linie VIII (Hauptabteilung VIII), auch konspirative Wohnungsdurchsuchungen durch.
Konspiration war das Grundprinzip der nachrichtendienstlichen und geheimpolizeilichen Arbeit des MfS, das den Einsatz von inoffiziellen Kräften und anderen verdeckten Mitteln und Methoden sowie die weitgehende Geheimhaltung der eigenen Tätigkeit auch gegenüber anderen DDR-Organen und dem SED-Parteiapparat beinhaltet. Eine besondere Rolle spielt die Konspiration bei den Verhaltensregeln für IM, GMS, HIM, OibE und Führungsoffiziere, welche über die inoffiziellen Beziehungen zum MfS zu schweigen bzw. inoffizielle Handlungen für das MfS geheimzuhalten, zu tarnen oder zu verschleiern hatten.
Der Operative Vorgang (OV) war ein registrierpflichtiger Vorgang und Sammelbegriff für Einzel- bzw. Gruppenvorgänge (Registrierung, TV und ZOV). Er wurde angelegt, um im Rahmen von verdeckten, aber zum Teil auch offenen Ermittlungen gegen missliebige Personen vorgehen zu können (Anweisung 14/52 vom 10.9.1952: Vorgangsordnung; 1976 durch Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" neu geregelt).
Ausgangspunkt des OV waren zumeist Hinweise auf, aus MfS-Sicht, strafrechtlich relevante Tatbestände (in der Regel Verstöße gegen die in der DDR geltenden politischen Normen), die es zu überprüfen galt. Bestandteil der nach einem klaren Abfolgeprinzip zu erstellenden OV waren "Maßnahmepläne" und ggf. in ihnen enthaltene Maßnahmen der Zersetzung, die vor allem dann zur Anwendung gelangten, wenn eine Inhaftierung aus taktischen Erwägungen als nicht opportun galt.
Im OV ermittelte das MfS nicht nur gegen die betreffende Person, es wurden auch Erkundigungen zum familiären Umfeld, zum Freundes- und Kollegenkreis u. ä. eingeholt. Konnten Delikte keinen Personen unmittelbar zugeordnet werden (z. B. Flugblätter, Losungen, anonyme Briefe), wurde ein OV gegen unbekannt eröffnet. Darin wurden die nach den Vorstellungen des MfS potenziell als Urheber in Frage kommenden Personen dahingehend überprüft, ob ihnen die "Tat" nachzuweisen war.
Häufig ging dem OV eine Operative Personenkontrolle (OPK) voraus. OV waren mit Vorschlägen zur Ahndung der nachgewiesenen Straftatverletzungen (z. B. Ermittlungsverfahren; Anwerbung; Zersetzungsmaßnahmen) bzw. bei Nicht-Bestätigung des Ausgangsverdachts durch Einstellen der Bearbeitung abzuschließen.
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Signatur: BStU, MfS, AOP, Nr. 2687/85, Bl. 216-220
Anfang des Jahres 1984 durchsuchte die Staatssicherheit die Wohnung eines Mannes, der versucht hatte in der Bundesrepublik Gedichte, Kurzgeschichten und einen Roman zu veröffentlichen.
Im Jahr 1984 wurde die Stasi auf einen Mann aufmerksam, der über Jahre Gedichte, Kurzgeschichten und einen utopischen Roman geschrieben, aber keines dieser Werke veröffentlicht hatte. Als er einen westdeutschen Journalisten um Hilfe bei der Suche nach einem Verlag in der Bundesrepublik bat, geriet er ins Visier des MfS. Die Geheimpolizei verfolgte ihn fortan unter dem Operativen Vorgang "Revisor".
Der Bericht zur geheimen Durchsuchung der Wohnung von "Revisor" dokumentiert die aufwändigen Maßnahmen der Stasi rund um eine Wohnungsdurchsuchung. Das Dokument gibt Einblicke in die Arbeitswirklichkeit der MfS-Offiziere und zeigt, wofür sie sich interessierten. Eindrucksvoll belegt der Bericht, welche privaten Daten des Opfers in die Hände der Geheimpolizei fielen.
Die Staatssicherheit dokumentierte den gesamten Fall aufwändig und produzierte schließlich einen Schulungsfilm über ihre Vorgehensweise.
Die Korridortür von "Revisor" wurde durch den Genossen Oberleutnant Möller wieder ordnungsgemäß verschlossen.
Insgesamt kann eingeschätzt werden, daß das Betreten und Verlassen der Wohnung von "Revisor" durch die Einsatzgruppe konspirativ und ohne Vorkommnisse verlief und die gestellte Zielstellung erreicht wurde.
Nach Beendigung der konspirativen Durchsuchung und Rückkehr zur Dienststelle wurde der Leiter der HA II/13 über den Verlauf und das Ergebnis der realisierten Maßnahme durch den Unterzeichneten in Kenntnis gesetzt.
[Unterschrift]
Methling
Major
Anlage
1 Anlagekarte
Dokumentationen
Negativstreifen
Hauptabteilung II (Spionageabwehr)
Die Hauptabteilung II wurde 1953 durch Fusion der Abteilungen II (Spionage) und IV (Spionageabwehr) gebildet. Sie deckte klassische Bereiche der Spionageabwehr ab. Dazu zählte auch die interne Abwehrarbeit im MfS, etwa die Überwachung aktiver und ehemaliger MfS-Mitarbeiter, von Einrichtungen der KGB-Dienststelle Berlin-Karlshorst sowie von Objekten der sowjetischen Streitkräfte und der Sektion Kriminalistik an der Ostberliner Humboldt-Universität. Darüber hinaus betrieb die Hauptabteilung II im Rahmen der "offensiven Spionageabwehr" aktive Spionage in der Bundesrepublik; diese zielte auf westliche Geheimdienste, auf Bundeswehr, Polizei, Massenmedien, Emigrantenverbände u. a.
Die Hauptabteilung II überwachte, sicherte und kontrollierte die DDR-Botschaften im Ausland, die ausländischen diplomatischen Vertretungen in der DDR sowie das Außenministerium der DDR. DDR-Bürger, die westliche Botschaften bzw. die Ständige Vertretung der Bundesrepublik in Ostberlin aufsuchten, wurden systematisch erfasst. In den Zuständigkeitsbereich der Hauptabteilung II fielen auch die Überwachung der in der DDR lebenden Ausländer sowie die Betreuung von Funktionären und Mitgliedern illegaler, verfolgter kommunistischer Parteien, die in der DDR Aufnahme fanden.
Besondere Brisanz beinhaltete die politisch-operative Sicherung der Westkontakte von SED und FDGB. So kümmerte sich die Hauptabteilung II um die Militärorganisation der DKP ("Gruppe Ralf Forster", eine ca. 220 Bundesbürger umfassende Sabotage- und Bürgerkriegstruppe), organisierte in Absprache mit der NVA deren militärische Ausbildung, finanzierte die Gruppe und stattete sie mit Falschpapieren aus.
Die Hauptabteilung II sicherte (bis 1961 und wieder ab 1980; zwischenzeitlich gab es hierfür die Abteilung BdL II) die Abteilung Verkehr des ZK der SED ab, die kommunistische Organisationen im Westen unterstützte und dort SED-Tarnfirmen betrieb. Die Hauptabteilung II versuchte, Aktivitäten bundesdeutscher Behörden gegen DKP, SEW und SED-Tarnfirmen festzustellen und zu verhindern.
Im Ergebnis der Entspannungspolitik nahmen Begegnungen zwischen Ost- und Westdeutschen zu, westliche Medienvertreter konnten sich in der DDR akkreditieren. Das veranlasste den beträchtlichen personellen Ausbau der Hauptabteilung II. Sie war nun auch zuständig für die Überwachung westlicher Journalisten in der DDR. Ziel war es, unerwünschten Informationsabfluss und unbequeme, kritische Berichterstattung zu verhindern. 1987 übertrug Erich Mielke in der Dienstanweisung 1/87 der Hauptabteilung II die Führung der Spionageabwehr, um ein unkoordiniertes Nebeneinander verschiedener Diensteinheiten zu vermeiden.
Die Hauptabteilung II leitete von Beginn an die Operativgruppen des MfS in der Sowjetunion und Polen, seit 1989 auch in der ČSSR, Ungarn und Bulgarien. Mit den entsprechenden Spionageabwehr-Abteilungen in diesen Ländern gab es eine ausgeprägte bi- und multilaterale Zusammenarbeit, die aber erst in den frühen 80er Jahren vertraglich fixiert wurde (kommunistischer Geheimdienst). Im Dezember 1981 übernahm die Hauptabteilung II innerhalb des MfS die Federführung bei der Bekämpfung der unabhängigen polnischen Gewerkschaft "Solidarność". Schließlich unterstützte die Hauptabteilung II Sicherheitsorgane in (pro)sozialistischen Entwicklungsländern, entsandte Berater und bildete deren Geheimdienstmitarbeiter in der DDR aus.
Die Hauptabteilung II verfügte über eigene Abteilungen für Fahndung, Logistik, operative Technik und Beobachtung und war in dieser Hinsicht nicht auf andere Abteilungen angewiesen. Zum unmittelbaren Anleitungsbereich des Leiters der Hauptabteilung II gehörte die Abteilung M (Postkontrolle).
1989 zählte die Hauptabteilung II in der Ostberliner Zentrale 1.432 hauptamtliche Mitarbeiter, in den Bezirksverwaltungen (BV) auf der Linie II weitere 934. Hinzu kamen Mitarbeiter in den Kreisdienststellen (KD), die die Aufgaben der Linie II ausführten. Genaue Zahlen der Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) ließen sich bis heute nicht ermitteln. Die Hauptabteilung II hatte mindestens 3.000 IM, die Abt. II der BV etwa 4.000; hinzu kamen weitere IM der KD. 1976 führte die Hauptabteilung II im Westen 109 IM. Unter den West-IM befanden sich z. T. hochkarätige Agenten.
Die Durchsuchung von Wohnungen, Räumen oder Personen war eine strafprozessuale Maßnahme im Ermittlungsverfahren zum Zwecke der Festnahme oder Verhaftung Verdächtiger bzw. zum Auffinden von Beweismaterial (§§ 108–119 StPO/1968). Eine Durchsuchung musste vom Staatsanwalt bzw. konnte bei Gefahr im Verzuge auch von den Untersuchungsorganen angeordnet werden und bedurfte einer richterlichen Bestätigung binnen 48 Stunden (§ 121 StPO/1968). Die Durchsuchung oblag eigentlich den Untersuchungsorganen, formal im MfS also der Linie IX (Hauptabteilung IX). Tatsächlich wurden sie aber regulär von Mitarbeitern der Linie VIII (Hauptabteilung VIII) durchgeführt.
Die Durchsuchung Verhafteter und vorläufig Festgenommener konnte ohne staatsanwaltliche Anordnung durchgeführt werden und bedurfte keiner richterlichen Bestätigung (§ 109 StPO/1968); sie wurde im MfS von den – formal nicht zuständigen – Mitarbeitern der Linie XIV (Abteilung XIV) durchgeführt. Außerhalb des Ermittlungsverfahrens war die Durchsuchung von Personen und Sachen durch Polizei und MfS polizeirechtlich geregelt (§ 13 VP-Gesetz). Vom MfS wurden die Möglichkeiten der Durchsuchung und Beschlagnahme auch außerhalb des jeweiligen strafprozessualen Ermittlungsverfahrens für geheimdienstliche Zwecke genutzt. Jenseits jeglicher rechtlicher Regelungen führten operative Diensteinheiten des MfS, vor allem die Linie VIII (Hauptabteilung VIII), auch konspirative Wohnungsdurchsuchungen durch.
Konspiration war das Grundprinzip der nachrichtendienstlichen und geheimpolizeilichen Arbeit des MfS, das den Einsatz von inoffiziellen Kräften und anderen verdeckten Mitteln und Methoden sowie die weitgehende Geheimhaltung der eigenen Tätigkeit auch gegenüber anderen DDR-Organen und dem SED-Parteiapparat beinhaltet. Eine besondere Rolle spielt die Konspiration bei den Verhaltensregeln für IM, GMS, HIM, OibE und Führungsoffiziere, welche über die inoffiziellen Beziehungen zum MfS zu schweigen bzw. inoffizielle Handlungen für das MfS geheimzuhalten, zu tarnen oder zu verschleiern hatten.
Der Operative Vorgang (OV) war ein registrierpflichtiger Vorgang und Sammelbegriff für Einzel- bzw. Gruppenvorgänge (Registrierung, TV und ZOV). Er wurde angelegt, um im Rahmen von verdeckten, aber zum Teil auch offenen Ermittlungen gegen missliebige Personen vorgehen zu können (Anweisung 14/52 vom 10.9.1952: Vorgangsordnung; 1976 durch Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" neu geregelt).
Ausgangspunkt des OV waren zumeist Hinweise auf, aus MfS-Sicht, strafrechtlich relevante Tatbestände (in der Regel Verstöße gegen die in der DDR geltenden politischen Normen), die es zu überprüfen galt. Bestandteil der nach einem klaren Abfolgeprinzip zu erstellenden OV waren "Maßnahmepläne" und ggf. in ihnen enthaltene Maßnahmen der Zersetzung, die vor allem dann zur Anwendung gelangten, wenn eine Inhaftierung aus taktischen Erwägungen als nicht opportun galt.
Im OV ermittelte das MfS nicht nur gegen die betreffende Person, es wurden auch Erkundigungen zum familiären Umfeld, zum Freundes- und Kollegenkreis u. ä. eingeholt. Konnten Delikte keinen Personen unmittelbar zugeordnet werden (z. B. Flugblätter, Losungen, anonyme Briefe), wurde ein OV gegen unbekannt eröffnet. Darin wurden die nach den Vorstellungen des MfS potenziell als Urheber in Frage kommenden Personen dahingehend überprüft, ob ihnen die "Tat" nachzuweisen war.
Häufig ging dem OV eine Operative Personenkontrolle (OPK) voraus. OV waren mit Vorschlägen zur Ahndung der nachgewiesenen Straftatverletzungen (z. B. Ermittlungsverfahren; Anwerbung; Zersetzungsmaßnahmen) bzw. bei Nicht-Bestätigung des Ausgangsverdachts durch Einstellen der Bearbeitung abzuschließen.
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MfS-Schulungsfilm "Revisor – ungesetzliche Verbindungsaufnahme" Video, 33 Minuten, 24 Sekunden
Arbeitsmaterial für die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von konspirativen Durchsuchungen Dokument, 73 Seiten
Bildbericht der Wohnungsdurchsuchung bei Werner Teske Dokument, 42 Seiten
Bericht zur konspirativen Durchsuchung eines Dienstzimmers im Ost-Berliner Tierpark Dokument, 2 Seiten