Signatur: BStu, MfS, ZAIG, Nr. 1799, Bl. 1-11
Als Willy Brandt am 19. März 1970 Erfurt besuchte, befürchtete die Staatssicherheit Unruhen unter den Bürgern. Diese Besorgnis teilte das MfS in einem Bericht der Partei- und Staatsführung mit.
Als sich am 19. März 1970 Bundeskanzler Willy Brandt und DDR-Ministerratsvorsitzender Willi Stoph in Erfurt begrüßten, trafen sich erstmals die Regierungschefs der beiden deutschen Staaten. Die Stasi bereitete sich schon längere Zeit auf das Treffen vor, wie der Minister für Staatssicherheit Erich Mielke mit Befehl 12/70 angewiesen hatte. Der Codename lautete dabei "Konfrontation".
Das MfS befürchtete Unruhen unter den Bürgern, wenn deren hohen Erwartungen an das Treffen enttäuscht würden. Zwei Tage vor der Begegnung, am 17. März 1970, verfasste die "Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe" (ZAIG) des MfS einen Bericht an die engere Staats- und Parteiführung über Stimmungslage in der DDR. Mit Besorgnis war darin vermerkt, dass die "Orientierung nach westlichen Rundfunk- und Fernsehsendern" zunahm und "politisch-ideologische Unklarheiten einen verhältnismäßig großen Umfang" bestanden. Insbesondere beunruhigte das MfS, dass "Brandt […] sogenannte menschliche Erleichterungen und Fragen der Familienzusammenführung behandeln" könnte.
Als Willy Brandt in Erfurt ankam, hatten sich bereits hunderte von Menschen eingefunden. Absperrungen wurden durchbrochen und erste "Willy, Willy" Rufe waren zu hören. Auf dem Bahnhofsvorplatz und vor dem Hotel "Erfurter Hof" lief dann die Situation aus dem Ruder. MfS und Volkspolizei konnten nicht verhindern, dass neben den ausgesuchten und als "zuverlässig" eingestuften Personen, auch andere, "normale" DDR-Bürger auf den Platz vor dem "Erfurter Hof" gelangten.
Der größte Teil der bekanntwerdenden Argumente beinhaltet sachlich vorgetragene Forderungen, wonach die Verhandlungen auf gleichberechtigter Basis geführt werden und die völkerrechtliche Anerkennung der DDR durch die BRD zum Inhalt haben müssen Von breiten Teilen der Bevölkerung wird betont, die völkerrechtliche Anerkennung der DDR durch die BRD sei die Grundsatzforderung, die von der Verhandlungsdelegation der DDR konsequent vertreten und durchgesetzt werden müsse.
Der Vorschlag unserer Regierung, in Erfurt zu verhandeln, wird als Ausdruck der großen Bereitschaft, des Verantwortungsbewußtseins und Entgegenkommens unserer Partei- und Staatsführung anerkannt.
Mit Überraschung wurde von breiten Teilen der Bevölkerung aufgenommen, daß es in einer verhältnismäßig kurzen Zeit gelungen ist, konkrete Vereinbarungen hinsichtlich des Termins und des Verhandlungsortes sowie zum Ablauf der Zusammenkunft zu treffen. Die Mitteilung über den Treffort Erfurt habe bei vielen Bürgern Erstaunen ausgelöst, da die bisherigen Veröffentlichungen nicht auf diesen oder einen anderen "Ausweichort" (bisher sei nur von
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
Signatur: BStu, MfS, ZAIG, Nr. 1799, Bl. 1-11
Als Willy Brandt am 19. März 1970 Erfurt besuchte, befürchtete die Staatssicherheit Unruhen unter den Bürgern. Diese Besorgnis teilte das MfS in einem Bericht der Partei- und Staatsführung mit.
Als sich am 19. März 1970 Bundeskanzler Willy Brandt und DDR-Ministerratsvorsitzender Willi Stoph in Erfurt begrüßten, trafen sich erstmals die Regierungschefs der beiden deutschen Staaten. Die Stasi bereitete sich schon längere Zeit auf das Treffen vor, wie der Minister für Staatssicherheit Erich Mielke mit Befehl 12/70 angewiesen hatte. Der Codename lautete dabei "Konfrontation".
Das MfS befürchtete Unruhen unter den Bürgern, wenn deren hohen Erwartungen an das Treffen enttäuscht würden. Zwei Tage vor der Begegnung, am 17. März 1970, verfasste die "Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe" (ZAIG) des MfS einen Bericht an die engere Staats- und Parteiführung über Stimmungslage in der DDR. Mit Besorgnis war darin vermerkt, dass die "Orientierung nach westlichen Rundfunk- und Fernsehsendern" zunahm und "politisch-ideologische Unklarheiten einen verhältnismäßig großen Umfang" bestanden. Insbesondere beunruhigte das MfS, dass "Brandt […] sogenannte menschliche Erleichterungen und Fragen der Familienzusammenführung behandeln" könnte.
Als Willy Brandt in Erfurt ankam, hatten sich bereits hunderte von Menschen eingefunden. Absperrungen wurden durchbrochen und erste "Willy, Willy" Rufe waren zu hören. Auf dem Bahnhofsvorplatz und vor dem Hotel "Erfurter Hof" lief dann die Situation aus dem Ruder. MfS und Volkspolizei konnten nicht verhindern, dass neben den ausgesuchten und als "zuverlässig" eingestuften Personen, auch andere, "normale" DDR-Bürger auf den Platz vor dem "Erfurter Hof" gelangten.
der Hauptstadt der DDR gesprochen worden) orientiert hätten. Es wird geschlußfolgert, durch diese Festlegung sei die von der BRD geplante Provokation mit Westberlin gescheitert. Häufig wird betont, die Einigung auf Erfurt müsse als ein Kompromiß der Vernunft betrachtet werden, der besonders zu begrüßen sei, da ursprünglich viele Bürger angenommen hätten, die Vorgespräche würden sich in die Länge ziehen bzw. früher oder später wegen der verschiedenen Standpunkte abgebrochen werden.
In zunehmendem Maße und häufig zugleich mit zustimmenden und anerkennenden Äußerungen zu den Vorschlägen der DDR verbunden, werden jedoch in allen Kreisen der Bevölkerung starke Zweifel hinsichtlich der Ergebnisse des Treffens geäußert.
Unter Bezugnahme auf die bisherige Ablehnung aller konstruktiven DDR-Vorschläge durch die Bonner Regierung wird darauf verwiesen, daß es durch die Haltung Bonns bisher zu keinen echten politischen Fortschritten gekommen sei. Durch die unverändert gebliebenen Machtverhältnisse in Westdeutschland sei nicht mit einem positiven Ausgang des Treffens zu rechnen.
In einer Reihe von Diskussionen wird betont, das Zusammentreffen der Beauftragten beider Regierungen solle nicht zu hoch bewertet werden, da die Bonner Regierung nach wie vor nicht bereit sei, von der Politik der Alleinvertretungsanmaßung abzugehen. Unter Hinweis auf den Dialog SED/SPD und den damals vorgesehenen Redneraustausch wird geäußert, daß es sich auch diesmal um einen erfolglosen Versuch der DDR handeln könnte, die Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten zu normalisieren, zumal die ablehnende Haltung des Bonner Bundeskanzlers in Grundfragen bereits klar zu erkennen sei.
Häufig wird vor einer Überbewertung der von Bonn gezeigten Verhandlungsbereitschaft und vor illusionären Erwartungen hinsichtlich der Ergebnisse des Erfurter Treffens gewarnt und dabei herausgestellt, das Treffen sei auch ohne wesentliche Verhandlungsergebnisse von großer Bedeutung.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
Signatur: BStu, MfS, ZAIG, Nr. 1799, Bl. 1-11
Als Willy Brandt am 19. März 1970 Erfurt besuchte, befürchtete die Staatssicherheit Unruhen unter den Bürgern. Diese Besorgnis teilte das MfS in einem Bericht der Partei- und Staatsführung mit.
Als sich am 19. März 1970 Bundeskanzler Willy Brandt und DDR-Ministerratsvorsitzender Willi Stoph in Erfurt begrüßten, trafen sich erstmals die Regierungschefs der beiden deutschen Staaten. Die Stasi bereitete sich schon längere Zeit auf das Treffen vor, wie der Minister für Staatssicherheit Erich Mielke mit Befehl 12/70 angewiesen hatte. Der Codename lautete dabei "Konfrontation".
Das MfS befürchtete Unruhen unter den Bürgern, wenn deren hohen Erwartungen an das Treffen enttäuscht würden. Zwei Tage vor der Begegnung, am 17. März 1970, verfasste die "Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe" (ZAIG) des MfS einen Bericht an die engere Staats- und Parteiführung über Stimmungslage in der DDR. Mit Besorgnis war darin vermerkt, dass die "Orientierung nach westlichen Rundfunk- und Fernsehsendern" zunahm und "politisch-ideologische Unklarheiten einen verhältnismäßig großen Umfang" bestanden. Insbesondere beunruhigte das MfS, dass "Brandt […] sogenannte menschliche Erleichterungen und Fragen der Familienzusammenführung behandeln" könnte.
Als Willy Brandt in Erfurt ankam, hatten sich bereits hunderte von Menschen eingefunden. Absperrungen wurden durchbrochen und erste "Willy, Willy" Rufe waren zu hören. Auf dem Bahnhofsvorplatz und vor dem Hotel "Erfurter Hof" lief dann die Situation aus dem Ruder. MfS und Volkspolizei konnten nicht verhindern, dass neben den ausgesuchten und als "zuverlässig" eingestuften Personen, auch andere, "normale" DDR-Bürger auf den Platz vor dem "Erfurter Hof" gelangten.
Übereinstimmend wird eingeschätzt, daß das Informationsbedürfnis aller Schichten der Bevölkerung der DDR zum bevorstehenden Treffen in Erfurt außerordentlich stark gewachsen ist.
Von bestimmten Teilen der Bevölkerung wird betont, diesem Informationsbedürfnis werde seitens der Kommunikationsmittel in der DDR nicht im vollen Umfange Rechnung getragen. (Offensichtlich geht es diesen Kreisen um Mitteilungen über Detailfragen des Protokolls.)
Gleichlaufend mit dieser Tendenz wird eine stärkere Zunahme der Orientierung nach westlichen Rundfunk- und Fernsehsendern festgestellt.
Politisch unklare und spekulative Meinungsäußerungen lassen häufig auch deutlich den Einfluß des Westrundfunks und -fernsehens erkennen. Zum Teil werden die gegnerischen "Argumente" direkt in den Gesprächen verwandt. Im Zusammenhang mit Einschätzungen über die möglichen Ergebnisse des Treffens wird dabei u. a. auf Äußerungen des westdeutschen Regierungssprechers Ahlers verwiesen, der davon ausgegangen sei, daß Fragen der völkerrechtlichen Anerkennung der DDR nicht Gegenstand der Gespräche sein würden. Demzufolge könne auch nicht mit positiven Verhandlungsergebnissen gerechnet werden.
In anderen Gesprächen werden Fakten genannt, die in der DDR-Presse nicht in dieser Ausführlichkeit ausgewertet wurden (Empfang Scheels in Moskau, Verhandlungen von Duckwitz in Warschau, Empfang des sowjetischen Außenministers in der westdeutschen Botschaft u. a.).
Der gezeigte "Verhandlungswille der BRD" wird mehrfach auf Prestigefragen vor der internationalen und nationalen Öffentlichkeit zurückgeführt. Betont wird, Bundeskanzler Brandt wolle durch seine Verhandlungsbereitschaft eine Stärkung der SPD/FDP-Regierung erreichen und sich einen Weg für kommende Wahlen in der BRD ebnen.
In der Reaktion der Bevölkerung der DDR nehmen jedoch auch politisch-ideologische Unklarheiten einen verhältnismäßig großen Umfang ein.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
Abschlussbericht zur Aktion "Konfrontation" anlässlich des DDR-Besuchs von Willy Brandt Dokument, 39 Seiten
Bericht über die Maßnahmen zur Absicherung des Treffens zwischen Willi Stoph und Willy Brandt Dokument, 17 Seiten
Stimmungsbericht zur Reaktion der Bevölkerung auf den Rücktritt Willy Brandts Dokument, 11 Seiten
Information über den Besuch Kennedys in der Bundesrepublik und West-Berlin Dokument, 8 Seiten