Signatur: BStU, MfS, AS, Nr. 109/65, Bd. 5, Bl. 44-65
Der Mauerbau löste das Problem der Republikfluchten zunächst nur bedingt. In den Anfangsmonaten gab es im Sperrsystem noch erhebliche Lücken. Zudem wurde die steigende Anzahl an Fahnenfluchten zu einem ernsthaften Problem.
Für die Republikflucht waren in den Augen von SED und MfS westliche Agentenzentralen mitverantwortlich, die Bürger aus der DDR abwarben, um das Land zu destabilisieren. Noch im Frühjahr 1961 begann das SED-Regime eine große Kampagne gegen angebliche "Menschenhändler" zu lancieren. Als die Fluchtbewegung im Juli 1961 dramatische Ausmaße annahm, erklärte Stasi-Minister Erich Mielke ihre Bekämpfung zur entscheidendsten Schwerpunktaufgabe – ohne jedoch messbare Erfolge zu erzielen.
Auch der Bau der Mauer am 13. August 1961 verringerte die Republikfluchten zunächst nur bedingt. In den Monaten August und September gab es im Sperrsystem noch erhebliche Lücken. Der vorliegende Bericht vom Januar 1962 dokumentiert diese Entwicklungen bis zum Ende des Jahres 1961. Er zeigt auch, dass die steigende Anzahl an Fahnenfluchten nach dem 13. August zu einem ernsthaften Problem wurde. Vor allem die Grenzsoldaten nutzten in einem hohen Maße die Möglichkeit zur Flucht.
Die meisten der Festgenommenen (73 %) versuchten zu Fuß die Grenze zu durchbrechen. Versuche, einen Grenzdurchbruch mittels der Eisenbahn (einschließlich S-Bahn) zu bewerkstelligen, unternahmen 11,1 % der Festgenommenen und 8,2 % benutzten ein Kraftfahrzeug. 114 Personen (3,7 %) wurden festgenommen, als sie versuchten auf dem Seeweg die DDR zu verlassen und 96 Personen (3 %) wurden beim Versuch festgenommen, die Grenzgewässer (vorwiegend um Berlin) zu durchschwimmen, In 31 Fällen (1 %) wurden Personen festgenommen, die durch die Kanalisation nach Westberlin zu gelangen suchten.
Nach den Unterlagen der Bereitschaftspolizei und des Kommandos Grenze der NVA kamen 92 % aller von ihnen an der Staatsgrenze um Westberlin festgenommenen Personen aus den Bezirken Berlin, Potsdam und Frankfurt/Od.
Bei den an der Staatsgrenze West festgenommenen Personen traten als Heimatschwerpunktbezirke Karl-Marx-Stadt, Magdeburg, Erfurt, Suhl, Halle, Leipzig und Gera, also ebenfalls fast alles Grenzbezirke, in Erscheinung, aus denen 78 % der mit Fluchtabsichten festgenommenen Personen kamen.
Aber selbst aus den Grenzbezirken um Westberlin versuchten Personen über die Staatsgrenze West zu flüchten und umgekehrt versuchten eine Reihe Personen aus den Bezirken an der Staatsgrenze West nach WB die Grenze zu durchbrechen.
Nach dem 13. August erhöhte sich die durchschnittliche monatliche Zahl der Verhaftungen wegen versuchten Grenzdurchbruchs bzw. geplanter Republikflucht fast um das Vierfache.
Während z.B. im Juni 1961 insgesamt 182 Personen und
im Juli 1961 insgesamt 218 Personen
deshalb festgenommen wurden, waren es
im August 865
im Septem. 733
im Oktob. 766 .
Seit diesem Zeitpunkt weisen diese Festnahmen zwar eine rückläufige Tendenz auf, betrugen aber
im November immer noch 667
und im Dezember 502
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Die Allgemeine Sachablage (AS) ist Bestand 2 der Abteilung XII. Der Bestand enthält v. a. sachbezogene Unterlagen. Größte Registraturbildner waren die HA I, die HA IX und das BdL. Des Weiteren liegen hier auch Vorgangshefte und Objektvorgänge sowie Akten der MfS-Vorgänger. Inhalte sind u. a. Ermittlungen zu Havarien und Unfällen, Untersuchungen von Widerstand und Flucht, Berichterstattung an die SED, Eingabenbearbeitung, Kontakte mit Ostblock-Diensten und Sicherung von Großveranstaltungen. Der Bestand ist zugänglich über ein BStU-Findbuch und die F 16. Der Umfang beträgt 490 lfm.
Nach dem Volksaufstand von 1953 wurden leicht bewaffnete Einheiten der Volkspolizei aufgestellt, die zur Niederschlagung innerer Unruhen dienen sollten und deswegen kaserniert untergebracht und motorisiert waren. Im Mai 1955 wurden sie der Verwaltung Innere Truppen im Staatssekretariat für Staatssicherheit zugeordnet, aus "kosmetischen" Gründen im Mai 1956 in Bereitschaftspolizei umbenannt. Von August 1956 bis März 1957 unterstand sie wie die Deutsche Grenzpolizei und die Transportpolizei der Hauptverwaltung Innere Sicherheit des MfS. Mit dieser wurden sie im Februar 1957 dem MdI unterstellt. Nach Auflösung der Hauptverwaltung Innere Sicherheit im Monat darauf blieben sie kasernierte Eingreifreserve des MdI. Ihr Mannschaftsbestand wurde ab 1962 aus Wehrpflichtigen rekrutiert.
Die geheimpolizeiliche Überwachung dieser Verbände oblag zunächst der Abteilung VII der Verwaltung Groß-Berlin, ab Jahresende 1955 der neu gebildeten Abteilung 10 der Hauptabteilung I. Diese wurde nach dem Mauerbau als Abteilung 7 in die Hauptabteilung VII eingegliedert. Ihre 77 Mitarbeiter sicherten unmittelbar die beiden Berliner Grenzbrigaden der Bereitschaftspolizei sowie die 3. und 4. Brigade (mit Aufgaben der Reserve). Die übrigen Brigaden in den Bezirken fielen in die Verantwortung sog. Abwehroffiziere der jeweiligen Abteilungen VII der Bezirksverwaltungen. Diese arbeiteten vor Ort und trugen die Uniformen der Bereitschaftspolizisten. Sie sollten über Vorkommnisse und Missstimmungen im Bilde sein sowie potenzielle Deserteure identifizieren. Wenn Bereitschaftspolizisten tatsächlich flüchteten, klärten die Abwehroffiziere die Hintergründe, während die Abteilung 6 der Hauptabteilung IX strafrechtlich ermittelte, wie bei anderen Angehörigen der bewaffneten Organe auch.
Im Jahre 1964 wurde die Zuständigkeit für die Bereitschaftspolizei bei der Abteilung 7 der Hauptabteilung VII zentralisiert und ihr die Planstellen der Abwehroffiziere aus den Bezirken übertragen. Im Oktober 1970 wurde dies indes wieder rückgängig gemacht. Die Hauptabteilung Bereitschaften im Ministerium des Innern verfügte zuletzt über 32 Mitarbeiter, darunter 7 IM und GMS (21,8 Prozent). Die Leitungskader pflegten außerdem offizielle Arbeitskontakte zur Staatssicherheit im Rahmen des politischoperativen Zusammenwirkens.
Die Bereitschaftspolizei sollte im Kriegsfall militärische Aufgaben übernehmen und beispielsweise gegnerische Einheiten auf dem Territorium der DDR "zerschlagen". In Friedenszeiten musste sie oft andere Zweige der Volkspolizei verstärken, etwa bei der Sicherung von Großveranstaltungen, der Suche nach entwichenen Häftlingen oder dem Einbringen der Ernte. Zur Disziplin trug dies wohl nicht bei. Unter den zuletzt rund 14.000 Bereitschaftspolizisten wurden jährlich mehr als 700 disziplinarisch bestraft, meist wegen Trunkenheit oder unerlaubten Entfernens. Etwa wegen Westkontakten führte zudem die Staatssicherheit jährlich rund 5 OV und 85 OPK gegen Bereitschaftspolizisten durch. Diese gingen im Oktober 1989 teilweise brutal gegen friedliche Demonstranten vor, wobei mindestens 64 Bereitschaftspolizisten den Befehl zu diesem Einsatz verweigerten.
Beginn einer freiheitsentziehenden Maßnahme, Ergreifung eines Beschuldigten oder Angeklagten aufgrund eines richterlichen Haftbefehls (§ 114 StPO/1949, § 142 StPO/1952, §§ 6 Abs. 3, 124 StPO/1968). Zu unterscheiden von der vorläufigen Festnahme und der Zuführung.
Signatur: BStU, MfS, AS, Nr. 109/65, Bd. 5, Bl. 44-65
Der Mauerbau löste das Problem der Republikfluchten zunächst nur bedingt. In den Anfangsmonaten gab es im Sperrsystem noch erhebliche Lücken. Zudem wurde die steigende Anzahl an Fahnenfluchten zu einem ernsthaften Problem.
Für die Republikflucht waren in den Augen von SED und MfS westliche Agentenzentralen mitverantwortlich, die Bürger aus der DDR abwarben, um das Land zu destabilisieren. Noch im Frühjahr 1961 begann das SED-Regime eine große Kampagne gegen angebliche "Menschenhändler" zu lancieren. Als die Fluchtbewegung im Juli 1961 dramatische Ausmaße annahm, erklärte Stasi-Minister Erich Mielke ihre Bekämpfung zur entscheidendsten Schwerpunktaufgabe – ohne jedoch messbare Erfolge zu erzielen.
Auch der Bau der Mauer am 13. August 1961 verringerte die Republikfluchten zunächst nur bedingt. In den Monaten August und September gab es im Sperrsystem noch erhebliche Lücken. Der vorliegende Bericht vom Januar 1962 dokumentiert diese Entwicklungen bis zum Ende des Jahres 1961. Er zeigt auch, dass die steigende Anzahl an Fahnenfluchten nach dem 13. August zu einem ernsthaften Problem wurde. Vor allem die Grenzsoldaten nutzten in einem hohen Maße die Möglichkeit zur Flucht.
Auch bei den verhinderten Grenzdurchbrüchen handelt es sich zu einem großen Teil (72 %) um Arbeiter, besonders um Jugendliche bis zu 25 Jahren.
Die meisten Festnahmen erfolgten in Berlin (2.525), Potsdam (523), Magdeburg (448) und Erfurt (433).
Von den Festgenommenen versuchten ferner 68 Personen die Republikflucht mittels ausländischer Pässe und westdeutscher oder westberliner Ausweispapiere durchzuführen bzw. zu organisieren, vorwiegend an den Übergängen um Berlin.
Von den dabei benutzten 39 ausländischen Pässen waren fast die Hälfte (43,6 %) schweizerische (8) und österreichische (9) Pässe. Ferner wurden 2 schwedische
2 englische
3 französische
3 griechische Pässe und
je 1 italienischer
norwegischer
dänischer
türkischer und
israelischer Paß
sichergestellt.
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Die Allgemeine Sachablage (AS) ist Bestand 2 der Abteilung XII. Der Bestand enthält v. a. sachbezogene Unterlagen. Größte Registraturbildner waren die HA I, die HA IX und das BdL. Des Weiteren liegen hier auch Vorgangshefte und Objektvorgänge sowie Akten der MfS-Vorgänger. Inhalte sind u. a. Ermittlungen zu Havarien und Unfällen, Untersuchungen von Widerstand und Flucht, Berichterstattung an die SED, Eingabenbearbeitung, Kontakte mit Ostblock-Diensten und Sicherung von Großveranstaltungen. Der Bestand ist zugänglich über ein BStU-Findbuch und die F 16. Der Umfang beträgt 490 lfm.
Signatur: BStU, MfS, AS, Nr. 109/65, Bd. 5, Bl. 44-65
Der Mauerbau löste das Problem der Republikfluchten zunächst nur bedingt. In den Anfangsmonaten gab es im Sperrsystem noch erhebliche Lücken. Zudem wurde die steigende Anzahl an Fahnenfluchten zu einem ernsthaften Problem.
Für die Republikflucht waren in den Augen von SED und MfS westliche Agentenzentralen mitverantwortlich, die Bürger aus der DDR abwarben, um das Land zu destabilisieren. Noch im Frühjahr 1961 begann das SED-Regime eine große Kampagne gegen angebliche "Menschenhändler" zu lancieren. Als die Fluchtbewegung im Juli 1961 dramatische Ausmaße annahm, erklärte Stasi-Minister Erich Mielke ihre Bekämpfung zur entscheidendsten Schwerpunktaufgabe – ohne jedoch messbare Erfolge zu erzielen.
Auch der Bau der Mauer am 13. August 1961 verringerte die Republikfluchten zunächst nur bedingt. In den Monaten August und September gab es im Sperrsystem noch erhebliche Lücken. Der vorliegende Bericht vom Januar 1962 dokumentiert diese Entwicklungen bis zum Ende des Jahres 1961. Er zeigt auch, dass die steigende Anzahl an Fahnenfluchten nach dem 13. August zu einem ernsthaften Problem wurde. Vor allem die Grenzsoldaten nutzten in einem hohen Maße die Möglichkeit zur Flucht.
II. Fahnenfluchten
Im Jahre 1961 wurden aus den bewaffneten Organen der DDR insgesamt 699 Angehörige fahnenflüchtig
Davon 1.1.-12.8.1961
NVA 61
Kdo. Grenze 135
WR 9
Bereitschaftsp. 18
Volkspolizei 91
Transportpol. 10
AZKW 14
Gesamt: 338
13.8.-31.12.1961
NVA 16 (davon während der Aktion im Grenzgebiet eingesetzt 13)
Kdo. Grenze 158
WR 1
Bereitschaftsp. 165
Volkspolizei 7
Transportpol. 10
AZKW 4
Gesamt: 361
Gesamt
NVA 77
Kdo Grenze 293
WR 10
Bereitschaftsp. 183
Volkspolizei 98
Transportpol. 20
AZKW 18 (dav. allein 7 aus d. Bez. Potsdam)
Gesamt: 699
Aufgeschlüsselt nach Dienstgraden:
Einheit Offz. vor / n. 13.8.
NVA 3 / 1
Kdo. Grenze 2 / -
WR - / -
Bereitschaftsp. 1 / -
Volkspolizei 10 / -
Transportpol. - / -
AZKW - / -
Gesamt: 16 / 1
1.1. – 31.12.61 = 17
Uffz. vor / n. 13.8
NVA 19 / 3
Kdo. Grenze 21 / 11
WR 1 / -
Bereitschaftsp. 4 / 26
Volkspolizei - / -
Transportpol. 1 / 3
AZKW 2 / 1
Gesamt: 48 / 44
1.1. – 31.12.61 = 92
Mannsch. vor / n. 13.8.
NVA 39 / 12
Kdo. Grenze 112 / 147
WR 8 / 1
Bereitschaftsp. 13 / 139
Volkspolizei 81 / 7
Transportpol. 9 / 7
AZKW 12 / 3
Gesamt: 274 / 316
1.1. – 31.12.61 = 590
Gesamt
NVA 77
Kdo. Grenze 293
WR 10
Bereitschaftsp. 183
Volkspolizei 98
Transportpol. 20
AZKW 18
Gesamt: 699
1.1. – 31.12.61 = 699
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Die Allgemeine Sachablage (AS) ist Bestand 2 der Abteilung XII. Der Bestand enthält v. a. sachbezogene Unterlagen. Größte Registraturbildner waren die HA I, die HA IX und das BdL. Des Weiteren liegen hier auch Vorgangshefte und Objektvorgänge sowie Akten der MfS-Vorgänger. Inhalte sind u. a. Ermittlungen zu Havarien und Unfällen, Untersuchungen von Widerstand und Flucht, Berichterstattung an die SED, Eingabenbearbeitung, Kontakte mit Ostblock-Diensten und Sicherung von Großveranstaltungen. Der Bestand ist zugänglich über ein BStU-Findbuch und die F 16. Der Umfang beträgt 490 lfm.
Nach dem Volksaufstand von 1953 wurden leicht bewaffnete Einheiten der Volkspolizei aufgestellt, die zur Niederschlagung innerer Unruhen dienen sollten und deswegen kaserniert untergebracht und motorisiert waren. Im Mai 1955 wurden sie der Verwaltung Innere Truppen im Staatssekretariat für Staatssicherheit zugeordnet, aus "kosmetischen" Gründen im Mai 1956 in Bereitschaftspolizei umbenannt. Von August 1956 bis März 1957 unterstand sie wie die Deutsche Grenzpolizei und die Transportpolizei der Hauptverwaltung Innere Sicherheit des MfS. Mit dieser wurden sie im Februar 1957 dem MdI unterstellt. Nach Auflösung der Hauptverwaltung Innere Sicherheit im Monat darauf blieben sie kasernierte Eingreifreserve des MdI. Ihr Mannschaftsbestand wurde ab 1962 aus Wehrpflichtigen rekrutiert.
Die geheimpolizeiliche Überwachung dieser Verbände oblag zunächst der Abteilung VII der Verwaltung Groß-Berlin, ab Jahresende 1955 der neu gebildeten Abteilung 10 der Hauptabteilung I. Diese wurde nach dem Mauerbau als Abteilung 7 in die Hauptabteilung VII eingegliedert. Ihre 77 Mitarbeiter sicherten unmittelbar die beiden Berliner Grenzbrigaden der Bereitschaftspolizei sowie die 3. und 4. Brigade (mit Aufgaben der Reserve). Die übrigen Brigaden in den Bezirken fielen in die Verantwortung sog. Abwehroffiziere der jeweiligen Abteilungen VII der Bezirksverwaltungen. Diese arbeiteten vor Ort und trugen die Uniformen der Bereitschaftspolizisten. Sie sollten über Vorkommnisse und Missstimmungen im Bilde sein sowie potenzielle Deserteure identifizieren. Wenn Bereitschaftspolizisten tatsächlich flüchteten, klärten die Abwehroffiziere die Hintergründe, während die Abteilung 6 der Hauptabteilung IX strafrechtlich ermittelte, wie bei anderen Angehörigen der bewaffneten Organe auch.
Im Jahre 1964 wurde die Zuständigkeit für die Bereitschaftspolizei bei der Abteilung 7 der Hauptabteilung VII zentralisiert und ihr die Planstellen der Abwehroffiziere aus den Bezirken übertragen. Im Oktober 1970 wurde dies indes wieder rückgängig gemacht. Die Hauptabteilung Bereitschaften im Ministerium des Innern verfügte zuletzt über 32 Mitarbeiter, darunter 7 IM und GMS (21,8 Prozent). Die Leitungskader pflegten außerdem offizielle Arbeitskontakte zur Staatssicherheit im Rahmen des politischoperativen Zusammenwirkens.
Die Bereitschaftspolizei sollte im Kriegsfall militärische Aufgaben übernehmen und beispielsweise gegnerische Einheiten auf dem Territorium der DDR "zerschlagen". In Friedenszeiten musste sie oft andere Zweige der Volkspolizei verstärken, etwa bei der Sicherung von Großveranstaltungen, der Suche nach entwichenen Häftlingen oder dem Einbringen der Ernte. Zur Disziplin trug dies wohl nicht bei. Unter den zuletzt rund 14.000 Bereitschaftspolizisten wurden jährlich mehr als 700 disziplinarisch bestraft, meist wegen Trunkenheit oder unerlaubten Entfernens. Etwa wegen Westkontakten führte zudem die Staatssicherheit jährlich rund 5 OV und 85 OPK gegen Bereitschaftspolizisten durch. Diese gingen im Oktober 1989 teilweise brutal gegen friedliche Demonstranten vor, wobei mindestens 64 Bereitschaftspolizisten den Befehl zu diesem Einsatz verweigerten.
Die Gründung der Transportpolizei (Trapo) in der DDR ging auf eine Anordnung des Alliierten Kontrollrats vom 10.5.1946 zurück, in Deutschland zur Kontrolle des Bahnverkehrs spezielle Polizeieinheiten aufzustellen. In der SBZ war ab Juli 1946 die Deutsche Verwaltung des Innern (Gründung des MfS) für diese Aufgabe zuständig. Sie verfügte 1947 die Gründung einer Eisenbahnschutz- wie einer Eisenbahnkriminalpolizei und ließ acht Bahnpolizeiämter mit zusammen 5470 Beschäftigten einrichten. Kompetenzabgrenzungen zur Deutschen Reichsbahn (DR) führten im Betriebsalltag häufig zu Konflikten. Die ihr zugewiesene Aufgabe war es, für Ruhe, Ordnung und Disziplin auf dem Bahngelände zu sorgen sowie Diebstahl und Zerstörung zu verhindern. Im Mai 1949 wurde die Sollstärke der Bahnpolizei auf 7400 Bedienstete angehoben. Gebremst wurde der Aufbau durch die zeitgleich einsetzenden politischen Säuberungen im öffentlichen Dienst. Umstritten blieben die Befugnisse der östlichen Bahnpolizei in Westberlin. Aufgrund der Vereinbarungen der Siegermächte war sie auch für die Überwachung des Betriebsgeländes dort zuständig. Immer wieder kam es zu Konflikten mit der westlichen Schutzpolizei. Eine deutliche organisatorische Aufwertung erfuhr die Bahnpolizei, als Kurt Fischer, der Präsident der DVdI, 1949 im Rahmen der Hauptverwaltung Deutsche Volkspolizei die Bildung einer HA Transportpolizei anordnete, die mit der Bildung des MdI im Oktober 1949 weiterbestand. Die wichtigsten Aufgaben der Trapo waren anfangs, für die sichere Weiterleitung der Reparationsgüter in die Sowjetunion zu sorgen und gegen Schwarzhändler vorzugehen. Darüber hinaus überwachte sie den gesamten Personenverkehr auf der Schiene und war in diesem Zusammenhang zunehmend in die Bekämpfung der Republikflucht eingebunden. Die Trapo stand von 1950 bis 1957 unter dem Kommando von Otto Auerswald. Zur Jahreswende 1952/53 wurde sie dem MfS unterstellt, wo sie weiterhin eine eigene HA bildete. Die Zahl der Trapobediensteten stieg rasch an und erreichte 1954 mit 8900 einen vorläufigen Höchststand. Ab Mitte der 50er Jahre konnte die Trapo auf ehrenamtliche Unterstützungskräfte zurückgreifen, die freiwilligen Helfer der Transportpolizei und die Kampfgruppen. Nach dem 17. Juni 1953 durchlief der Polizeiapparat der DDR einen Militarisierungsprozess, von dem auch die Transportpolizei betroffen war. Zu ihrer Ausrüstung gehörten nun neben Pistolen auch Karabiner und Maschinengewehre. Im Herbst 1956 wurde die HA Transportpolizei mit der Grenz- und Bereitschaftspolizei zur Hauptverwaltung Innere Sicherheit im MfS zusammengefasst. Schon im Februar 1957 änderte sich das Unterstellungsverhältnis wieder. Die Trapo wurde jetzt zusammen mit den beiden anderen Polizeiverbänden der HV Innere Sicherheit wieder dem MdI zugeordnet. Doch blieb das MfS durch eine Vielzahl von OibE und IM präsent. Verschoben hatten sich die Aufgabenschwerpunkte. Sie sollte die Auf- und Durchmarschwege des Warschauer Pakts in der DDR sichern und befasste sich überwiegend mit Objektschutz. Nur im Transitverkehr wurden noch Zugbegleitkommandos eingesetzt. Der Personalbestand ging in den 60er Jahren leicht zurück und belief sich 1967 auf 6900 Bedienstete. Nach Einführung der Wehrpflicht 1962 wurde der Dienst bei der Trapo als Wehrersatzdienst anerkannt. Bei ihrer Auflösung am 30.9.1990 zählte sie 6400 Mitarbeiter, von denen 1700 in den Dienst der Deutschen Bundesbahn übernommen wurden. Diese beschäftigte – zum Vergleich – bis zu diesem Zeitpunkt nur 2700 Bahnpolizisten.
Luftbildaufnahme der Berliner Mauer an der Grenze zur Gropiusstadt in Berlin-Neukölln 1 Fotografie
Analyse der Stimmung der Bewohner des Grenzgebietes in Berlin-Mitte vom 21. Februar 1962 Dokument, 2 Seiten
Bericht der BV Karl-Marx-Stadt über die Situation im Grenzgebiet zur Bundesrepublik Dokument, 4 Seiten
Luftbild der Grenzanlagen entlang des Britzer Verbindungskanals zwischen Neukölln und Treptow 1 Fotografie