Bericht über Republikfluchten nach dem Bau der Mauer
Signatur: BStU, MfS, AS, Nr. 109/65, Bd. 5, Bl. 44-65
Der Mauerbau löste das Problem der Republikfluchten zunächst nur bedingt. In den Anfangsmonaten gab es im Sperrsystem noch erhebliche Lücken. Zudem wurde die steigende Anzahl an Fahnenfluchten zu einem ernsthaften Problem.
Für die Republikflucht waren in den Augen von SED und MfS westliche Agentenzentralen mitverantwortlich, die Bürger aus der DDR abwarben, um das Land zu destabilisieren. Noch im Frühjahr 1961 begann das SED-Regime eine große Kampagne gegen angebliche "Menschenhändler" zu lancieren. Als die Fluchtbewegung im Juli 1961 dramatische Ausmaße annahm, erklärte Stasi-Minister Erich Mielke ihre Bekämpfung zur entscheidendsten Schwerpunktaufgabe – ohne jedoch messbare Erfolge zu erzielen.
Auch der Bau der Mauer am 13. August 1961 verringerte die Republikfluchten zunächst nur bedingt. In den Monaten August und September gab es im Sperrsystem noch erhebliche Lücken. Der vorliegende Bericht vom Januar 1962 dokumentiert diese Entwicklungen bis zum Ende des Jahres 1961. Er zeigt auch, dass die steigende Anzahl an Fahnenfluchten nach dem 13. August zu einem ernsthaften Problem wurde. Vor allem die Grenzsoldaten nutzten in einem hohen Maße die Möglichkeit zur Flucht.
Metadaten
Bericht über die [handschriftliche Ergänzung: Entwicklung der] Republikflucht [handschriftliche Ergänzung: und des Menschenhandels] nach Einleitung der Sicherungsmaßnahmen
vom 13.8.1961 [handschriftliche Ergänzung: - 31.12.61.]
Bedingt durch die Sicherungsmaßnahmen vom 13.8.61 läßt die Republikflucht seit diesem Zeitpunkt eine sehr stark rückläufige Tendenz erkennen (Monatsdurchschnitt vor dem 13.8. = 25.000, nach dem 13.8. = 2.080), doch ist die Zahl der flüchtigen Personen noch immer beträchtlich.
So wurden nach den Angaben der HVDVP in der Zeit vom 13.8. - 31.12.61 insgesamt noch:
9.389 [handschriftliche Ergänzung: vor dem 13.8.61 – 189.427] Republikflüchtige
registriert. (Nach Veröffentlichung des Bundesvertriebenenministerium wurden rund 8.000 Personen im "Notaufnahmeverfahren" erfaßt.)
Dabei zeigt sich aber ein ständiger monatlicher Rückgang, der in erster Linie auf die weitere Verstärkung der Grenzsicherungsanlagen zurückzuführen ist.
Z.B. verließen vom 13. – 31.8.61 2.300
Im September 3.370
Oktober 1.541
November 1.271
und im Dezember nur noch 907 Personen die DDR.
Jedoch ist dabei zu berücksichtigen, daß ein Teil dieser Fluchten zwar nach dem 13.8. erfolgte, aber erst in späteren Monaten bekannt wurde.
Die stark rückläufige Tendenz der Fluchten in den Monaten Oktober - Dezember dürfte demnach noch weitaus günstiger sein, als in den Statistiken der HVDVP ausgewiesen wird.